Nr. 245.
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für 1895 unter Nr. 7128.
12. Jahrg.
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Fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse: " Sozialdemokrat Berlin".
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Sonnabend, den 19. Oktober 1895. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
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werden die Ausnutzung der Straßen und Pläge im nach einem städtischen Arbeitsamt zu fostenloser ArbeitsverFreifinnige Kommunalpolitik. Berkehrsinteresse Verkehrsinteresse das bleibt der Ausbeutung des Privat- mittelung gefällt der Freis. 3tg." ebenfalls nicht. Nach fapitals überlassen, damit die Dividendenschlucker recht fette diesem erleuchteten Organ genügt es, wenn die Stadt Die Freifinnige Beitung" tobt mit einer wahren Bissen erhalten. Echt manchesterlich, aber auch echt frei- private Bestrebungen dieser Art unterstützt und damit einigen Berserkerwuth über das sozialdemokratische Flugblatt zu finnig. Die Aktionäre der Pferdebahn und der Elektrizitäts- wohllöblichen Vereinsmeiern Gelegenheit giebt, sich als den bevorstehenden Stadtverordneten- Wahlen und über werke werden durch ihre Dividendenbrüder in der Stadt- Wohlthäter der Arbeiter aufzuspielen. Unsere Forderungen die Agitation, welche unsere Genossen treiben, um verordneten- Versammlung die Verleihung des Ehrenbürger- auf dem Gebiete der Schule werden von der Freisinnigen die freisinnige Kommunalwirthschaft an den Pranger rechts an Herrn Richter beantragen, denn einen so tapferen Beitung" heftig bekämpft. Unentgeltliche Lehrmittel und zu stellen. Der Höchstkommandirende des Freisinns, Prinz Schüter müssen sich die Goldsucher, die auf den Straßen ein warmes Frühstück für hungernde Arbeiterkinder ruiniren Eugen der edle Ritter, möchte die Sozialdemokratie wieder Berlins ihr Unwesen treiben, warm halten. Von gleichem nach Ansicht der Freisimmigen Zeitung" die bürgerliche einmal à la Bufunftsstaats- Debatte mit Stumpf und Stiel Kaliber sind die übrigen Einwendungen der Freisinnigen Gesellschaft und bilden den Anfang des Zukunftsausrotten und so löst er denn in seinem Leiborgan eine Beitung" gegen unsere Forderungen in der Ge- staates". Nebenher prahlt das Organ des unentLärmkanone nach der anderen, um die braven Fortschritts- meinde. Das Blatt stellt sich unseren Aeußerungen wegten Manchesterthums damit, daß die Stadt Berlin philister auf die Beine 311 bringen. Aber es bezüglich der Miethssteuer gegenüber dumm und jährlich 11 Millionen Mark für Gemeindeschulzwecke auss nüßt nichts. Auch die krampfhaftesten Anstrengungen der verkündet die Weisheit, daß die Miethssteuer durch das giebt, während der Zuschuß für die höheren Lehranstalten " Freifinnigen 8tg." können den politischen Leichnam, den neue Kommunalsteuergesetz beseitigt worden ist. Sehr richtig, kaum 2 Millionen Mark beträgt. Der Schlauberger der man Fortschritt alias Freifinn nennt, nicht lebendig machen. aber wenn es nach der Freisinnigen Zeitung" gegangen Freis. Btg." vergißt nur zu erwähnen, daß der Zuschuß, Wenn das Dreiklassen- Wahlsystem ihm nicht noch einige wäre, bestände die Miethssteuer noch heute, denn ein Zwang, welchen die Stadt für den Schüler der höheren LehrZuckungen gestattete und dafür sorgte, daß der Geldsack dieselbe sofort aufzuheben, enthielt das Kommunalsteuergesetz anstalten zahlt, etwa das vierfache beträgt, als die über Bildung, Intelligenz und Arbeit triumphirt, der Libe- nicht. Erinnert sich die Freis. 3tg." nicht mehr der Kosten, welche ein Gemeindeschüler ber Stadt ralismus in Berlin wäre schon längst vergessen und würde Petition, welche Magistrat und Stadtverordnete von Berlin verursacht. Wenn Herr Richter aber sich sogar dazu verhöchstens noch als Mumie im märkischen Museum dem im Mai 1893 an das Abgeordnetenhaus richteten, in steigt zu behaupten, daß der Arbeiter, welcher nur ein einBeschauer eine amüsante Viertelstunde bereiten. welcher diese freisinnigen Körperschaften lebhaft dagegen ziges Kind in die Schule schickt, hiermit das fünfzehnfache Um in der Gemeinde an der Herrschaft zu bleiben, protestirten, daß vom Jahre 1900 an eine Miethssteuer seines Steuerbetrages erfekt bekommt, so ist das nichts Klammert sich der Freisinn fast in allen seinen nicht mehr erhoben werden darf. weiter, als eine zirkusartige Spielerei mit Zahlen. Denn Schattirungen an das Dreiklassen- Wahlsystem und die Aus Angst vor der Sozialdemokratie hat man endlich unumstößliche Wahrheit und Thatsache ist es, daß die Arbeiter Freifinnige Zeitung" führt den Reigen für die Erhaltung dem Monstrum der Miethssteuer den Laufpaß gegeben, klasse nur um deswegen so wenig steuerfähig ist, weil die dieses Wahlrechts in der Gemeinde, weil nur durch die künst- und Herr Richter mag sich einmal bei seinen politischen Unternehmerklasse, d. h. die durch die Freis. 8tg." verliche Niederhaltung der Mehrzahl der Gemeinde- An- Freunden im Rathhause erkundigen, welche Anstrengungen tretene Bevölkerungsschicht, dem Arbeiter den über seinen gehörigen die erste und zweite Abtheilung die Majorität gemacht worden sind, um die Miethssteuer zu retten. Arbeitslohn geschaffenen Werth in Form von Profitrate und damit die Möglichkeit erlangt, die Gemeinde- Die Freifinnige Zeitung" bekämpft ärgerlich den An- vor dem Munde fortnimmt. So steht's, Herr Richter, verwaltung für die materiellen Interessen ihrer trag der sozialdemokratischen Stadtverordneten auf Ein- und nicht anders. Die Leistungen Berlins in bezug auf Klaffe auszunuzen. Herr Richter bestreitet, daß es für die führung der achtstündigen Arbeitszeit und meint, seine Sin- Schule und Armenpflege fommen hauptsächlich aus den Gemeinde vortheilhafter ist, Erwerbsunternehmungen in führung würde eine Erhöhung der Produktionskosten herbei- Knochen und damit aus den Taschen der Arbeiter. städtischer Regie zu betreiben; ihm ist der privatkapitalistische führen. Als ob es ein Unglück wäre, wenn die Stadt Berlin Als Haupttrumpf führt die Freifinnige Zeitung" einen Betrieb das Ziel seiner Sehnsucht. Das ist uns nicht neu durch eine geringe Erhöhung ihrer Ausgaben eine große Ausspruch des Genossen Dr. Quarck gegen unsere Agitation und wir wissen, daß nach des großen Sozialisten- Anzahl von Mitbürgern lebenskräftiger und zugleich auch für die Stadtverordneten- Wahlen ins Gefecht. Es ist eine tödters Meinung die Majorität der Menschen nur steuerfähig machte. Uns deucht, solche Ausgaben find harte Strafe für Quarck, von der Freifinnigen 8tg." dazu auf der Welt ist, um sich für die Minorität empfehlenswerther als die mit munificenter Hand votirten als Gewährsmann zitirt zu werden, aber unser zu schinden und zu Ehren des heiligen Privatkapitals zu sehr bedeutenden Summen für Fürstengeschenke, höfische Genosse wird sich leicht darüber hinwegsehen frohnden. Wenn Herr Richter also unsere Ansicht bezüglich Feste und dergleichen im Rothen Hause sehr beliebte Aus er daran denkt, daß die Freifinnige Zeitung" stets nach der Einrichtung und Verwaltung kommunaler Betriebe be- gaben. Die Anträge auf Arbeiterschutz und beffere dem Rezept klappern gehört zum Handwerk" arbeitet. Die fämpft, so verlieren wir darüber kein Wort, aber was wir Lohn- und Arbeitsbedingungen der in städtischen Be- beiden Epistel der Freis. Btg.", mit denen wir uns zur Eraus seiner neuesten Leistung auf diesem Gebiet feftnageln trieben, oder bei städtischen Unternehmern be- heiterung unserer Leser beschäftigt haben, sind nichts weiter wollen, das ist die Unverfrorenheit, mit welcher er schäftigten Arbeiter erregen namentlich den Zorn als der Ausdruck ohnmächtigen Zornes, über den wir mitleidig verkündet, daß unsre Kritik um deswegen ungerecht des Generalgewaltigen vom Freisin. Mit einer Fülle von lächelnd zur Tagesordnung übergehen. Der 8. November sei, weil die Stadt Berlin ja Kanalisation, Gas- banalen Redensarten drückt sich die Freifinnige Zeitung" wird zeigen, daß der Freisinn in Berlin auch auf komaustalten, Wasserwerke, Markthallen 2c. in städtischer um das einfache und von jedem anständigen Menschen be- munalem Gebiet bei der breiten Volksmasse keinen Kredit Regie betreibe. Hier tritt der Cynismus des fürwortete Verlangen, für die städtischen und von Privat- mehr hat und daß noch mehr Männer als Vertreter der Manchesterthums drastisch in die Erscheinung. Für alles, unternehmern auf Kosten der Stadt beschäftigten Arbeiter ver- arbeitenden Bevölkerung in das Rothe Haus einziehen, was den Steuerzahlern Lasten auferlegt, was keine oder nur nünftige Zustände in bezug auf Lohn und Arbeitszeit zu schaffen, welche der städtischen Verwaltung den Stempel des geringe Ueberschüsse bringt, dafür gestattet Herr Richter gnädigst sowie für geschlossene Räumlichkeiten zu sorgen, in denen die Sozialismus aufzuprägen bemüht find. Kommunalregie. Woran aber Hunderttausende verdient Arbeiter ihre Ruhepausen zubringen können. Das Verlangen
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wenn
" Ja, g'wiß, so wie jetzt war's wenigstens ganz sicher Der Förster brummte einige unverständliche Laute. Ein Verrückter.[ Nachbr. verboten.net", bestätigte hastig der Wirth. " Ja, das is a groß Kreuz," fuhr der Wirth vorsichtig Kampf und Ende eines Lehrers. Der Förster strich über seinen Bart und sagte bedeutsam: fort, von unserm Herrn Förster will i noch gar nett amal Wenn i dent, wie i und mei' Frau selig ang'fangt haben, red'n, obwohl ja sein Vorgehen auch a schwere Versündigung grad jetzt vor dreizehn Jahr. Sie war zweiunddreißig und is, aber der Lehrer... der Lehrer! Wie er halt au alle ani dreißig Jahr alt; i hab warten müassen, bis s' mi schön Bläß, wo er bis jetzt scho war, net gut than bot, fo is halt langsam zum Forstwart g'macht haben, und nachher hab ia hier ganz dieselbe Leier: keine Ruh', kein' Gehorsam, erst amal an's Heirathen dent'n können." überall rabiat."
Roman von Joseph Ruederer.
Endlich aber setzte er die Pfeife ab und sagte scheinend ganz gleichgiltig:
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" Das dauert jest scho lang mit dem Lehrer?"
" O mein! In die vier bis fünf Jahr!"
Und' s Madel wird alleweil no net g'scheidter?"
Der Wirth zuckte verlegen mit den Achseln.
" No, ja", fuhr der Förster fort, nachher können's halt alle zwoa zeitlebens de ewigen Hochzeiter bleiben, denn aus der Heirath wird nig, gar nig!"
Geltens, Herr Förster? Wir glauben's bald selber scho, i und mei Frau."
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Wie soll denn des was werd'n? Von nig kann der Mensch net leb'n, von der Luft a net guat', und a Hilfslehrer kann foa Familie ernähr'n, so viel woaß der alte Balder scho selber no mit sei'm eigensinnigen Schädel."
" Ja, und trotzdem will halt unser Herr Förster net nachgeb'n, wie mir's scheint, er hängt viel z' viel an dem narrischen Lehrer."
Mehrmals nacheinander schlug der Förster leicht auf den Tisch:
" Ja, mein," sagte der Wirth sehr feierlich, und a Er wartete geduldig, ob man nichts zu erwidern Frau, wie die Frau Försterin, Ihre Frau Gemahlin, Gott wünsche. Da aber teine Antwort erfolgte, fab er sich erst hab sie selig! Was war das für a Frau! Alleweil hab'n ängstlich um und flüsterte dann geheimnißvoll zum Förster wir uns g'freut, wenn's a mal von Wallberg' rüber kommen hinüber: is mit de zwoa netten Mäderln auf B'such in unser Forsthaus."
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" De G'schicht von der letzten Reichstagswahl werden der Herr Förster schon wissen?" Der Förster verneinte.
Was ihm da von seiner schon sechs Jahre todten Frau vorgeschwärmt wurde, schien der Förster vollständig zu Verlegen fuhr sich der Wirth über das Gesicht und erüberhören. Er schwang die Pfeife in der Luft und neigte zählte erst stotternd, dann aber immer hastiger: sich näher zu dem runzeligen Gesichte des Wirthes heran: Das war also... so zirka... vor a drei Wochen, Und nix wird aus der ganzen G'schicht, gar nix! wo die Frau Försterin noch g'lebt hat. Der Herr Benefiziat I garantir' euk dafür: der Gattl triagt koa Anstellung sei war Vorstand am Wahltag, der Lehrer Schriftführer, und Lebtag net!" i und no a paar andere wir war'n Beisiger. Schon um Meinen S' wirkli net, Herr Förster?" fragte der zehn Uhr in der Früh, als die Sach' an'gangen is, hat der Wirth mit einem Schafsgesicht, aus dem die ausdruckslosen Herr Benefiziat, wie's halt so der Brauch is und alleweil Augen stier zu beiden Seiten der langen Nase hervorlugten. bis jetzt bei uns war, an jeden von uns sein Wahlzettel „ Er steht sich ja absolut net mit dem Benefiziaten, geben. Wie er aber dem Gattl, dem Lehrer, den sein' hinWeil er halt a verbissener, alter..., ach was! I und wie der alte Balder mit der Geistlichkeit steht, no, des strecken will, da fahrt der auf und schreit:" Ich hab' mein mag mi nimmer ärgern. I hab's ja kommen seh'n, wie's wißt's Jhr alle eh am allerbesten, moan i?" Bettel schon selber Hochwürden." Natürli verbitt' sich kommen is. A ganz a jung's Madel und so a herg'laufener," Ja, mei", sagte der Wirth und blickte seufzend zu den der Herr Benefiziat so ein'n Ton, aber der Lehrer wird verhungerter Lehrerg'sell' ohne an Pfennig Geld! Aber Fliegen empor, des wissen wir freili, darunter leidet ja alleweil gröber, er schreit wie b'sessen, bis schließli der Herr natürli! Verlobt wird glei, weil der notige Kerl ihr unser ganzes Dorf." Benefiziat- ja, i hab' seine Ruhe bewundert nachgeb'n Lehrer war, der ihr' n Schädel verdraht hat. So bal alle hat und nix mehr g'sagt hat. No, is gut also! Der anfangen wollten in der Welt, nachher gang's schief!" Lehrer wirft seinen Bettel ein, den er selber mitbracht hat, " Freili, freili" lachte der Wirth. wie er so großspurig g'sagt hat, und auf d' Nacht, wie die Stimmen gezählt werd'n, da hab'n dreiundzwanzig den Herrn Dekan von Mariatirchen, unseren langjährigen Verireter g'wählt, und eine einzige Stimme is auf den liberalen
" Aber so san die jungen Leut' von heutzutag all miteinander", fuhr aufgeregt der Förster fort, früher war des scho besser."
„ No also?"