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nr. 494+44. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Wohin treibt die Anleihepolitik?

Vor der Entscheidung über die Ausgestaltung der Anleihekontrolle.

Mittwoch, 19. Oktober 1927

sollten, aus Steuermitteln zu bestreiten. Gewiß rufen fluge Lentz bei dieser Feststellung pathetisch aus: Darf bei dem Ausmaß der heutigen Steueranspannung eine öffentliche Korporation wirklich daran denken, aus Steuererträgen werbende Anlagen zu finan­zieren?" Aber dieser Ausruf kann nichts daran ändern, daß die Gemeinden gewaltsam dazu gedrängt werden, Aus­gaben, die von Rechts wegen aus Anleihemitteln gedeckt werden sollten, aus Steuermitteln zu bestreiten. Eine Schule ist nach der Auffassung der Beratungsstelle unproduktiv. Früher baute man Schulen aus Anleihemitteln; denn sie kommen ja fast immer so recht erst der Generation zugute, die in ihnen unterrichtet und in frühe­ftens zehn Jahren steuerpflichtig wird. Heute muß sie eben aus Steuermitteln finanziert werden, will man nicht die Schülerzahl in den Klassen ins ungesunde machsen lassen. Das ist nicht zu ändern, und Professor Bonn hat mit Recht eine Politik, die zu der= artigen Finanzmethoden führt, Selbstvertrüppelung ge­

Die Diskussion über die Anleihepolitik ist abgeebbt. Es steht| anleihe gegen sein Botum eine mehr oder minder schwere Belastung teht fest, daß wenigstens formell feine Diktatur der seiner Autorität zu erblicken geneigt ist, erhält das Recht, gegen Reichsbank über die Finanzgebarung von Ländern und Gemeinden eine Entscheidung der Beratungsstelle, die ihm nicht genehm ist, errichtet werden soll. Statt dessen hat man eingewilligt, auf nicht zu appellieren. Berufungsinstanz ist die Beratungsstelle, die mur ganz einfachen Wegen dennoch der Reichsbank im wesentlichen die mit veränderten Personen tagt; statt der Vertreter von Bollmachten zu geben, die sie verlangte. Zunächst sind die Richt- Reichswirtschaftsminister, Reichsfinanzminister und Reichsbank finien, nach denen bisher die Beratungsstelle des Reichsfinanz- werden der Reichsfinanzminister, der Reichswirtschaftsminister und ministeriums entschied, ob Auslandanleihen von Ländern und Ge- der Reichsbankpräsident persönlich an den Berufungssigungen meinden wünschenswert seien oder nicht, geändert, nachdem die teilnehmen. Dieses Berufungsverfahren meist Reichsbank bei ihrer Stellungnahme zu den einzelnen Anleihe­gefuchen fich fchen längst von diesen ihr läftigen Richtlinien inner­lich freigemacht hatte und nach ganz anderen Gesichtspunkten ab­stimmte. Waren die Richtlinien schon bisher außerordentlich dehn­bar, so find fie jetzt an Elastizität der Handhabung jedem Gummi faden vergleichbar.

Währungs- und wirtschaftspolitische Erwägungen" sollen fünftighin in größerem Umfange und grundfäßlich berüc­fichtigt werden. Die Reichsbank darf also ihr Argumentenspiel fort fegen und jeder einzelnen Anleihe gegenüber gleichzeitig ihre Argu­mentenrolle ablaufen lassen: jie gefährde die Reparationszahlungen, fie führe zu übermäßigem Konsum, und sie führe zu einer zu großen Ausweitung der Produktion und dergleichen mehr. Da dies noch nicht genügt, so soll die Beratungsstelle fünftighin vor allem auch noch unterscheiden, ob der 3wed, für den die Anleihe beansprucht wird, nicht nur produktiv, sondern auch dringend ist. Der Nachweis der Produktivität allein genügt also nicht; die Produktivität muß auch dringlich sein, damit eine öffentliche Körperschaft die von ihr beantragte Anleihe aufnehmen darf.

sehr erhebliche Mängel

nannt.

Darum

Die Sozialdemokratie will feine Selbstvertrüppelung der Birt schaft, auch nicht auf Befehl der Reichsbant, fie will vor allem keine Selbstvertrüppelung der öffentlichen Wirtschaft. fordert sie die

Gleichstellung der Auslandsanleihen öffentlicher Körper­schaften mit denen privater Unternehmungen, die völlig unbehelligt bleiben. Darum fordert fie vor allem auch der Reichsbenkpräsident sich sträubt. Auslandskapital für den Wohnungsbau, gegen deffen Hereinnahme gesunde und leistungsfähige öffentliche Einrich Das Recht auf wirklich gefunde und leistungsfähige öffentliche Einrich tungen, wie sie sich für ein zivilisiertes Land gehören, darf sich Argumenten nehmen lassen. Wir wollen uns nicht um falfcher Deutschland nicht durch eine Armuts politit " mit schlechten theoretischer Gedankengänge willen in eine neue Krise und neue Arbeitslosigkeit hineintreiben laffen, und wir wollen uns auch nicht den Lohndruck aufzwingen laffen, der als letztes Ziel all denen vor­schwebt, die heute dem deutschen Bolle, d. h. vor allem der deutschen Arbeiterschaft eine übermäßige Lebenshaltung vom grünen Tisch aus vorwerfen.

auf. Erstens wird unvermeidlich in jedem Einzelfall bekannt werden, daß die Reichsbank ihr Votum gegen eine Anleihe ab­gegeben hat, und es ist fraglich, ob der ausländische Kreditgeber auch dann noch wirklich bereit ist, die Anleihe zu geben. Zweitens fann die Berufungsinstanz nicht allzu oft tagen. Ist der Reichsbank­präsident auf Reisen, so ist es der Reichsbant möglich, alle öffent­lichen Anleihen zu verschleppen. Das gleiche gilt für den Fall, daß einer der beiden Minister im Urlaub weilt. Schon heute verzögert die Einschaltung der Beratungsstelle die Anleiheaufnahme öffent­licher Körperschaften erheblich und erschwert damit die Durchfüh rung von Transaktionen, die normalerweise gerade im letzten Sta­dium des Bertragsabschlusses derartige Berzögerungen am aller wenigsten vertragen. Späterhin werden die neuen Berufungsvor­schriften unter Umständen wochenlang zu einer praktischen Sperre der Anleiheaufnahme öffentlicher Körperschaften führen können. Troß allem ist die Version über die Aufschiebung der preußischen Auslandsanleihe noch so unaufgeklärt, daß der Reparationsagent unmittelbar nach seiner Ankunft in Frankreich bei der Rückkehr aus den Vereinigten Staaten nicht unbeeinflußt das einhaltende Tele­gramm nach Washington gesandt habe. Das der Reichsbank jetzt gegebene Berufungsrecht gegen Entscheidungen der Beratungsstelle gibt ihr eine Machtstellung, die von der ursprünglich angestrebten Alleinherrschaft nicht allzuweit entfernt ist. Die neue Konstruktion gibt ihr die Möglichkeit, jede Anleihe mit einem Irrgarten von Argumenten, in dem sie allein sich freudig zu ergehen weiß, anzu­fechten, alsdann durch eine Berufung gegen jede ihr unbequeme Mehrheitsentscheidung prattisch den Kredit des Anleihenehmers zu gefährden, die Entscheidung zu verschleppen und so schließlich ihre Politik gegen alle anderen deutschen Instanzen durchzusehen.

Diese Kenderung der Richtlinien wäre an sich nicht bedenklich, menn nicht gleichzeitig

auch das Verfahren geändert

mürde. Bisher stand dem Antragsteller gegenüber der Entscheidung der Beratungsstelle formell das Recht zu, an den sogenannten Länderausschuß zu, appellieren, der ein verkleinertes Abbild des Reichsrats war. Von dem Recht wurde nie Gebrauch gemacht, weil injolge der ungeschriebenen internationalen Vereinbarungen der Reichsbant für einen Anleihenehmer dieser Appell wirtungslos ge­mesen wäre. Das Votum der Beratungsstelle war tatsächlich trozz der juristischen Rechte des Länderausschusses entscheidend. Jetzt wird die Berufungsmöglichkeit nicht nur dem Beklagten, das heißt der öffentlichen Körperschaft, die eine Anleihe aufnehmen will, ein­geräumt werden, sondern auch der Kläger , das heißt der Reichs bantpräsident, der in der Genehmigung jeder öffentlichen Auslands­

Ein Offener Brief" des Reichsbankdirektoriums.

Das Direktorium der Reichsbank hat an den Oberbürger meister Dr. Wagner in Breslau einen Offenen Brief gerichtet. Darin wird gesagt, daß der Breslauer Oberbürgermeister in öffentlicher Stadtverordnetenversammlung ausgesprochen hätte, die Reichsbank habe in der Auslandanleihefrage auch den Repa= rationsagenten Barter Gilbert mobil gemacht. Diese Aeußerung sei, wenn sie wahr wäre, ungeheuerlich und auch unverantwortlich. Tatsache sei, daß der Reparationsagent ent sprechend seiner Stellungnahme in einem früheren Falle von: fich aus, vor Kenntnis der Entschließung der Beratungsstelle und ohne etwas von der Stellungnahme der Reichsbank zu wiffen, vor. gegangen fei. Der Offene Brief " fordert schließlich von dem Bres lauer Oberbürgermeister, auch wenn die Biebergabe in

Das ist für die öffentlichen Körperschaften ein un erträglicher Zustand, und sie werden gewaltsam auf den Weg ge­drängt, Ausgaben, die sie normalerweise aus Anleihemitteln decken

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Ehre seinem Andenken! Die Einäscherung findet am Donners tag, dem 20. Oft, nachm. 122 Uhr, im Krematorium Wilmersdorf statt Rege Beteiligung erwartet Die Ortsverwaltung.

Ehrenerklärung.

Die Grau Graßnid angetane Beleidi gung nehme ich hiermit aurlidt und erfläre Frau Graßnid als eine fehr ordentliche und fleißige Frau Paul Kohlberg.

Nachdruck von Wort und Bild verbolen!