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Mittwoch

19. Oktober 1927

Unterhaltung und Wissen

In der 14. Straße.

Bon Ossip Dymow  .

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Die 14. Straße in New York   Scheider die Stadtteile Down­Town und Up- Town. Südlich von diesem Trennungsstrich liegt die Gegend, wo die Auswanderer wohnen das ist der Wohnsiz der Armut, der Bezirk der Idealisten, der Phantasten und der Selbst­mörder. Hier wird manchmal ein Messer scharf geschliffen und manche böse Tat ausgeheckt.

Nördlich von der 14. Straße beginnt die vornehme Gegend, das feine" New York  . Die Schaufenster der Läden sind breit, aus gutem durchsichtigen Glas, und sie lassen eine reiche Fülle der seltsamsten Dinge sehen. Das ist die Gegend der teuren Automobile, der Lurusrestaurants und vor allem der teuren Frauen. Unten" herrscht ein Wirrwarr von fremden Sprachen und Mundarten, rauh ist das Benehmen und das Aeußere der Menschen, oben" spricht man ein gutes amerikanisches Englisch  , man sieht beherrschte Gesten, ausgeglichene Höflichkeit und höflichen Haß.

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Die 14. Straße ist die Durchgangstür von den Hinterstuben zu den Gesellschaftsräumen New Yorts; sie ist eine wichtige Grenz linie, eine der Hauptarterien im Leibe der gigantischen Stadt der Städte.

Zwiefach ist das Antlig dieser Straße Weil sie eine Grenze bildet, hat sie etwas vom Wesen beider Seiten an sich. Sie ist breit und geräumig, wie die Straßen von Up- Town, man hört auf ihr allerhand Dialekte, doch auch forrettes Englisch. Hier endet der Ton der fremden Einwanderer. und es beginnt das Nationale, soweit man in Amerika   überhaupt von Nationalem sprechen kann.

An dieser Grenze zweier Welten

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gedeiht und lebt

die Prostitution. So ist es immer: Grenzen werden stets durch Menschenleben bezeichnet. So ist es im Kriege, wenn man junge Männer rasch abschlachtet, so ist es im Frieden, wenn junge Weiber langsam in Raten gemordet werden... In der 14. Straße find die Frauen unnatürlich zurückhaltend bei Tage und unnatürlich frech bei Nacht... Junge Kerle stehen an den Ecken und pfeifen durch die Zähne: mal locken sie, mal ist es eine Warnung vor der Polizei.

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Kalt- gierige Augen im Dunkel der Torwege. Marktschreierische Plakate von Burlesken" und" Baudevilles". Hastiges Geflüster unter dem Eisengerüst der Hochbahn, Klänge eines automatischen Klaviers. Ein angeblich wissenschaftliches Panoptifum: eine wächserne Here am Eingang reißt den zahnlosen Mund auf. Altkleiderläden, in denen das ganze Jahr hindurch Ausverkauf wegen Aufgabe des Geschäftes" stattfindet. Elektrische Lichtreklamen. Taubstumme Zeitungsverkäufer, die mit den Fingern ihre Ware ausschreien. Alles unwirklich, leblos, automatisch, häßlich verzerrt, verunstaltet... Lüge. Scheußlichkeit. Das Leben ist zur Maschine geworden. Der Hauch der Prostitution liegt auf allem auf den Menschen, auf den Dingen, auf den Steinen.

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So ist die 14. Straße von New York  , die Down- Town von Up- Town trennt, eine Scheidelinie, eine Grenze zwischen zwei

Welten

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zeichnet.-

die bekannteste Straße in Amerika  ...

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Eine eigenartige Welt lebt in diesem langen engen Schlauch, ber New York   von Fluß zu Fluß durchzieht, der Amerika   durch schneidet als ein tief ins Fleisch gehender Schnitt, aus dem nichi Blut sickert, sondern die Leben junger Weiber. Grenzen werden immer durch vernichtete Menschenleben be­Ein Uhr nachts. Die Züge der Hochbahn verkehren weniger häufig. Das Rattern der Räder, das Kreischen der Bremsen tönt ferner und seltener. Vom Meere her weht herbstlicher Ostwind. Die anspruchslosen Vergnügungen sind zu Ende. Amerikaner, Juden, Italiener   haben sich schon in ihre bescheidenen Behausungen zerstreut. New York   schläft und knurrt noch im Schlaf: mit dem eisernen Kreischen der Straßenbahn, dem fernen Heulen der Dampfer, dem feuchenden Dahinstürmen eines Automobils... Es ist so, als wälze sich ein riefiges Ungeheuer mit eisernem Magen und elektrischen Augen unruhig im Schlafe...

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Auf der 14. Straße blinzelt und regt sich noch eigenartiges Leben. Ein junger Bengel läuft vorbei und ruft eine Morgen­zeitung aus. Er ist schon ganz heiser nicht nur seine Stimme, auch seine Augen wirken heiser. Polizisten haben sich in finsteren Ladeneingängen verborgen oder wollen sich da wärmen. Detektive schleichen vorbei. Oder sind es Verbrecher? Wer weiß? .. Ein junger Mensch schreitet die 14. Straße entlang: er ist anständig gekleidet und trägt einen Fingerring. Sein Gesicht ist bleich von der Gier unbefriedigter Jugend: in seinen Augen liegt der angespannte Blick, den ein kräftiger, fatter aber einsamer Mann hat bei Nacht. Dieser Blick macht gierig Jagd auf jede vorüber­gehende Frau, als wollte er sie aus dem Nachtdunkel herausholen und an sich reißen.

An der Ecke der 3. Avenue bemerkt der nächtliche Wanderer ein junges Weib mit stark gepudertem Gesicht. Sie lehnt an einem Zeitungstiost und wartet anscheinend auf jemand.

Zwanzig Schritt vor ihr steht eine alte Frau und schiebt einen

Kinderwagen hin und her. Offenbar hatte weder die Alte noch das Kind im Wagen etwas mit der Jungen zu tun. Trotzdem wartete der Mann an der Ecke, ob die Junge sich nicht von der Alten entfernen würde. Da sie es nicht tut, tritt er zum Kiost, kauft der Form wegen dem taubstummen Verkäufer eine Zeitung ab und spricht die junge Person an.

,, Was will denn die Alte so spät noch mit dem Kinde auf der Straße?"

Das junge Mädchen antwortet, als sei fie eine alte Bekannte. Sie ist heute früh aus ihrer Wohnung herausgefeßt worden.

Nun wartet sie."

,, Auf wen denn?"

Ich weiß nicht. Verwandte haben versprochen zu kommen." Was sollen denn das für Verwandte sein? Um zwei Ihr nachts!" brummte der Mann. Ich weiß auch nicht," entgegnete fie. Na und?" Er sentte seine Stimme, verschlang das junge Weib mit den Augen und fragte:

Rommst du mit? Ja?"

,, Bart' mal. Einen Augenblic."

Sie trat zu der Alten und sagte:

"

Baß auf den Jungen auf, Mama. In einer Stunde bin ich

wieder da."

Die Alte entgegnete nichts, regte den Kopf nicht, schob weiter. den Kinderwagen hin und her.

Die Junge lächelte mit ihren grellroten Lippen und lud ihren neuen Bekannten ein. Na tomm!"

( Deutsch   von Erich Boehm e.)

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Der transneptunische Komet entdeckt.

Von Moritz Loeb.

Die Meldung von der Entdeckung eines neuen Planeten, der außerhalb der Neptunsbahn die Sonne umkreist, wäre mit großer Vorsicht aufzunehmen, wenn sie nicht von einem bedeutenden astro­nomischen Institut, der Sternwarte in Kapstadt  , an die Royal Society   in London  , die bedeutendste gelehrte Gesellschaft der Erde, gerichtet wäre. 3mei wissenschaftliche Institutionen von so hohem Ansehen werden aber nicht leichtfertig eine Nachricht in die Welt fezen, solange sie nicht davon überzeugt sind, daß sie auf Richtigkeit beruht. Und wenn selbstverständlich auch noch genauere Einzelheiten über die Entdeckung abgewartet werden müssen, bevor man mit Be­stimmtheit erklären tann, daß sich unser Sonnensystem in unserer Erkenntnis um einen weiteren bedeutsamen Weltkörper vergrößert hat, so bildet die Nachricht von der Auffindung des transneptunischen Blaneten doch eine wissenschaftliche Sensation, die eingehenderer Würdigung schon jetzt mert ist.

Sternwarte statt eines Planeten einen noch unbekannten Kometen Es ist freilich nicht ausgeschlossen, daß man auf der Kapstadter auf photographischem Wege entdeckt hat, und man wird die genaue Berechnung der Bahnelemente des neuen Sternes abwarten müssen, um über seine Natur Einwandfreies feststellen zu können. Darüber wird gerade dann, wenn das photographierte Objekt in der Tat ein Blanet sein sollte, jedenfalls noch längere Zeit vergehen; denn die scheinbare Bewegung eines außerhalb der Neptunsbahn seine Kreise ziehenden Wandelſterns muß außerordentlich langsam sein. Schon Neptun   legt jährlich im Tierkreis nur zwei Grad zurück; demgemäß würde der neue Planet seinen Ort am Himmel innerhalb eines Jahres um weniger als einen Grad verändern, und es bedarf an­gesichts dieser langsamen Fortbewegung bei der großen Entfernung sehr genauer Beobachtungen und Messungen, um festzustellen, ob das entdeckte Objekt, das wir hier einstweilen der Kürze halber Trans­neptun nennen wollen, in einer Kreisbahn oder in einer elliptischen Bahn um die Sonne läuft. Die Bahn des Neptun   ift fast völlig freisförmig, und das gleiche würde aller Wahrscheinlichkeit nach auch beim Transneptun der Fall sein; denn die Kreisform wird durch die große Entfernung vom Zentralgeftirn bedingt. Kometen dagegen bewegen sich in parabolischen oder hyperbolischen Bahnen; die erst­genannten werden von jenen Haarsternen beschrieben, die, wie z. B. der Halleysche   Komet, innerhalb bestimmter Zeiträume wieder in die Nähe der Sonne zurückkehren und demgemäß eine in sich ge­schloffene, wenn auch sehr exzentrische Bahn haben. Die in hyper­bolischen Bahnen verlaufenden Kometen kommen dagegen aus den unendlichen Tiefen des Weltenraumes nur einmal in den Anziehungs­bereich der Sonne, um dann für alle Ewigkeit wieder in den Welt­raum zu tauchen. Zu ihnen gehören neben den vielen unscheinbaren Haarsternen, deren jedes Jahr mehrere entdeckt werden, alle die großen, geschichtlich berühmt gewordenen Kometen, von denen frei­lich in jedem Jahrhundert nur einige auftauchen, und deren letzter der Johannesburger Komet aus dem Jahre 1910 gewesen ist. Vor ihm war zuletzt im Jahre 1882 ein großer, nichtperiodischer Komet in unser Sonnensystem gelangt.

Schon seit vielen Jahrzehnten, bereits bald nach der Entdeckung

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des Neptun  , haben die Astronomen aus den Störungen der Neptuns bahn auf das Vorhandensein eines noch weiter entfernten Planeten geschlossen, freilich ohne seine Gristenz bisher tatsächlich nachweisen zu können. Anfang Januar 1909 glaubte man ihn bereits entdeckt zu haben; Pickering und Soor hatten damals im Sternbild der 3willinge fast gleichzeitig der Amerikaner auf dem Harvard­Observatorium, Soor in London   mittels der photographischen Platte einen Stern entdeckt, den sie für den transneptunischen Bla­neten hielten. Aber es war ein Irrtum, und obwohl seither mehrere Astronomen, unter ihnen Newcomb   und See, der sich neuerdings besonders durch seine Sonnenfledenperioden einen Namen gemacht hat, aus den Störungen der Bahn des Neptun   den mutmaßlichen Ort des hypothetischen Transneptun berechnet hatten, war es nicht gelungen, den Planeten aufzufinden. Diese Aufgabe war allerdings auch weit schwieriger als die Auffindung des Neptun  , der immerhin noch ein verhältnismäßig helles Gestirn ist und zur achten Größen­tlaffe gehört. Sie war trotzdem eine der glänzendsten Ruhmestaten der mathematischen Astronomie, weil der Ort des Neptun   vorher errechnet worden war. Die fünf sonnennächsten Planeten Merkur, Venus  , Mars  , Jupiter   und Saturn waren, da sie durchweg helle, mit bloßem Auge gut sichtbare Sterne sind, schon im Aítertum als Wandelſterne bekannt; aber erst im Jahre 1781 fand Herschel den Uranus auf, den siebenten in der Reihe der Planeten, nachdem feit Kopernikus   und Galilei   auch die Erde. die in der Entfernung von der Sonne zwischen Venus   und Mars steht, als Wandelstern erkannt war. Anfangs hielt man Uranus   für den äußersten Planeten unferes Sonnensystems; der Berliner   Astronom Bessel sprach aber schon im Jahre 1823 die Ansicht aus, daß sich jenseits der Uranus­bahn noch ein weiterer Planet befinden müsse. Denn die Beobach tungen des Uranus   waren mit der für ihn berechneten Bahn nicht in Einklang zu bringen, und es zeigten sich Störungen, die nur von

Beilage des Vorwärts

einem noch entfernteren, vorläufig aber unbekannten Planeten her­rühren konnten. So lagen die Verhältnisse bis zum Jahre 1845. Damals lebte in Paris   ein junger Mathematiker, Leverrier, der zwar in gelehrten Kreisen noch unbekannt war, sich aber bereits durch einige wertvolle Arbeiten bei Arago  , dem Direktor der Pariser Stern­ warte  , gut eingeführt hatte. Ihm gab Arago   den Rat, die Ab­weichungen des Uranus   von der vorausberechneten Bahn zu unter­sachen und zahlenmäßig zu ermitteln, wo etwa ein noch unbekannter Planet sich im Raum bewegen müsse, um die Abweichungen der Uranusbewegung hervorzubringen. Leverrier, der am 31. August 1846 sein Resultat der Akademie der Wissenschaften in Paris   vor­legen konnte, forderte turz darauf den Berliner   Astronomen Galle  brieflich auf, an der vorausberechneten Stelle nach dem Planeten zu suchen. Man hatte nämlich damals an der Berliner Sternwarte  gerade eine Karte der betreffenden Himmelsgegend fertiggestellt, was everrier bekannt war. Am 23. September 1846 kam sein Brief on Galle   in Berlin   an, und noch am Abend desselben Tages fand der er ist erst 1910 im damals vierunddreißigjährige Astronom märchenhaften Alter von 96 Jahren in Potsdam   gestorben- tat­gegebenen Stelle des Himmels auf. fächlich den errechneten Stern fast genau an der von Leverrier   an

Neptun  , ist im Mittel 4470 Millionen Kilometer von der Sanne entfernt und umkreist sie in 164% Jahren. Auf Grund der Ent­fernungen innerhalb des Sonnensystems ist anzunehmen, daß der Transneptun mindestens dopelt so weit von der Sonne entfernt ist, und die Meldung aus Kapstadt   spricht denn auch von rund der siebzigfachen Distanz, die zwischen Sonne und Erde herrscht. Das find rund 10% Milliarden Kilometer, und der Umlauf eines in diesem Abstand um die Sonne kreisenden Wandelsterns dürfte 330 bis 350 Jahre dauern. Das Licht des Transneptun, das er von der Sonne empfängt, braucht 10 Stunden, um diese Distanz zu durch­eilen und ungefähr die gleiche Zeit, um von dort zur Erde zu ge­langen. Ueber seine mutmaßliche Größe läßt sich faum mehr sagen, als daß Transneptun wahrscheinlich weit größer als die Erde sein und mindestens dem Neptun   darin gleichfommen wird, deffen Durch­messer viermal, dessen Masse sechzehnmal so groß ist wie die der Erde. Neptun   hat auch einen Trabanten, der den Hauptförper in etwa sechs Tagen umireist und die merkwürdige Eigenschaft besitzt, daß er sich entgegen den sonst gültigen Drehungsgesetzen in unserem Sonnensystem von Osten nach Westen bewegt. Er erscheint uns als ein Sternchen vierzehnter Größe, fann daher nur in den ailerſtärksten Instrumenten als winziges Lichtpünktchen wahrgenommen werden. Ueber den Ort des neu entdeckten transneptunischen Planeten am Himmel ist noch nichts Näheres bekannt; gewiß werden aber nun die Observatorien mit Spannung eingehendere Nachrichten aus Kapstadt  erwarten, um ihrerseits die Richtigkeit der Entdeckung nachprüfen zu fönnen.

Die Ursachen des Vogelzuges.

Der alljährliche Zug der Vögel, der jegt wieder einzusehen be­ginnt, hat die Wissenschaft schon seit langem beschäftigt, ohne daß es bisher gelungen ist, eine einwandfreie Erklärung dieses geheimnis vollen Borganges zu finden. Mit einer neuen Theorie, die sich auf

langjährige Beobachtungen und Versuche ſtützt, tritt nun der Boſtoner Ornithologe Prof. William Rowan in einem Aufsatz der Londoner  " Nature  " hervor. Er sieht das Auslösermoment für die Wanderun­gen der Vögel in der Länge der Tage durch die ihr Wande­rungsinstinkt geleitet wird. Der einzige regelmäßige Faktor, der für die außerordentliche Regelmäßigkeit der Bogelzüge bei manchen Gattungen bestimmend sein kann, ist die Dauer des Tageslichtes. Rowan beruft sich besonders auf den Einfluß der Tageslänge auf das Wachstum und die Entwicklung der Pflanzen, den man in letzter Beit einwandfrei festgestellt hat. Alle Gründe sprechen dafür, daß die Dauer des Tageslichtes auch die Tiere beeinflußt. Bei den Bögeln glaubt der Gelehrte an eine direkte und eine indirekte Ein­wirkung. Die indirekte besteht in der größeren oder geringeren Zeit, die den Tieren bei der Veränderung der Tageslänge zur Nahrungssuche bleibt. Aber das Licht hat auch einen Einfluß auf die Drüsenentwicklung der Vögel, die Rowan durch Ver­fuche gezeigt hat. Eine Verlängerung des Tageslichtes im Herbst. die durch künstliche Beleuchtung nach Eintritt der Dunkelheit hervor­gebracht wird, ruft ein vorzeitiges Wachstum der Keimdrüsen hervor, das bei dem Männchen von Singen begleitet wird. Bei Bögeln, die normalerweise im frühen Herbst füdwärts ziehen, wird durch diese künstliche Beleuchtung und die damit zusammenhängende Ber größerung der Drüsen mitten im kanadischen Winter der Wande­rungsinstinkt erregt, so daß sie, wenn fie freigelaffen werden, sofort ihren Zug antreten Dagegen treten Bögel, deren Drüsen in der natürlichen minimalen Größe bleiben, die Wanderung südwärts überhaupt nicht an. Nach der Ansicht des amerikanischen   Forschers ist also in den Veränderungen der Keimdrüsen den Bögeln ein Signa gegeben, das sie zu ihrem Zuge veranlaßt, und diese Drüsenentwic lung wieder hängt mit der Einwirkung des Sonnenlichtes und Länge der Tage zusammen.