Einzelbild herunterladen
 

dafür-fämpft. Die wettliche Schule ist keine Weltanschauunqsschule und die Sozialdemokratie wendet sich mit aller Entschiedenheit gegen den Versuch, weltlich« Fragen in dogmatische Formeln umwandeln zu lassen. tSehr richtig! bei den Soz.) Wenn die Anhänger der Kon- fessionsschulen mit ihren großen Zahlen prunken, so dürfe man nicht die Papiersoldaten vergessen, man müsse die unzähligen Menschen abrechnen, die nur noch durch das Steuerzahlen gebunden sind. Fijr uns ist die Auseinandersetzung mit kirchlichen Ein- r i ch t u n g e n«in« gesellschaftliche Angelegenheit und wir haben volles Verständnis für die armen Menschen, die in ihrer Not in der Religion ihre Zuflucht suchen. Wir sagen den Arbeitern' Auch die religiösen Formen sind die Folgen einer bestimmten gesell- schastiich-wirtschastlichen Entwicklung. Wir wollen in ihnen das Be- wußtsein ihrer Kraft steigern und die Erkenntnis, daß sie als Klasse dazu berufen sind, ein« neue Ordnung der Gesellschaft zu schaffen. (Sehr wahr! bei den Soz.) In diesem Sinn« werden wir allerdings schärfste Gegner jeder Umwandlung religiöser Einrichtungen in soziale Reaktion sein. Aus diesem Grunde lehnen wir auch ganz entschieden u. ch die Bestrebungen des Herrn S e i p e l ab, der die Religion zum Vorwand sozialreaktionärer Bestrebungen machen will. Wir Sozialisten sind nicht vermessen genug, für alle Zukunft zu behaupten, daß die religiösen Bindungen abgetan seien. Aber wir zeigen die Linie der Entwicklung des großen Werdens der Gessllfchafl. und wir geben darin allen geistigen Bestrebungen volle Freiheit. Wir pflegen uns nicht an irgendwelche Formen weltlicher Anschau- ungen gebunden zu fühlen, sondern versuchen olle Erscheinungen aus der gesellschaftlichen Entwicklung zu erklären. Alle Lebendigkeit hört dort auf, wo man sie in die Formen und Normen der Vergangenheit zu pressen versucht.(Sehr wahr! bei den Soz.) Für uns ist der Staat nichts anderes als die politische Organisation der Bevölkerung, wir können ihm deswegen nicht die Allmacht geben, wie die Demokraten es wollen. Und das Staatsrecht ist der Ausdruck dieser Dinge, das Ergebnis der politischen Energien und des Kampfes der Klaffen, die in ihm ringen. Früher haben weder die Satholiken noch die Protestanten von einem unbeschränkten Erziehungsrecht der Eltern gesprochen, man hat dort im Gegenteil eine Erziehung im einheitlichen Sinne und die Ausübung vom Zwang aus die Ellern zur religiösen Erziehung gefordert. Wo ist da das absolute Erziehungsrecht der Eltern? Hat man nicht früher ganz allgemein die Kinoer von Dissidenten zum Besuche des Religion?- Unterrichts gezwungen? Wo war da das unbeschränkte Erziehungs- recht der Eltern, von dem jetzt soviel die Rede ist? Die Berufung auf die Verfassung in dieser Frage ist ganz falsch. von einem unbeschränkten Elternrecht ist dort nirgends die Rede. dagegen wird ausdrücklich anerkannt, daß der Staatswille über dem Elternrecht flehen müsie. Es steht dort auch nichts von dem Willen der Kirch«, sondern nur von dem Antrogsrecht der Erziehungsberechtigten. Wir wollen gewiß nicht die Rechte der Eltern einschränken, aber die Wer- Mtnisse haben sich doch gegen die früheren Zustände, wo die Familie die Grundlag« der Gesellschaft bildete, wesentlich geändert und wir wollen den neuen Formen der gesellschaftlichen Entwicklung den ihnen gebührenden Einfluß auf das Erziehungswesen geben. Aber wo besitzt denn noch dre Familie politisch« Rechte? Ist es nicht der Staatsbürger, der seine politischen Rechte ausübt? Wir sehen in der Verfassung ein Bollwerk gegen sozial« und kulturelle Reaktion, sie befriedigt uns noch nicht, wir wollen sie erweitern, aber auch schützen gegen alle Angriffe. Leider können wir nach der Verfassung die weltliche Schule nichl fordern, aber wir er- warten, daß bald die Zeit kommt, in der die weltliche Schule als ein« Rotwendigkest allgemein anerkannt wird. Jetzt verlangen wir. daß die Gemeinschaslsschule so durchge-. führt wird, wie die Verfassung es vorschreibt. Daher ist für rms die entscheidende Frage: Skeht dieser Entwurf im Einklang mit der Verfassung? Wir sagen: er steht im strikten Gegensatz zur Verfassung.(Sehr richtig! bei den Soz.) Wir haben aus der Verfassung nachgewiesen, daß die Gemein- schastsschüle als Regelschule eine Vorzugsstellung genießt. Es ist ja auch von hervorragenden Vertretern der Deutschen Bolls- partes, anerkannt worden, daß jede andere Schulart nur die Aus- nahm« von dieser Regel fein kann. Die Vorlage der Re- gieruug aber will die Gemeinschaftsschutz aus dieser Vorzugs- stellung als.Regelschule, in«ine Ausnahmestellung bringen. Ja, j.etzt sollen sogar neun Zehntel, aller Schulen zu

Streikendes Dorf. ' Von Hans Bauer. Böhlen bei Leipzig , den 18. Oktober 1927. Der Schaffner ruft ab: Böhlen ! Ich steige aus. O, ich als alter Leipziger kenn« Boehlen. Im Sommer ist es Operationsbasis unternehmungslustiger Sonntagsausflügler. Im Herbst ist es ein einsames, graues, nichtssagendes Dörfchen. Jetzt, im Streik, ist es Kampffront der organisierten Arbeit: eine von vielen! Am Bahnhofsausgang zwei Schupos mit umgehängtem Gewehr. Hundert Schritt weiter die ersten Gruppen müßiger Arbeiter. Dann immer neue Gruppen. Am Dorfausgang, dort, wo die Landstraße noch dem Braunkohlenwerk führt, sind Plakate an die Bäume ge- heftet. Eines bittet, jawohl, dieser höfliche Ausdruck ist gewählt, zureisende Kameraden, der gerechten Sache nicht in den Rücken zu fallen. Ein anderes ist ironisch.Nur für Streikbrecher!" ver- kündet es und will damit sagen, daß«in anständiger Arbeiter bis auf weiteres diesen Verbindungsweg nicht in Anspruch zu nehmen braucht. Ein junger Genosse führt mich im Kampfgelände herum. Wir begegnen einem mit Matratzen beladenen Wagen.Die stammen aus unseren Baracken." klärt mich mein Begleiter auf,die sind für die Unterkunstsräume der Schupo bestimmt." Die Werkleitung ist hart. Wer nicht arbeitet, soll nicht nur nicht essen, er soll auch nicht wohnen. Wer den Werkvertrag kündigt, kündigt gleichzeitig die wenn auch enge und provisorische Wohnstätt«. Aber es hilft der Werkleitung nichts. Die glücklicheren Kollegen, die auf die Baracken nicht angewiesen sind, wissen, was sie den Kampfgefährten schuldig sind Und stellen ihnen in echtem Solidaritätsgefühl zur Not entbehr- liche Kammern und Sofas zur Verfügung. Es nimmt mich wunder, daß verhältnismäßig viel Schornsteine rauchen, Mein Führer lächelt. Ich solle mir einmal die Farben der Rauchsahnen ansehen. Es fällt mir auf, daß nur aus einer der Essen schmutziggrauer Rauch aufsteigt, und daß der der anderen Essen vom Weiß leuchtender Unschuld ist. Nur der graue Rauch ist wirklicher Arbeitsrauch, wirklicher Kohlenrauch. Er stammt aus dem Mahlwerk, das noch in Betrieb ist. Aber die anderen Rauchfahnen bestehen aus Schwindelrauch, aus Atrappenrauch. Es sind Ab- dämpfe aus den Gegendruckturbinen: Wosserdämpfc, die nichts zu besagen haben und nur durch die Esse gejagt werden, um vorzu- täuschen, was nicht mehr vorhanden ist: Betrieb. Wir sind an die Zeche herangekommen. Wir blicken über eine Brüstung hinweg in einen tief unter uns sich dehnenden Arbeits- bereich. Ein paar zwerghafte Kleckse/ drei oder vier, krabbeln weit von uns entfernt beruni:.Sireikbrecher. Es ist nicht ersichtlich, was sie treiben. Es. ist nur sicher, daß sie, so ganz allein aus diesem gigayiijchen Komplex, den Eindruck iamrnsrnaller Hililosiakeit»nd Verlassenhest«rwecken. Der Riesenleib des Werkes läßt sich durch sie in feinem Schlafe nicht stören. Er ruht.

K o n s e s s i o n s s ch u l e n gemacht werden, ohne daß man sich um das Recht der Eltern kümmert.(Hört. hört! bei den Soz.) Die bisherigen Schulen sollen verwandest wer« den in Schulen mit stärkster kirchlicher Bindung. Wo bleibt da das Antragsrecht der Eltern? Die von der Regierung in der Vorlage angestrebte Form der Schule bedeutet eine ganz eklatante Vorschlech- terüng des heutigen Schulwesens. Welche A u f s i ch t s i n st a n z en soll der arme Lehrer nach dem Entwurf über sich dulden? Da sind nicht nur die weltlichen Behörden, jetzt soll noch die Kirche dazukommen. Ja. selbst den außerdcutschen und außereuropäischen Reli- gionsgesellschaften soll das Aufsichtsrecht über den Lehrer gegeben werden! In der Verfassung steht aber nur. daß der Religlonsunkerrichl nach den Grundsätzen der Religlonsgesellschaslen erteilt werden solle. Jede Aufsicht, die darüber hinausgeh«, ist versassungs- widrig. Das haben auch die Lehrerorganisationen erkannt, die vielfach den Beschluß gefaßt haben, den Religionsunterricht nieder- zulegen, wenn dieser Entwurf Gesetz wird. Und wir stehen hinter diesen Lehrern, die gegen den Gesinnungszwang kämpfen. der auf sie ausgeübt werden soll. Wir wollen ein Gesetz, das der Berfassung entspricht, wir wollen ein Schulgesetz, das die Frecheit der Entwicklung sichert, daher lehnen wir den Keudelflchen Entwurf ab.(Aürmischer Beifall bei den Soz.) Um 19 Uhr vertagt sich das Haus auf Donnerstag, 13 Uhr. Bei der Festsetzung der Tagesordnung beantragt der Abg. K o e n e n (Komm.) unter wütenden Ausfällen auf die Sozialdemokratie, daß die sozialdemokratische Interpellation zum Braunkohlenstreik mit aus die Tagesordnung gesetzt werde, so einige von den Kommunisten dazu gestellte Anträge. Abg. Wüller-Franken(Soz.) erklart dazu, daß die sozialdemo- krqtische Fraktion dafür stimmen werde, die Interpellation aus die Tagesordnung zu setzen, schon um morgen Gelegenheit zu haben, die unwahren Angriffe des Abg. Koenen auf die Sozialdemokratie ab- wehren. Der kommunistische Antrag wird abgelehnt. Aus der Tages- ordnung steht die Fortsetzung der Schuldebatte, erste Lesung der Besoldungsreform, mehrere Handels- und Grenzabkommen mit anderen Staaten.

Michaelis gesteht... und sucht sich herauszureden. Reichskanzler a. D. Michaelis erklärt. Man hat bei ihm angefragt, also antwortet er. Nicht gerade auf das, was man ihn gefragt hat, oder vielmehr: auf dos Gefragte kurz und undeutlich, auf das Nichtgefragte dafür um so weit- schweifiger. Die Sache ist folgende: Der vierte Unterausschuß des Reichstagsunterfuchungsausschuffes über die Kriegsfragen hatte von dem ehemaligen Reichskanzler eine Erklärung darüber erbeten, ob er die Echtheit des seinerzeit veröffent- lichten Briefwechsels zwischen ihm und dem Kronprinzen anerkenne. Gemeint war in der Haupt- fache jener Brief, in dem sich der Reichskanzler Michaelis über die Friedensresolution und den Reichstag lustig macht. (Vgl. Nr. 455 d.SB."). Hierauf erwidert der Befragte zunächst in«cht Michaelisscher Manier mit einem DreiviertelJa" und einem ViertelIch weiß nicht". Es heißt in feinem Schreiben an den Ausschlißvorsitzenden Dr. Philipp:....... Ich besitze persönlich weder den Brief des Kronprinzen, noch -meine Antwort an ihn. Ich erinnere mich an den Wortlaut des- kronprinzlichen Schreibens und meiner Antwort jetzt noch Ist Iahren nicht mehr genau, doch glaub« ich, daß das, was in der Presse, ins- besondere in derWest am Montag" publiziert ist, den Briefen entsprechen mag. Der kronprinzliche Brief müßt« ja in der Reichs- kanzloi zu finden sein. Zum Glück haben sich die beiden Schriftstücke inzwischen tatsächlich angefunden, damit steht die Echtheit des Michaelisfchen Schreibens fest. Michaelis wäre aber nicht

Zwei Uhr mittags. Aus einer der Verarbeiwngssabriken kommt ein Auto herausgefahren. Ein großer, verdeckter Wagen. Er ist, wertwürdiger Zufall!, gelb, tanarienoogelgelb angestrichen. Es muß ein wichtiger Wagen fein, denn er begegnet einer vielfältigen Auf- mertsamtett. Nicht nur, daß er von einer Schupopatrouille per Rad flankiert ist, auch die Streikenden, die allenthalben auf der Straße herumstehen, bilden Spasier. Das Streikbrecherauw kommt! Die Streitbrecher wechseln die Schicht! O, die da drinnen haben ein schlechtes Gewissen. Sie meiden den Blick durch die Scheiben. Sie blicken emsig vor sich hin. Manch« haben einen geradezu verstörten Gesichtsausdruck. Ihre Angst ist unberechtigt. Es ist die Parole ausgegeben, auf leinen Fall Gewall anzuwenden, aber da« bedeutet freilich nicht den Verzicht auf jene moralisch« Stäupung, die nicht einmal in verächtlichen Zurufen zu bestehen braucht, sondern die schon in einem höhnischen oder aber in einem trauernden Blick liegen kann. Ich gehe nach dem Bahnhof zurück. Ich höre herum, was so gesprochen wird. Nichts Pathetisches. Aber auch nirgendwo etwas Mutloses. Wie vieles auf der Welt ist ja auch so«in Streik so ganz anders, als er meist im Kino dargestellt wird.

SerufuogsfkanSal an öer Universität Jena. Prof. L. Plate, Jena , sendet uns folgende Berichtigung: Unter der UeberschristBerufungsskandal an der Universität Jena" ist in der Nummer vom 19. August 1927, Abendausgabe, eine Mitteilung des Frl. Prof. M. B a« r t i n g von der Universität Jena erschienen, deren Angaben bezüglich einer Be- rufung von A bis Z unwahr sind. Unwahr ist, daß der dort ge- nannte Eduard Uhlmann Kustos des phyletsschen Museums" ist, er ist vielmehr Konservator desselben. Unwahr ist, daß er in eineaußerordentliche Professur"berufen" ist: er hat vielinehr einen Lehrauftrag für angewandte Entomologie und den Titel eines außerordentlichen Professors erhalten. Daher war selbstverständlich auch eine Habilitation nicht nötig. Weiter ist unwahr, daßkeine einzige wissenschaftliche Leistung" vorliegt, er hat vielmehr ein« Reihe anerkannter Schriften geschrieben. Unwahr ist die Behaup- tung des Fräulein Vaerting, daß ein Artikel in der Jenaer Zeit- schrift für Naturwissenschaftnur zusammengeschriebene Ansichten anderer Leute" enthält. Wahr ist, daß dieser Aufsatz überEni- Wicklungsgedanke und Artbegrifs" manche neue Angaben und kritische Gedanken enthält und daher in der Fachpresse sehr gunstig beurteilt worden ist. Da eine Berufung überhaupt nicht erfolgt ist, kann auch einBcrufungsskandal" nicht vorliegen." « Zu dieser Berichtigung schreibt uns Prof. M. Vaerting: Prof., Plate von der Universität Jena, der seit Jahren die frühere saziolistische Regierung in Thüringen wegen angeblich leichi- fcrligcr Berufungen angreift, hatte sich nicht gescheut, seinen Freund viid Mitarbeiter Uhlmann ohne Habilitation und ohne entsprechende lailieiüchastliche Leistungen als Professor an die Uiiioersität Jena zu lancieren. In seiner Berichtigung entkräftet er den erhobenen Bor- wurf nicht, sondern bestätigt ihn in vollem Umfange. Herr Plate

er selber, wäre nicht der Mann der kleinen Psiffe und Kniffe, wenn er nicht sein Schreiben noch gleich zu einigen Ausflüchten Michaelisscher Art benutzte. Obwohl ihn der Ausschuß' nur um die Echtheit des Briefes und nicht um feine Ansicht befragt hat, fährt Michaelis fort: Mir ist nicht erfindlich, warum zu meiner Aeußerung über die Iuli-Resolution des Jahres 1917 in dem Brief an den Kronprinzen jetzt mtt ganz besonderer Lebhaftigkeit und Anfeindung Stellung genommen wird, als wenn es sich um ein ganz neuesG e- ftändnis"(vgl. den Artikel desVorwärts" vom 1. Oktober) meinerseits handelt. Ich habe in meinem BuchFür«taat und Volk" auf Seite 324 ff. inhaltlich dasselbe gesagt, und habe dies auch mit den damaligen Vertretern der Parteien in wgelangen Ver- bandlungen oft zum Ausdruck gebracht.(Es folgt ein Zitat aus dem Michaelisschem Buche. Red. d.Vorwärts".) Hieraus dürfte sich ergeben, daß meinerseits eine Täuschung nicht beabsichtigt oder gar durchgeführt worden ist, stmde>'n daß ea sich um offene Verhandlungen über die mir bedenklich erscheinende Friedcnsresolution gehandelt hat. Michaelis spekuliert wohl doch etwas zu stark auf die Vergeßlichkeit der Welt. In den Verhandlungen jener Zeit kam es in allererster Linie darauf an, daß die Regierung in öffentlicher Sitzung sich gleichzeitig mit der Mehrheit des Parlaments auf den Boden der Resolution stellte. Das war Ziel und Zweck der Verhandlungen, und das hatte Michaelis nach Hin und Her schließlich z u g e s a g t. Er gab dann auch, wie ausgemacht war, die Erklärung ab, daß die Regierung der Friedensresolution des Reichstags zu- stimme, aber er entwertete diese Erklärung, ja verkehrte ihre Wirkung für das Ausland ins Gegenteil durch den berühm- ten Zusatzwie i ch sie auffasse". Liest man nun, daß gleich nach dieser Tat Herr Michaelis an den Kronprinzen die Sätze schrieb:Die berüchtigte Resolution ist... angenommen. Durch meine Interpretation derselben habe ich ihr die größte Gefährlichkeit geraubt. Man kann schließlich mit der Resolution jeden Frieden machen" so ist hier für jeden Denkenden der Beweis der Hinterhältigkeit klar gegeben. Wir glauben Herrn Michaelis, daß er das nicht begreift. Er vermag es nicht einzusehen, weil solches Handeln durch- aus der geistigen Atmosphäre des Muckertums entspricht, in der Herr Michaelis lebt und von der einmal witzig gesagt worden ist: Im Pietismus betrügen die kleinen Leute den lieben Gott und glauben, er merkt's nicht. Erst üeutschnational, dann Kpd . Aus dem Werdegang eines kommunistischen Spaltpilzes. Die Sozialdemokratisch« Partei hielt in Strasburg / U. kürzlich «in« öffentliche Versammlung ab, in der der Gen. K r ü H e r-Branden- bürg über den Bürgerblock im Reich und die deutsche Arbeiterklasse sprach. Als Diskussionsredner war der kommunistische Landtags- abgeordnete Sasper-Berlin erschienen, der die Aufgabe hott«, die Tätigkeit der Sozialdemokratie einer.zernichtenden"-Kritik zu unter­ziehen. Schon während der ersten Ausführungen des sozialdemokroti- schen Redner« wurde Kasper gesagt, daß er als ehemaliger deutschnationaler Handlungsgehilfe am oller- wenigsten geeignet ist, Kritik an der Arbeit der Sozialdemokratie zu üben, die schon in der Lorkriegszett Jahrzehnte hindurch'für die minderbemittelten Bevölkerungsschichten wirkt«. Auf diese Aus­führungen müßte Kasper in seiner Diskussionsrede antworten uird erklärte, daß er von 1907 bis 1914 voll« sieben Jahre lang dem deutschnationalenHandlungsgehilfen- verband angehörte, 1916 Mitglied der SPD . geworden sein will. dann Mitgliedder USPD . wurde, um nach der Spaltung der USPD. in Halle durch den damaligen Allbeherrscher, jetzt abgesägten Führer der Kommunistischen Internationole, Sinowjew . zur APD. überzutreten. Daher das Bemühen diesesArbeitervertreters",-durch Spaltarbeit den Deuffchnationalen zu helfen.

gibt, genau wie es hier dargestellt war. zu. daß Uhlmann ohne vorherige Habilitation zum außerordentlichen Professor er- nannt ist. Eine grobe Unwahrheit ist es aber, daß wie Plate behauptet zu dieser Ernennung«ine vorherige Habilitation als Privatdozent nicht nötig sein soll. Nach der Hauptsatzung der Uni- vcrsität Jena können mir Privatdozenten und zwar in der Regel nach sechsjähriger Bewährung in Lehre und Forschung zu nicht- beamteten außerordentlichen'Professoren ernannt werden. Keine dieser Voraussetzungen trifft bei Uhlmann zu. insbesondere hat er sich wie Plate selbst zugibt nicht habilitiert, war also nicht Privatdozent. Seine Ernennung� ist also, abgesehen von allem an- deren, auch in der Hinsicht ein Skandal, daß sie gegen die Haupt- satzung oerstößt, und Herr Uhlmann tonnte nach den Statuten der Universität allerhöchstens einen Lehrauftrag erhasten. Herr Plate sucht schließlich noch die wissenschaftlichen Verdienste seines Freundes Uhlmann zu retten. Er schreibt, daß Uhlmann' eine Reihe anerkannter Schriften" verfaßt hat. Es ist bezeichnend für Plates Kampfesweise, daß er kein« dieser Schriften nennt. Uhl- mann selbst hat offiziell als seineWerke" nur seine Dissertatio». und den von mir erwähnten Aufsatz in der Jenaer Zeitschrift für Naturwissenschaft angegeben, der sich für jeden Leser selbst chorak- terisiert. Wenn Plate derartig« Leistungen als ausreichend für eine Ernennung zum außerordentlichen Professor verteidigen will, dann ergeben sich ungeahnte Perspektiven für die akademisch« Laufbahn. Schließlich schreibt Herr Plate. Uhlmann sei nicht Kustos, son- dern Konservator des Museums. Um so schlimmer, denn da der Konservator im amtl'chen Verzeichnis hinter dem Kustos rongiert. so wird die Basis für die Ernennung Nhlmanns noch gerinasügigor. als sie ohnehin schon ist.

Noch ein Kleist- Skandal. Zum 15». Geburtstag von Heinrich v. Kleist hatte die Kleist-Stiftung einen Aufruf an die deutschen Bühnen erlassen, das Dichterhonorar für ein am 18. Oktober aus- geführtes Kleist-Werk in dem Umfange, wie heute die Dichter es zu empfangen pflegen, der Kleist-Tliftung für ihre Aufgaben zu Ipen- den. Dannt sollten die Buhnen daran mitwirken, weniq bemittelte Dichter deutscher«spräche, insbesondere Dramatiker, die noch um Anerkennung ringen, jährlich so zu fördern daß ihnen das Meist- Schicksal erspart bleibt. Außerdem hat die Kleist-Sttftung sich an 140 deutsche Großindustrielle und Grohfinan- ziers gewandt, mit der Bitte, zum Gedenktag des Dichters zu einer Stärkung des Stiftungsfonds beizutragen. Das Ergebnis bei- der Aufrufe, wenigstens son-eit es jetzt vorliegt, ist beklagensw.-rt geringfügig. Obwohl der Aufruf an die Bühnen vom Bühnenoer'ein geprüft' und unterstützt worden ist, sind Zusagen von dieser Seite bis jetzt überhaupt nicht eingegangen. Wenn auch die Kleist-Stis- tung mit der Möglichkeit rechnet, daß noch einzeln« Beträge über- wiesen werden, schätzt sie doch das Ausmaß eines solchen Erfolges sehr gering ein. Von den Wirtschastssührern, die man um ihre Unterstützung gebeten hat. haben überhaupt nur vier geantwortet. obwohl mit reiflicher Ueberlegung nur solche Persönlichkeiten auf die Liste gesetzt morden waren, von denen man mit einiger Wahr - jcheinlichkcit eine zustimmende Antwort erwarten konnte. So ehren die Hilgenberg und Konsorten den großen deutschen Dichter, den sie durch ihrc Literaturb-slissenen für ihr« nationalen Belange in Anspruch zu nehmen die Frechheit haben.