Mittwoch
2. November 1927
Unterhaltung und Wissen
Die Allerseelenkerzen des kleinen Franz.
Bon Betty Karpistopa.
Am äußersten Rande der Prager Borstadt Zizkov murde eine Reihe neuer Häuser mit modernen Wohnungen erbaut. Das ärmste Proletariat, welches die teuren Mietzinse aus der inneren Stadt vertrieb, drängte sich in diese neuen Behausungen; aus einer großen Wohnung wurden drei bis vier fleine gemacht, und in jeder dieser nahm man noch einen oder mehrere Aftermieter auf.
In der Kellerwohnung einer solchen Mietfaserne, von welcher man den Ausblick auf ausgedehnte Felder hatte, in einer engen Stube mit einem Fenster auf den Gang hinaus, wohnte der Kutscher Janota mit seiner Frau und vier Kindern. Es war ein recht unfreundliches Heim.
Die peinliche Reinlichkeit, bie hier herrschte, überraschte zwar angenehm, aber der ärmliche Anblid wurde noch trauriger durch die ständige Anwesenheit des Todes, der sich augenscheinlich noch nicht entschließen fonnte, ob er hier seine Ernte halten oder weitergehen sollte. Und er blieb unausgesetzt hier anwesend, indem er seinen schaurigen Atem durch das Zimmerdhen wehen ließ und seine ausgestreckte Hand über ein fleines, reines Bett hielt, in welchem fast den ganzen Tag und die ganze Nacht hindurch die kraftlosen, durch die Rhachitis vollständig verfrümmten fleinen Körper zweier Kinderchen lagen. Es waren die Zwillingsfinder Tonda und Jenit.
Aus übernatürlich großen Köpfen starrten wirre, ausdrucksloje Augen der kleinen Buben hervor, welche bereits das dritte Jahr ihres erbärmlichen Lebens überschritten hatten, und langsam dahin starben, weil ihre Körper nicht auszuheilen waren, und die nur mit der bloßen Haut überzogenen und fürchterlich verkrümmten Gliedmaßen nicht gerade murden, so daß einem bei diesem Anblick des Elends ein Schauer überlief.
Dann war noch der fünfjährige Franz hier, ein bleicher Bub mit ernstem Gesicht, welcher auf die kleinen Krüppel und das gefunde Brüderchen Bepi achigeben mußte, das mit seinen frummen Beinen am Fußboden herumtroch und sich an den kleinen Franz wie an die Mutter gewöhnt hatte, die oftmals den ganzen Tag lang nicht daheim war.
Zentrum und Deutschnationale.
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.So kann das nicht weitergehen!"
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JAG
Meine Geduld ist jetzt zu Ende!"
hufteten die beiden franken Kinder und pfiffen mit ihren dünnen Sopranen.
In diesem schredlichen Augenblid spürte die Nachbarin, die durch eine Tür getrennt hier wohnte, den Rauchqualm, und schon war sie mit dem Hausmeister zur Stelle, welcher, die Türe sprengend, die Kinder aus dem Rauch hinaustrug. Die Nachbarin begoß die qualmende Rohlenfifte und brachte das Holz barin in Ordnung. Gie riß das Fenster auf und nahm die Kinder zu sich, ehe die Mutter zurückkehrte.
Sie bediente drinnen in Prag und fehrte erft nachmittags oder Die tam am Abend, und als sie die Berheerung in ihrer stets am Abend zurüd. Janota selber schlief lieber im Stall in der anso reinen Wohnung gewahrte, ärgerte sie sich sehr über diesen genehmen Gesellschaft feiner Pferde, damit er, wie er zu fagen Tunichtgut. Zuerst gab es ein Berhör, und dann feste es Brügel. Als sie durch das Durchhauen des Buben ermüdet wurde, hörte die Janota damit auf und Tränen stürzten ihr jetzt aus den Augen.
pflegte, nicht ständig dieses Hundeleben vor Augen habe. Und es war wahrhaftig ein Hundeleben!
Der fünfjährige Franz war unter seiner Berührung vorzeitig früh reif geworden, und niemals gewahrte man auf seinem alten Gesicht ein Lächeln. Er erfüllte sein Amt als Kinderfrau, forgte sich darum, daß feines der Kindchen sich verunreinigte, denn er wußte sehr wohl, daß die Mutter einen solchen Fall empfindlich strafen würde. Es war ihm recht traurig zumute in seinem armen Bintel, nur die Aussicht auf den Gang, wo sich seine glüdlicheren Gefährten laut herumtrieben und miteinander unter Lachen spielten, war für ihn eine Unterhaltung und ein Genuß.
An jenem Tage, von welchem ich erzählen will, standen die Buben gerabe in einem Kreise vor dem Fenster Franzens, und voll geheimer Freude entleerten sie ihre Taschen.
Es war der Allerseelentag. Ein schmutziger Nebel wälzte sich schon in den frühesten Morgenstunden durch den Raum und fiel in unsichtbaren Tropfen aufs Pflaster. Es war beißend talt und Franz flapperten im falten Stübchen die Zähne, doch er rührte sich nicht von der Stelle. Gab es doch auch etwas zum Sehen!
Die Buben zogen fleine, dünne Kerzen heraus, zündeten sie an und flebten sie an den Rand des Fußsteiges. Sie flebten sie in einer Reihe an, und wie schön waren sie, rote, rosa, grüne..
Ihre rauchenden, Meinen Flammen schlugen durch den Nebel, und die Buben saßen mit Behagen im Kreise herum. Mit geheimnisvoller Miene löschten sie die Kerzchen aus, zündeten sie wiederum an und brachten so ein wenig Friedhofsatmosphäre auf den Fuß fteig, was ihnen eine angenehme Aufregung verursachte.
Der fleine Franz verschlang alles geradezu mit seinen Augen. Welch' ein Bergnügen waren doch solche fleinen Kerzen; zeitlebens hatte er noch feine in den Händen gehabt. Ach, wie wünschte er fich, wenigstens eine oder zwei davon zu befizen!
In seinen Gedanten stellte er sie aufs Fenster und rieb sich in Borahnung der Freude, die er da erleben würde, die kleinen Hände. Die Kerzen am Fußsteige brannten zu Ende und Finsternis sentte fich allmählich auf die weinende Erde herab. Die Buben liefen auseinander. Aus der Nachbarschaft tam eine Frau mit einem Inirschenden Kinderwagen vorbeigefahren, fie schimpfte unausgefeßt und hatte ständig Eile. Franz bemerkte, wie sie ihr vierjähriges Mäderl im Wagen auffeßte, das noch nicht laufen konnte, wie sie es mit einem alten, ausgeblaßten Schal zudeckte und an die hintere Wand des Wagens drückte. Den anderen Raum hatte sie mit ge= flebten Papiertüten ausgefüllt, welche sie unter beständigem Schimpfen zudeckte, um dann mit ihrer Last in die Stadt zu fahren. Sie ging abliefern, damit sie abends Brot und Kaffee habe. Franzl vereinſamte in der herangebrochenen Dunkelheit. Nur die grünen und blauen und rosa Kerzen schienen ihm zart vor den Augen zu leuchten, wie gern hätte er solche besessen!
Und aus dieser unbefriedigten Sehnsucht heraus tam ihm ein Gedanke, den er auch sofort in die Wirklichkeit umsetzte. Er machte der Mutter für den Abend Späne zurecht; ja, wür ben denn die nicht genau so wie die fleinen Kerzen brennen? Er fönnte sich auch seine erstarrten fleinen Hände an ihnen wärmen und Bepi, der ohnedies schon ein bißchen ärgerlich war, würde dann Ruhe geben. Zündhölzchen hatte er gleich gefunden. Er stieg auf den Tisch, holte sie vom alten Kasten herunter, auf welchem als einziger Lurus ein paar ausgerichtete Tüpfel und geschmacklose Figuren pon einer Kirchweih standen.
Er stedte die Späne zwischen die Kohle im Kasten und zündete fie an. Zuerst einen, ein wenig ängstlich, als er dann aber die Bracht wahrnahm, rasch einen zweiten, britten, und bald brannte schon eine ganze Anzahl
Die Augen gingen ihm vor Glück über und die kleinen Krüppet zifchelten in ihrem Bettchen zufrieden. Bepi fom herbeigetrochen und nahm die Riene in die Hand. Franzl verlor die Besinnung des älteren Kindes und hatte an den rauchenden Spänen eine Riefenfreude. clos
Plötzlich aber wurde der Flammenschein im Zimmer heller, es fingen Papiere Feuer, die Kohlenfiste, und die dahinter befind liche Dece. Und schon züngelten größere Flammen an der Wand cmpor und warfen einen schauerlichen Schein auf die entsetzten Gesichter der Kinder, die in dem scharfen Rauchqualme erstickten.
Franzi ergriff den kleinen Bepi und starrte entsetzt aus dem Bintel beim Fenster auf den Feuertang. In dem fleinen Bette
Es waren Tränen des Leids und ohnmächtigen Zornes, die wie ein ftumemr Fluch über dieses verdammte Leben floffen, in welchem Unglüd und Not einander die Hände reichten.
Sie beruhigte sich, dann befann sie sich, daß heute der Vater tomme; es war daher notwendig, alles in Ordnung zu bringen. Sie sandte den fleinen Franz um ein Brot und machte sich an die Arbeit.
Franzl lief zur Greislerin, welche diesen armen Teufeln mitunter einen sehr schlechten Kaffee, Rum und Branntwein auf Borg gab, niemals aber Brot und Zucker.
Bor der hellerleuchteten Tür des Wirtshauses blieb er stehen, meil ihm das Spiel einer Harmonika und Gefang anlockte. Als jemand die Tür aufmachte, erblickte er den Bater, der einen Kameraden um den Hals hielt und mit ihm zusammen mit weinerlicher Stimme ein Lied sang:
Fall mir nicht ins Wasserlein...."
In der Wirtshausstube herrschte für einen Augenblic lang auch Allerseelenstimmung. Franzl lief hinein, und beinahe hätte er gemeint, als er sah, wie der Vater mit der Hand winkte, wie er sich niederfette, als ob er etwas Böses von sich weisen wollte, dann
aber wischte er sich mit der rauhen Hand Tränen ab, die ihm über
die Wangen flossen.
Janota war fein Säufer, aber immer, bevor er heimging, hielt holen, wie er zu sagen pflegte, denn dieses verfluchte Leben war er sich hier auf ein Glas Bier auf, um sich ein bissel Courage" zu sehr unerfreulich.
Der kleine Bub faßte Mut und trat näher zum Vater heran, der mit einem Male zärtlich wurde, dem Buben über die bleichen Wangen fuhr, als ob er in der Menge Leids doch einen Lichtpunkt entdeckt hätte. Er nahm Franzl mit nach Hause und zeigte ihm unterwegs einen wahrhaftigen Leckerbissen, den er ihnen brachte,
nämlich eine Leberwurst.
eine Bett. In seinem Auge leuchtete eine Hoffnung auf, daß An der Schwelle blieb er stehen und warf einen Blick auf das fleine Bett. In seinem Auge leuchtete eine Hoffnung auf, daß vielleicht schon... Aber nein, sie waren noch immer da mit ihrem entfeßlichen Aussehen, und sie taten ihm so schrecklich leid; wahrhaftig:„ Blättlein flein, warum fielen sie noch nicht ins Bässerlein?" Aber das Leben war nun schon einmal ein so verfluchtes, und wer fann es ändern, wer fann es ändern? Janota seufzte, und indem er sich niederfette, leerte er seine Taschen aus. Er schaute auf die fleinen Kranken, die an dem Leckerbissen, den er da gebracht hatte, nicht teilnehmen fonnten; ihre franken Magen fonnten Fleisch nicht vertragen. Er hatte aber für sie noch eine Tüte Zuckerl in der Brusttasche, er zog sie hervor, und die Kleinen machten sich mit Bergnügen darüber.
Franzl beendete mit einem großen Stüc Brot und der Leberwurst in den Händen seinen traurigen Allerseelentag, und die unfreundliche Behausung erschien ihm mit einem Male sehr schön, weil der Bater nach Hause gekommen war.
Diese Novelle in berechtigter Ueberseßung von J. Reismann ift einem Bande proletarischer Erzählungen aus dem Prager Proletariermilieu entnommen. Die Berfasserin Betty Rarpistova ift sozialdemokratische Abgeord nete bes tschechoslowakischen Parlaments.
Wie der Schlaf entsteht.
Das Rätfel des Schlafes beschäftigt die Menschheit seit langem, und schon die griechischen Gelehrten Anaragoras und Ariftoteles haben Theorien aufgestellt, in denen die modernste Forschung auf Grund eingehender Bersuche wieder manches Wahre enthält. Der Lösung des Problems ist man aber erst in jüngster Beit nahe gefommen, wie Dr. Regelsberger in einem Auffaz der Deutschen Medizinischen Wochenschrift" ausführt. Auf die Frage, warum wir schlafen, wird gewöhnlich geantwortet: weil wir müde find. Aber die alltägliche Erfahrung zeigt, daß wir die Müdialeit überwinden fönnen, wenngleich es freilich nicht gelingt, längere Zeit ohne Schlaf auszufommen. Aus China , wo eine tödliche Belter für Berbrecher darin bestand, ihnen den Schlaf zu entziehen wird berichtet; daß sie diese Qual nicht länger als fünf Tage überlebten. Sunde, die in einer fich drehenden Trommel am Schlafen verhindert werben, bredjen at pierten Tage tot zusammen. Bebentt man ba
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Beilage des Vorwärts
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Ich werde das einfach nicht mehr mit ansehn
gegen, daß es gelungen ist, den Hunger viele Wochen lang cuszuhalten, so ergibt sich daraus, daß der Schlaf härtere Notwendigkeit ist als Speise und Trant. Das Schlafbedürfnis ist ein Trieb, der uns mit unwiderstehlicher Gewalt überfällt, und die Müdigkeit ist nur das Zeichen, das den Körper beizeiten mahnt, ihn vor schwerer Schädigung zu bewahren, wenn er nicht schläft. Wir schlafen nicht, weil wir müde sind, sondern wir schlafen, um nicht müde zu werden.
Das erste und wichtigste moment beim Schlafen ist das Schwinden des Bewußtseins. Es handelt sich um fein völliges Verlieren des Bewußtseins, sondern nur um einen geringeren Grad, der fich in der Schlaftiefe ausprägt. Man hat diese Schlaftiefe, d. h. den Grad des Bewußtseinsverlustes, durch abgestufte Reize, am besten Schallreize, gemessen und herausgefunden, daß der Schlaf nach seiner Tiefe in zwei Phafen zerfällt. Der tiefste Schlaf liegt vor Mitternacht und dann mit etwas geringerer Tiefe in den letzten Morgenstunden vor dem Erwachen. Diesem„ Hirnschlaf", der die psychische Seite darstellt, stehen rein förperliche Veränderungen gegenüber: eine Lösung der Glieder", die mit der Entspannung der ganzen Körpermuskulatur zusammenhängt, Berdes Blutdrucks, Fallen der Temperatur, Berringerung des Stofflangsamung der Atemzüge, Abnahme der Drüsensefretion, Sinfen mechsels usw. Es handelt sich hier um eine gant. Reihe von einschneidenden Veränderungen, die unter Einwirkung des fog. vegetativen Nervensystems eintreten. Auch bei diesen Aeußerungen läßt sich eine Schlafturve feststellen, die mit der des Hirnschlafs sich beim gesunden Schlaf deckt. Die natürliche Folge des normalen Schlafs, die Erholung, müssen wir uns also on den Gleichlauf der förperlichen und geistigen Funktionen geknüpft denken. Bei Schlafstörungen tritt eine Berzerrung des Kurvenbildes auf, und auch durch die besten Schlafmittel gelingt es nicht, das normale Bild der Schlafturve völlig wieder herzustellen. Das ist eine Bestätigung der alten Erfahrung, daß der natürliche Schlaf niemals ganz durch künstliche Mittel ersetzt werden kann. Es ist gelungen, Das Schlafzentrum im Gehirn in der Gegend des Zwischenhirns zu lokalisieren, und wir haben uns vorzustellen, daß der Körperschlaf, d. h. die vegetative Umstellung der Tätigkeit der inneren Organe, durch die Ganglienzellen im Höhlengrau des dritten Gehirnventrikels bewirkt wird, während der Gehirnschlaf durch Aus
schaltung der Hirnrinde, d. h. durch Unterbrechung der Reiz
zuführungsbahnen des Gehirnzustandes tommt. Die Tätigkeit des fogenannten Schlafzentrums" besteht danach wesentlich in einer Hemmung wichtiger Körperfunktionen.
Die neuesten Versuche des großen russischen Biologen Pawlow an Hunden haben gezeigt, daß die Einwirkung eines monotonen fortgesetzten Reizes zum Einschlafen führt, eine Annahme, die ja praktisch schon lange bekannt war, denn man schläft bei dem Herunterleiern langer Zahlenreihen. bei de: Monotonie des Elsenbahntaktes, des Uhrschlages usw. leichter ein. Ein solcher Reiz wirkt nach Pawlows Auffassung immer auf die gleiche Hirnstelle, erzeugt hier eine Hemmung, breitet sich von da aus auf noch nicht aufgeflärte Weise über das übrige Rindengebiet aus und erzeugt dann das, was wir Schlaf nennen. Schlaf ist also nichts weiter als eine ausgedehnte Hemmung in den Funktionen des Gehirns. Bawlow seßt diese innere Hemmung" dem Schlaf gleich. Auf diese Weise ist man dem Rätsel des Schlafes doch schon näher getommen und darf auf eine baldige Lösung dieses alten Problems
hoffen.
Das Fenffer. Wie fommt es, daß wir das viereckige Fensterglas eine Scheibe nennen, während doch sonst alles, was mir jo nennen, rund oder wenigstens länglich rund ist, z. B. die Schießscheibe, die Töpferscheibe, die Drehscheibe der Eisenbahn, eine Scheibe Brot usw.? Die Erklärung ist leicht zu finden. Die ältesten Fensterscheiben waren wirklich rund; es find die sogenannten Buzenscheiben aus grünlichem Glas, die in Blei gefaßt wurden. Als sich Beschaffenheit und Form der Sache änderte, behielt man den alten Namen ruhig bei. Buzenscheiben fann man an alten Häusern hier und da noch sehen; auch hat sie der ,, altdeutsche Stil" zu furzem Scheindasein wieder ermedt.( Man spricht sogar von einer Buzenscheibendichtung".)
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Ihren Namen haben sie von dem Bußen, der fleinen, schlackenartigen Berdidung in der Mitte, die man bei der Glasbläserei früher nicht zu vermeiden verstand. Buzen nennt man in Nürnberg , woher der Name Bußenscheibe" stammt, Berbidungen verschiedener Art; auch das nach dem Genusse übrig bleibende Kerngehäuse von Aepfeln und Birnen heißt fo. So unvollkommen nun diefe Scheiben auch maren, für ihre 3eit waren sie ein großer Fortschritt. Noch im 12. Jahrhundert füllte man die Fensteröffnungen mit dichtem Gewebe, Blase, eingefeltetem Bergament ufw. aus. In welcher Dunkelheit müssen unsere Borfahren viele Tage des Jahres verbracht haben!
Noch pier bis fünf Jahrhunderte meiter zurüd stoßen wir auf das Eindringen des Wortes Fenster. Bon den Römern lernten es die Germanen fennen, zugleich mit dem Bau des gemauerten Hauses. Die deutsche Sprache hat sich damals mit fugenblicher Unbefümmertheit das lateinische Bort fenestra, das den Ton auf der Mittelfilbe hat, zurechtgemacht, vor allem ihm nach germanischer Art den Ton auf die erste Silbe gerückt und auch das weibliche Geschlecht des Wortes in das fächliche verwandelt. Denn fächlich war das alte, durch Fenster verdrängte Bort für diesen Gegenstand. Das Augentor nannte man vorher die Deffnung bei uns; das Windauge, wie noch heute in den nördlichen Ländern( vgl. engl. window). Mit der finnlichen Anschauung, wie sie Naturvölkern eigen ist, dachte man sich diese Deffnungen in der Hauswand als die Lore, durch die die Augen gleichsam aus und eingingen, oder als die Augen des Hauses, die dem Winde wohl manchmal mehr, als man wünschte, Eingang gestatteten.( Deutscher Sprachperein.)