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Freitag

4. November 1927

Unterhaltung und Wissen

Schnaps.

Soziale Bilder aus der Laufih.

Bon Karl Ullrich  .

Am Fuße des nahe bei Baußen sich erhebenden Mönchswalder Berges liegt das Industriedorf Wilthen  . Steigt man vom Mönchs walder" in den Ort nieber, dann stößt der Blick, sowie man den Bald hinter sich hat, auf einen gewaltigen, sich auffällig von seiner Häuserumgebung abhebenden, sandsteinernen Gebäudekomplex mit rotleuchtenben Dächern. Im Dorf selbst steht man erstaunt vor einem äußerst modern gestalteten Induſtrieblod mit gefchmadvollem Berwaltungshause. Begierig, zu erfahren, welche Produkte hinter den zahlreichen hoch aufstrebenden Fenstern der Gebäude hergestellt werden, sucht man lange vergebens nach einem Firmenschilbe, denn unauffällig nur ziert es das freundliche Bureauhaus.

Doch schon bedarf es dieses Firmenschildes nicht mehr. Der Berrat liegt in der Luft, die geschmängert ist von aufdringlichem Fuselgeruch. Nur wider Willen atmet die Nase seine unange= nehme Süße.

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Schnaps die Entdeckung ist miderwärtig. Dann aber be­finnt man sich. Wilthen Neukirch? Ja, richtig! Man be= findet sich doch mitten im bekannten Oberlausißer Schnapsgebiete. Und jetzt erinnert man sich gar auch des Namens der Firma, deren mächtiges Industrieterrain sich vor einem ausbreitet. Sie ist das größte Schnapsunternehmen der Gegend. Es ist nicht das einzige. Immer wieder lieft man an der Straße der sich fast un­unterbrochen von Wilthen   bis Bischofswerda   hinziehenden Dörfer das Firmenschild einer Brennerei oder Likörfabrik.

Und wenn man die Brennereien nicht beachten wollte auf einer Wanderung durch die zahlreichen kleinen Rittergutsdörfer der Wendei würde man nur zu sehr an ihre Existenz erinnert!

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Ja, man wird an sie erinnert.

Es war fremdes Land und Bolf, trop der heimatlichen Nähe, das ich auf meiner ersten Wanderung durch die Wendei entdeckte. In einem der typischen Herrschaftsdörfer, mit dem Rittergute als Kernstück und den in sich symbolischer Abhängigkeit um dieses gruppierenden Häuslerhütten, beschloß ich, meine Wanderung zu beenden. Da die kleine Dorfschänte auf Uebernachtung nicht ein gerichtet war, mußte ich im Gaftzimmer auf dem schwarzledernen Sofa nächtigen. Ich tat es ohne Bedenten, ahnte ja nicht, wieviel Etel diese Wartestunden in mir erregen würden.

Noch faß ich allein in der Schenkstube, deren dürftige Einrich tung aus einem bescheidenen Ausschant, einigen runden Tischen mit Stühlen und meinem Sofa bestand.

Bald polterte es im Flure und gegen die Tür. Ein Tage­löhner trat ein,

,, Ein Bullchen!"

Die Wirtin reichte ihm den Schnaps. Haftig goß er ihn in feinen Schlund.

Roch eins!"

Auch dieses stürzte er in die Kehle. Dann ging der Mann. Es war noch früh am Abend.

Allmählich aber tamen die Gäfte und in einer Stunde hatte das fleine Zimmer feinen Stamm; Arbeiter vom Hofe und aus den Steinbrüchen. Bor jebem stand sein Bullchen mit dem wafferhellen Schnaps. Man trant und spielte und trant und fluchte. Eine Stunde und zwei und drei. Die Schenke wurde übervoll.

Und wieder schellte die Haustürglode. Eine Frau tam, ver­langte ein Bullchen, nippte und schmaßte und trant hinab. Ein Rind trat ein, die Kornflasche in den Händen. Gefüllt trug es fie fort. In der Haustür stand es still und schluckte. Dann eilte es zum Großvater.

Die Nacht stieg herauf. Die Uhr schlug zehn, dann elf, dann zwölf. An den Tischen dachte niemand an den Schluß. Eine halbe Stunde später nur troch der Nachtwächter hervor. Schwer schwankte er nach dem Schanktische, um zu zahlen und noch ein Bullchen hinterzuspülen. Er lallte und fluchte, gegen die Spieler, gegen den Wirt und auf seinen Dienft.

Endlich torkelte er ins Freie. Ein Uhr wurde es und zwei Uhr. Der Lärm in dem vom Rauch fast undurchdringlich gewordenen Gastzimmer nahm zu. Die Trinker schimpften und wetterten, auf Deutsch   und Wendisch. Ein Streit ein Schlag eine Prügelei! Und dann wieder das Spiel. Drei Uhr! Man bequemte sich zum Heimgange und begann abzurechnen. Dazwischen grölten widerliche Stimmen: In der Heimat ist es schön...!" Ein Kauf­geschäft entwickelte sich und fam wieder unter Fluchen und Grölen! zum Abschluß. Dieses mußte begossen werden, und die Bullchen standen nochmals gefüllt. Dann aber räumte der Wirt ab, schob die schweren Körper durch die Türe in den Flur und ins Freie, perriegelte das Haus und löschte das Licht.

So geht es fast jeden Abend und jede Nacht!" berichtete mir der Wirt, als ich mich mit verfatertem Kopfe am nächsten Morgen

von ihm verabschiedete.

Gewiß nicht in jedem Orte ist das Treiben so arg. In manchem modernen Industrieorte hat die Arbeiterbewegung und die Schule begonnen, Wandel zu schaffen.

Aber eben nur in manchen....

Ueber vier Wochen saß ich in einem der Dörfer fest, in denen noch heute der Schnaps fast unverminderte Hoheitsrechte ausübt. Bier Wochen ließ ich das fleine ärmliche Leben des Dorfes an mir Dorüberfließen, studierte ich seine Not.

Nicht die Armut ist hier das trübe Kapitel, sondern die Schnaps­verwüftung.

In der Amtsstube der fleinen Dorfbürgermeisterei saß ich manchen Tag, blätterte in den vergilbten Alten des Gemeinde­archivs und las die Geschichte eines Dorfirren, eines der vielen Schnapsopfer der faum zweihundert Köpfe zählenden Gemeinde. Sah ich dann einmal von den traurigstes Menschenschicksal erzählen­den Seiten auf und durch das niedrige Fenster hinaus, so traf der Blid faft regelmäßig auf einen zwanzigjährigen weiblichen Kretin, der entweder frierend vorm Nachbarhause fauerte, blöde mit einem Hunde spielte und die Vorübergehenden angaffte oder feinen üppigen Rörper träge über den Rasen schob. Drinnen im Hause mußte ich den Bater des Krüppels, einen felbft in diesem Dorfe als Säufer" berüchtigten Menschen. Nur Schritte auf der Dorfstraße hin wohnte ein durch den Trunk schwerhörig gewordener Arbeiter, der erst fürz­lich sein verblödetes Kind in die Irrenanstalt bringen mußte. Und mieder Schritte hin wohnte eine Familie, unter deren zahlreichen Kindern kaum eines war, das wenigstens gesund scheinen konnte. Man frage einmal bei den Gemeindevorständen nach, wieviel Roften ber Gemeinde mur aus der Schnapsverseuchung erwachsen. Man frage die Aerzte über die furchtbaren, alle Vorstellungen über

treffenden gesundheitlichen Störungen in den Familien eines ein­gigen Dorfes. Man befrage sich auf den Gerichten, Fürsorgeämtern, Befferungsanstalten, wie unerhört groß in einer beschränkten Zeit spanne die Zahl der Straffälligen, Verelendeten und Verwahrloften in solch einem Dorfe ist. Man wird erschrecken!

Kein Feft wird im Dorfe gefeiert, an dem nicht der Schnaps das Hauptgetränt ist. Aber die bekannten hohen Feste stehen im Konsum an Schnaps noch weit hinter dem zurück, was zur Kirmes getrunken wird. Bon September bis in die ersten Novembertage hinein dauern die Kirmeswochen, innerhalb deren es faum einen Sonntag gibt, an dem nicht in einem der benachbarten Kirchdörfer gefeiert wird. Getrunken wird auf diesen Festen, bis die Röpfe der Bauern auf den Tisch niederfallen, die vollen fatten Rörper

Der Unterschied.

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Bellage des Vorwärts

zugsweise Befallenfein gerade in der Gürtelgegend hat die Krant­heit, die besonders im Herbst und Frühjahr gehäuft auftritt, ihren Namen- Gürtelrose.

Wenn man nun genauer die Rötung betrachtet, dann erkennt man, daß in ihrem Bereich mehr oder weniger zahlreiche, etwa reisforngroße Bläschen aufgeschoffen find; anfangs mit einer bellen Flüssigkeit gefüllt, die sich jedoch oft allmählich trübt, eitrig wird, indes die Bläschen an Größe zunehmen, bis sie plagen. Oder aber die Bläschen trocknen sehr schnell ein und heilen ab. Fast stets hinterlassen die Bläschen bräunliche Flecke, die im Laufe der Zeit allmählich verschwinden. Die ganzen sichtbaren Erscheinungen der Gürtelrose dauern im allgemeinen etwa ein bis zwei Wochen. Nur in seltenen und schweren Fällen wird der Bläscheninhalt blutig, es tommt zum Absterben fleiner Gewebspartien, und es bleiben dauernde Narben zurück. Begleitet werden die Hauterscheinungen von schmerzhaften Empfindungen, die sich zu ausgesprochenen heftigen Neuralgien steigern fönnen. Gewöhnlich flingen auch die Nerven­fchmerzen mit dem Rückgang der Hauterscheinungen ab. Aber es gibt auch eine Reihe von Fällen, bei denen die Neuralgie noch lange Zeit nach dem Verschwinden der Bläschen und der Rötung anhält. Die Entstehungsursache der Gürtelrose ist noch ungeklärt. Während man ja bei der Gesichtsrose, dem Erysipel, längst schon als Urheber Streptokokken, die Erreger der Blutvergiftung, gefunden hat, ist es bisher noch nicht einwandfrei gelungen, die Krankheitserreger bei der Gürtelrose festzustellen. Es steht lediglich fest, daß bei der Gürtelrose in dem Rückenmartsabschnitt, von dem aus die Haut­nerven der erkrankten Hauptpartie ausgehen, Entzündungs­erscheinungen auftreten, auf die die Nervenschmerzen und die Haut­ericheinungen zurückzuführen sind. Ob die Erreger der Gürtelrose mit denen der Windpocken mie von mancher Seite behauptet wird identisch sind, bedarf noch des einwandfreien Nachweises. Im übrigen fann die Gürtelrose nicht nur als selbständige Krankheit, sondern auch als Begleiterscheinung von Infektionsfrankheiten, ge­wisser Rückenmartsentzündungen, Arsen Kohlenorydvergiftungen usw. vorkommen,

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Wenn auch die Gürtelrose am häufigsten den Rumpf befällt, so vermag fie doch auch an allen möglichen anderen Körperstellen aufzutreten an den Gliedmaßen, im Gesicht, auf der Stirn, dem behaarten Kopfe, Nacken usw. Fast stets ist nur eine Körperhälfte betroffenentsprechend dem jeweiligen Nervenverlauf. Man fann wohl sagen, daß die Erkrankung im allgemeinen ohne nennenswerte bleibende Störungen verläuft. Buder und Salbenverbände, inner­lich schmerzstillende Mittel und vor allen Dingen Geduld bilden im allgemeinen die Behandlungsweise der Gürtelrose, die wohl ein paar Tage recht läftig fallen tann, aber für gewöhnlich dann bald sang­und flanglos zu verschwinden pflegt. Dr. E. Mosbacher. box

Der Rhythmus.

Bon dem Soziologen und Segualforscher Savelod Ellis erscheint demnächst im Verlag von Felip Weiner in Leipzig   ein Werk über Lebenstunde:" Der Tanz des geben s" Darin werden die vielfältigen Beziehungen zwischen Leben und Kunst, Wissenschaft und Moral auseinandergefaltet und zu einem über. fichtlichen Gangen neu aufammengefügt. Wir bringen im folgenden einen Abschnitt aus dem Wert.

3831 Tanzen und Bauen sind die beiden primären und eigentlichen Künste. Die Tanzkunst steht am Anfang all jener Künfte, die sich 00 MI THzuerst im menschlichen Einzelwesen verkörpern. Die Baukunft ist der

Geist des Liberalismus von 1848: Einst war der gesamte Liberalismus für Aufhebung der Todesstrafe.' Der Liberale von 1927: Das waren auch andere Zeiten, heute fehlen dem Liberalismus sowieso die Köpfel"

Mühe leeren. Und die Kinder?

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unter den Tisch oder in eine Ede sinken. Die Frauen können Nach mittag und Abend am Tische versißen und Glas auf Glas mit wenig Sie figen unter den Großen, sehen diese trinken, trinken selbst mit, jest Bier, jeẞt Schnaps, jezt Bier mit Schnaps, bis auch fie im Rausche umfallen, weinen, sich bumm in einem Winkel verkriechen.

Ist eine. Kirmes so ganz im Rausche untergegangen erst dann ist sie auch schön gewesen!

Aus einem bei Schirgismalde gelegenen Orte führte man un­längst einen Mann vor Gericht, der seinem Stieftinde einer Erb­schaft wegen Schnaps in die Milch gab, um das Kind auf diesem ege unauffällig zu vergiften.

Erstaunt hörte ich, wie nun die Bauernweiber entrüftet über das Tun dieses Mannes sprachen. Keiner der Frauen wollte es einfallen, daß der Mann doch nur getan hatte, was sie alle schon taten und noch jeden Tag tun, wenn auch nicht bewußt, sondern aus Beschränktheit.

Bei einer Taufe, so erzählte man mir, und so erlebte ich es

auch, ist es üblich, ftatt nach vollzogener Weihehandlung nach Hause zu fahren und der harrenden Mutter den Sprößling in die Arme zu legen, in das nächste Wirtshaus einzukehren, trotzdem die Schnapspulle schon im Kutschwagen freiste. Schreit das Kind, das die Hebamme, während sie mit den Gevattern wieder beim Schnaps figt, auf das Billard legt, dann träufelt die sorgende Frau ihrem Anvertrauten nicht selten ebenfalls Schnaps ein. Der erste Rausch umfängt den Säugling, und er schläft ein.

Mit den ersten Tropfen Schnaps, Minuten oft nach dem Tauf­maffer empfangen, ist das Rind unlöslich dem Fusel verbunden. Die Mutter, die selbst in den Tagen der Schwangerschaft und in der Zeit des Stillens sich nicht dem Schnaps entwöhnen tann, reicht ihm ihre vergifteten Brüste. Ist das Rind größer geworden, so daß es ihrer nicht mehr bedarf, dann fordert es mit den älteren Geschwistern am Tage des Festes, und wenn sonst immer getrunken wird, feinen Schnaps.

Snaps, ich mill Snaps ham!"

Wie oft hörte ich es aus dem Munde der Kleinsten, die noch nicht das Wort sprechen konnten und doch schon ihr vermeintliches Recht auf den Fusel behaupteten. Das Ergebnis diefer Aufzucht ist der förperlich und seelisch vertrüppelte Mensch.

In der Großstadt schreit das Kinderelend oft zum Himmel. Nichts aber verhöhnt die Natur mehr, als so ein Kretin inmitten fruchtbarer Biefen und Felder, in einer naturftarten blühenden Dorfwelt.

Gürtelrose- eine Herbstkrankheit.

Anfang all der Künste, die sich außerhalb des Einzelmesens per förpern; und zuletzt vereinen sich die beiden Reihen. Mujit, Schau­

ipielfunft, Dichtung bilden den einen mächtigen Strom; Skulptur,

Malerei, alle zeichnerischen Künste den anderen. Es gibt keine primäre Kunst außerhalb diefer beiden Künste, denn ihr Ursprung liegt weiter zurüd als der Mensch selbst; und zuerst war der Tanz. übergehende Modenxinungen ihn verachten, eine tiefe ewige An

Das ist einer der Gründe, meshalb der Tanz, mögen auch por ziehungskraft selbst für Menschen hat, die seinem Einfluß am meisten mische Spiel der Gedanken des Philosophen steigen und fallen nach entzogen scheinen. Der fröhliche Tritt findlicher Füße, das lcs­dem gleichen rhythmischen Gesez. Wer der Tanzkunst gleichgültig gegenübersteht, hat nicht nur die höchste Ausdrucksform phyfischen Lebens nicht begriffen, sondern ebensowenig das höchste Symbol geistigen Lebens.

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Die Bedeutung des Tanzes im weiteren Sinn liegt also in der Tatsache, daß er eindringlich jenen allgemeinen Rhythmus in uns wachruft, in dem sich nicht nur das Leben bewegt, sondern auch das Weltall   wenn man die Summe aller uns erreichenden fosmischen Einflüsse noch so nennen darf. Wir brauchen aber nicht bis zu den Planeten oder bis zu den Sternen zu gehen und ihren Tänzen im Aether nachzuspüren. Geht an den Meeresstrand und schaut ben Wellen zu, wie in beinahe regelmäßigen Zwischenräu: nen dieser scheinbar eintönige Rhythmus in mehreren Taften schlägt, so daß die Wellen wirklich im Tatte einer Melodie tanzen! Es ist gar nicht überraschend, daß Rhythmus, immer bestrebt, sich zur Melodie zu gliedern, in allen physischen und geistigen Erscheinungen des Lebens wiederkehrt. Tanz ist der primitive Ausdruck für Religion und Liebe zugleich für Religion feit den frühesten uns befanten Menschheitszeiten, und für Liebe schon in einer Zeit lang vor dem Auftreten des Menschen. Die Tanzkunst ist überdies aufs engite verflochten mit allen menschlichen Ueberlieferungen von Serieg, Arbeit, Freude, Erziehung: mancher weisefte Philosoph, manche älteste kultur haben den Tanz als Vorbild betrachtet, nadi, dem das siftliche Leben der Menschen gestaltet werden müffe. Wenn wir uns far machen wollen, was Tanz für die Menschheit bedeutet, wie eindringlich und vielseitig er Lebensfunktionen wachruft,[ o müssen mit den ganzen Ablauf des menschlichen Lebens in seinen höchsten und in Jeinsa tiefsten Augenblicken überfchauen.

Dom Geruchsfinn des Menschen. Unser Geruchssinn ist im Bergleich zu dem vieler Tiere äußerst schwach ausgebildet..Das hängt mit der geringen Ausbreitung des geruchsempfindlichen Ge­mebes zusammen. Die Geruchsempfindung wird in der Weise aus gelöst, daß verdampfbare Stoffe zusammen mit der Atemluft in die Rase dringen; doch ist nicht die gesamte Rasenschleimhaut geruchs­empfindlich, sondern nur der oberste Teil, in dem fich die mit den Endigungen der Riechnerven verbundenen Riechzellen befinden. Diese Fläche an der oberen Rasenmuschel und der gegenüberliegen den Region der Nasenscheidemand, in der unser Geruchsfinn( ofali­fiert ist, hat nur die Größe eines 5- Pfennig- Stüdes. Bei gewöhn ficher Atmung tommen die Base der Luft, die allein die Geruchs­empfindung hervorrufen fönnen, gar nicht bis an diese Stelle. Man bringt daher die Atemluft an die Geruchsregion, indem man Luft­wirbel erzeugt. So tommt es, daß man sich beim Schnüffeln" die Luft zufächelt. Die Empfindlichkeit der menschlichen Roje für ein­eine Gerüche ist sehr verschieben. Nach einer Mittellung von S. Hupfer in der Leipziger Illustrierten Zeitung" hat man fol gende Schwellenwerte festgestellt, die von unserer Naje noch empa funden merden: Bei natürlichem Moschus 0,01 Milligramm in einem Liter Luft, bei Kampfer 0,05 Milligramm, bei Aether eben­falls 0,05, bet fünstlichem Moschus 0,001, bei Orangenessen 0,00005. Gewisse Tiere fönnen zweifellos noch sehr viel geringere Mengen eines Riechstoffes empfinden, wie z. B. der Schmetterling, der von einem meit entfernten Weibchen durch den Geruch angelockt wird, oder der Hund, der eine Spur verfolgt. Die Geruchsqualitäten fins bei den einzelnen Menschen durchaus nicht gleich; fo fehlt manchen die Wahrnehmungsfähigkeit für Banillegeruch, anderen wieder für Beilchengeruch usw. Es gibt auch Menschen mit angeborener lin empfindlichkeit für Geruchsreize; dazu gehörten z. B. Loren

,, Reine Rose ohne Dornen," ein Wort, das auch in der Medizin feine Gültigkeit hat. Ahnungslos legt man sich des Abends zu Bett und ermacht des morgens mit einem felisamen Juden und Brennen an der linken oder rechten Rumpfhälfte, stellt sich vor den Spiegel, wendet und dreht sich, und siehe da, ein leuchtend roter Bandstreifen, vielleicht hier und da unterbrochen, umzieht gürtel förmig die schmerzende Körperhälfte. Bon dieser flammenben, scharf begrenzten Röte wie mir fie auch bei der Gefichtsrose, übrigens einer ganz anderen Erkrankung, beobachten, und von dem vor- di Medici   und Savonarola  .

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