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Berbefferung der Sozialversicherung. Der Gattenmordprozeß Borchardt

Forderungen der

Die sozialdemokratische Frattion hat im Reichstag einen Ge= segentwurf zur Aenderung der Reichsversiche= rungsordnung eingebracht, der eine wesentliche Berbesserung der Bezüge der Unfall- und Invalidenrentner fomie deren Hinterbliebenen verlangt. Im einzelnen wird gefordert: Er höhung des Pflegegeldes für hilflose Unfallverlegte von 20 bis 75 m. monatlich auf 636 m. jährlich. Ist die Gesundheits­Störung so schmer, daß sie dauerndes Krantenlager oder außer gewöhnliche Pflege erfordert, so ist diese Zulage je nach Lage des Falles auf 1056 oder 1320 m. zu erhöhen. Blinde sollen minde­stens die erhöhte Pflegezulage erhalten. Die Vollrente soll richt mehr zwei Drittel, sondern den ganzen Jahresarbeitsverdienst betragen. Die Bestimmungen über die Berechnung der Jahres­arbeitsverdienste in der Landwirtschaft sollen gestrichen

werden.

In der Invalidenversicherung wird eine Bermeh rung der Lohntlassen von 7 auf 9 verlangt. Als invalide foll gelten, wer nicht mehr imftande ist, die Hälfte, und nicht wie bisher ein Drittel, dessen zu erwerben, was gesunde Personen zu verdienen pflegen. Witwenrente soll fünftig jede Witwe und nicht nur mie bisher die dauernd invalide Witwe nach dem Tode des versicherten Mannes beziehen. Im Falle der Ablehnung dieses Antrags soll die Witwe nach dem Tode des versicherten Mannes Witwenrente erhalten, wenn sie das Alter von 40 Jahren vollendet oder wenn ihr die Pflege und Erziehung ihrer Kinder obliegt, oder wenn sie infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen dauernd invalide ist. Als invalide soll fünftig die Witwe gelten, die nicht imstande ist, die Hälfte des üblichen Arbeitsverdienstes zu verdie­nen, anstatt bisher ein Drittel. Die Waisenrente soll bis zum 18. Lebensjahr gezahlt werden. Der Reichszuschuß für jede invalide Witwen- und Waisenrente soll von jährlich 72 auf 192, für jede Waisenrente von 36 auf 96 M. erhöht werden.

Weiter wird die Erhöhung des Grundbetrages der Invalidenrente für alle Lohntlassen von 168 auf 228 m. jährlich gefordert. Der Kinderzuschuß soll von 90 auf 180 m. im Jahre erhöht werden.

Die sozialdemokratische Fraktion ersucht ferner die Reichsregie rung um Vorlage eines Gefeßentwurfs, nach dem in der Unfall­versicherung eine Umrechnung der laufenden Renten in Abschnitten von 5 Jahren nach den jeweils geltenden Löh. nen vorgenommen wird. Die erstmalige Umrechnung der Renten foll mit Wirkung vom 1. Januar 1928 erfolgen. Endlich nimmt die Sozialdemokratie ihre alte Forderung wieder auf, wonach die Ent­schädigungspflicht auf alle gewerblichen Berufstrant. heiten und der Versicherungsfreis auf alle gegen Entgelt verrichteten Arbeitsleistungen ausgedehnt wird.

Zeuge Berndt sagt aus.

Der Prozeß Borchardt nahm heute vormittag seinen Fortgang.| Zeugin hörte turz darauf drei Schüsse hintereinander fallen. In der Borchardt und Berndt gleichen einander wie ein Ei dem anderen; nur daß der erste schlapp, willensschwach, leichtgläubig ist, der andere dagegen hartgefotten und raffiniert. Einstmals waren sie innige Freunde, jezt sind sie grimmige Feinde.

Berndt ist eine der Deffentlichkeit nicht unbekannte Persönlich­teit: Er war es ja, der die Gebrüder Jassy zu dem Juwelen­raub mit den Kanonenschlägen in der Schönhauser Allee animiert und später den Hehler gespielt hatte. Das Gericht hat seine gefühnt. Borchardt, der ihn in der Gerichtsverhandlung als Zeuge Teilnahme an diesem Verbrechen mit anderthalb Jahren Gefängnis schwer belastet hat, hatte ihn vom Gefängnis aus verpfiffen". Nicht ohne Grund. Denn er war überzeugt, daß Berndt ihn der Polizei verraten habe, als er bei ihm Gastfreundschaft genoß, um seiner da­maligen Braut gegenüber freie Hand zu haben.

Berndt wird heute aus dem Gefängnis vorgeführt. Borchardt sieht ihn nicht an. Berndt erzählt, er habe Borchardt im Jahre 1918 fennen gelernt. Intimer wurden fie erst, als dieser ihn in den Verein ,, Norden" einführte. Als Borchardt im Jahre 1926 von der lernte er auch Borchardts Braut tennen, die dem B. öfter Wäsche und Bolizei gesucht wurde, nahm er ihn in seiner Wohnung auf Damals Essen brachte. Der Vorsitzende fragt den Zeugen: Borchardt meint, daß Sie ihn verraten haben. Borchardt: Ich gehe nicht gefund aus dem Gerichtssaal, wenn ich das getan habe. Borchardt springt auf: Der Kriminalbeamte hat mir das selbst gesagt. Nach Borchardts Berhaftung tam das Mädchen wieder zu Berndt und bat ihn, ihrem Bräutigam zu helfen. Er versprach zu tun, was er fönne. Zwei Monate später, als er von der Polizei gesucht wurde, traf er fie auf Wohnung Unterschlupf zu suchen. Die R. ging damals strichen. Als der Friedrichstraße. Sie machte ihm den Vorschlag, in Borchardts sich beide eines Tages in angeheitertem Zustande befanden, kam es zu einem intimen Verkehr. Sie habe ihn dann veranlaßt, zu bleiben. Auch nach der Trauung mit Borchardt, der er als Trauzeuge bei­wohnte, war er immer noch bei ihr. Nach Borchardts Befreiung aus dem Gefängnis begannen die Besuche der R. in seiner Wohnung. Als Borchardt ihn einmal wegen seiner Beziehungen zu feiner Frau zur Rede ftellte, leugnete er diese, ebenso wie er es früher feinen gemacht hatten. Seine Versuche, die R. von sich abzuschütteln, seien Vereinskollegen gegenüber getan hatte, als sie ihm Borhaltungen vergeblich gewesen.

Am 24. November, als im Berein der Geburtstag gefeiert wurde, telephonierte Borchardts Frau den Berndt an und lud ihn ein, die Nacht bei ihr zu verbringen. Er ging darauf ein. Um 25 Uhr erschien dann plöhlich Borchardt in der Wohnung; er flüchtete im Semb. Ueber das, was darauf geschah, fagte eine Zeugin, Berndts Nachbarin, aus. Borchardt wollte anfangs dem Berdt nachstellen, dann sagte er aber: Ach nee, ich will das Weib hervorholen. Die

Die Frauenfundgebungen.

Der erfolgreichen Parteifundgebung vom vergangenen Sonntag ist in Baumschulen weg am gestrigen Abend eine eindrucksvoll verlaufene Werbefundgebung für die Frauen gefolgt. Landtags. a die

Tür erschien Borchardt, raufte sich die Haare, sagte: Mein Gott, was habe ich getan!", lief dann ins Zimmer zurüd und schrie: Mausi, Mausi, wach doch auf!" Bald darauf erschien Berndt wieder und etwas später die Polizei.

Der Fehlschuß des Herzogs.

Keine Fahrlässigkeit auf der Jagd?

unglückseligen Schusses auf den Kutscher Hytrek förderte bei der Der Prozeß gegen den Herzog von Ratibor wegen des heutigen Berhandlung auch teine wesentlich neuen Momente zutage.

Nach

Der herzogilche Repräsentant Kuhn hat den verwundeten Kutscher Hytref noch einmal im Krankenhaus ge= fei, habe Hytref erwidert: Ich weiß nicht, ich wollte den Förster [ prochen. Auf die Frage des Zeugen, wie das Unglück geschehen arr suchen. Seine Durchlaucht kann nichts dafür. Freiin v. Mir­bach hat Hytret ebenfalls nach der Ursache des Unfalls gefragt. Er habe ihr in Gegenwart seiner Frau gesagt: Ich hatte den Befehl Gebüsch gekommen, um den Herzog nicht zu stören. Oberin Balderia nicht richtig verstanden. Ich bin in friechender Stellung durch das aus dem Krankenhaus Ratibor , die Hntret gepflegt hat, schilderte den Zustand des Patienten bei seiner Einlieferung. Sie habe sich dann mit dem Kranten über den Unfall unterhalten. Dabei habe Hytret erzählt, daß er den Förster Marr gesucht und sich dabei zu weit vor­gewagt hat. Schwester Remila Tschuschler aus dem Krankenhaus Ratibor war in den letzten Stunden am Krantenlager. Kampfereinspritzungen nach der Amputation des Beines sei die Herz­plöblich eingetreten. Der Schießfachverständige Gewehrfabrikant tätigkeit des Kranten immer besser gewesen. Der Tod sei ganz Barella Berlin betonte, daß er als alter Jäger sich an der Unfall­stelle genau so postiert hätte wie der Herzog. Der Herzog habe auch nicht, wie ihm vorgeworfen werde, in den Trieb hineingeschossen. Die amtlichen Bestimmungen selbst erlaubten das Schießen in den Trieb mit Erlaubnis des Jagdleiters. Zudem habe der Herzog disziplinierte Leute bei sich gehubt. Man fönne wohl glauben, daß im Moment des Schusses auf die Sau der Kutscher sich Schütze in dem eingegatterten Tiergarten feinen Menschen, am in die Schußlinie geschoben habe. Dazu komme, daß der wenigsten einen seiner Angestellten vermuten konnte. Schließlich sei zu bemerken, daß der Ballen im Zielfernrohr die Gestalt zum großen Teil verdeckt habe. Sachverständiger Major Bachelin war der An­ficht, daß der Verstorbene höchst leichtfertig gehan belt habe. Durch die zusammengebuckte Haltung des Kutschers tonnte dieser als Wild angesehen werden. Wäre Hytrek in aufrechter Stellung auf den Weg getreten, hätte das Unglück nicht geschehen

tönnen.

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Köpenid. Unter Borantritt eines Reichsbanner Tambour und die Musikkorps zogen Genossen durch bie Straßen Röpenids. Bu beiden Seiten des Zuges waren eifrige Helfer an der Arbeit, um den Straßenpaffanten die Propagandanummer des Borwärts" und Flugblätter der Partei in die Hand zu drücken. Sehr häufig gelang es auch den Helfern, Straßenpassanten zu ver­

Ummarsch marschierte der Zug geschloffen zum Reſtaurant Linden­part, wo im großen Saal die Werbefundgebung abgehalten wurde.

Für den Ausbau des Angestelltenversicherungsgesetzes hat die fozialdemokratische Reichstagsfraktion einen Antrag eingebracht, in dem gefordert wird, daß die Angestelltenversicherung auf die An­geftelten aller Berufe, ohne Rücksicht auf die Höhe ihres Einkommens, ausgedehnt, wird. Der Grundbetrag der Renten joll von 480 auf 720 m. jährlich erhöht, die geleisteten Bei träge( Steigerungsjah) mit 20 statt bisher 15 Proz. angerechnet, das Kindergeld von 90 auf 180 m. erhöht und die früheren Restaurants Haß sprach, referierte über das Thema m Ent. anlassen, sich dem Zuge anzuschließen. Nach etwa einstündigem Beiträge in allen Gehaltsklassen aufgewertet werden. Es wird weiter die herabfegung der Altersgrenze nom 65. auf das 60. Lebensjaht, volle Anrechnung der beitrags­freien Zeiten bei Stellenlosigkeit und Rechtsanspruch auf Heilverfahren gefordert. Die Versicherten sollen gegen un foziale Anlage ihrer Beitragsgelder geschüßt, billige Darlehen an die Angestellten, insbesondere zum Wohnungsbau, gegeben werden. Mit der Aufstellung dieser Forderungen fommt die Sozialbemo. tratie ihrer Anfündigung nach, daß sie für die schleunige Berbeffe. rung der Sozialversicherung Sorge tragen merde. Beim Bieber Zusammentritt des Reichstags wird sich Gelegenheit bieten, die Re­gierung und die hinter ihr stehenden Parteien zu zwingen, in die Berhandlung über die fozialdemokratischen Forderungen einzutreten.

Hagenbed," sagt Grod mit seinem alten lieben Kindergesicht. ,, Als Sie vorhin hereintamen..," sagt der Partner. ,, Haben Sie bemerkt, daß ich hereintam?" fragt Grod ganz er­staunt, obwohl dieses Individuum niemand übersehen kann, Und als der Partner nidt:

Nicht mööööööglich!" Und sein Gesicht verzieht sich zehn Meter im Quadrat in tausend Falten.

Und das nur alles so nebenbei, während er seinen göttlichen Un finn macht. Grods Stärke ist eine endlose Kette tomischer Situatio nen, die er schafft, seine Wirkung, daß er nie übertreibt und niemals eine Idee ganz ausspielt. Gerade wenn man anfängt zu lachen, hört er auf und geht zu einer neuen Sache über. So lacht man sich nie ganz aus über ihn und möchte ihn immer wieder sehen. Und dabei steht er 40 Minuten auf der Bühne, mit den Zugaben, die einfach erzwungen werden, und in diesen langen 40 Minuten tein toter Bunft. U. E.

Bom klaffischen Tanzfiil". Tamara Rariamina gab eine Ballettmatinee im Ufa Balast am 300. Ueber die Kunst gattung selber besteht unter Urteilsfähigen teine Meinungsdiffe­renz mehr, und es ist zwecklos, hunderimal Gesagtes zum hundert wonderften Male zu wiederholen. Das Ballett ist tot. Sein Leich ram fann ein furzes Scheinleben vortäuschen, wenn etwa Diagilem ihn galvanisiert oder die Bawlowa ihn mit allen Reizen ihrer Ber sönlichkeit und den Raffinements eines einzigartigen technischen Könnens schmückt. Um so deutlicher tritt bei Brobuftionen nach geordneter Ballerinen die Totenstarre zutage. Diese Matinee war eine blamable Angelegenheit. Blamabel nicht so sehr für Mütterchen Karsawina, das treu und reblich alle die Künfte produzierte, mit denen es einst das zaristische Rußland entzückt hat. Blamabel aber im höchsten Grade für jene Kunstreaktionäre, die uns das Ballett heute wieder andrehen möchten und am Wert sind, den aufblühenden modernen Kunsttanz in der Entwicklung zu hemmen und aufs tote Oleis zu schieben. Ihnen fonnte, wenn sie überhaupt belehrbar sind, Tie Ufo- Matinee ein Licht über das wahre Wesen des klassischen Tanzftils" aufsteden.

J. G.

Scharfons marioneffen.Theater spielt im Deutschen Künstler- Theater jeden Mittwoch, Sonnabend und Sonntag nachmittag 4 Uhr. Ein Hans- Thoma - Denkmal wurde auf dem Friedhof zu Karlsruhe Das Berliner Sinfonie- Orcheffer brinat im 3. Bobnte- Sinfonie- Stonzert ( 9. November) als Erstaufführung die VII. Sinfonie( Die Ungarische) von M. v. Pausznern.

eingeweiht.

Eine deutsche Expedition in Südamerifa. In Surinam ist eine deutsche wiffenfchaftliche Kommiffion aum Studium von Land und Leuten eine getroffen. Nach Surinam follen auch u. a. Trinidad, Barbados , Curacao und Benezuela burchforscht werden.

Die Erstaufführung von Korncolds Biolanta im Metropolitan Dvern­haus in New Yort mit der Keriza in der Litelrolle hatte einen starken Erfolg. Graz 'a Deledda als Nobelpreisfandidafin? Wie Svenska Morgens blabel" mitzuteilen weiß wird der literarische Nobelpreis mit geößter Bahrscheinlichkeit der italienischen Dichterin Grazia Deledba zuerkannt werden. Sie hat ihre Bebeutung in der literarischen Erschließung ihrer Jardischen Heimat.

scheidungskampf zwischen Rückschritt und Aufstieg". Die Rednerin erinnerte an den Tag der Revolution, der fich in diesem Jahr zum neunten Male jährt. Die Erwartungen, die an die Ereignisse. des Jahres 1918 gefnüpft worden sind, haben sich nicht erfüllen können. Das bedingt eine verstärkte Bereitschaft zum Kampf und zur Arbeit für die Partei. Dabei ist sich die Arbeiterklasse diefer Aufgabe gegen­über dem neuen Staat bewußt Es gilt, in der Wirtschaft das Profit. intereffe, die Ursache aller Ausbeutung und sozialen Not zu beseitigen. Borauslegung ist dafür die politische Macht. Die Tatsache von dem muß in jeber Frau die Pflicht zur politischen Betätigung wachrufen. engen 3usammenhang zwischen Staat und Familie Die Zeit hat auch dem weiblichen Geschlecht Persönlichkeitswerte ge­bracht, die in der Frau das Bewußtsein von erhöhten Ansprüchen an das Leben wachgerufen haben. In allen diesen Fragen gibt es fein Zurüd, sondern nur ein ehernes Borwärts. Die heranwachsende weibliche Generation muß ihr Recht auf ihre Unabhängigkeit ver­teidigen. Die Republie ermöglicht die Berwirklichung dieser Forderung. Die Arbeiterschaft für das Wahljahr Dorzubereiten ist die hervorragendste Aufgabe der Werbe­moche. Ein sozialdemokratischer Wahlfieg wird dem politischen Leben Deutschlands eine neue Richtung geben; es gilt, eine Etappe auf dem Wege zum Sozialismus zu erobern. Starter Beifall dankte der Rednerin für ihren mit großer Aufmerksamkeit begleiteten Bortrag. Mit dem gemeinsam gesungenen Lied ,, Wann wir schreiten Seit' an Seit'!" schloß die Veranstaltung.

Im Rahmen der Frauenwerbeveranstaltungen gab es für den Bezirk Wedding in Schreibers Festsälen, Triftstraße, einen Film­und Vortragsabend. Jm übervollen Saale sprach Genoffin Adele Schreiber in schlichten, tief zu Herzen gehenden Worten vom Jahrhunderte, Jahrtausende währenden Leidensweg der Frau, auf immer wieder zu Boden gedrückt ward. Wie die eiserne Notwendig­dem fie, die Schwächere, in förperlicher und geistiger Knechtschaft feit dann plöglich die Frau aus trübem Halbdunkel hervor mitten ins grelle Licht schaffenden Lebens stellte, wo sie Seite an Seite mit dem Mann arbeiten durfte. Wohl ist die Frau im äußeren Leben vorwärtsgedrungen. Doch wie sieht es in ihr aus? Neue, schwere Lasten hat sie gern und willig auf sich genommen in der stillen Hoffnung auf endliche Erfüllung ihrer heiligsten Menschenrechte: der Mutterschaft. Aber die Proletarierfrau trug und sie muß heute noch ihr Mutterglüd als ein schweres Kreuz tragen. Wenn auch nach langer mühevoller Arbeit die uneheliche Mutter nicht mehr als ge­ächtet und vogelfrei erklärt wird, so ist die Frau durch ihr Geschlecht immer noch verftlavt, ein willenloses Geschöpf des urweltlichen Beugungsprozesses, gleich der Natur ewig Gebärende. Der Schlüffel zur Freiheit liegt einzig und allein in der Geburtenregelung durch Aufklärung, Be ratung, Aufhebung des Mutterschaftszwange 5. An Hand einer geradezu erschütternden Statistit wies die Rednerin nach, daß von 1000 Arbeiterfrauen nur 290 unter 5 Kindern geboren hätten, und daß bei der Geburtenhöchstziffer die Sterblichkeit bis zu 69 Broz. betrug. Ein Segen, der in seinem übergroßen Reichtum zum Fluche ward! Keine Kinder, solange nicht für alle Mütter für ein Existenzminimum gesorgt ist. Groß ist die Sünde, ein Kind in die Welt zu setzen, ohne ihm Lebensmöglichkeiten bieten zu können. Und wie wir nach schwerem, unerbittlichem Kampfe den§ 218 zum Dasein verholfen haben, so wollen wir, um allem Jammer und aller 3m Lande größten Menschenrechtes die freiesten Mütter des freiesten Qual ein Ende zu bereiten, weiterfämpfen für uns und unsere Kinder. Geschlechtes! Nicht endenwollender Beifall lohnte die zündende Rede. Der darauffolgende Film Kreuzzug des Weibes" führte in ein­dringlichen Bildern das Gefagte nochmals vor Augen.

Unsere Werbefundgebungen.

Der dritte Tag der Parteimerbemoche brachte wieder eine Reihe von Beranstaltungen der einzelnen Kreise. Schon heute fann gefagt Erfolg werden wird, weil sich in allen Kreisen die Parteigenossen merden, daß die Werbewoche der Partei schon darum ein voller mit feltener Opferfreudigkeit an die Arbeit gemacht haben. Kreisperein Röpenid veranstaltete eine Straßenfundgebung und Der anschließend eine Werbefundgebung, in der Genosse Bogel refe rierte. Die Partei- und Jugendgenossen trafen sich am Bahnhof

Scharfe ein Schwerverbrecher?

Zu der Schießerei in der Zempliner Straße. Die beiden Revolverhelden aus der Templiner Straße wurden gestern von den Kriminalkommissaren Braschwitz und Thomas noch bis in den späten Abend hinein weiter verhört. Die beiden wurden auch einander gegenübergestellt und jeder schiebt nach wie vor die Haupttäterschaft dem anderen zu.

Ohne Zweifel ist Scharfe die Triebfraft auch bei den anderen Straftaten. Eine ist bereits aufgeflärt; der Raubüberfall auf die 67 Jahre alte Bureauangestellte Gertrud Lessing vom Jugendheim in der Goethestraße. Hier ist Scharfe der Anstif ter und Schlabbach der Täter, der genau nach feinen Weisungen handelte. Eine Durchsuchung der Wohnung in der Wil­helmstraße förderte Papiere von Geldrollen und Formulare zutage, aus denen zu schließen war, daß Schlabbach sich auf dem Bostiched­Scharfe leugnete, Schlabbach dagegen legte endlich ein Geständnis amt zu tun gemacht hatte. So kamen die Beamten auf diese Spur. ab. Bor drei Wochen lernte Schlabbach den Scharfe, in einem Café in der Friedrichstraße tennen und zog zu ihm. Gleich am nächsten Tage sagte ihm Scharfe, er habe ihn aufgenommen, um ihn einmal zu prüfen, ob er auch ein herzhafter junger Mann sei. Dann be­redete er mit Schlabbach den Ueberfall. Sie merften sich auf dem Bostscheckamt die alte Dame, folgten ihr, und Schlabbach mußte dann den Raubüberfall, den wir seinerzeit mitteilten, allein aus­30 pr. dem Scharfe. Beide Männer kleideten sich zum Teil neu führen. Den erbeuteten Betrag von 446 m. brachte er bis auf ein und tauften für Schlabbach einen Revolver und Patronen. Der sollte zu einem Ueberfall dienen, den Scharfe auf einen Juwelier außerhalb Berlins ausführen wollte. Nach dem Be­such mehrerer Lofale wurde ein Mädchen, das sie mitgenommen hatten, nach Hause geschickt. Die Männer fetzten die Kneiperei fort und Scharfe holte noch seine zweite Freundin aus der Schwedter Straße hinzu. So famen fie in der Nacht angetrunken nach der Zempliner Straße in die Wirtschaft von Richmann. Die weiteren Borgänge haben wir eingehend geschildert. Nach dem Er­gebnis der bisherigen Ermittlungen ist Scharfe, der sich nach der Tat von Schlabbach trennte und ebenso wie dieser mit einem Auto nach Hause fuhr, ein gefährlicher Mensch, der allem An­schein nach noch verschiedene Straftaten, darunter auch Erpressungen, auf dem Gewissen hat. Die Ermittlungen nach dieser Richtung sind im Gange.

Berliner Lehrer in Wien .

Am Montag trafen in Wien 74 Bolts und Bürger­schullehrer aus Berlin ein, die von der Berliner Gemeinde­verwaltung zum Studium der Wiener Schulreform und Fürsorgeeinrichtungen entsandt wurden. Bei ihrer An­funft begrüßte sie im Namen der Gemeinde Wien der Präsident des Wiener Stadtschulrates, Otto Glöckel . Er entbot den Berliner Gästen zu fühlen. Für die Berliner Lehrer dankte im Namen des Magi­den Willkommensgruß und bat fie, sich in Wien nicht als Fremde Strats der Stadt Berlin Stadtschulrat Dr. Schönebeck für den herz­lichen Empfang.

..Selbstmord oder Unglüdsfall?" Zu unserer heutigen Meldung über den Tod des Lederarbeiters Rudolf Beith aus der Loh­mitgeteilt, daß Beith feineswegs dem Trunte ergeben mühlenstraße wird uns von Angehörigen des Verstorbenen war, sich jahrelang in fester Stellung befand und in der dortigen Richtigstellung gern Raum. Gegend allgemein geschäzt und geachtet wurde. Wir geben dieser

Achtung, Generalversammlungsvertreter der Konfumgenoffen­fchaft! Die heutige Generalversammlung im Lehrer­vereinshaus beginnt nicht um 19%, sondern bereits um 18% Uhr.