Umstellung im Zentrum.
Der Chefredakteur der„ Germania " entfernt.
Durch Wolffs Bureau wird eine geschäftliche Mitteilung" berbreitet, die einen völligen Umschwung in der 3en= trumspolitit zu verschleiern bestimmt ist. Hier der Wortlaut:
Katholische Bekenntnisse.
" Der Zusammenhang zwischen Religion und Leben durchschnitten."
Im letzten Heft der Bonner Zeitschrift für Theologie und Seel forge", herausgegeben im Auftrage der theologischen Fakultät, gibt einer der Herausgeber, Professor Dr. Wilhelm Schwer, in einer Sammelbesprechung eine Uebersicht von dem Stand der neuerdings von fatholischer Seite vielfach erörterten Frage Kirche und Bolt" Einleitend stellt Schwer fest, daß die heutige Seelsorge in einem Zweifrontentampf stehe. Bon außen bedrohe fie die zu
Zwischen der Kölner Görres- Haus G. m. b. H.( Verlag Kölnische Boltszeitung) und der Germania A.-G. für Berlag und Druckerei in Berlin ist heute ,,, um, eine einheitliche Bertretung des Zentrumsprogramms und der Intereffen des katholischen Boltsteils zu erreichen," eine Interessen gemeinschaft abgeschlossen worden. Beide Blätter, die Röl nische Volkszeitung" und die Germania " bleiben in ihren Bernehmende Entvölkerung der Kirche und der Kirchen Tagen und Rebattionen selbständig; es soll indes fowohl in außen- und innenpolitischen Fragen eine enge Fühlungnahme zwischen den beiden führenden Blättern er reicht werden. In den Aufsichtsrat der Germania werden Vertreter der Kölnischen Volkszeitung eintreten, und umgekehrt foll eine Ber tretung der Germania im Verwaltungsrat der Kölnischen Bolts. zeitung sichergestellt werden.
Der bisherige Hauptschriftleiter der Germania, Herr Orth, scheidet aus seinem Verhältnis zur Germania aus und übernimmt die Leitung des Berliner Bureaus der Kölnischen Volkszeitung. Der bisherige Leiter dieses Bureaus, Herr Dr. Buhla, übernimmt die Hauptschriftleitung der Germania .
Mit vielen Worten wird hier die einfache Tatsache umschrieben, daß in dem Kampfe der bisherigen offen republikanischen Redaktion der Germania " und der durch den monarchistisch- reaktionären Abgeordneten v. Papen vertretenen Aufsichtsratsmehrheit die Redaktion besiegt wurde. Die Geldmächte waren wieder einmal stärker als die ehrlichste Ueberzeugung der Redakteure. Herr Orth, der an der festen republikanischen Linie der Redaktionsführung festhielt und dem der Abg. v. Papen erst vor kurzem einen aus dem Hugenberg Lager bezogenen Journalisten zur Kontrolle hinseßen wollte, ist auf der Strede geblieben. Er darf in Zukunft die im Zentrum sehr weit nach rechts geneigte Kölnische Volkszeitung" informieren, den Ton in der Germania " aber wird ein bisheriger Mitarbeiter eben dieses zentrümlichen Rechtsblattes angeben. Man weiß also, wie die ,, Germania " in Zukunft zu bewerten sein wird: als Organ des Herrn v. Bapen, eines deutschnationalen Agrariers in Zentrumskleidung!
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,, Nibelungentreue" übers Grab hinaus. Muß die deutsche Republif auch noch Berchtold verteidigen? Das Auswärtige Amt zählt unter anderem auch ein Kriegsschuldreferat, an dessen Spize Geheimrat Friedrich Stieve steht. Die bisherigen Arbeiten dieses Forschers zeugten von anerkennens mertem Fleiß, und besonders seine Abhandlung über die kriegstreibende Politik Iswolskis stellt einen ernsthaften wissenschaftlichen Beitrag zur Erforschung der Kriegsschuldfrage dar. Die neue Arbeit Stieves Rußland und der Weltkonflitt im Lichte Don Kronzeugen", die im Berlag für Kulturpolitit, Berlin , er schienen ist, fordert jedoch zu einer grundsäglichen Kritik heraus.
im Innern die um sich greifende Ertaltung des religiöfen Lebens, das bei nur allzu vielen auf die mechanische Erfüllung gewiffer firchlicher Pflichten zufammengeschrumpft sei, jeinen Ein fluß auf das Leben und die Lebensführung dagegen völlig eingebüßt habe und sich in fittlicher Hinsicht taum noch über das übliche Durchschnittsmaß äußerlicher Wohlanständigkeit erhebe.
In Massen hat die Arbeiterschaft fast aller über. wiegend katholischen Länder der Kirche den Rüden gekehrt"
Diefe furchtbare Wirklichkeit" sei zuerst auf der Konferenz katholisch- sozialer Arbeiterorganisationen im Jahre 1924 mit unwidersprechlichen Ziffern festgestellt und seitdem vielfach besprochen worden. Schwer gibt sodann eine Auslese von Aeußerungen aus einer Anzahl der ihm vorliegenden Schriften:
Wer unter den regelmäßigen Kirchenbesuchern wesentlich mehr als ein Drittel der Seelenzahl fucht, gibt sich einer Täuschung hin.... Betrachten wir unsere Beicht Stühle und Kommunionbänke, so fönnten wir für den Augenblic vielleicht wunders glauben, wie katholisch unsere Umwelt noch ist. Aber lassen wir uns doch nicht täuschen! ft es nicht immer derselbe, manchmal verhältnismäßig fleine Prozent fab der Pfarrei, der uns überall entgegentritt...
In einer Zeit großer sozialer Erschütterungen und geistiger Umwälzungen, auf einem so mildzerflüfteten und ungleichartigen Gebiet, wie es die moderne Großstadt darstellt, fann eine Seelforgemethode nicht mehr zum Erfolge auf breiter Front führen, die in einer lange Jahre gleichgebliebenen Art in Predigt, Gottes dienst und Satramentenempfang nur den beschräntten Kreis derer umschloß, die aus innerem Antrieb oder aus alter Gewohnheit oder aus äußeren Gründen die Kirche besuchen..
Noch einmütiger, fo folgert Schwer, werde anerkannt, daß nicht nur das öffentliche Leben als solches sich fast ganz dem
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und leiben, gebe ihnen gegenüber allen Fragen der Welt und des Lebens eine fo fichere Stellung, wie sie sonst nur die Religion gebe. Was werde ihnen die scharfsinnigste wissenschaftliche Widerlegung des Sozialismus, auch auf der Kanzel sein? Nichts! Bas werde jeder Angriff gegen sie ausrichten? werde ihren Berstand nicht überzeugen, aber ihr Herz tödlich treffen und noch mehr verhärten. Bevor nicht die Seelsorge das anerkannt und ihr Borgehen nach diefer Erfenntnis eingestellt habe, werde sie das Vertrauen der Massen nicht wiedergewinnen
und aller seelsorgerlichen Behandlung werde der Boden fehlen. Diese aufrüttelnden Worte", wie Schwer fich ausdrückt, hatten eine lange Reihe von Antworten und Buschriften aus dem Kreise des Seelsorgeflerus zur Folge. Ein Teil davon, auch Pflirgler gehört dazu, ist überzeugt, daß der Sozialismus, wenn aud) unter zeitweiligen Rückschlägen, zum Siege tommen werde. Darum fragi ein Landpfarrer:
Haben wir die Pflicht, uns im Namen der Kirche, im Namen Chrifti, der heraufziehenden neuen Gesell schaftsordnung entgegenzustellen? Haben wir das Recht dazu? Ist es nicht vielmehr der allergrößte Fehler gewesen, den wir begangen haben, daß wir dieses Em porringen zur Geltung der Arbeit und ihr Herrscherrecht in der Welt nicht vorhanden und nicht recht, mindestens nicht zur rechten 3eit, begriffen haben?
Haben, so fragt der Geistliche weiter, die Briefter Chrifti auch nur die mindeste Ursache, sich immer wieder für bie bürger= Tide Welt gegen die Arbeiter zu stellen? Und wenn wirklich die tommende Umwälzung gewaltsam vorgehen und vielleicht auch manchem Priester das Leben kosten wird:
Es wäre wirklich schade, wenn wir nur leiden müßten wegen der bürgerlichen Weltordnung, die ohnehin dem Untergange geweiht sein wird; es wäre schade um jedes Loch in unferer Haut, um jeden Tag, an dem wir hungernd umherirren den man
wird, wenn es einzig nur deswegen wäre, weil wir Priester uns für die kapitalistische Wirtschaft irgendwie eingesetzt hätten.
Eine zweite Gruppe von Zuschriften fordert eine gründliche
Einfluß des Christentums entziehe, sondern daß auch Absage der katholischen Wirtschafts- und Sozialethit an kapitalis
nachkommen, sich außerhalb der Kirchenwände ohne Bedenken und Widerstand auf der breiten Straße der Mode mit fort treiben laffen". Noch vollständiger vielleicht sei endlich auf wirtschaft. lichem und sozialen Gebiete der
Zusammenhang zwischen Religion und Leben durch ahschnitten; so mistR
immer wieder betonen es Stimmen aus Arbeiterfreisen, daß der fatholische Unternehmer sich im allgemeinen nicht vom nichtfatholischen Unternehmer unterscheide".
Schwer beschäftigt sich befonders eingehend mit der Betrachtung, die Professor Dr. Pfliegter in der Wiener Bastoralschrift Der Seelsorger"( Januar 1927) über das Verhältnis der Seelsorge zu Broletariat und
Der Kampf gegen die Legende der einseitigen deutschen Kriegsschuld mag historisch berechtigt sein, einen prattischen Wert besitzt sie für Deutschland aber faum mehr, da an der Behauptung Proletariat und Sozialismus angestellt hat. der alleinigen Schuld, sofern sie überhaupt durch den Artikel 231 Bfliegler stellt die Frage, woher der Sozialismus, ber bereits in tatsächlich ausgesprochen wurde, was übrigens mit guten Gründen Wien und anderen österreichischen Diözesen die Mehrheit auf seiner bestritten wird, fein ernsthafter Politiker im Auslande mehr festhält. Seite wisse, seine Wirkung, feine Anziehungskraft auf die Massen Eine einseitige Aufdeckung der Kriegsschuld von Ententestaats- habe. Er sieht den Grund darin, daß der Sozialismus für unzählige männern, wie sie auf deutscher Seite in den letzten Jahren betrieben Menschen in die Stellung eingerüdt sei, die für andere die Reli. wurde, bringt aber auch auf Kosten der geschichtlichen Wahrheit- gion einnehme; er gebe ihnen ein 3iel, für das fie fämpfen die Deutsche Republit in den Berdacht, als ab sie sich verpflichtet fühlte, das alte Regime um jeden Preis zu rechtfertigen. Wir sind gewiß die letzten, die die Schuld des zaristischen Rußland verkleinern wollen, aber wir müssen gegen den Bersuch Einspruch erheben, nicht nur die deutsche, sondern obendrein noch die österreichischungarische Borfriegspolitik zu verteidigen.
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Stieves neue Arbeit richtet sich in der Hauptfache gegen das Memoirenbuch von Safonow, Sechs schwere Jahre", das zweifellos viele Unrichtigkeiten enthält, denn der frühere russische Außenminister ist einer der Hauptkriegsschuldigen, und sein Rechtfertigungsverfuch mußte naturgemäß eine Unzahl von falschen Behauptungen enthalten, deren Widerlegung für den deutschen Kriegsschuldforscher eine lockende Aufgabe darstellte. Aber diese Aufgabe ist bei Stieve in eine Ber= teidigung der k. und f. Balkanpolitik ausgeartet, die im höchsten Grade unangebracht ist. Darüber hinaus besteht das Buch Stieves zur Hälfte in einer Sammlung von Beiträgen aus der Feder nicht nur von Deutschen , sondern auch von t. und t.„ Kronzeugen". Nicht allein der ehemalige deutsche Staatssekretär von Jagow fommt dabei zu Worte, mas vom Standpunkt der Wilhelmstraße noch verständlich wäre, sondern auch Desterreicher, wie Baron Spiz müller, Graf Hoyos , Graf Szaparŋ und Graf Leo= pold Berchtold! Dieser verhängnisvolle Mann- der unseres Wissens übrigens inzwischen die tschechoslowakische Staatsangehörig feit gewählt hat
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entwickelt ebenso breit wie faltschnäuzig die befannte habsburgische These der unvermeidbarkeit und Notwendigkeit eines Präventiofrieges gegen Serbien . Dies in einem Buch, für das ein attiver deutscher Diplomat verantwortlich signiert und dessen Erscheinen wohl vom Auswärtigen Amt in jeder Beziehung unterstützt worden ist! Dieser Art von„ Nibelungentreue" fönnen wir teinerlei Berständnis entgegenbringen. Wenn der leichtfertige Kriegstreiber, der im Juli 1914 am Ballplag regierte und bald danach von seinem eigenen Herrn dapengejagt wurde, sich zu rechtfertigen versuchen will, fo mag er das tun aber nicht auf Kosten des außenpolitischen -Rufes und möglicherweise gar auf Kosten der deutschen Steuerzahler.
Abgelehnter Hehversuch.
Französische Kriegsbeschädigte wollen Maginot nicht hören. Paris , 12. November.( Eigenbericht.) Der Versuch der französischen Kriegsteilnehmerverbände, sich auf eine gemeinsame Bertretung der Interessen der Kriegsopfer zu einigen, hat bereits in der ersten Sigung des„ Kongresses der Generalstaaten des blutenden Frankreich " in Versailles zu einem fläglichen Fiasto geführt. Es genügte, daß Herr Maginot, der ehemalige Kriegsminister Poincarés und Organisator der Ruhrbefehung, sich bemühte, die politischen Leidenschaften aufflammen zu laffen, um einen Tumult zu entfeffeln, der die fachlichen Verhandlungen unmöglich machte. Alle Bemühungen des Präfidiums, Maginot Gehör zu verschaffen, blieben vergeblich. Die den Cintsparteien naheftehenden Delegierten blieben bei ihrer Weigerung, einen fo fanatischen Nationalisten und Kriegsheher zu Worte fommen zu laffen.
mus und Liberalismus, und von dritter Seite wird vorgeschlagen der Ausbau der Karitas und gründliche Reform der Seelsorge durch Pfarrsekretariat, Pfarrkartothet, Pfarrhelfer und helferinnen. In eine Erörterung dieser Vorschläge wollen wir uns hier nicht einlassen, ebensowenig soll hier der Frage nähergetreten werden, ob die Kirche noch die Macht und die Kraft hat, die Lösung der sozialen Frage beſtimmend zu beeinflussen.. Hier soll nur die gegenwärtige Lage der Kirche an einigen Aeußerungen aus dem eigenen Lager beleuchtet werden. Zum Schluß sei mur noch erwähnt, was Schwer seinem eigenen oben erwähnten Urteil über die Möte der katholischen Kirche hinzufügt:
,, Ueber diesem Tatbestand einer äußeren und inneren Krisis des tirchlichen Lebens vermögen auch die vielen Beranstaltungen nicht hinwegzutäuschen, die seit einigen Jahren auch auf fatholischer Seite in in die Augen fallendem Eifer in Szene gesetzt werden. Leicht verrät vielmehr eine allzulaute Aufmachung und das trampfhafte Bestreben, mit großen Ziffern hervorzutreten, dem Lieferblidenden eine geheime innere Unruhe und das nervöse Bemühen, die Schwächen der eigenen Pofition vor sich selbst und anderen ein wenig zu verdeden." August Erdmann
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Protest gegen Trokkis Ausschluß.
Solidaritätserklärung mit den Verhafteten.
Der Ausschluß Trogtis und Sinowiews aus| Diese Erklärung ist unterzeichnet von Awdeew, Batadem Zentralexekutivkomitee der russischen kommunistischen jew, Jewdofinom, Lisdin, Muralow, Peterson, Kamenem, Partei wird von neun Mitgliedern des Zentral fomitees und der Zentralfontrolltommission mit einem Brotestschreiben beantwortet, das deutlich er fennen läßt, daß eine Versöhnung zwischen den streitenden Richtungen nicht mehr möglich ist. Es heißt in diesem Schreiben:
Berachtung und Etel reifen in der Arbeiterklasse dieser el reifen Politik gegenüber. Derjenige, der dies noch nicht begriffen hat, konnte sich auf der Demonftration der Leningrader Proletarier am 17. Oftober 1927 davon überzeugen. Die Tatsachen sprechen für sich selber. Die Wahrheit tann man nicht verheimlichen. Das Proletariat Leningrads, das drei Revolutionen vollbracht hat, hat seine Sympathien der Opposition gegenüber demonstriert.
Der Ausschluß des Genossen Trotti und Sinowjew , der die Krönung einer ganzen Reihe von Verbrechen gegen die Partei bildet, ist der Versuch, sich der Kritik der Opposition am Borabend des Parteitages zu entziehen. Von dieser Kritit sich zu befreien, wird aber dem gegenwärtigen Bolbureau durch nichts ge= Lingen , weder durch Ausschlüsse, noch durch Ber Le u mbungen, noch durch Betrug, noch durch Mundtot
machen.
Wir Mitglieder des 38. und der 3. erklären, daß wir uns voll und ganz mit allen Handlungen und Erklärungen der Genoffen Genossen solidarisieren, daß alle ihre Schritte mit unserem vollen Trohti und Sinowjew und aller anderen unserer ausgeschlossenen Einverständnis unternommen wurden. daß wir für jeden ihrer Schrifte und für jede ihrer Erklärungen, besonders für das Druden und Verbreiten der Plattform der Bolschewifi- Ceniniften( der Oppofition) die Berantwortung voll und ganz und bis zum äußersten übernehmen.
Bir erklären, daß, in welche Lage auch immer die wild gewordene Gruppe der Spalter- Stalinisten uns versehen mag, wir zusammen mit den Genossen Trozti. Sinowjem, Serebrjakow, Brev. brjaschensti, Scharow, Sarkis und Tausenden Proletarier- Leninisten, zusammen mit den Grundfadern unserer Portei die Sache der Leninschen Partei, der Leninschen Revolution des Oktobers von 1917, der Leninschen Komintern der Leninschen Komintern gegen die Opportunisten, gegen die Spalter, gegen die Totengräber ber Revolution verteidigen werden.
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Ratowski, Smilga. Sie stellt die Frattion Stalin vor die Notwendigkeit, mit Troßti und Sinomjem gemeinfam eine Reihe führender alter Bolschewifi auszuschließen. Der Schlußfaß ist unmißverständlich, er fagt deutlich: verhaftet uns, menn ihr es wagt!
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Spannung Paris - London . Englischer Preffefeldzug gegen den Vertrag mit Südflawien.
Paris , 12. November.( Eigenbericht.)
Ausländische Preffenachrichten, daß Griechenland und Bulgarien dem Frankreich - Jugoslawien - Bertrag beigetreten feien, werden hier als haltlose Kombinationen bezeichnet. Anlaß zu diesen Gerüchten scheint eine Unterredung Marintowitschs mit dem ehemaligen griechischen Außenminister Politis gegeben zu haben, die aber lediglich ein persönlicher Meinungsaustausch der beiden Staatsmänner war und mit dem französisch- jugoslawischen Bertrag nichts zu tun hat. Wenn Briand auch am Freitag erklärt hat, daß der Bertrag als Teil eines Baltan Bocarnos anzusehen sei, so ist das keineswegs dahin zu verstehen, daß Frankreich das System seiner Freundschaften und Bündnisse auch auf andere Balkon staaten auszudehnen wünschte, zumal man in Paris sehr wohl weiß. daß eine solche Politit nicht nur den französisch italieni. auf heftigen Widerstand stoßen würde. schen Gegenfag verschärfen, sondern auch in London
Die ungewöhnlich scharfe Kritik eines großen Teils der engli schen Presse am Bertragsabschluß hat in Paris eine starte Berftimmung hervorgerufen. So bezeichnet der Lemps die vom Daily Telegraph " und" Daily Expreß " aufgestellte Behauptung, daß der französisch- jugoslawische Vertrag eine unverkennbare Spitze gegen Deutschland enthalte, als eine perfide Brunnenvergiftung". Der Temps" erflärt es für außerordentlich bedauerlich, daß gerade von England her versucht wird, nicht nur die Spannung zwischen Frankreich und Italien zu verschärfen, sondern auch in die deutsch - französischen Beziehungen neues Mißtrauen zu tragen.
Haftbefehl gegen Profeffor Förffer ist nach amtlicher Erklärung des Oberreichsanwalts nicht erlassen.