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Tires

Dienstag

15. November 1927

Unterhaltung und Wissen

Das Glas.

( Bur Zagung der glastechnischen Gesellschaft.) Bon Dr. Hugo Kühl.

Ueber den Ursprung des Glases sind wir nicht orientiert. Ein englischer Forscher nimmt das nördliche Mesopotamien   und den Rautajus als die Heimat des Glafes an, er betont wohl mit Recht, daß die Syrier erst in Aegypten   die Kunst verbreiteten, denn sie maren in der Zeit vor 1500 v. Chr. den Aegyptern in Gewerbe und Industrie überlegen. Tatsächlich sind auch Glasfunde aus Syrien   bekannt, die etwa aus der Zeit 2500 v. Chr. stammen fönnen. Als aber die Glasfabrikation in Aegypten   einmal be­fannt war, breitete sie sich rasch airs, es währte nicht lange, bis das Glas im Lande der Pharaonen selbstverständlich war. Im alten Theben   hat man eine der Königin Kamafa geweihte Schmud perle aus dem 15. Jahrhundert gefunden. Ob sie ägyptischer Her funft war oder das Geschent des mächtigen syrischen   Königs?

Zuerst fand das Glas ausschließlich zur Herstellung von Schmucksteinen, Edelsteinimitationen, Verwendung. Man stellte, wie es noch heute in der Keramit zur Gewinnung von Glasuren geschieht, eine Fritte her, formte dann aus ihr Stäbe, die zu Schmucksteinen verarbeitet wurden. Damals fannte man sicher schon die noch heute ausgenußte Farbwirkung des Braunsteins und Kupfers.

Die Kunst, Glasgegenstände durch Bressen in Formen herzu­stellen, übten die Aegypter erst um das Jahr 1200 v. Chr. In dieser Zeit wurde auch die Kunst, kleine farbige Glasstäben zu Mosaits zusammenzusetzen, geboren, eine Kunst, die später bei den allen Römern zur höchsten Vollendung gebracht wurde. Ich erinnere nur an die Mojaitgemälde des wiedererstandenen Pompeji  . Auf den Reliefs der Königsgräber von Beni- Hassan   am rechten Nilufer, die unter der 18. Dynastie, also etwa 700 Jahre v. Chr. entstanden, sind neben anderen Gewerbetreibenden auch Glasbläser in voller Tätigkeit abgebildet, die Glasindustrie hatte in der Zeit also schon eine große Bedeutung erlangt.

Großartiges ist von den ſchon erwähnten Römern geleistet; die

Beweise, daß die Kirche des bayerischen Klosters Tegernsee   bereits im 10. Jahrhundert mit bemalten Glasfenstern geschmückt mar. Die Kunst durch Zusammenschmelzen von Mineralien als durch fichtigen Körper Glas zu erzeugen, gehört sicher zu den ältesten Gewerben Mitteleuropas  . In Gegenden, die reich an Brennstoffen maren, wie der böhmische und bayerische Wald, entstanden schon im frühen Mittelalter Hütten. Zum Teil fünden noch heute Orts­namen von ihnen. Durch Jahrhunderte hindurch war die Grün­dung von Glashütten   in waldreichen Gegenden, die in Holz Feuerungsmaterial und Alfalien lieferten, gebunden. Die Hütten selbst waren verglichen mit den modernen außerordentlich primitiv ausgestattet. ausgestattet. Trotzdem wurde auf fünstlerischem Gebiete bald großes geleistet. Die Entdeckung des Rubinglases ist mit dem Namen des deutschen   Chemikers Runfel verknüpft.

Das Aufblühen der chemischen Industrie, die alle Rohstoffe für die Glasfabritation leicht und in ausreichender Qualität be­schaffte, die Erschließung der Bodenschäße, und in erster Linie der Gasheizung entriß die Hütten den Walddistrikten und förderte die Entwicklung großer Werte in industriell günstig gelegenen Gegenden. Als Siemens in Dresden   den Regenerativgasofen um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts tonftruierte, verschwanden die Defen für die Glashütten   einen ungeheuren Fortschritt, das Gewerbe mit direkter Beheizung nach und nach, seine Einführung bedeutete wurde zur Industrie.

Hütten bevorzugt, weil der Borteil, mit der Wissenschaft in engster In der Jeztzeit werden große Pläge für die Neugründung von Fühlung zu arbeiten und das Glas an Ort und Stelle abseßen zu fönnen, den Nachteil erhöhter Beförderungskosten für die Rohstoffe gutes Qualitätsglas zu liefern, die Glasindustrie, und deshalb muß überwiegt. Heute beherrscht die Forderung, für alle möglichen Zwecke Ein lebendiger Ausdruck dieser Erkenntnis ist die Gründung der sie mit der wissenschaftlichen Forschung Hand in Hand arbeiten. deutschen glastechnischen Gesellschaft, der unsere größten Hütten angeſchloſſen find. Glas iſt nicht mehr jeder beliebige durch 3u­haltene durchfichtige Körper, Glas in technischem Sinne ist nur das ben gedachten 3wed erfüllende Schmelzprodukt. lleberall werden nicht mehr aus einfachem ordinären Fensterglas hergestellt, sondern aus besonderem Qualitätsglas, die Kristallscheiben unserer Auto­mobile find aus den Zweck völlig erfüllendem Glas gefertigt. Wir legen den Glasschmelzen die Geseze der Physik und vermögen der Rohstoffe zum Beispiel, wenn gegen Temperatur­Chemie zugrunde, wir berücksichtigen das fubische Ausdehnungs­mechsel widerstandsfähiges Glas erschmolzen werden soll, wir

berühmten Barberinis oder Portlandvasen aus tief azurblauem Glas mit Figuren aus einer weißen opafen Masse gehören zu dem Schönsten, was wir aus alter Zeit befizen. Prächtige Glasbecher aus dem vom Besuv verschütteten, im vorigen Jahrhundert wieder ausgegrabenen Bompeji befinden sich im Museo Nationale zu Neapel  . Schriftsteller der Antife berichten uns, daß man es ver ſtand, auf bie Druckfestigkeit und Elastizität, ſtudieren das Licht

Daß es

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Beilage

des Vorwärts

gehen muß an der Kleinsten Station bieten gewiß zehn Weiber Sonnenblumenterne feil. Dieses animalische Rauen ringsumher, dieses philosophisch gelaffene Einanderanspuden macht mich auf die Dauer ganz nervös; man fann sich einfach nicht anders davor retten, als indem man mittut. Rasch entschlossen drüde ich dem nächſtbesten Höfermeib einen Papierschein in die Hand. Darauf gießt sie mir ein Wasserglas voll Sonnenblumenterne in die Rocktasche noch eins... noch eins... noch eins... Himmel, will der Segen gar kein Ende nehmen!

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Berstohlen und ungeschickt flaube ich den ersten Kern mit den Fingern aus der Schale: er schmeckt wie afrikanische Erdnuß. Nicht übel und fein dümmerer Zeitvertreib als 3igarettenrauchen und Kartenspiel. Allmählich werde ich fühner und erlerne auch die volts­tümliche Technif: so geschickt mit den Zähnen aufzuknaden, daß der geröstete Kern im Munde bleibt, während die Schale in beschwingtem Bogen weit hinausfliegt. Das vielgeübte Lafter wird zur normalen Lebensfunktion, und als ich in Odessa   aussteige, bin ich schon soweit, daß ich meinerseits die Paßkontrolle bombardiere. 3war, in der Großstadt Odessa   spuckt nur das niedere Volk und nicht der feine Mann aber schließlich, der Seeman hat seinen Briem, der Yankee fein Kaugummi  , wir haben, weit poetischer, den Sonnenblumentern. Ich bin entschlossen, nach meiner Heimkehr diese neue Mode bei uns einzuführen. Sie ist schmackhaft und gibt billige Gelegenheit, unangenehmen Menschen seine Gefühle ebenso unzmeideutig mie unantastbar auszudrücken.

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Gefährliche Hausweinbereitung.

Zu diesem Beitrag von Dr. G. v. Mendel, der hier am 1. No­vember erschien, sind uns eine Menge Zuschriften zugegangen. Der Direktor des Instituts für Zuckerindustrie, Dr. Spengler, gibt folgen­des Gutachten ab:

zuder gebildet werden, gerabe von eminent giftiger, betäubender

und schwer gesundheitsschädigender Wirkung sind", trifft in feiner Weise zu. Rübenzucker vergärt erst nach vorangegangener Inversion und verhält sich dann bei der Gärung genau wie Frucht- und Traubenzucker. Schon lange, bevor man Edelhefen verwendete, mar es üblich, viele Fruchtweine vor der Gärung start zu zuckern, da der Zuckergehalt der Früchte nicht ausreichte, um einen haltbaren Beingesetzes dari sogar aus dem von inländischen Trauben gewonne Wein( mit genügendem Alkoholgehalt) zu gewinnen. Nach§ 3 des nen Traubenmost oder Weine, bei Herstellung von Rotwein auch der vollen Traubenmaische, Zucker, auch in reinem Wasser gelöst, zu­

mie es an einer Stelle heißt Hyazinthen, Saphiren, brechungsvermögen und die Fähigkeit des Glafes, unter Umständen Alkohol oder einem llebermaß an Säure infomett abzuhelfen, als Onngen, furz Edelsteinen aller Art gleicht, und es gibt feinen als Lichtfilter zu wirken. Wissenschaft und Technik sind in gleicher Stoff, der zur Anfertigung von Spiegeln und zur Herstellung von Gemälden geeigneter wäre." Am meisten erregt es unser Er- Weise bemüht, die Qualität des Glases zu heben, denn ohne das Glas ist unsere Kultur undenkbar.

staunen, daß man in damaliger Zeit schon den heute so geschätzten gefchliffenen Kristall tannte. Es heißt nämlich, daß von allen Gläsern das reine, dem Bergkristall ähnliche Glas om schönsten sei. In späterer Zeit drohten aus ihm gefertigte Trinkgefäße die goldenen und filbernen zu verdrängen, so daß das Konzil zu Tibur, irm den Wert der Edelmetalle zu heben, den Gebrauch gläserner Abendmahlstelche verbot.

Bundervoll müssen auch die Glasgeräte der alten Berser ge wefen fein. Als einst Gesandte aus dem funstfreudigen Athen   an den persischen Hof lamen, staunten sie über die Macht, den Reich tum und die Pracht des Perserfönigs und berichteten daheim, fie hätten aus herrlichen gläsernen Pokalen getrunken.

Sonnenblumenferne. Bon Leonhard Adelt  .

Genau vermag ich die Stunde nicht mehr anzugeben, zu der ich mit den ersten Sonnenblumenschalenspudern Bekanntschaft machte. Es ist in einer Hlemmen füdrußischen Bahnstation, als ich eine jonder­bare Brozession von Eisenbahnern in Uniform unter Führung eines emfig notierenden Zivilisten bemerke. Sie gehen im Gänsemarsch um Tisch, Bant und Thefe des Wartesaales herum, stellen die An­mesenheit von fünf Tellern und drei Teegläsern, darunter einen zerbrochenen, fest und spuden dabei unausgesetzt einer dem anderen Sonnenblumenschalen in den Rücken, während sie mit der Rechten neue Munition aus der Tasche zum Munde führen. Als se mit der Inventuraufnahme fertig sind, fragt der eine Eisenbahner: Wem gehört das also jezt?", worauf der Zivilist eindringlich demonstriert: ,, Das gehört nicht dir, das gehört nicht mir das gehört dem Staat." Ich denke: Pfui, welch abscheuliche Angewohnheit, sich gegenseitig anzuspuden! Aber so billig, mit einem westeuropäischen Nasen­rümpfen, soll ich nicht davonkommen. Denn fortan, im Schiff, im Bahnabteil, auf der Straße, fnabbert alles Sonnenblumenkerne. Der Grenzposten, der meinen Baß studiert, als ob er ihn lesen fönne, beflebt mich währenddem mit ausgespuckten Schalen, wie mit Gerichtsvollziehersiegeln, und wenn ich morgens auf dem Schnür boden des Bahnmaggons ermache, hat sich von rechts und links ein In Deutschland   fönnen wir die Geschichte der Glasindustrie grauweißer Schneefall auf mich gefenft und ist an meinen Kleidern bis in das frühe Mittelalter verfolgen, wir haben geschichtliche| angetrocknet. Bergeblich die Hoffnung, daß der Vorrat einmal aus­

Die Kunst, aus farbigen Glasstäben Schmucksteine und Berlen zu formen, gelangte im 13. Jahrhundert n. Chr. in Venedig  mieder zur Blüte. Es mundert uns nicht, daß gerade hier an der Pforte des Drients, wo so viele Anregungen fich boten, das Kunst gewerbe zu hoher Entwicklung gelangte. Benetianische Glasperlen waren durch Jahrhunderte berühmt. Bon den Benetianern er­lernten die Glasbläser des böhmischen und bayerischen Waldes die Kunst. Wundervoll e Glassteine, Nachahmungen fünstlicher Edel­steine, wurden hergestellt. Auch die Anfertigung von Glasspiegeln machte die Benetianer bald berühmt. Infolgedessen war das Ge merbe der Glasbläser so angesehen, daß der Senat alle, die sich der Kunst widmeten, zu Bürgern der Republik   machte, dem Adel erlaubte, ihre Töchter zu heiraten, und den Nachkommen die Rechte der Bäter einräumte, während die Ehe mit der Tochter eines anderen Gewerbetreibenden den Verlust des Adels zur Folge hatte.

Das große Wunder.

Bon Alf Röd.

Die beiden Klempnergesellen Fransen und Eng waren gute Freunde und zwei gewaltige Bummelfrigen. Sobald sie ihren Lohn am Freitagabend in der Tasche hatten, bezahlten sie Kost und Logis für die kommende Woche, und den Reft verjugten sie. So ging es schon mehrere Jahre. Plötzlich geschah etwas:

Am Morgen nach dem Nationaltag, wo die Norweger alle Puppen tanzen lassen, wurden die beiden ausgeschickt, das Dach eines fleinen zweistödigen Hauses mit neuen Dachrinnen zu versehen. Fransen flettert also hinauf, um Maß zu nehmen, während Eng auf dem Hofe verschiedene Vorbereitungen trifft. Wie Fransen da nun so rückwärts auf dem Dach entlanggeht, den Zollstod in der Hand, und mißt und mißt, ist mit einem Male, ehe er es sich ver­sieht, unten bei seinem Zechbruder. Alle Dächer haben ja irgendwo ein Ende, und Fransen war also einen Schritt zu weit gegangen. Trotzdem das Dach nicht hoch war, so war das doch eine böse Ge­schichte mit diesem Sturz. Im Krantenhaus wurde eine ernste Ber­legung des Rückens festgestellt, die Lähmung in beiden Beinen nach fich zog. Das machte einen tiefen Eindrud auf Eng. Er ging in sich, machte einen Bunkt hinter die lustigen Tage und besuchte feinen Rameraden täglich

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Als nun der Lahme soweit wieder hergestellt war, daß er in einem Rollstuhl herumgefahren werden fonnte, begann auch ein anderer, ihn zu befuchen ein eifriger Settenprediger, der meinte, ein eifriger Seftenprediger, der meinte, daß der hart heimgesuchte Klempner mehr als jemand anders nötig hätte, sich vorzubereiten für die Wanderung auf den goldenen Straßen des Jenseits", wie er sich ausdrückte. Der Predikant fam eifrig, den Lahmen zu gewinnen. Eng, der immer zugegen war, lauschte jedesmal andächtig. Fransen dagegen schnitt nur faure Grimaffen, wenn ihm sein früheres Aufleben vorgehalten und ihm die ewigen Wahrheiten anempfohlen wurden.

Verstand denn der Kranke nicht, daß der Fall vom Dach nicht etwa ein gewöhnlicher Fall war?! Wie oft fielen Klempner vom Dach, vom fünften Stod herunter, ohne auch nur den geringsten Schaden zu nehmen? Nein, in Fransens Fall lag tiefere Bedeutung. Davon zeugte die Lahmheit. Gottes Finger hatte Fransens Nerven nez berührt. So sprach der fromme Bruder. Aber Fransen war so verstockt, ja, selbst Eng meinte, Fransen sei ein zu verftodter Mann. Seitdem Eng mit dem Trinken aufgehört hatte, ging es ihm so

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guten Jahrgängen ohne Zusatz gewonnenen Erzeugnisses entspricht. es der Beschaffenheit des aus Trauben gleicher Art und Herkunft in Der Zusatz an Zuckerwasser darf jedoch in feinem Falle mehr als ein Fünftel der gesamten Flüssigkeit betragen. Hier ist also ein Zusag von Rübenzuder ausdrücklich gestattet, um einem natürlichen Mangel an Alkohol abzuhelfen. Würden sich durch Bergärung von Rüben­zuder besonders schädliche Fuselöle bilden, so wäre seine Bermendung im Weingesetz nicht ausdrücklich zugelassen."

Die Weinhefenzuchtanstalten weisen darauf hin, daß eine Fusel­bildung nur dann erfolgen kann, wenn feine Weinhofen benutzt werden. Gerade bei Berwendung von Weinhefen entstehe feine Fuselbildung, und gerade um das Entstehen einer Fuselbildung bei der Bergärung von Trauben, Frucht und Pflanzensäften zu ver­meiden, solle man Weinhejen verwenden..

Diesen Behauptungen scheint die Beobachtung des täglichen Lebens zu widersprechen. Gerade der Obstmein gibt starte Räusche, ja alkoholische Vergiftungen. Nun ist freilich bekannt, daß Obstwein.  infolge der starten Zuderverwendung außerordentlich alkoholhaltig ( bis zu 14 Broz.!) fein kann. Ob aber daneben nicht auch die beson ders gefährlichen Fuselöle mitmirfen, wäre zu untersuchen. Freilich bleibt der Ausweg, daß die Fuselöle entstehen, weil milde Hefen bei der Gärung im Spiel waren. Es scheint, daß spezielle wissenschaftliche Untersuchungen hierüber noch nicht vorliegen. Es wäre eine Auf­gabe des Instituts für Gärungsgewerbe, Obstmeinproben, die der häuslichen Kelterei entstammen, auf ihren Gehalt an Fuselöl zu untersuchen.

Uebermäßiger Alkoholgehalt des Obstweines bleibt auf alle Fälle schädlich. Alkoholgegner   find deshalb gegen jede Bergärung, weil dabei wertvolle Nährstoffe verloren gehen und empfehlen die gärungs­lose Früchteverwertung.

Den Anhängern von Obstwein empfehlen wir, bis die Fuselöl­frage definitiv geklärt ist, jede milde Gärung zu vermeiden und den Buckerzujazz so zu bemessen, daß fein übermäßiger Altohol entsteht.

Als Fransen sich bereits ordentlich gelentig vorfam, entschloß er sich, seinem Freund mitzuteilen, daß es wieder bergauf ging mit ihm.

Eng war natürlich ungläubig und wollte das erst mal bewiesen sehen. Dann staunte er aber doch. Als ihn Fransen jedoch zur Aus­führung seines Geheimplanes überreden wollte; kamen ihm doch Bedenken. Aber Fransen ließ nicht locker.

,, Die ganze Gemeinde wartet auf ein Wunder, jetzt kann sie's haben."

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gut, daß er Fransen zu sich nehmen und außerdem eine Nachbarin annehmen konnte, die Fransen pflegte und ihn vormittags ein bißchen in die Sonne fuhr. Eng selbst hatte angefangen, die Bet­versammlungen des Predikanten zu besuchen und überschüttete auch Fransen mit seinem göttlichen Snad. Der Lahme, der seinem treuen Kameraden viel zu danken hatte, willigte zum Schluß ein, sich in die Versammlungen fahren zu lassen. Er nahm nach bestem Ver­mögen an dem Erbauungsleben teil, tat glücklich und zufrieden alles des Kameraden wegen. Eng freute sich über Fransens gute Miene zum Spiel, glaubte aber an dessen Belehrung ebensowenig ,, Aber das ist doch der reinste Humbug," wandte Eng ein. wie an seine eigene. Daß er religiös geworden war, lag nicht daran, ,, Humbug hin, Humbug her das hat nichts auf sich, wenn nur daß seine Seele nach himmlischer Gnade dürstete er nährte viel die Schar der Zweifelnden Frieden für ihre Seele finden," ant­mehr eine große Furcht davor, daß der Herr in seiner Unerforschlichwortete Fransen eifrig. Und vergiß nicht, an dem Tage, wo du mich keit auch ihn eines Tages vom Dach fallen lassen und seinen Finger auferstehen läßt, hat alles Auf- die- Dächer- Klettern" für uns ein auch in sein Nervennetz stecken und es in Unordnung bringen könnte. Dem meinte er vorbeugen zu fönnen, indem er ständig zusammen war mit ,, Brüdern" und Schwestern". Aber es ließ sich nicht leugnen wenn so gesungen und musiziert wurde, überfam einen doch weihevolle Stimmung, eine Art Festesfreude, und es war so seltsam und mystisch, wenn versucht wurde, Kranke durch Gebete und Handauflegungen zu heilen, etwas, was übrigens niemals richtig glüdte. Aber gerade das mit den Heilungen interessierte Eng unge­mein, und ein dunkler Ehrgeiz beseelte ihn, einmal selbst eine solche religiöse Fertigkeit zu erlangen,

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Einige Jahre vergingen. Fransen und Eng waren noch immer auf allen Betversammlungen zu finden, doch feiner von beiden befaß den Freimut des Geistes, der den Geftanten den Schwung verleiht. Das ganze war für fie eine Gewohnheitsfache geworden. Eines Morgens erwachte Fransen mit einem wunderlichen Ge­fühl Er schlug die Bettdecke zur Seite und starrte gespannt auf seine Beine, konzentrierte dann seinen ganzen Willen und bewegte erst das eine und dann das andere Bein! Sein Geficht wurde rot und dann wieder blaß, und der Schweiß perlte auf seiner Stirn. Wie ein Blizz schlug da ein Gedanke in ihm nieder, und er legte sich still wieder hin.

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Fransen ließ sich bedienen und herumfahren wie gewöhnlich. nicht einer Seele erzählte er von den lebhaften Gefühlen, die ihn bewegten, und endlich kam der Tag, wo er nach emfiger heimlicher Uebung soweit gekommen war, daß er sich ohne Hilfe vom Rollstuhl erheben fonnte. Dann versuchte er einige Schritte zu gehen. Ihm schien, daß es nicht übel vorwärts ging. Sein guter Humor flammte wieder auf. Hehe! lachte er, das ging verteufelt gut.

Ende.

Dies stimmte seinen Kameraden weich.

Das Bethaus war wie gewöhnlich voll, als Eng mit Fransen angerollt fam. Nach mehreren Proben zu Hause waren sie überein gekommen, das Bunder heute abend vom Stapel zu lassen, wenn die Stimmung günstig war.

Und es war eine herrliche Versammlung! Es wurde unauf­hörlich gepredigt und gebetet, und die hysterischen Glaubensschreie ballten gegen die Wände. Als die Bersammlung in die rechte Erstase gekommen war, rollte Eng Fransen zur Kanzel vor. Die Gesichter der beiden waren beinahe unheimlich bleich und erstarrten por Spannung. Mit einer Stimme, die das Braufen der Behklagen und der improvifierten Gnadeschreie übertönte, verfündete Eng, was er im Sinne hatte. Und während seine Hände die notwendigen For. malitäten über Fransen vornahmen, stimmte die Gemeinde ein Lied Als dieses zu Ende war, hob Enge seine Arme gen Himmel und rief: Fransen, mein Bruder, fteh auf und wandele!" Und siehe! Der lahme Mann stand von seinem Rollstuhl auf

an.

und ging. Der hysterische Wirrwarr, der nun entstand, versezte Eng und Fransen in richtige Angst, jedoch war der Rabau nur ein Zeichen dafür, daß all die Zweifelnden Frieden gefunden hatten.

Seitdem brauchen Fransen und Eng nicht ein einziges Dach mehr zu erflimmen, um ihr täglich Brot zu verdienen; aber um so eifriger, erflommen sie die Predigerstühle in Stadt und Land und verkündeten das große Bunder.

( Berechtigte Ueberlegung eus bem Stormegifchen von Freud   810zet)