Nr. 55944. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts Los vom Waschfaß!
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Die amerikanische Hausfrau ist längst dazu übergegangen, die| steht der Bottich mit flüssiger Kernseife, dort einer mit Feinsoda, hier Wäsche jede Woche aus dem Hause zu geben. Schon aus hygienischen Gründen, denn es ist selbstverständlich, daß zusammengeballte schmuzige Wäsche von vier Wochen eine gärende Brutstätte für Bazillen und Fäulnisstoffe bildet. Auch hat sie sich praktisch davon überzeugt, daß die Wäsche in einer Waschanstalt, die mit allen modernen Techniken und Maschinen arbeitet, viel mehr geschont wird als in der Eigenwäsche. Während im Hauswaschen der Schmutz mit mehr oder weniger einwandfreien Waschpulvern durch Reiben und Bürsten der Gemebe gelöst und entfernt werden muß, waltet in der modernen Dampfmäscherei das gegenteilige Prinzip, die Wäsche ohne jede Reibung, nur durch den Kochprozeß bei Verwendung von säurefreien Waschmitteln und durch ausgiebige Spülung so schonend wie möglich zu behandeln. Die Besichtigung eines solchen Wäschereibetriebes gibt darüber ein anschauliches Bild.
Im Hof rollen die großen Autokolosse heran, die ununterbrochen die Wäsche bei den Kunden einsammeln und rein wieder abliefern. Unten im Maschinenhaus steht der große Dampfteffel unter fieben Atmosphären, die den Dampf und die Heizkraft durch alle Fabrikräume senden; Pumpen arbeiten, die taltes oder heißes Wafer in die Wäscheapparate senden. Im Nebenraum eine große Klär= anlage, die das Leitungswasser durch ein Kalt- und Kiefelbett führt, damit es weich und gereinigt wird. In einem Raum zu ebener Erde sammeln sich die sch mußigen Bündel, sie werden von flinken Händen fortiert, gezählt, gewogen, auf fehlerhafte und farbunechte Stücke geprüft, gezeichnet und mit Laufzetteln versehen. Dann wandern sie in den Waschraum. Hier geschieht nun das Wunder, wie es schon äußerlich sichtbar ist. Ueberal schwabbelt, gischt, sprudelt und zischt es und das Gewässer zieht in Flußbetten auf dem Steinboden mit einer beispiellosen Verschwendung vorbei. Reine Dunstwolfe, feine Berge von Schaum sind zu sehen, kein häßlicher Geruch von alkalischen Stoffen macht sich bemerkbar. In großen geschlossenen Wiegen schaukeln die Wäschestücke in einem 3weimaligen Kochprozeß unter Dampf hin und her; dort
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Das wird nie in seinem Gedächtnis verlöschen. Und auch jetzt, als er Dascha ansah, regte es ihn auf, und aus seinem Herzen strömte eine Belle von Zärtlichkeit zu ihr. Sie hatte damals, am Abend, nicht so gesprochen, wie vor zehn Tagen. Ungeschickt und mit jedem Worte geizend, erzählte sie ihm von ihrem Abenteuer in der Schlucht. Sie erzählte und sah ihn stirnrunzelnd und forschend an. Und im Scheine der elektrischen Lampe war in ihren Augen ein zitterndes Erstaunen, eine undeutliche, große Frage und eine Begeisterung. Und als Dascha erzählte, wie sie vom Wagen heruntergesprungen war, und wie sie der bärtige Alte zur Schlinge geführt hatte( fie erzählte das ganz einfach, mit einem Lächeln), begann Bljeb felber zu zittern vor dem bebenden Licht ihrer Augen und vor den gewöhnlich- einfachen, unbeholfenen Worten. Nicht Angst um Dascha, nicht But auf Badjin, nicht Eifersucht war das, ein, das war ein trüber Schmerz, ein trübes Schuldgefühl ihr gegenüber und ein Staunen über ihr Geschick, das ihn erschütterte. Und eines fühlte er tief und für immer: von dieser Stunde an wird er ihr nie ein Wort des Vorwurfes sagen, wird sich ihr nie mit einem beleidigenden Männerwunsch, nie mit der Faust, nie mit aufdringlicher Liebkosung nähern. Und wenn er es auch - er tönnte es nicht mehr. Die mit ihr verbrachten wollte Tage, von der ersten Begegnung bis jeßt, waren durch ein Schamgefühl und das Bewußtsein seiner Ohnmacht ihr gegen über vergiftet. Das begriff er ganz plöglich, ohne Nach denken, nur durch ihre unbeholfenen Worte, die sie so einfach erzählte, ohne Angst vor dem, was geschehen war, ohne Geschrei und Selbstüberhebung. Er hörte ihr zu, schwieg und zitterte, und fonnte seine Augen nicht von ihrem Gesicht wenden. Und dann trat er an sie heran, ganz nahe( die Hände in den Taschen) berührte sie aber nicht.
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,, Daschot!... Wir alle sind Dummföpfe und Schurfen. Nicht dich uns müßte man alle aufhängen. Bist ein ganzer Kerl, Daschot!... sei mir nicht böse, bin ein Hundeferl."
Und ging von ihr weg und legte sich aufs Bett. Und im Dunkeln, als sie schon beide lagen-er auf dem Bett sie auf der Erde, drehte sie sich auf ihrem Lager
ein riesiger Blautopf, in der Ede das weiße Stäntebad. Nirgends wird die Wäsche mit der hand bearbeitet. Die Banmeder gerieben noch gezerrt wird. Und doch wird sie rein, und das ist dungen der Kupferkessel sind glatt und weich, so daß die Wäsche das Wunder, daß alles natürlich zugeht. Aber ein Geheimnis ist doch dabei, wie der Betriebsleiter versichert, allen Hausfrauen sei es verraten: es ist dies die gründliche Spülung. Während die Hausfrau etwa 1000 Liter auf einen 3entner Wäsche verbraucht, verschwendet der Betrieb 4000 Liter Wasser auf das gleiche Quantum. Ja, hier vor diesen Spülfesseln könnte man schon Wasserstiefel anziehen. Die gewaschene Wäsche, die vollständig geruchlos ist, wandert nun in große Zentrifugen, mo ihr durch Schleudern der letzte Waffertropfen abgewrungen wird. Schnell läuft das gereinigte Stück nach dem Erhaustor, der sich als großer warmes Föhn betätigt und die Wäsche im nu trodnet. Manche Wäscherei nennt diese Vorrichtung Rajenbleiche". In be= sonderen Wärme- und Windkästen werden die gespannten Gardinen getrodnet, in einem Nebensaal fizen geübte Kunststopferinnen, die Gardinen und Femwäsche ausbeffern.
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Sonnabend, 26. November 1927
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Der Beerdigungsverein des Gargfabrikanten.
Durch die Inflation waren die Geschäfte des Sargfabritanten F. im Norden Berlins start beeinträchtigt. Nicht, daß etwa meniger Menschen starben als früher, im Gegenteil; die Särge des braven Tischlermeisters waren aber zu teuer. So tam er auf eine schlaue Idee; er gründete einen Bestattungsverein: ,, Memento mori " ,,, Dent' an den Tod".
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In vielen Lokalen und Blumenhandlungen Berlin N. prangten vielversprechende Blafate und bald waren viereinhalbtausend Mitglieder beisammen. Unter den Sagungen des Vereins befand sich auch in hervorragendem Deutsch folgender Passus:„ Der Verein tann nach Ermessen des Vorstandes und Anbetracht des Kassenbestandes Beihilfen zur Beerdigung gewähren." Und das lockte die Todeskandidaten und deren Familien. Außer den Mitgliedsbeiträgen waren die Mitglieder verpflichtet, bei jedem Todesfall je 5 Pf. zu zahlen. Auch einen besonderen Fonds. gab es, in den 25 Proz. aller Beträge abgeführt wurden; das machte in furzer Zeit 19 000 Goldmark. Vorsitzender des Vereins war natürlich der Tischlermeister F. Das Bureau war in seiner Wohnung. Und er hatte als Borsigender mit sich als Sargfabrikanten einen Bertrag geschlossen, nach dem die Mitglieder sich verpflichteten, bei ihm Sarg, Kissen und Leichenwagen zu bestellen. Soweit wäre alles in Ordnung. Der Vorsitzende des„ Memento mori ", in seiner Person auch Sargfabrikant, wurde aber übermütig. Die Mitglieder behandelte er faugro b. In einem Falle sagte er z. B.: Seien Sie doch froh, daß Ihre Olle gestorben ist." In einem anderen Falle meinte er:„ Das Gebißbraucht die Tote ja nicht, das können wir anders verwenden." Er ließ es aber nicht nur bei derartigen Frivolitäten bewenden, er übervorteilte auch die Mitglieder und machte dabei ein gutes Geschäft. An Stelle eines Leichenwagens beförderte er Tote in seinem Möbelwagen zum Friedhof. Ein Lastauto berechnete er wie ein Leichen lugusauto. Um seinen Schwager auf Kosten des Vereins zu bestatten, fingierte er einen Einbruch in seinem Bureau, bei dem angeblich 150 Mitgliedsbücher gestohlen sein sollten; in Wirklichkeit hatte er sie verbrannt, um später jagen zu fönnen, auch das Mitgliedsbuch seines Schwagers jei gestohlen" worden. In seiner Buchführung gab es ein derartiges Durcheinander, daß auch Tote immer noch Mitgliedsbeiträge ab führten. Als den Mitgliedern des Memento mori " das Treiben ihres Borfizenden zu bunt murde, segten sie ihn ab und erstatteten fchließlich auch Strafanzeige gegen ihn wegen Betrugs. antworten. Das Gericht sprach ihn in einigen Fällen frei, verurteilte So hatte er sich gestern vor dem Schöffengericht Berlin- Mitte zu verihn aber in drei anderen Fällen zu einer Geldstrafe von
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750 Mart. Auch ein ,, Memento", ein feiner, Denkzettel.
Ein rabiater Angeklagter.
Er lehnt den Gerichtshof ab..
Große Schwierigkeiten bereitet dem Gericht die Durchführung eines Strafprozesses gegen den englischen Staatsangehörigen, Dol. metscher Hans Fröhlich, der in Johannisburg in Südafrika geboren ist.
Fröhlich hatte sich auf der Polizeiausstellung einer groben Ausschreitung gegen einen Polizeibeamten schuldig gemacht und wurde megen Widerstandes ongeklagt. 2115 Dann eine Etage höher das luffigste Bild- in Weiß, die Fein- gegen ihit vor einiger Beit vor dem Amtsgericht verhandelt werden plättere, mit den vielen Maschinen, auf denen Glanz" gedrüdt sollte und der Vorsitzende die auf dem Gebiete des Eigentumnsstatt geplättet wird. Auch hier waltet das Prinzip, die Wäsche nicht vergehens liegenden Borstrafen zur Sprache brachie, wurde der durch Zerren und Stoßen zu kniffen, sondern durch sinnvolle Vor- Angeflagte so ausfallend, daß der Vorsitzende über ihn eine richtungen durch Druck über Dampf oder mit heißen Platten zu fcfort zu verbüßende Ordnungsstrafe von einem Tag rollen oder zu plätten, was mit demselben Effekt für die nötige Gefängnis verhängte. Als Fröhlich abgeführt werden sollte, Eleganz geschieht. fchrie er: ,, Den möchte ich sehen, der mich einiperrt, eher fchlage ich das ganze Gericht zu klump." Die weitere Folge mär die Verhängung einer neuen Ordnungsstrafe von drei Tagen. Bei der Abführung fam es zu einem schweren Kampf des widerspenstigen Angeklagten mit den Justizwachtmeistern, denen es erst mit vieler Mühe gelang, ihn zu überwältigen. Gestern sollte nun gegen Fröhlich der Straffall verhandelt werden. Mit den Händen in den Hosentaschen stellte er sich vor dem Gerichtshof auf und erklärte, daß er den Borsigenden wegen Befangenheit aus Anlaß der über ihn verhängien Ordnungsstrafe a b=
Es wird gefordert, daß gute Wäsche vierzig bis fünfziginal den Prozeß des Waschens aushalten muß, ehe sie schadhaft wird, schlechter Stoff erlaubt es höchstens fünfzehn bis zwanzigmal. In legter 3eit zeigten sich häufig Schäden, die den Wäschereien viel Kopfzerbrechen verursacht haben, ehe man hinter die Ursachen fam: die Radio bastler waren es, die mit dem Herumhantieren von Säuren viel Hauswäsche verderben. Die Hausfrauen werden sich diesen Hinweis merken! Auch die Pugwasser der Küche enthalten meist Säuren, die die Wäsche zerfressen.
herum, und ihre Stimme ertönte freundlich: ,, Gljeb schläfft du?"
,, Bist ein Kerl, Daschok... ein ganzer Kerl! Ich denke an deinen Strick und zittere, und mein Herz zerspringt." Und sie lachte unter ihrer Decke, wollte etwas sagen stotterte aber. Konnte sich nicht zurückhalten und lachte wieder.
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,, Bljeb, und wenn ich dir jetzt erzählen werde, daß ich damals mit Badjin geschlafen habe? Du mußt mir einen Krach machen. Du wolltest doch schon öfter deine Fäuste auf mir ausprobieren."
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Und Gljeb war erstaunt: Dascha hatte ihn mit ihrem Scherz, in dem er Unruhe und dunkle Wahrheit hörte, nicht berührt. Sie hatte ihn mit den Worten geschlagen aber es tat nicht weh. War die Eifersucht in diesen heißen Tagen verbrannt, oder war Dascha ihm mehr geworden, als nur Frau. Sein Herz erregte nur eine Zärtlichkeit zu ihr, wie zu einem neuen Freunde, den er niemals früher gehabt hatte.
,, Mein Schädel ist jetzt wie ein Feuerherd, Daschot.. ich denke an den Strick und an deine Abenteuer- und alle meine Eingeweide tun mir weh... Nun, wenn es war, so war es eben. Wir sind Hundekerle, und du kannst mit mir machen, was du willst. Man muß jetzt den Menschen von einer anderen Seite packen. Gut... es wird schon die Stunde kommen wir werden schon lernen, bis ins Tiefmir nur die Eingeweide weh, Daschof." innerste des Menschen einzudringen. Aber jetzt tun
Und Dascha lachte wieder in ihrem Winkel, unter der Decke. Leben mich zu meinen jungen Jahren zurückführte ,, Schlaf nur... ich weiß nicht... mir ist, als ob mein aber nur durch einen anderen Weg."
Sie lag ruhig, rührte sich dann wieder, und wieder ertönte ihre Stimme: ,, Gljeb?... Schläfft du?"
Und Gljeb hatte noch nicht geantwortet, als sie sich von ihrem Lager erhob, mit ihren nackten Fersen über den Boden lief und unter seine Decke schlüpfte.
Sawtschut, an der Spitze der Bauarbeiter, nähte die Schienen mit Nägeln an die Eisenbahnschwellen, dröhnte mit dem Hammer im trunkenen Anfall eines von Arbeit toll ge= gewordenen Menschen. Das Gesicht war blutunterlaufen, die Augen glühten Blut, und die diden Adern an den Händen und am Halse flochten sich wie fnorrige Stricke durch die
Muskeln unter der von Anstrengung und Schweiß aufgedunsenen Haut.
Gljeb hob die Erdhacke auf seine Schultern und ging von der Mjechowa weg in die ersten Reihen.
,, Hau nur drein, Sawtschuf, Teufelsböttcher!. Hau nicht mit dem Hammer, sondern mit deinem ganzen Bauch!" ,, Ja, wir hauen, wir Teufelsterle! Wenn du uns aufgehegt haft so stell dich an die Spize, niederträchtiger Freund, du.... finden. Wir werden auch für das Werk Feuer
,, Oho, Genossen! Wir werden die Berge im Sturm nehmen, damit fie alle aufbrüllen hurra!" Er schwenkte seine Erdhadke, und seine Adern am Hals quollen vom Gebrüll auf. Und die Massen rissen ihre Hämmer, ihre Spaten und Erdhacken in die Höhe- mie eine Armee ihre Waffen durch das lärmende Getöse: Rraa!... rraa!" und wurden erregt und wild Und von der Höhe fah Gljeb, wie das gewaltige, erschütternde Heulen und das Getöse wie eine lebendige Welle herunterrollte bis zum Fuße des Berges. Dort waren die Menschen flein wie Ameisen. Sie schmentten auch dort ihre Hände und Werkzeuge und schrien auch dort mit.
Mjechowa schaute Gljeb mit großen Augen an. Die letzten Schienen wurden an den Schwellen befestigt. Seile lagen schlangenartig auf den Rollen und surrten mit ihrem Metall wie Saiten. Die Räder sättigten sich im elettrischen Fluge.
Die Rotarmisten standen, auf ihre Gewehre geſtüßt, in dem Bergpaß. Ueber ihnen und an ihnen vorbei floffen im grünen Schaume Sträucher und Bäume herunter. Die Gemehre und Helme sind fernig und wachsam, und scharf schauten die Genossen Rotarmisten auf die Felsen und schwarzen Schluchten, die auf der anderen Seite des Berges find.
Zerschlagen, mit zitternden Knien, mit von Blut aufgequollenem Gesicht, trat Sergeij aus den Reihen. Er fam an die Mjechowa heran und ließ sich auf die Steine fallen. ,, Nun, lieber Intellektueller?... Werden Sie vielleicht jezt sagen, daß die Burzeln der kommunistischen Arbeit nicht immer süß find?"
Und die Mjechoma schlug ihm freundlich auf den Arm. Sein Lächeln erglühte freudig und findlich, und von der Nase und vom Kinn rollte in feurigen Tropfen der Schweiß herunter. Er nahm Boljas Hand und drückte sie fest und freundschaftlich. ( Fortsetzung folgt.)