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Nationalistischer Studentenrummet.

Reichsminister v. Keudell telegraphiert.- Eine Brüsfierung Adder preußischen Regierung.

Großen Klamaut gab es am Sonntag im Zirkus Busch. Die nationalistische Deutsche Studentenschaft " hatte eine Kundgebung veranstaltet für atademische Freiheit und großdeutsche Gemeinschaft", in Wirklichkeit gegen den preußischen Kultusminister Dr. Beder und gegen die Republit. Wes Geifles die Veranstaltung war, erkannte man am besten aus den Deputationen des Stahlhelms und der Rechtsparteien, insbesondere auch aus der Anwesenheit eines leibhaftigen Hohen zollernprinzen Jo agim Albrecht, der im weißen Stürmer der feudalen Bonner Borussen angetreten war. Daß bei einer Sundgebung gegen den preußischen Unterrichtsminister ein Be­

nationalistische deutsche Studentenschaft aber ist zum Bortämpfer der Reaktion geworden!

Eins hat die Bersammlung gelehrt: daß sich die preußische Regierung mit Universitätsprofessoren wie Herr Spahn und mit der Frage der Heranziehung eines Hochschulnachwuchses aus den Kreisen des arbeitenden Boltes ganz anders als bisher beschäfti­gen sollte.

Auf eine Anfrage der demokratischen Fraktion des Preußischen andtags über die Rassen verwaltung der Studenten haft" hat der preußische Stultusminister jetzt geantwortet, daß nach seinen Ermittlungen eine geordnete Raffenver waltung bei der Deutschen Studentenschaft nicht besteht.

Die Kommunalwahlen in Anholt . Geringe Veränderungen bei den Gemeindes und Kreis tagswahlen.

Deffau, 28. November.( Eigenbericht.)

Die Gemeinde- und Kreistagswahlen im Freiffaat Anhalt, die am geftrigen Sonntag stattfanden, brachten verhältnismäßig ge­ringe Veränderungen in der Zusammenjehung der kommunalen Parlamente, obwohl die Bürgerlichen den Streit um das Bauhaus und andere örtliche Momente start für sich auszunuhen suchten. Ju einer Reihe von Orten verlor die Sozialdemokratie an Stimmen, während die kommunisten Stimmengewinne verzeichnen fonnten, ohne allerdings ihren Einfluß damit wesentlich stärfen zu fönnen. In anderen Orten erzielte die Sozialdemokratie größere Stimmen­zahlen als bei den Wahlen von 1924. Jn den Städten Dessau , Bern­

grüßungstelegramm des deutschnationalen Reichsinnenminifters Folgen nationalistischer Demonstration. burg und Köthen erlitt der Block der Rechtsparteien empfind­

v. Keudell verlesen werden konnte, gibt der Sache ihre besondere politische Note. Nach den vorliegenden Berichten soll das Telegramm folgenden Wortlaut haben:

Jm Geiff unter Ihnen in innerer Berbundenheit, bekennt sich erneut zu Ihnen mit herzlichen Grüßen und Wünschen. v. Kendell."

Sollten sich die Tatsache und der Bortlaut dieses Telegramms bestätigen, so wäre das ziemlich die schärfste Brüstierung, die fich je ein Reichsminister gegen die Regierung des größten Bundesstaates geleistet hat. Man sollte es allerdings faum für möglich halten, daß Herr v. Keudell nach seiner blamabel verun glückten Attacke gegen den preußischen Ministerialdirektor Dr. Badt gewagt habe, in dieser Weise gegen einen Minister der preußischen Regierung loszugehen.

Die Kundgebung selbst gestaltete sich sehr lieber- und phrasenret d. Der Vorsitzende cand. jur. Schmadel fuchte es so hinzustellen, als ob die deutsche Studentenschaft der alleinige und leste Hort des Anschlußgebantens fei. Sehr zu unrecht! Der Anschlußgedanke ist nirgends fefter verantert als in der deut­Münden der notionaliſtiſche Oberſt v. Xylander auf einer natio schen Arbeiterschaft und Sozialdemocratie, während erst jüngst in nalistischen Kundgebung sich offen als Gegner des Anschluß­gedankens bekannt hat.

Den Höhepunkt erreichte die Heze mit einer Rede des preußischen Universitätsprofessors Dr. Martin Spahn, deutschnationaler Reichstagsabgeordneter feines Zeichens. Seine Tonart wird etwa durch folgende Säße charakterisiert:

Benn einstmals im Kriege ein englischer Barlamentarier offiziell erklärt habe: Das deutsche Heer ist unbesiegbar, aber wir perlaffen uns auf den deutschen Reichs­tag", so müsse man heute die preußische Regierung fragen, ob sie es dahin kommen lassen wolle, daß die Feinde des deutschen Bolts­tims fagen werden: Wir verlaffen uns auf die preußische Regierung."

Weiter suchte Prof. Spahn die Tatsache zu entfräften, daß es fich beim Kampf der deutichen Studentenfchaft gegen den preußischen Unterrichtsminister hauptsächlich um deren hartnädiges festhalten an ihrer antisemitischen Einstellung handelt. Die Argu­miente des Prof. Spahn, noch mehr die Zwischenrufe feiner 3u­höreridajt, waren aber nur geeignet, nachdrücklichst zu bestätigen, was widerlegt werden sollte. Wenn Herr Spahn mit dem Sazz endete:" Wir fämpfen für die Berbundenheit der akademischen Führerschicht mit dem Mann aus dem Bolke", jo kann der Ausfall

der Wahlen in Hamburg , Bremen , medlenburg, Oldenburg und jetzt Braunschweig auch dem Blindesten zeigen, daß diefes akademische Führertum" von eigenen Gnaden im Boife gründlichst abgewirtschaftet hat. Kundgebungen wie diese werden die Klust nur weiter vertiefen.

Wie ungemollie Selbstironie mußte es mirten, wenn der Wiener Schriftsteller Robert Hohlbaum diese Studentenschaft als Erbe der deutschen Studenten von 1848" bezeichnete. Die Studentenschaft von 1848 focht unter schwarzroigoldenen Fahnen für die großdeutsche Republik gegen Monarchismus und Reaktion; die

Staatsopernabende.

Der Kuß.

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Diese Oper heißt Der Kuß", und sie fönnte bei bestem Billen nicht anders heißen; denn das einzige, was sich darin begibt, ober richtiger, zwei Afte lang nicht begibt, ist eben der Kuß, den die Braut dem Bräutigam versagt mit einer Beharrlichkeit versagt, die, menschlich und dramaturgisch gesprochen, zum Objeft ihrer Wei­gerung in einem fast fomischen Mißverhältnis steht, doch wiederum nicht in einem so fomischen, daß es genügte, die gestreckte Harm­Infigkeit des Tertes zu einer tomischen Oper zu erhöhen. Die Handlung also fie spielt unter böhmischen Bauern, die vom Schmuggel leben( wie andere vom Erhuzzoll), ist jo dürftig, daß es beinahe zum Lachen ist. Trohdem, wenn endlich, nach Streit, Entzweiung, Versöhnung das Ereignis des ersten Russes eintritt, alle Spannung der Bühne lösend, wie überfälliges Niesen, und dar über, weil denn das Spiel abgelaufen ist, zum letztenmal der Bor­bang fällt: dann ist es doch ein Abend des Bergnügens gewesen. Aber alles Bergnügen geht von der Partitur aus, die Friedrich Smetana zu diefem on Simplizität nicht zu übertreffenden Opernlibretto geschaffen hat, zweiundfünfzigjährig, schon taub da mals, und nicht mehr weit vom Ende in geistiger Ummachtung. Und diese Partitur strost pon mufitantischer Gesundheit, sinnlicher Klangireudigkeit, innerer( darum ewiger) Jugend. Wie die Ber faufte Braut" eine Boltsoper in zweifachem Sinn: volkstümlich und bewußt national. Den Tschechen hat Smetana ihre National oper gegeben; diesen Kuß der ganzen Welt. Spät genug, ein halbes Jahrhundert nach der Brager Urauf­

Politische Schlägerei mit tödlichem Ausgang.

Frankfurt a. M., 27. November. Anläßlich her Demonstrationen der Nationals jozialisten und Stahlhelmleute tam es am Sonnabend. abend zu Schlägereien, in deren Verlauf ein National­fozialist einen Stich ins Gesäß erhielt, und ein Mit slieb des Roten Fronttämpferbundes durch einen Bauchstich so schwer verlegt wurde, daß er bei der darauf vorgenommenen Operation starb.

Wahlparole des Stahlhelms. Gegen den Parlamentarismus für eigene Parlaments Magdeburg , 28. November.

monarchie.

Borland De's Stahlh Magdeburg, 28. November.

Der Vorstand des Stahlhelms nahm am Sonntag in

un oggende träden Reid einer Sigung in Magdeburg zu den nächsten Reichstagswahlen

este

" Der Stahlhelm fieht in dem heutigen Parlamentaris. mus und in der Parteiwirtschaft den Grundschaden unseres Berfassungslebens. Deshalb lehnt er eine Empfehlung bestimmter Barteien ab. Er fann nur solche Wahlvorschläge unterstützen, bei

denen im Einvernehmen mit den Landesverbandsführern ausge wählte Stahlhelmfameraden an sicherer Stelle aufgestellt werden. Die Landesverbandsführer werden aufgefordert, auf die Wahrung der schwarzweißroten Einheitsfront gegen die internationalen pazifistischen und marristischen Kräfte hinzuwirken." Damit bestätigt sich, was wir bereits vor längerer Zeit mel. defen, daß der Stahlhelm mit den Deutschnationalen über die Aufstellung von Stahlhelmtandidaten verhandelt und dabei offenbar auch Erfolge erzielt hat. Mit dem Schlagwort von der schwarzweißroten Einheitsfront" soll die parteipolitische Bindung, die der Stahlhelm auf diese Weise eingegangen ist,

vor den Stahlhelmleuten vertuscht werden.

Interessant ist auch an dieser Rundgebung, wie energisch der Stahlhelm auf den Parlamentarismus schimpft, trohdem aber bereit iſt, im Parlament mitzuarbeiten, wenn seine Leute gewählt werden! Ehrhardt tritt aus dem Stahlhelmvorstand aus.

Kapitän Ehrhardt ist, offenbar infolge des erwähnten Be­schlusses, aus dem Bundesvorstand des Stahlhelm ausgetreten

Der Enthüller wird stumm gemacht. Der Mörber Matte ottis, Dumini, der furz nach Verbüßung seiner geringen Strafe hierfür wegen Beschimpfung und Bedrohung Mussolinis zu einer mehrjährigen Zuchthausstrafe perurteilt worden war, ist neuer­dings in einem Brozeß, zu den er selbst nicht erschienen war, wegen Bedrohung verschiedener Personen zu weiteren sechs Monaten Zuchthaus verurteilt worden.

Dornburg , und eine gemäßigt- dramatische Sopranistin von sehr achtbaren, wenn auch nicht überragenden Qualitäten, Käte Heidersbach. Doch den Erfolg des Abends entscheidet Hans ideiser, der Floresian der vorigen, Belleas der vorvorigen Boche, aber trotz so unmäßiger Inanspruchnahme heute ein bäuer licher Liebhaber von bezwingender Frische und Jugendlichkeit und mit ihm, neben ihm, fein baritonaler Duettpartner,& art Hammes, dessen Stimme und dessen Spielbegebung, beide gleich günstig auffallend, uns von seinem Don Juan das Beste hoffen lassen. Troubadour ".

Zur Abwechslung mit dem eigentlichen Ensemble der Staats­oper gab es Sonnabend zum erstenmal in dieser Spielzeit Verdis roubadour". Doch als Leonore erschien ein Gaft: Filicie Sünt Mihascet von der Münchener Oper. Auch wenn das Rollenfach, das fie vertritt, hier zur Stunde nicht verwaist märe: eine Künstlerin mie diese, bedeutete für die Berliner Oper unschäz baren Geminn. Wie sie fingt, wie sie phrasiert, wie sie die gesungene Phrase mit Ausdrud erfüllt, das ist ganz große Kunst. Schon in der ersten, noch mehr in der zweiten Arie zeigt sich, daß sie die echte Berdi- Sängerin ist, die in Deutschland mir als Rarität porfommt. 11nd baß sie noch mehr ist, wird offenbar, taum, daß fie auf der Bühne erscheint; den Zauber der Persönlichkeit, der von ihrer Stimme ausgeht, läßt sie erraten, noch bevor sie ihn geübt. Dieser Leonore steht als Luna Herbert Janffen gegenüber: nun ganz Herr feiner unvergleichlichen Mittel, souverän im Gesanglichen mie im Schauspielerisch- Gestalterischem, steht er heute in der aller­ersten Reihe. Es ist eine Freude, das festzustellen. Und mit Battiera und Margarete Arnbi- Ober ist die von der Meisterhand Leo Blechs gelenkte Aufführung, unter den besten, die in diesem Hause zu hören sind. Grund genug, die verstaubte Troubadour" Borstellung, die zum Lagerbestand der Städtischen Oper gehört, aus deren Spielplan für immer verschwinden zu lassen. Klaus Bringsheim.

ej

Das Foffil.

führung, ist er zu uns gefommen. Aber dies hat, ebenso wie das ungerechte Schicksal, das der große Smetana in Deutschland er­fahren, feine guten oder eigentlich seine schlechten Gründe. Das Tschechische war Provinz im Habsburger Staat, man ließ es als Provinz verfümmern; das mufit offizielle Desterreich, durchaus deutsch orientiert, einst auch italienischem Einfluß untertan, mochte fich nie durch tichechische Kunst repräsentieren lajfen. lnb je mehr) diese, im Prager Nationaltheater , Fähigkeit und Recht zu selbständi nem Dasein bewies, desto schroffer wandten fich in Böhmen die Erstaufführung im Renaissancetheater. Deutschen von ihr ab. Deren Sache wäre es gewesen, uns, den . Brüdern im Reich", das Kulturgut zu vermitteln, das rings um sie richs, daß sie sozusagen fich feiner taum zu erwehren wußten. ber das eben war es: fie suchten sich mit allen Kräften seiner zu ermehren wie feindlicher Uebermacht. Die Tschechenoper war für fie wie Alkohol für die Amerikaner: ging man hin, so tat man's heim lich und mit schlechtem Gewissen. Für die deutsch - böhmische Deffent­lichfeit war ein Smetana nicht vorhanden. Die tschechisch- deutsche Rivalität im t. u. t. Nationalitätenstaat ist schuld daran geblieben, daß wir noch so vieles nachzuholen haben von der Produktion diefes musikgefegneten Landes.

Den u haben wir mun alja temengelernt. In der Auf führung der Staatsoper, das heißt wieder, der tommenben Stroll rper, präsentiert Direttor Klemperer einen neuen Kapellmeister 2. n. 3melinfls, der aus Brag( bem beutichen, nicht hem tschechischen) guten Musikerruf mitbringt, etitent neuen Regisseur, der ebenjogut ein alter fein tönnte, Sanus Sulz

liche Einbußen. Die Einzelergebnisse gestalteten sich nach den vorliegenden Meldungen folgendermaßen:

Kreis Ballenstedt : 03. 6837( 7078), 6 Mandate( 6), Bürgers liche Arbeitsgemeinschaft 7374( 7341), 6 Mandate( 6), Ronnn. 830 ( 645), Mandat(-).

Kreis Bernburg : 503. 18 266(( 20 305), 8 Mandate( 9), Boltsgem. 18 200( 17 268), 7 Mandate( 7), Komm. 7142( 4384), 3 Mandate( 2), Blød der Mitte( Dem.) 3319( 2759), 1 Mandat( 1). Kreis Deffau: Goz. 24 582( 24 209), 9 Mandate( 9), Ein­heitsliste 22 910( 23 254), 8 Mandate( 9), Dem. 4940( 5649), 2 Man-. date( 2), Komm. 3940( 2749), 1 Mandat(-), Volfsrechtsblock 2050 ( 1004), Mandat(-).

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Kreis Köthen: 503. 13 275( 13 060), 7 Mandate( 8), Volks gemeinschaft 11 656( 10 897), 7 Mandate( 7), Lib. Bürgerbl. 2918 ( 2212), 2 Mandate( 1), Komm. 1255( 638), Mandat(-). Kreis Jerbff: S03. 12 529( 12 471), 6 Mandate( 7), Bürg. Arb. 13 718( 13 400), 7 Mandate( 7), Dem. 2786( 2500), 2 Mandate ( 2), Komm. 2308( 1540), 1 Mandat(-).

( Stadt Deffau: 503. 1709 1( 17 530), 15 Mandate( 16), Komm. 30), 15

2288( 1132), 2 Mandate( 1), Dem 2975( 3848), 2 Mandate( 4), Ein­heitsliste 13 165( 16 913), 11 Mandate( 11), Hausbesizer 4733(-), 4 Mandate, Voltsrechtsbund 2018( 807), 2 Mandate(-).

Stadt Bernburg : 03 7540( 7229), 11 Mandate( 12), Dent.

822( 810), 1 Mandat( 1), Komm. 2378( 1340), 4 Mandate( 2), Mittelſt. u. Hausbesitz 3470( 1262), 5 Mandate( 2), Volksgem. 5680

( 6437), 9 Mandate( 12).

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Stadt Köthen : G03. 6272( 6335), 13 Mandate( 13), Dent. 1408( 1374), 3 Mandate( 3), Boitsgem. 5849( 6663), 12 Mandate( 13), Mandat. Nat.- S03. 611(-), 2 Mandate( 2), Komm. 353(-), Stadt Zerbst : Sp 3. 4251( 4331), 10 Mandate( 10), Dem. 1011 ( 989), 2 Mandate( 3), Komm. 769( 385), 2 Mandate(-), Volksgem. 4398( 4565), 10 Mandate( 11). To fini 4398( 4565), 10 Mandate( 11).

Stadt Ballenstedt : Soz. 645( 589), 4 Mandate( 3), Komm, 227( 88), 1 Mandat(-), Bolfsgem. 2241( 1912), 13 Mandate( 11). Stadt Coswig : So 3. 9 Mandate( 8), Komm, 3( 3), Dem. 1(-). Bürgerl. 5( 7).20

Erfolg bei der Altonaer Magistratswahl.

Zusammenbruch der Kommuniffen.

Hamburg , 28. November. ( Eigenbericht) Die am Sonntag m Altona vorgenommene Wahl der uns befoldeten Magistratsmitglieder brachte für die So­zialdeinotratie einen neuch großen Erfolg. Gewählt wurden 3 Sozialdemokraten, 2 Bürgerliche und 1 Kommunist. Die fozial demokratische Riste vereinigte 13 100 Stimmen auf sich, die Bürger­lichen erhielten 8800, die Kommunisten, 2200 Stimmen.

Während bei der Stadtverordnetenmahl im September die Kommunisten noch mehr als ein Drittel der Stimmen der Sozialdemkraten aufbrachten, tamen fie am Sonntag nur auf ein Sechstel der sozialdemokratischen Stimmen.

Glanze fonnt, zischt das Publikuni des Renaissances Theaters. Die felige Freude am Theaterpomp des Militärs fizt dem Durchschnittspreußen immer noch in den Knochen. Verlegung des Allerheiligsten! Das Stück ist nicht in der fühlen, flugen Folge richtigkeit durchgeführt, die Sternheims sonstige Werte auszeichnet. Die Empörung eines immerhin tultivierten Publitums beweist aber, wie recht Sternheim mit seiner Attace gegen die Tradition hat. mit der Gedrängtheit seiner gewollt fnappen Sprache erreicht er, daß der Zuschauer schon nach wenigen Minuten mitten im Problem steckt. Leider zerftaitert die Bielsicherheit der Linienführung im weiteren Verlauf der Komödie. Durch die Einschaltung entbehrlicher Nebenszenen geht der Vorteil der Kürze wieder verloren. Dadurch erscheint der Stil in ganzen manieriert.

Die Aufführung im Renaissance Theater unter Gustav Hartungs Regie tonnte feinen Sternheimschen Eindrud ver mitteln. Rede und Gegenrede müffen scharf aufeinanderplagen und die Handlung stürmisch vorwärtsdrängen. Bei Hartung wird der Dialog zur gemütlichen Familienfonversation. Franzista King ift feine energiegeladene Generalstochter, Karl Ludwig 2 ch a 3 fein feuriger Kommunist. Achaz wird von Abend zu Abend getrampfter. Er sollte endlich einmal versuchen, sich feine Bojen auszudenken, sondern sich ganz natürlich als Herr Achaz zu geben. Nur bei Mar Gülstorff verspürt man einen Funten Stern­heimischen Geisies. Er ist ein unheimliches Gerippe, auf dem der Uniformrod flottert, ein Ausrangierter, der nicht abtreten mill. Er scheint mit zahnlosem Mund zu sprechen. Wenn der General wütend wird, fletscht er sozusagen die Augen. Casar Kleins Bühnenbilder verleugnen nicht ihre Herkunft aus Bappe. Sie sehen schon bei mittlerer Bucht tapult. Die Lektüre des intereffan­ien Buchs( bei Kiepenheuer erschienen) ist genußreicher als die Vor­Dgr. stellung.

Um Mittag und um Mitternacht. Zanzaufführungen.

200

1963u einer Ballett Mittagsvorstellung lud Mar Terpis, der Leiter unserer staatlichen Tanzgruppe, Sonntags ins Schauspielhaus. Eine kleine Suite" leitete die Matinee fehr glüdlich ein. Die Sterne des Ensembles gaben anspruchslose, aber fünstlerisch starte und fehr amüsante Proben ihres Sonnens. Alle, jeher in seiner Art, vortrefflid;: die Grube, die Albu, die Martus, die Spies, die Mofer, die Nikolajewa, die Herren Kölling und Junt. Ein Storps von unvergleichlichen Künstlern, zur Lösung der schönsten und höchsten Aufgaben befähigt. Die zweite Nummer des Programms, Terpis, Lotentänze, gibt dazu Gelegenheit. Namentlich das zweite Bild ist in der Stil reinheit seiner Kompofition und Vorführung ein choreographisches Meisterwert. Dagegen bietet ber spanische Scherz Die Bogel ich euce"( ebenfalls von Terpis), ber die Matinee beschloß, leider, nur allzu wenige tänzerische Aufgaben, die einer fo ause gezeichneten Künstlerschar würdig wären. Alles nett, sauber, vor Sternheim fährt gegen die militaristische Reaktion schweres Genehm Aber man sagt fidh : das fann man anderswo auch Und ſchüg auf: er macht fie, wie fie es verdient, lächerlich. Als sich der General an Kaifers Geburtstag in Galquniform auf ein Schaufel pferd famingt und fich, Rommandos schnerrend, im verblichenen

In feinem Drama Das Foffi 1" fämpft Start Stern heim gegen den Nimbus des Althergebrachtert. Das Failil" ift die gradlinige Fortsetzung seiner Komödienreihe, die sich gegen die Streberei eines aufgeplusterten Bürgertums richtet. Sternheims Gist sprikt hier gegen das aufgeblasenste Spießertum, gegen Adel und Militär. Das Fossil" ist ein abgedankter Kavalleriegeneral, das Sinnbild eines versteinerten fäbelraffelnden Beitalters. Der General reitet eine wütende Attade gegen feinen Neffen, der, mit einem fertigen bolschewistischen System in der Handtasche, eben aus Moskau gekommen ist. Reaktion und Fortschrift fnaffen mit Behe menz aufeinander. Die grandiose Borniertheit des Generals trägt ichließlich einen äußeren Sieg davon.

Diagifem fönnte es sicher noch belſer. Hier, an dieser hervorragen den Stätte, sollten fünstlerische Brobleme geftellt und gelöst werden. die minderen Kräften unzugänglich find. Hier follten Gipfel gezeigt