Einzelbild herunterladen
 

Iser

Die heiratslustige Fünfzigerin.

Der Ehemann als Bräutigam.

Eigentlich fonnte man sich nicht gut vorstellen, daß dieser nach feinem Aussehen brave Bürger, Gatte und Familienvater, in so raffinierter Weise die Schwächen der 51jährigen heirats­Lustigen Witwe ausgenutzt hat, um seinen Holzhandel zu janieren.

-

ver

Der Borsigende- seine guten Abjidten in allen Ehren! schwieg in öffentlicher Sigung das Strafregister Des Angeklagten. Erft ganz zum Schluß erfuhr man, daß er bereits sechsmal por bestraft ist. Da wunderte einen nichts mehr, auch das nicht, daß der brave Holzhändler, obgleich er verheiratet ind Bater mehrerer Kinder ist, auf das Heiratsinserat der besagten Dentistin mit einem zart befaiteten Briefwechsel reagierte. Eine vermögende Frau" hieß es ja im Injerat. Und Geld war es ja, was er brauchte! Mit der Möbelfabrik, die er begründete, war es schlecht gegangen,

und schließlich hatte er fin auch im Holzhandel festgefahren.

Auf den Briefwechsel erfolgte zunächst eine Begegnung in Erfurt  . Die Unkosten bestritt. die heiratsluftige Dame. Das Treffen endete mit einer Berlobung. Der Briefwechsel wurde meitergeführt. Der Holzhändler hatte der Mitme feine traurige materielle Lage nicht verschwiegen, und sie war bereit, ihm bei der Miederaufrichtung jeines Holzhandels zu helfen. Er hatte ihr alles Erdentliche von seinen Reich, tümern erzählt, die aber leider nicht sofort realisierbar waren. Er habe Wälder in Stolp  , in Liegniß, in der Tschechoslowakei  , Oberförster feien für ihn massenhaft tätig. Doch er benötigte freilich selbst Summen von 50, 100 oder 150 Mart! Immer wieder erhielt er sie postlagernd. Als die Alte felbft fein Geld mehr zur Verfügung hatte, versprach fie, ihren Bruder um Geld anzugehen. Diele Schmach fann ich nicht über mich fommen lassen," schrieb er, nohm aber schließ lich sogar die Schmudgegenstände seiner Braui", um sie zu verjeßen. Im Oftober trafen sich beide in Fragtfurt. Nur zwei Tage maren fie dort zusammen. Der Briefwechsel dauerte nach mie por ant Zu Weihnachten sollten die Brautleute die Eltern der Braut besuchen. Der Bräutigam tam aber nicht Auch der Hochzeitstag war bereits bestimmt. Die Flitterwochen Jollten in Italien   verbracht werden. Der Bräutigam hatte aber feine Gile, und sie zweifelte immer mehr. Eines Tages schrieb er hann: Gut, menn du mir nicht mehr vertrauen fannst, dann ist es aus mit uns. Da ging sie zum Staatsanwalt und zeigte ihn an diesen Hochstapler", diefen Heiratsschwindler". Ihre 5000 marf maren aber meg. Gestern erhielt der Schwindler sechs Monate Gefängnis.

Hundeversteigerungen.

In letzter Zeit sind Nachrichten über Hundepfändungen in die Deffentlichteit gedrungen, die, soweit es sich um die Anzahl der tatsächlich zur Bersteigerung fommenden Hunde und um den Ber hieib dieser Tiere handelt, nicht zutreffen. Im legten Halbjahr sind in gonz Berlin   insgesamt 328 Sunde wegen rüdständiger Hundesteuer versteigert worden; das ist eine im Verhältnis zur Gesamtzahl der Hunde rund 200 000 geringe Zahl. Die zur Bersteigerung fommenden Hunde werden fast ausnahmslos vom Magistrat erworben und sogleich dem Tierschutzverein zur Tötung überwiesen. Ein Ankauf dieser Tiere durch Privatpersonen ereignet fich felten, meil als Mindestgebot stets der Betrag der rückständigen Steuern und Kosten gefordert wird. Der geringste Betrag ist also tommt aber ein Steuerrückstand für mehrere Bierteljahre in Frage, so daß ein Antauf dieser Tiere für die 3wede der Bivifettion wegen der hohen kosten ausgeschlossen ft. Zur Pfändung eines Hundes wird erst dann geschritten, wenn alle Einziehungsversuche, Pfändung von Mobiliar, Forderungen usw. erfolglos geblieben find. In den meitous meisten Fällen wird aber für einen gepfändeten Hund noch nachträglich die Steuer bezahlt, jo daß von den gepfändeten Hunden, deren Zahl allerdings in die Laufende geht, nur ein geringer Bruchteil zur Bersteigerung gelangt.

der Bierteljahressteuerjag von 15 Mark zuzüglich der Koften, meiftens

Gefährliches Feuer in einem Farbenkeller.

6 Monate Gefängnis für Erichsen.

Wegen Körperverletzung und Beleidigung.

Der Prozeß dürfte für die Deffentlichkeit nur durch einige Be Jm Berufungsprozeß Erichsen wurde gestern von der Großen I Straffammer Hirschberg folgendes Urteil verkündet: Der sonderheiten von Interesse sein. Einmal die Stellung des Unter­Angeklagte Erichsen wird wegen& örperverlegung in Tat- fuungsrichters Pieff, eines ausgesprochenen Anti­femiten und hatenkreuzlers zum angeblichen, Juden einheit mit Beleidigung zu fechs Monaten Gerichten. Dieser Herr entblödete sich nicht, im Gerichtssaal zu sagen: fängnis, unter Anrechnung von vier Monaten auf erlittene Untersuchungshaft, verurteilt. Der Nebenklägerin wird eine Buße von 1000 mart jugesprochen.

In der ersten Juftanz war der Angeklagte bekanntlich wegen Notzucht an der Hausangestellten Else Heinrich in Bad Warmbrunn  zu Jahren Zuchthaus und drei Jahren Ehrverlust verurteilt worden.

Die Berufungsinstanz hat sich mit dem ersten Urteil, das den Experimentalpsychologen und Hypnotiseur. Erichsen, der angeklagt mar, die 20jährige Elfriede H. im 3ustand der Hypnose geschlechtlich mißbraucht zu haben, nicht angeschlossen. Aus welchen Motiven, ging aus der Urteilsbegründung mit aller Deutlichkeit hervor. Das Gutachten der sechverständigen Gynäkologen schloß das Berbrechen der Rotzucht aus. Dagegen schien die Tatsache der schweren förperlichen wie seelischen Schädigung bei der jungen Gifriede H. durch die an ihr vorgenommenen Manipulationen ge­geben. Einerlei, ob eine hypnotisierung vorlag oder nicht, foniel ftand feft: An der Elfriede H. war gegen ihren bewußteu Billen die Untersuchung durch den Angeklagten porgenommen worden.

Hilfspersonen werden verpflichtet werden, der Stadt jeden Schaden zu erfeßen, ber ihr infolge der Inanspruchnahme des Straßen- und Plaglandes in irgendeiner Form entsteht.

Der Kulturring".

Hinter den Kulissen eines Bereins.

Die Sehnsucht nach den Brettern, die die Welt bedeuten, ist nicht mur rege bei Badfischen und ähnlichen Vertretern der Menschheit, sondern mindestens ebenso start bei allen deutschen Vereinsmeiern. Und deren gibt es eine ganze Menge, Neuerdings ist es Made, daß fich etwa ein Dugend Bereine unter einem hochtönenden Namen, etma ulturring", zusammenschließt, und dann wird eine Bolfsbühnengemeinschaft gegründet. Der fünstlerische Leiter einer derartigen Bolfsbühne stand dieser Tage als Kläger vor dem Arbeitsgericht Berlin  .

Betlagt maren gleich zwei, und zwar einmal der Volts. bühnennerein selbst, und weiterhin ihr erster Borsigen= der. Der Kläger   mußte die Klage gegen diese beiden richten, da der Volksbühnenverein noch nicht im Bereinsregister eingetragen mar. Der Kläger   forderte sein Gehalt bis zum Ablauf des Jahres. Der Beklagte bestritt die Forderung und behauptete, daß überhaupt Die Bernehmung des Zeugen ergab folgendes: Am 29. Auguſt hatte fein Vertrag zwischen den Barteien zustande gefommen sei. der neue Berein feine Tätigkeit richtig" aufgenommen. An diesem Zage fand eine Vorstandssigung statt, in der man ein Theater mietete. Während dieser Sigung fragte nun der fünstlerische Zeiter", was aus ihm würde. Darauf erklärte der 1. Borsigende: Ja, Sie find engagiert." Gleichzeitig zeigte et unter dem Tisch vier Finger.

fo aufgefaßt, als menn er mit 400 Mart monatlich engagiert mare. Und das wurde von dem tünstlerischen Leiter und auch dem Zeugen Dann ging es an die Arbeit. Diese bestand darin, daß der fünft lerische Leiter zuerst einmal als meiblichen Star feine Gattin mit 500 Mart pro Monat engagierte. Als erste Bor­Wochen fand die letzte Borstellung statt, wie üblich, gab es zum Schluß Die Räuber". Jest stritt man sich über die fehlenden Ab­rechnungen der Abendtaffe. Der künstlerische Leiter hatte angeblich nie die Abendkaffe abgerechnet. Hierzu erklärte er jedoch, daß die bendrasie nie mehr als 15 bis 20 mart enthielt, und dieses Gelb habe immer gleich der glückliche Besitzer des Theaters in seine Tasche gesteckt.

Mit der Bekämpfung eines größeren Feuers waren drei Löschstellung stieg nach fünf Tagen Minna von Barnheim". Nach vier züge der Feuerwehr gestern nachmittag in der Wielandstraße 10 fost nier Stunden lang beschäftigt. In einem umfangreichen 2 ager feller, in dem sich große Farben und 2adporräte be fanden, war gegen 14 Uhr Feuer entstanden, das an den leichtner brennboren Materialien reiche Nahrung fand und sich sehr schnell ausbreitete. Die Feuerwehr, die mit vier Schlauchleitungen gegen den Brandherd vorging, mußte einen großen Schaumlöscher anfordern, da es nicht gelang, die Flammen mit Wasser zu erstiden. Der Schaden ist sehr erheblich. Die Entstehungsursache fonnte noch nicht festgestellt werden.

Ein Los zu Weihnachten.

Zu Beihnachten 1927 ist Ziehung der Arbeiter mohl fahrtslotterie, die zu außergewöhnlich günstigen Bedingungen 145 984 Gewinne nebst einer Prämie im Gesamtmarie von 607 500 Marf ausspielt. Da die Lotterie lediglich der Stärkung von Bobifahrtsbestrebungen dient, ist der Arbeiterwohlfahrt ein voller Erfolg von Herzen zu gönnen höchstgewinn ist ein einge­richtetes Landhaus, die Hauptgewinne find ebenfalls Landhauser im Berte non 10 000 bis 30 000 Mart. As meitere Gewinne find zu nennen: Wochenendhäuser, Klaviere, Sprechapparate, Küchen, Motorräder, Nähmaschinen und Fahrräder. Das Einzellos toftet nur 50 Pfennig, so daß es auch dem Minderbemittelten möglich ist, fein Glüd zu versuchen. Die Lose find in den durch Plakate tenntlich gemachten Verkaufsstellen zu haben.

Standgeld für den Weihnachtshandel.

Schließlich wurde die Verhandlung vertagt. Es sollten erst noch mehr Zeugen über das Zustandekommen des Engagements­vertrages mit dem fünstlerischen Leiter vernommen werden. In 3mischen flagt ein Dugend Schauspieler auf Zahlung der Gage für die ganze Saijon. Der 1. Borjizende wird aller Wahrscheinlich Vereins zu zahlen. teit nach tief in den Sädel greifen müffen, um alle Schulden des

Funkwinkel.Z

Georg Engel lieft am Montag nachmittag das Schlußfapitel aus feinem neuesten Roman Ihlenspiegel". Immer wieder tommen Schriftsteller und Dichter darauf zurüd, alte, beinahe mythisch gewordene Figuren der Weltliteratur in ein modernes Ge wand zu steden, oder ihre Gesamtpersönlichkeit umzudeuten und um audichten; meistens nur, um indirett den Beweis zu führen, daß die alte Faffung die beste ist. Ein Urteil über den Roman ist nach der Borlesung eines Rapitels unmöglich. Eine allgemeine Bemerfung zu den Bunten Abenden: Sie müffen, um dem Sinn des Abends zu entsprechen, mirtlich bunt sein. Die Rundfunkleitung ver­mit Rezitationen und Kontrabaß zu einem fonntäglich ausgestatteten Mofail Sie mählt die größten Gegenfäße, um das Ganze hübsch bunt aufzumachen, aber fie vergißt die Drchestermufil, die erst dem Unternehmen die richtige Folie gibt, den Rahmen, der alles zu­fammenhält. Gut, man soll mit Kunstjobelei glänzen, man soll auch, wenn man den inneren Drang dazu verspürt, Serenaden funstpfeifen. Aber auf die Dauer wirken diese Dinge langweilig. Orchestermusik ist erfrischend, eine Ouvertüre, ein oder zwei Walzer bleiben durchaus belebend innerhalb dieser Beranstaltung. Leberecht Goedece pro­duziert sich als Solift auf dem Kontrabaß, und tatsächlich gelingt es ihm dant seiner Technik und seiner Ausdrudsfähigkeit, für dieſes herbe Instrument zu interessieren. Maria Nen erzählt troden und drastisch Geschichten aus Hamburg   und Schleswig- Holstein  . Aus dem Repertoire des Sonntags und Montags noch ein Vortrag. Dr. Erna Barfchat behandelt die soziale Lage der Gewerbes, Handels- und Bolfsschullehrerin. Nach ihren Erflärungen sind die Aussichten für Gewerbelehrerinnen, die heute in besonderen Saulen ausgebildet merden, am günstigsten. Hier herrscht noch Nachfrage und auch die Bezahlung ist diskutierbar.

Der diesjährige Weihnachtsmarkt und Weihnachtshandel findet nom 11. Dezember bis einschließlich 27. Dezember 1927 ftatt. Straßen­und sonstige Händler, die während dieser Zeit auf den Straßen der Bermattungsbezirfe Berlin Mitte und Fried= richshain einen festen Standplab zugewiesen haben wollen, er balten diesen Platz von dem für den Standort zuständigen Bolizei renier, wenn sie vorher das an die Stadt zu entrichtende Standgeld bezahlt haben. Standscheinausgabestellen find: für den Bereinigt also Stunstpfeiferei, Tenorfoli, Zillertal  , du bist mei Freud  !" waltungsbezirt Mitte: die Bauverwaltung, Klofterstr. 68, 2 Tr., Zimmer 97, für den Berwaltungsbezirk Friedrichshain  : die Bezirkskaffe Friedrichshain  , Markusstr. 49, Erdgeschoß, Zimmer 6. Die Genehmigung zur Benugung des städtischen Straßen- oder Plaz landes gegen Entgelt ist bei diesen Berwaltungsstellen vom 1. De zember 1927 ab( pon 19 bis 13 Uhr) zu beantragen. Das Stand­geld für die Handelszeit beträgt für einen Platz bis zwei laufende Meter 3 M. und für jedes weitere volle oder angefangene laufende Meter 1,50 M. Gegen Zahlung dieses Betrages erfolgt die Aus­händigung des städtischen Standscheines. Für den Handel mit Weih­nachtsbäumen wird die Hälfte des Entgelts erhoben. Soziale Er­mäßigungen für Kriegsbeschädigte, Rentenempfänger usw. werden mie bisher gewährt. Die Einnahme von Handelsplägen ohne Stand schein ist nicht gestattet. Straßenhändler, die bereits ein allgemeines Straßenlandbenuzungsentgelt für Dezember 1927 entrichtet haben und Quittung darüber vorweisen, erhalten in den Verwaltungs­bezirken Mitte und Friedrichshain   einen Standplat nur zugeteilt, menn sie ihren Standschein dem für ihren Handelsort zuständigen Bezirksamt vor dem 11. Dezember air befonteren Abstempelung vorlegen. An der Zuständigkeit der Bolizeirepiere zur Berteilung der Blaze an Ort und Stelle wird durch die Zahlung des Stand gefdes an die Stadt nichts geändert. Es wird darauf hingewiesen, haß auch in diesem Jahre Straßenbäume und Promenadenbänke non den Standscheininhabern in feiner Weise in Anspruch genommen werden dürfen, und daß das Einschlagen von Pfählen verboten ift. Bei Aufstellung der Bertaufsbuden ist von Bäunien und Jonftigen gärtnerischen Anlagen( Rafenflächen) ein Abstand von mindestens 0,30 Meter zu halten, Die Händler bzw. ihre Beauftragten oder

Die Webertragung von Bufonis Dottor Faust" aus der Staatsoper, bereits vor einigen Wochen projeffieri, trägt eher einen einführenden als einen tünstlerischen Charakter. Immerhin vermittelt fie dem Hörer trop der Differenziertheit des Orchesters und der Schwierigkeit in der Stimmführung einen Eindruck von der Größe des Wertes. Brachtvoll spielen am Montag im Nachmittags. fongert Dr. Becces Gloria- Rammerfinfonifer; auch das Programm zeigt für eine Nachmittagsperanstaltung vorbildliche Zusammene ftellung. F. G.

Ich unterscheide nicht zwischen Jude oder Christ, sondern 3 misen Jude und Deutschen  !" obgleich er missen mußte, daß der Verteidiger Förster  , abgesehen Don anderen im Gerichsfaal Anwesenden, Aude   mar. Und in den Untersuchungsatten befand fich Der eigenartige Bermerf: ,, Erichsen bestreitet Jude zu sein, dadurch erwedt er den Berdacht, daß er es vertuschen mill" Diese Stellung­nahme des Untersuchungsrichters verhinderte ihn, entsprechend dem Wunsche des Berteidigers, das Biologische Institut in Breslau   um eine mikroskopische Untersuchung zu bitten. Die Folge. davon war bas harte Urteil erfter Inftanz. Man denkt unwillkürlich an den Untersuchungsrichter Kölling im Magdeburger   Fall Haas.

Dann das hypnotische" Gutachten. Das Gericht erster Instanz hatte sich allein mit Dr. Mo II begnügt. In derart strittigen Fragen, wie Berbrechen und Hypnose, märe es nur recht und billig gewesen, noch einen zweiten Sachverständigen hinzuzuziehen. Das war in der zweiten Instanz geschehen; es ergaben sich hier zwei entgegengesezte Gesichtspunkte, woraus das Gericht feine Konsequenzen zu ziehen hatte. Die Person Erichsens selbst interessiert hier am wenigsten. Die Feststellungen des Gerichts scheinen aber zu bestätigen, daß die Behandlung von Laienärzten unter gemiffen Umständen eine Gefahr bedeuten tann.

Das Krüppelheim in Nowawes  .

Seit 41 Jahren besteht diese Stätte zur Heilung, Pflege und Belehrung der Bresthaften aus Berlin  , Brandenburg   und der Grenz mart. Aber die Zahl der Unglücklichen muchs und wuchs, und in den Räumen, die für 250 Infaffen berechnet sind, hausen heute 700! Ganz zu schweigen von den Vielen, die wegen Ueberfüllung der Anstalt abgewiesen werden müssen. Das Heim, das in der Hauptsache von privaten Unterstügungen und dem Erlös der Anstaltsarbeiten, wie Schneiderei, Korbflechterel, Tischlerei usw., lebt, will nun durch eine Sammlung Mittel zum weiteren Ausbau befchaffen. Die Anstalt, deren Söglinge durch die behördliche Wohl. fahrtspflege überwiesen werden, dient nicht bloß als legte Zuflucht. sondern man ist mit allen Mitteln ärztlicher Kunst bemüht, den Menschen durch Wiedererlangung des Gebrauches ihrer Glieder Selbstbewußtsein und Daseinsfreude mederzugeben. Bei einer An­ftaftsbesichtigung demonstrierte der Chefarzt des Haules einige feiner Erfolge. Man fonnte wohl mit Goethes Faust" sagen: Der Mensch­heit ganzer Jammer faßt mich an", als man gelähmte Kinder schüchterne Gehversuche machen sah, Hände, die taum noch Finger hatten, tunstfertige Griffe vorführten, ein armloser Knabe Schreib übungen mit dem Munde zeigte, und noch vieles andere. Aber trotzdem fällt in all dies ein kleiner Strahl der Hoffnung, der Gegen attiver Lebensbejahung.

*** Weihnachtsschau der Spizenschule.

In den Räumen der Deutschen Spigenschule, Bass fauer Str. 3, gibt es in diesen Tagen wahre Wunbermerte meib licher Handarbeitsfunft zu sehen. Deden und Dedchen in, feinster Jiletlöppel- und Ajourarbeit, zierliche Babyausstattungen, buftig­

zarte Frauenwäsche aus feinftem Linnen oder Crepe de chine, Lisch­wäsche in weißen und bunten Stoffen, bestidt, beflöppelt, duftige Gardinchen, schwere Borhänge in dider Filetarbeit, zierliche Täschchen Auge faum wahrnehmbar ist. mit Gobelinstiderei, fo fein, so zart, daß der einzelne Stich mit bloßen

Aber man fann all diefer Herrlichkeiten nicht recht froh merben, wenn man hinter die Kulissen dieser Arbeitsstätte gesehen hat und meiß ,, mieviel fauere Arbeit, mieniet zermartertes, armseliges Menschentum an all diesen schönen und ach, so kostbaren Dingen. haftet! Diese Arbeiten werden von Heimarbeiterinnen uz Berlin   und außerhalb im Erzgebirge  , in Bayern  , in Franter usw. hergestellt, die für ihre unendliche Mühe die fürstliche Beloh nung von 30 bis ganze 50 Pfennige pro Stunde erhalten! Und was fchafft man schon groß in einer Stunde? Und wenn nun folch armes Menschenfind den ganzen Tag über mit gebeugten Rüden, brennenden Augen und zerstichelten Fingern geschuftet hat, dann hates glüdlich 2 bis 3 martverdient; davon heißt es essen, wohnen, die Stube heizen, Kleidung schaffen und momöglich noch für ein paar andere mitsorgen. Aber ihre Arbeit wird trotzdem hoch angeschlagen; allerdings nicht den Arbeitenden, sondern dear Käufer gegenüber. Ein winzig- fleines, einfaches Kaffeeserviettchen foftet schon mehrere Mart, von den Deden, deren Anschaffungspreis nur gleich in die Hunderte geht, gar nicht zu reden. Bugunsten der Heimarbeiterinnen" betitelt sich die Ausstellung. Man müßte denten, daß ba irgendeine Vergünstigung für die armen Arbeitstiere dabei herausschaut; es ist aber leider mir Atirappe, dies leutselige Aus­hängeschild Damit wir die Arbeiterinnen meiter beschäftigen fönnen, lautete die informierende Auskunft einer ber vielen umher. mimmelnden Borstandsbamen, die hier in Wohltätigteit" machen.

Micht Mord, sondern Gehirnschlag. Gestern nachmittag fand im Schauhaufe die Settion des in der Neuen Hochftraße 5 tot auf gefundenen Rentners Karl Krebs statt. Sie ergab, daß Krebs an Gehirnerweichung gelitten hat und infolge eines Gehirna lages den Tod gefunden hat.

geschieden.

Medizinalrat Dr. Thiele endeilta aus dem Juffisdienft aus­Der anläßlich der Höfle- Affäre durch Disziplinarurteil mit Bersegung bestrafte frübere Gefängnisarzt Medizinalrat Dr Zhiele ist jetzt aus dem Dienst der Justizverwaltung ausge schieden. Durch Uebereinkommen zwischen dem Bohlfahrtsministe rium und dem Justizministerium mird Dr. Thiele nicht weifer als Gefängnisarat verwendet werden, sondern wieder eine Anstellung als Kreisarzt, welche Tätigkeit er vor feiner Bes rufung nach Moabit   innehatte, erhalten.

Eisballeft im Sportpalaft. Die Sensation im Berliner Sport­palast ist entschieden Frau Charlotte. Die kleine Charlotte", die wir schon als Kind im Admiralspalast   bewunderten, ist eben noch immer Charlotte geblieben. Eine solche Bollkommenheit auf dem Eise, die technisches Können mit graziler Beweglichkeit verbindet, hat man leider nicht oft Gelegenheit, zu sehen. Ihrem Bartner ist sie bei weitem überlegen. Die Leistungen der Damen Kraushaar, Speck und Schmidt, die zierliche Menuetts und Gavotten zeigten, perblaßten etwas nach dem Borhergesehenen. Es folgte ein Eis boffet Bierrots flirt, für dessen Idee und choreographisches Bild William Karfiol   nerantwortlich zeichnet. Hier sind es in der Hauptsache zwei reizende Girls, Row and Row, Dom Casino de Paris  ", die fich in den verwegenften Kapriolen produzieren. Die fomische Maste Georg Reitmeiers, der einen diden Bolizeihaupt­mann darstellte, tonnie fein guies Können nicht verbergen. Um rahmt wurden die Hauptdarsteller von Pierrots, Harlekinen, Mas ten und Polizisten, die Charleston und Blad Bottuni eislaufend ein farbenfrohes Bild ergaben.

Forman

gegen Schnupfen Wirkung frappant!