Abendausgabe
r. 568
B 281
44. Jahrgang
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Der Rormaris" mit ber illuftrier ten Sonntagsbeilage Bolf ab Zeit fomie ben Beilagen Unterhaltung und Biffen", Aus der Filmmelt Stadtbeilage" Frauenstimme, Der Rinderfreund Jugend- Bor marts", Blid in bie Büchermelt". Rulturarbeit und Legnit erigeint modjentäglich ameimal, Sonntags und Montags einmal
Donnerstag 1. Dezember 1927
10 Pfennig
Die einipaltige Nonpareifezelle 80 Pfennig. Retlamezeile 5.- Reichs. mart. Kleine Anzeigen" das fettge brudte Bort 25 Pfennig( zuläffig zwet fettgebrudte Morte), jebes weitere Wort 12 Pfennig. Stellengefuche das erste Bort 15 Pfennig, jedes wettere Mort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmartt Seile 60 Pfennig. Familienanzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Linden ftraße 3, wochentagl. von 8 bis 17 Uhr.
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Niederlage der Scharfmacher.
Abkommen für die Zigarrenindustrie.
nuinisterium begannen, endeten erst heute früh um 8 Uhr. Das Die Verhandlungen, die gestern vom ittag im Reichsarbeits Ergebnis dieser Berhandlungen ist folgende Bereinbarung:
Die beiderseitigen Kampfmaßnahmen werden sofort auf. gehoben. Die Arbeit ist möglichst fofort wieder aufzunehmen Die Wiedereinstellung erfolgt im Benehmen mit der gesetzlichen Be triebsvertretung so rasch, wie die betrieblichen Berhältnisse es irgend geftatten.
Maßregelungen finden beiderseits nicht statt.
Das Arbeitsverhältnis gilt als nicht unterbrochen. Etwa auf tauchende Streitigkeiten über Ziffer 1 und 2 sind durch die tariflichen Schlichtungsinstanzen für beibe Teile endgültig und bindend zu eni
fcheiden.
Der bisher geltende Reichstarifvertrag vom 12. April 1927 und bie bisher geltenden Bezirtstarifverträge gelten bis 31. März 1929 weiter und find mit zweimonatiger Frift erstmalig zu diesem Beit
punkt fündbar.
Die vereinbarten Löhne fännen mit einer Frist von 6 Wochen erstmalig zum 31. März 1929 gekündigt werden. Die bisherigen Lohnfähe erhöheu fich ab 1. März 1928 um 12 Prozent,
für die Bezirke Hamburg und Bremen um 10 Prozent.
Auf Antrag einer Tarifvertragspartei fann unter Berücksichtigung der ab 1. März 1928 eintretenden Lohnerhöhung ab 1. Oftober 1928 eine Nachprüfung darüber statifinden, ob eine wesentliche Wenderung der Lebenshaltungstoften eingetreten ist, die einen Aus gleich der Löhne erfordert. Hierüber entscheiden bindend nach in hörung der Parteien drei Unparteiische, die der Reichsarbeitsminister ernenni.
Der Urlaub( III Abs. 1) beträat anstatt 4 aufeinanderfolgende Arbeitstage 6 aufeinanderfolgende Arbeitstage."
Deutscher Tabatarbeiterverband, Siz Bremen. gez.: R. Deichmann. gez.: Ferd. Husung. Zentralverband chriftlicher Tabatarbeiter Deutschlands . gez. Casmann.
Das Ergebnis der Aussperrung, die unter der glorreichen Führung abgedankter Offiziere vorgenommein wurde, ist also
die Einstellung aller Arbeiter und Arbeiterinnen und der Absch lub die bedingungslose Aufhebung der Aussperrung. Abschluß eines neuen Abkommens, auf Grund dessen ab 1. März, alfo einen Monat vor Ablauf des Reichstarifes, eine Lohn erhöhung von 12 Broz. eintritt, die nur für Hamburg und Bremen , wo die Löhne höher find, 10 Proz. beträgt. Außerdem ift in der Bereinbarung die Klausel aufgenommen worden, gegen die sich die Unternehmer besonders wehrten, daß während der Dauer des abgeschlossenen Abkommens eine Nachprüfung eintreten kann, wenn eine mefentliche Veränderung der Lebens. haltungsfoften eintritt. Schließlich ist die Urlaubsdauer von 4 auf 6 Tage verlängert worden.
Das ist der Inhalt der Vereinbarung, die die Niederlage des Reichsverbandes Deutscher Bigarrenhersteller besiegelt. Diese Aus. perrung, an sich vollständig finnlos, da von den Tarifgemertfchaften teinerlei Forderungen gestellt oder unterstützt wurden, ist in Birtlichkeit unternommen worden, um den Deutschen Tabatarbeiter. verband niederzufnüppeln. Den schamlofen Ausbeutern der Frauen und Mädchen war
die Ausbeutung noch nicht groß genug.
Gie mollien perhindern, daß bei Ablauf des Tarifvertrages der Tabatarbeiterverband die Kraft befizt, Lohnforderungen zu stellen und durchzusetzen. Die Zigarrenfabrikanten, die heuchlerisch von Treu und Glauben " sprachen, wollten unter Berufung auf einen nicht fanttionierten Streit den gültigen Tarifvertrag benugen, um den tünftigen Tarifvertrag jest schon diftieren zu tönnen. Die Offiziere a. D. zu Land und zur See mollten einen frisch fröhlichen Krieg gegen die Gewerkschaften führen. Auch diesen Krieg haben fie verloren. Ueber diese Niederlage fann fie auch nicht die Tatsache hinwegtäuschen, daß die nach der Aus Sperrung erhobenen Forderungen der Gewerkschaften nicht rest los erfüllt worden sind. Geschlossen und gestärkt fehrt aber die Arbeiterschaft in die Betriebe zurück, mit dem Bewußtsein, daß die hohe Strategie der Befehlshaber des Rd3. Schiffbruch gelitten hat. Dant dieser Strategie ist der Rd3. moralisch und materiell der Besiegte in einem Kampf, den er allein gewollt hat.
Das Sicherheitsfomitee trod heute normittag zusammen, um gunächst einen Borsigenden zu bestimmen. Lord Cushendun schlug Benesch vor. Nachdem Graf Bernstorff diesen Antrag unterstützt hatte, fühlten sich verschiedene Mitglieder verpflichtet, das Lob von Benesch zu fingen.
Die Wahl des zweiten Borsitzenden fiel auf einen Abwefenden: Auf Borschlag von Bofitis wurde der frühere sozialdemokratische Außenminister Schwedens Undèn bestimmt. Undèn wird erst zur nächsten Tagung des Komitees erscheinen.
Benesch gab in seiner Begrüßungsrede zunächst einen geschicht Then leberblid über die Entwicklung der Sicherheitsfrage in den letzten Jahren und schlug sodann vor, daß das Komitee in vier Etappen vorgehe:
1. Brüfung der Frage der Schiedsgerichtsbarkeit,
2. Nachweisung der bereits abgeschlossenen Schiedsgerichte
und Nichtangriffsverträge,
3. Untersuchung der Artikel des Bölferbundspattes, in denen der Gedanke der Sicherheit bereits enthalten ist, 4. Untersuchung der Möglichkeiten, die sich aus dem Art. 16 bes Baltes ergeben.
Für jeden Fragenfomplex foll nach Beneschs Borschlag ein Berichterstatter ernannt werden und die vier Bericht erstatter follen einen Unterausschuß bilden.
Demgegenüber schlug Politis zwei Unterfomitees por, eines für Die Frage der Schiedsgerichtsbarkeit und bas andere für die Frage Der besseren Ausgestaltung des Bölferbundspattes
Löfung des Sicherheitsproblems wird nach den heute vorgeschlagenen Methoden Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte dauern.
Rütliches Propagandamaterial.
Die russische Delegation hat als Anhang zu der Rede und den Borschlägen Litwinows ein Dokument überreicht, dem ein nüßlicher agitatorischer Wert nicht abzusprechen ist. Zunächst stellt dieses Dokument eine theoretische polemische Abhandlung über die Schuld des Kapitalismus am Kriege dar; fodann wendet es sich sehr des Beltkrieges, der die wahre Ursache des Krieges verheimlicht scharf gegen die Rolle des liberalen Bazifismus während und die Menschen mit dem Versprechen betrogen habe, daß dies der legte Strieg wäre.
Sodann folgen eindrucksvolle statistische Angaben über die Ber Iufte der einzelnen Staaten im Weltkriege, Berluste an Menschen und an Gütern.
Alsdann wird nachgewiesen, daß froßdem die besiegten Länder sowie Sowjetrußland im Berhältnis zur Borkriegs zeit viel weniger gerüstet seien als früher, die siegreichen Länder jedoch ihre Rüstungen vermehrt hatten, was u. a. aus den gesteiger ten Budgetziffern hervorgehe.
Es folgen detaillierte Angaben über bie fegige und die fünftige Stärfe der See. und Luftflotten der Siegermächte, über die stärkere Bewaffnung der einzelnen Divisionen, über die größere Tragweite der Ceschiiße usw.
Dann wird mit Hilfe zahlreicher 3ilate auf die verheerende Wirkung des Gastrieges hingewiesen, sowie auf die Tatsache, boß Amerika auf diese Waffen offenbar nicht verzichten wolle. Das Memorandum tommt zu dem Schluß, daß Europa eine große Zahl von gefährlichen Buntten auf ise, daß der Geist des Mi bisherigen Abrüftungsverhandlungen zu nichts geführt hätten. Unter diesen Umständen fet die Befürchtung eines ungeheuren kommen den Krieges durchaus begründet, der noch viel größeres Unglüc erzeugen würde als alles bisher Dagewesene. Daraus folgert die russische Delegation die Berechtigung der von ihr einbrachten Abrüftungsanträge.
Wie dem auch sei: Aus den vorgeschlagenen Richtlinien ergibt sich schon jetzt deutlich, daß diefes Sicherheitsfomitee eine Dauer einrichtung für die nächsten Jahre zu werden droht. Gegen eine gründliche juristische Durcharbeitung bes Sicherheitsproblems läßt fich natürlich nichts einmenden, vorausgefeßt, daß die praktische Abtrauens nach wie vor zwischen den Staaten herrsche und daß die rüstungsarbeit unabhängig davon porwärtsgetrieben mird. Aber die Gefahr besteht, daß dieses Komitee zu einem Bor. mand wird, die eigentliche Abrüstung zu verschleppen. Vor dieser Gefahr fann nicht eindringlich genug gewarnt werden. Es zeigt fich jest deutlicher bem je die Unhaltbarkeit der fran gofishen These erst Sicherheit, dann Abrüftung". Denn die
Preußen und das Reich.
Der Konflitt spißt sich au.
Das Reichskabinett hat gestern getagt, aber in der Sache Reubell teine Stellung genommen. Daraus präsidenten einfach zu den Aften" legen und fich glaubt die Rechtspreffe herleiten zu können, daß der Reichsfanzler den Brief des preußischen Ministerüberhaupt nicht äußern würde, es sei denn in Form einer gelegen.lichen persönlichen Ausjprache.
Troßdem der Fall Marg- keudell v. Tresdow noch in frischer Erinnerung ist, troßdem der Reichskanzler um Keudells willen die fällige Ehrenerflärung für den Jungdeutschen Tresdow bisher hartnädig vermeigert hat, glauben mir nicht daran, daß er das gleiche Spiel mit dem Breußenfabinett zu spielen wagt. Der Kappist und gegenwärtige Minister des Innern, Keudell, hat sich) gegenüber dem größten deutschen Lande bereits so vielfache Provokationen geleistet, daß sein demonstratives Aufhegen der Dölfischen Studenten gegen den preußischen Kultusminister nur den Tropfen bildete, der das Faß zum lieberlaufen brachte.
Glaubt der Rechts blod, der nach allen bisherigen Landtagswahlen längst nicht mehr das Vertrauen der einst hinter ihm stehenden Wähler hat, wirklich so fest im Gastel zu fizen, daß er sich zu der Keudell- Brovokation noch meitere Brüstierungen der republikanischen Staatsregierung von Preußen leisten dürfe? Dann würde ihm sicher bald zum Bewußtsein gebracht werden müssen, daß der kleine Landrat a. D. aus der Neumark nicht der Mann ist, um dessentwillen die preußische Regierung ihre aufbauende Arbeit für die Republit aufgibt. Sie wird, troß aller Drafelsprüche der Kendell- Bresse und trog der gewollten Schmeigsamkeit des Bürgerblodtanzlers den Kampf für republitanische Selbstachtung fortsehen in dem Bewußtsein, daß sie die Maffen.des deut= fchen Rolfes hinter sich hat, während die deutsche nationalen Säulen des Bürgerblocks von Wahl zu Wahl weiter zersplittern.
Marg überlegt...
Bie offiziös mitgeteilt wird, hat der Reichskanzler den Brief des preußischen Ministerpräsidenten selbstverständlich erhalten. Der Reichstanzler werde in seiner gründlichen und bedächtigen Art die Animort auf diesen Brief reiflich überlegen und wahr. scheinlich schriftlich erteilen.
Als der Reichstanzler vor versammeltem Reichstag die Beschuldigungen der rechtsradikalen Junter aus der Nachbarschaft Don Tresdows, darunter des Keudell, sich zu eigen machte, und im Laufe einer Kanzlerrede in denkbar öffentlichster und autoritativfter Weise verbreitete, scheint weder eine gründliche noch eine bedächtige Ueberlegung vorangegangen zu fein. Bei dem Widerruf dieser Beschuldigung, die durch ein preußisches Geridjtsurteil als grundlos erflärt morden ist, scheint Herr Marg miederum zur gründlichen und bedächtigen Prüfung zurückgekehrt zu sein, denn hier will er ja durchaus das Urteil der Berufungsinftanz abwarten.
Der Brief des preußischen Ministerpräsidenten hat, mie offiziös mitgeteilt wird, die einmütige Billigung des preußi schen Staatsministeriums erhalten. Berantwortlich für diesen Brief ist wie für alle preußischen Regierungshandlungen nach der Berfassung der Ministerpräsident. Er wird diese Berantwortung
gern tragen.
,, Noch nicht dagewefene Erregung." 3n Rom fehr peinliche Eindrücke".> Paris , 1. Dezember.
Der„ Matin" hat Jules Sauerwein zum Studium der franzöfifch- italienischen Beziehungen nach Rom entsandt. Sauerwein berichtet: in Italien sind die Eindrücke eines Franzosen sehr peinlich. In den Unterhaltungen und in der Presse werde von einem Kon= flift der beiden alliierten Nationen als von etwas durchaus Maglichen gesprochen. Man müffe zugestehen, daß Südflawien durch häufige und ungefchidte Kunbgebungen die italienische Erregung wachgehalten habe. Zusammenfassend stellt Sauerwein fest, daß die italienische Erregung auf einen bisher noch nicht ge fannten Grab gestiegen sei, ber jeden 3mischenfall zwischen Südslawien und Albanien zu einer Gefahr gestalte.
Muffolini ermordet?
Ein Gerücht an der Börse.