Bauerndoktor Eisenbarth.
Hugenberg , der agrarische Sachverständige der Rechten.
In der bekannten Debatte zwischen dem Jungdeutschen Orden und Herrn Hugenberg ist der Gutsherr von Rohbraden( der übrigens diesen Besitz nicht ausschließlich seinen Inflationsgewinnen verdankt) wegen seiner agrarpolitischen Vorschläge als Bauern. doktor Eisenbarth " bezeichnet worden. Das geschah, als Herr Hugenberg eines schönen Lages, wahrscheinlich um die WahlPampagne einzuleiten, selbst die Feder ergriffen und im Handelsteil seines Lokalblattes über das Thema„ Bauernschidsal Volksschicksal" einen Artikel geschrieben hatte. Die Apoftrophierung hat unseren Freund in Rohbracken", wie Hugenberg im vertrauten Kreise genannt zu werden pflegt, außerordentlich schmer verschnupft. Deshalb hielt er es für notwendig, seine Eignung als agrarischer Sachverständiger vor seinen Wählern in der Provinz Westfalen mit folgenden Worten darzulegen:
Ich habe meine ganzen Jugendjahre, die jüngeren Jahre meines arbeitenden Lebens, der Bauern. frage gewidmet. Ich habe fünf Jahre, nachdem ich über dieses Thema literarisch(?) geschrieben hatte, bei der Ansiedlungs fommission für Posen und Westpreußen gearbeitet und bin dann von den dortigen Raiffeisen- Bauern zum Berbandsdirektor der Raiffeisengenossenschaft der Provinz Posen gewählt worden und habe in diefer Stellung weitere dreieinhalb Jahre gearbei tet, habe dann vier Jahre im preußischen Finanzminifterium die gleichen Fragen bearbeitet und mich bemüht, in den Lebensfragen der deutschen Landwirtschaft mitzu arbeiten."
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Leider vergißt Herr Hugenberg , der ja auch als ehemaliger Krupp - Direktor befannter ist als aus seiner agrarpolitischen Be tätigung, diesen seinen Befähigungsnachweis durch eine Schilderung der Pleite seiner Landbank zu ergänzen. und er geht auch nicht darauf ein, welche Rolle er bei sonstigen Bant, Ge. schäften" gespielt, die sich auf dem Rüden der Landwirt. shaft in der Inflationsperiode und in der Zeit des Kreditmangels nach der Stabilisierung abgespielt haben. Freilich ist, durch alle Bleiten hindurch, der Ruf Hugenbergs als Agrarfachverständiger in großagrarischen Kreisen, vor allem in dem Berliner Konventifel der eigentlichen Drahtzieher leidlich intatt geblieben vielleicht des halb, weil er der einzig fähige und fonstruktive Kopf unter ihnen ist. Deshalb ist es auch kein Wunder, daß jeßt wieder, im Zusammenhang mit den vielbesprochenen und von uns bereits ausführlich gewürdigten Milliardenprojetten für die Sanierung der deut schen Landwirtschaft der Name Hugenberg aufgetaucht ist. So schreibt der Finanzminister des Kapp- Butsches, Oberfinanzrat Bang, in der allbeutsch- claßschen..Deutschen Zeitung" im Rahmen einer Betrachtung über die Rettung der Landwirtschaft( worin er feststellt, daß heute ,, das Kind in der Grube liegt und daß die Land wirtschaft nicht mehr ein und aus meiß) folgendes:
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Es ift... Hugenberg, ber in genialer Erfaffung des Wesentlichen den einzigen Weg zur Rettung der Land. wirtschaft gewiesen hat warum betritt man nidyt entschlossen diesen Weg?... Wir sind durchaus der Ueberzeugung. daß eine nach Hugenbergs Borschlägen durchgeführte fa ch gemäße Berselbständigung der RentenbantKreditanstalt und ihr Ausbau als Zentralinitana landwirtschaftlicher Selbstverwaltung die Lösung der landwirtschaftlichen Frage und nicht nur dieser, bedeutet!" Bie der einzige Weg zur Rettung der Landwirtschaft" nad) Hugenbergs Plänen aussieht, ist mittlerweile durch andere Beröffent. fichungen bekanntgeworden. Hugenberg schlägt vor, die heute schon im wesentlichen großagrarild beherrschte Rentenbant Preditanstalt zu verfelbständigen", D. h. völlig unter die Herr schaft der Großgrundbefizer zu bringen, und ihr den gesamten Landwirtschaftlichen Grund und Boden zu ver. pfänden, bis auf einen freien" Befigteil, der beim Groß grundbesit sehr groß, beim bäuerlichen Besiz verschwindend flein Jein soll. Damit hat also auch der Bauer den Löwenanteit der Zinslasten zu tragen, während die sonst für die Sa nierung der Großagrarier noch erforderlichen Rapitalien durch eine Auslandanleihe zu beschaffen find, die aus allgemei nen Steuermitteln garantiert und verzinst werden soll. Ein feines Projekt also! Daß außerdem noch diell eber nahme der Preußentasse auf die Rentenbanttreditanstalt und die Möglichkeit großherziger Spefulationsmanöver. auf dem Pfandbrief ni arti vorgefehen ist, sei nur nebenbei ermähnt.
Nur Lohn und Gehaltsempfänger! Die Reichsregierung bringt feine Vorlage zur Genfung der Lohnsteuer.
Am 1. Januar 1928 muß die Lohnsteuer ermäßigt werden. Die Rechtsregierung hat diesen auf gefeßlicher Grundlage beruhenden Zwang stets anerkannt. Der Reichsfinanzminister Dr. Köhler hat sogar wiederholt erklärt, die Regierung werde einen entsprechenden Gesetzentwurf rechtzeitig vorlegen. Bis zur Stunde aber ist das nicht geschehen, und es wird auch in der Folge nicht geschehen. Innerhalb der Regierung und der Regierungsparteien find starte Kräfte am Wert, die Lohn- und Gehaltsempfänger überhaupt um die ihnen gefeßlich zustehende Senkung der Lohnsteuer zu betrügen. Es ist doch so angenehm, daß die Lohn- und Gehaltsempfänger mit ihren fargen Bezügen hohe Lohnsteuern zahlen und die Reichstasse füllen, besonders angenehm, weil man diese Geldfülle zur Ermäßigung der Steuern der Besigenden verwenden kann. Das ist der entscheidende Grund für die Richtoorlegung eines Gefeßentwurfes zur Sentung der Lohnsteuer. Ganz deutlich fagt bas bie Deutsche Bergwertszeitung":"
Man muß fich darüber klar sein, daß eine Milderung der Lohnsteuer die Möglichkeit einer heilsamen Senkung der höheren Einkommensteuerfäße hinausfchlebi."
Ohne die Sozialdemokratie wäre dieser Blan sicherlich auch durchgeführt worden, zumal man annehmen fann, daß Herr Dr. Röhler im Gegensatz zu seinen früheren Absichten tein un= bedingter Gegner einer so plutotratischen Steuerpolitik ist. Daß er auf die Einbringung eines eigenen Gefeßentwurfes verzichtet hat, obwohl er ihn mehrfach ankündigte, iſt ein Beweis dafür, daß er nicht die Straft aber fogar nicht einmal den Willen hat, denjenigen entgegenzutreten, die ihn zum offenen Bruch gefeßlicher Berpflichtungen veranlaffen wollen. Benn sich am Dienstag der Steuerausschuß des Reichstages endlich mit der Sentung der Lohnsteuer beschäftigen wird, so ist das auch nur unter dem Drud der Sozialdemokratie erreicht worden, deren Antrag die Grundlage der Diskussion sein wird.
Der Traum des Schwerindustriellen.
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„ Gehen Sie, das ist unsere bewährte Firigkeit: Benn Krieg fommt, ftellen wir die Produktion eins- zwei- drei auf Kriegsbedarf um, bricht Frieden aus, auf Friedensbedarf. Und wenn der Achtstundentag droht, daun produzieren wir Arbeitslose en masse!"
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der Deffentlichkeit vollkommen ausschalten und selbst die Möglichkeit zur eingehenden Prüfung und kritischen Stellungnahme im Reichstag zeitlich wesentlich einschränken. Noch nie hat eine Regierung die Lohn und Gehaltsempfänger schmählicher behandelt. Steuer gefeße, die für die Rapitalist en von Bedeutung sind, werden schon in den ersten Entwürfen viele Monate mit allen Unternehmerorganisationen besprochen. Diese haben also schon im Borstadium dauernd Gelegenheit, ihre Wünsche geltend zu machen. Wegen der Senkung der Lohnsteuer aber ist mit teiner einzigen Organisation von Arbeitern, Angestellten oder Beamten verhandelt worden. Ueber ihre Wünsche geht man rüdfichtslos hinweg, sie werden nicht einmal unterrichtet, geschweige denn angehört, sondern einfach vor voll endete Tatsachen gestellt.
Kann man sich darüber bei einer Regierung wundern, deren Aber die Reichsregierung fann sicher sein: die Antwort auf dieses einziger 3med der Schutz der Interessen des Besizes ist? Berhalten wird ihr im Reichstage nicht eripart bleiben. Was aber tun die Arbeitervertreter des Zentrums, mit deren Silfe im Jahre 1925 die in der Ler Brüning enthaltene Sicherung für die Lohn- und Gehaltsempfänger geschaffen worden ist?
Ein Juli- Freispruch.
Zusammenbruch einer Anklage gegen Juli- Demonstranten. Wien , 5. Dezember. ( Eigenbericht.)
| wurde zur Last gelegt, daß sie von der rumänischen Spionageagentur die Erlaubnis erhalten haben, Warenschmuggel zu treiben, dafür aber verpflichtet gewesen seien, ihr Mitteilungen über die Rote Armee zugehen zu lassen.
Neun von den Angeklagten sind zum Tode verurteilt worden, die übrigen zu Gefängnisstrafen. In Anbetracht ber Oftoberamnestie ist bie Todesstrafe in eine zehns jährige Gefängnisstrafe umgewandelt worden.
Die argentinische Sozialdemokratie.
Verlauf und Beschlüsse ihres Parteitages.
Bom 9. bis 12. Oftober tagte in Buenos Aires der 14. ordent liche Parteitag der Sozialistischen Partei Argentiniens unter dem Eröffnungsansprache beschäftigte sich eingehend mit den Ursachen Borsitz von Dr. Justo in der Casa del Pueblo( Boltshaus). Die der fürzlich erfolgten Spaltung und dem Austritt einer mindere med heit aus der Partei. Unter den gefaßten Resolutionen begrüßt eine die Ablehnung der spanischen Arbeiterschaft, das„ Barla- titilor ment" zu beschicken. Eine andere spricht der Regierung Megitos Anerkennung aus. Eine weitere Resolution mißbilligt die Enta fendung eines Gesandten zum Batikan . Der Parlamentsfrattion wird empfohlen, auf Berbesserung der Arbeitsgesetzgebung zu bringen. Einstimmig erklärte der Kongreß, daß kein Parteimitglied beruflich mit Glüdsspielen zu tun haben oder an solchen teilnehmen dürfe.p
Das Parteiorgan La Banguardia( der Bortrupp) ers fuhr einige freundschaftliche Kritit. bie Chefredakteur Genosse Bhioldi antwortete ausführlich und schloß mit der Feststellung, daß das Blatt im legten Jahre einen Reinertrag von 16 000 Dollar hatte.
Die Wiener Geschworenen haben am Montag ein Urteil gefällt, das einen offenfundigen Protest gegen die Verfolgung der Juli- Demonstranten darstellt. Ein Arbeiter war wegen Aufstands, Hausfriedensbruchs, schmerer Körperverlegung und Diebftahls angetlagt. Er soll sich an dem Angriff auf eine Bolizeiwachtstube, die damals in Brand gestedt wurde, beteiligt und einen Wachmann mißhandelt haben. Der Angeklagte erklärte, rein zufällig von einem Demonstrationszug mitgezogen worden und erst zur Machtftube getommen zu sein, als der Brand bereits gelöscht war. Aus Entrüstung darüber, daß die Wachtleute in die Menge fchoffen, wobei ein Mann vor ihm von einem Kopfschuß ge=
troffen zusammenstürzte, hat er, wie er zugab, auf die Bacht. leute eingeschlagen. Der Verteidiger hob hervor, daß das ganze In- und Ausland einig darüber sei, daß für die Vorgänge am 15. Juli nicht die Demonstranten, sondern die Polizei die
Dann beschloß man das Wahlprogramm der Partei für die nächstjährigen Wahlen; feine Forderungen zeigen uns, wie rüidständig vielfach die Gesetzgebung dieser füdamerikanischen Republik noch ist. Wir verzeichnen die dafür bezeichnendsten Programm punkte:
Einführung einer ansteigenben staatlichen Grundsteuer; erhöhte Abgaben der Grundbefizer, die im Aus land weilen; dirette, progressive Steuern auf das Renteneintommen; Wertzuwachssteuer für den Boden. Staatliche Kontrolle über die Einhaltung der Arbeiters schuhgesehe; Achtstundentag. Staatliche Lebens, Unfall, Krantheits, Inva Barlamentarische Vertretung der einzelnen Länder. Wahl des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt durch den Gemeinderat.
Schuld treffe. Er forderte deshalb Freisprechung. Tatsächlich sprachen bie Geschworenen den Angeklagten von dem Verbrechen tiditäts- und Altersversicherung des Aufstandes einstimmig, von den übrigen Anklagepunkten mit großer Mehrheit frei.
Die Entspannung im Often.
Lettland will Dienstzeit herabsetzen.
Riga , 5. Dezember. ( Eigenbericht.)
Die sozialdemokratische Partel Lefflands hatte bereits in der Opposition aus wirtschaftlichen Gründen die Bertürzung der Militärdienstzeit beantragt. Die lettische Links regierung hat nunmehr ein Gefeh in Angriff genommen, das eine bedeutende herabfehung der Dienst zeit vorsicht. Die 3nfanterie foll in Zukunft statt achtzehn Monate nur zwölf Monate dienen. Die Dienstzeit für die anderen Truppentelle foll auf fünfzehn Monate herabgesetzt werden. Das Einberufungs alter wird von 20 auf 21 Jahre heraufgefeht. Dieses Gesetz foll im Jahre 1931 in Kraft treten.
Sozialisten und Minderheitenblock.
aialisten über die Frage des Beitritts zum allgemeinne Minder Gestern beriet in Lodz der Parteirat der deutschen So. beitenblod. Die Angelegenheit wurde dem vereinigten Erefutiv fomitee der Deutsch - Sozialistischen Partei in Kongreßpolen und Ober. fchlesien zur Begutachtung überwiesen, doch zeigte der Berlauf der Aussprache, daß der Beitritt befchleifene Sache ist.
Spionageprozeß in Sowjetrußland.
lleber bie Absichten der Reichsregierung aber Goeben ist in Chartow vor der außerordentlichen Geffion weiß die Deffentlichteit überhaupt nights Genaues. Sie verhandelt zwar feit Tagen hinter verfchloffenen des Bezirksgerichts nach dreitägiger Verhandlung der Prozeß einer Türen mit den Regierungsparteien. Ueber das Ergebnis aber wird Spionage und Schmugglerorganisation zu Ende gegangen, die an nichts mitgeteilt. Man will anscheinend die kritische Mitwirkung der ruffisch- rumänischen Grenze operiert haben soll. Den Angeklagten
Die Wahl des Parteivorstandes geschieht saßungsgemäß vier zehn Tage nach dem Kongreß durch Abstimmung der Parteimitglied. gliedschaft. Dem Vorstandsbericht ist zu entnehmen. Einen fommunistischen Vorschlag zur gemeinsamen Aufstellung eines Arbeiter- und Bauernvertreters der Präsidentschaftstandi baten hat der Parteivorstand als bloßes Manöver qua rüdgewiesen. Die Partei gehört unserer Internationale an, sie hatte eine Einladung zum panamerikanischen Arbeitertongreß im Juli 1927 in Washington angenommen. Doch wurde nach Einziehung näherer Erkundigungen der Beschluß aufgehoben.
Kein Kampf im Süden.
Tschiangfaifched will nicht marschieren.
Marschall Tschianglaifchet erklärte, daß er gegen die mili tärische Austragung des Konfliktes zwischen Nanting und Kanton sei. Ucber die chinesische Nationalbewegung äußerte sich Tschiang faischet, folange China nicht vom Bolschewismus befreit ist, tann die nationale Bewegung sich nicht frei entwickeln. Die Unterdrückungder kommunistischen Bewegung in China ist jedoch eine Sache Chinas , auf keinen Fall eine englische Angelegenheit.
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Gespräch im Landtag.
Was ist eigentlich mit dem Kommunisten Rilian Halle? Gestern liebäugelte er mit den Ruthenen, heute bienert er wieder
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Bied."