I
wieder einführen möchten, völlig zufrieden gewesen wären. Weit gefehlt, ihr Wunsch ging vielmehr zu jeder Zeit dahin, die Uhr dcr� Entwicklung um einige Jahrzehnte zurück» zudrehen. Das Deutschland von das sie jetzt— vorläufig abzüglich der Monarchen— wieder verlangen, war ihnen viel zu demokratisch, viel zu pazifistisch, viel zu sehr mit Sozialpolitik belastet, viel zu viel mit westlerischen Menschheitsideen verssucht. Ihre Sehnsucht schweifte zurück in die Zeit des Absolutismus, der Parlamentslofigkeit und der Zensur. Wie oft ihre Klagen darüber widerhallten, daß die zunehinende Reichstagsmacht die Monarchie zu einem „Schattenkaisertum" erniedrige, sei nicht nachgezählt. Aber noch im Dezember 1902 machte ihr offizielles Organ, die .Konservative Korrespondenz" einen sehr ernstgemeinten Vorstoß gegen das geheime Reichstagswahlrecht, ö f f e n t» ? i ch e Stiinmabgabe wie bei den preußischen Dreiklassen- mahlen wurde gefordert. Daß heute solche Forderungen nicht mehr erhoben werden können, ist immerhin ein Fortschritt, nur freilich kein Fort- schritt derer, die jetzt auf sie verzichten müssen, sondern ein Fortschritt des V o l t s a e i st e s. dem man dergleichen nicht mehr zuzumuten wagt. Aber laßt nur erst einmal die deutsch - nationale„Verfassungsreform" Wirklichkeit werden, dann ist der Krebs aus dem Moriner See herausgelassen; alles wird seinen Krel'sgang nehmen und vielleicht erleben wir dann sogar das Preußische Herr en Haus wieder, das ohne- hin verdient hätte, als politischer Naturschutzpart konserviert zu werden! ü- Mancherlei von diesem Krebsgang merkt man schon jetzt. So vereinigt sich das Z c n t r u m wieder mit seinen bayerisch- reaktionären Beständen, die Volkspartci ist so nationalliberal, wie es die Basfermann-Partei nur je gewesen ist, die Deutsch - nationalen holen Ihr altes konservatives Firmenschlld aus der Bodenkammer und hängen es frisch auflackiert über ihre Ladentür. Ein Glück, daß sich neben diesen unerfreulichen Rückentwicklungen auch eine erfreuliche bemerkbar macht: DiedeutschesozialistischeArbeiterbewegung erhebt sich wieder aus der Zerrissenheit einer zerrissenen Zeit. Die Sozialdemokratie marschiert! Ein Riesenkampf droht im Westen zu ent- brennen. Die Schwerindustrie, die Führerin und Ernäh- rerin aller politischen Reaktion, erhebt sich, um den sozialen Fortschritt mit einem Gewaltstreich zurückzuwerfen. Sie droht, auf ihr bürgerliches Eigentumsrecht gestützt, die Vro- duzenten von den Produktionsmitteln zu trennen, die Wirt- schaft zu drosseln, Deutschland auszuhungern. Daß doch in diesen Tagen alle Arbeiter die Unter- nehmerpresse lesen könnten! Wer kümmert sich da um die Kommunisten! Die bekämpfen ja einander gegenseitig im Reicbstag unter dem Gelächter der Bourgeoisie. Rein der Feind, gegen den sich alles wendet mit Haß Und mit heim- licher Angst, da s istdieSozialdemokratie.das sind die von Sozialdemokraten gefüh�sn Gewerkschaften. Ein ehrenvoller Haß, eins ermutigende Angsti 5in kommenden Jahr, von dem uns nur noch drei Wochen trennen, wird das Volk wieder an die Urne treten und von dem Recht Gebrauch machen, das die Sozialdemokratie ihm erkämpft bat. Ein Vieetdiahrhundert noch dem qro�-n olle Gegner bis auf den.Seelongruud erschütternden Wahlsieg von 1903. Das kommende Jahr soll zeigen, daß sich nur die an- ö er.n zurückentwickeln, wir asteroorwärt»!
Etaisschmerzen des RechisSlocks. Tlim soll die GrschästSordnung durchbrochen Werdens Der Reichstag hatte bcjchlosien, mit der ersten Lesung des Etats im Plenum des Reichstags am 19. Dezember zu beginnen. Es sind jetzt schon Zweifel aufgetaucht, ob die Etatsberatung noch vor Weihnachten beginnen kann. Das Nachrichtenbureau der Zeitungsverleger teilt mit: »Der Aeltestenrat wird am � Montagmittag zusammentreten, um über die weitere Geschäftslage zu beraten. Es wird segt in parlamentarischen Kreisen bezweifelt, daß der Reichstag noch über den 16. Dezember hinaus zusammen- bleiben kann, zumal an diesem Tage die Bayerische Volkspartei ihren Parteitag abhält und nach alter Uebung die Plenarsitzungen während der Parteitage ausfallen. Um die rechtzeitige Erledigung des Etats jedoch nicht zu gefährden, wird deshalb bei den Re- gierungsparteien erwogen, den Etat vor der ersten Beratung dem Haushaltsausschuß zu über- weisen. Der Haushaltsausschuß könnte dann seine Arbeiten de- reits am 10. Januar wieder aufnehmen, während die erste Lesung des Etats mll der allgemeinen Aussprache erst beim Wiederzu- sammentritt des Reichstages am 19. Januar erfolgen würde." Dieses Verfahren wäre ungewöhnlich und b e- d e n k l i ch, und mit der Geschäftsordnung des Reichstages schwer zu vereinbaren. Brauns Antwort an Marx. Der preußische Mini st erpräsident wird■— wie der Sozialdemokratische Pressedienst erfährt— im Verlauf der be- vorstehenden Landtagsdebatte über den preußischen Etat u. a. auch zit der Antwort des Reichskanzler» auf die preußische Beschwerde zu dem Telegramm des Reichsinnenministers v. Keudell an die Deutsche Studentenschast Stellung nehmen Außerdem dürfte er sich mit den anderen noch schwebenden Konflikten zwischen dem Reich und Preußen befassen.
Sozialistische Kraueninternationale. Tagung der Exekutive. Köln , 10. Dezember. Die Tagung der Internationalen Sozialistischen Frauenexekutive wurde im Hansasaal de» Rathauses durch Genossin Zuchacz au» Berlin eröffnet. Genossin Adelheid Popp (Wien ) machi« längere Ausführungen über das Zustandekommen der Frauenexetutive der Internationale» die anfänglich mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, die aber jetzt beseitigt seien. Zur Wahl des Präsidiums wurde von belgischer Seit« beantragt, daß die vorläufigen Mitglieder des Präsidiums ihre Tätigkeit bis zu dem nächsten Zusammentritt der International« weiter ausüben sollen und daß eine französische Vertreterin ins Präsidium ausgenommen wird. Der erste Teil des Airtrags wurde abgelehnt,»er zurückzestelll.
Die Gtrefemannhetzer entlarvt. Der deuischnationale Abg. Leopold Hai Knoll fmanzieri.
Im Plauener Stresemann -Prozeß hatte der bekannte deutschnationale Spionageagent Knoll unter Eid bestritten, daß er von B a c m e i st e r den Austrag erhalten Habe, gegen die E v a p o r a t o r vorzugehen oder ein politisches Bureau einzurichten. In auffälligem Gegensatz zu dieser Aussage stand jedoch ein Artikel Bacmeisters vom 30. Juli 1925 in der„Deutschen Zeitung", wo Bacmeister sich rühmt, Knoll und ähnliche strebsame Leute„in den Dienst der Auf- klärung gestellt" zu haben. Eine Aufforderung, diesen Wider- spruch aufzuklaren, hat nun die Äeneralstoatsanwaltschaft beim Landgericht I mit einem Bescheid beantwortet, dessen wesentliche Absätze lauten: Knoll bleibt bei seiner eidlichen Bekundung, daß er von Dar- meifler keinen Auftrag erhalten habe, gegen die Evaporator vor- zugehen. Bacmeister hat die Aussage als richtig bestätigt. Es sind auch keine gegenteiligen Tatsachen bekanntgeworden. Knoll verbleibt auch bei seiner weiteren eidlichen Bekundung, daß er von Bacmeister keinen Auftrag erhalten habe, ein politisches Bureau einzurichten, und bestreitet nach Vorhall des Zeitungsartikels, daß er oder fein Bureau von Bacmeister finanziert worden feien. Rur von Leopold (deutschnationaler Reichstagsabgeordneter. Red. d.„Borw.") habe er Zuwendungen erhalten. Demgegenüber hat Bacmeister ausgeführt, er habe an knoll Gelder abgeführt, außerdem habe er sich wiederholt mit Ihm über die fraglichen Aufklärungsarbeiten unterhalte«. Deswegen habe er in den Zeitungsartikeln ausgeführt, daß er Knoll in den Dienst der Auf- klärung gestellt habe. Hierauf hat Knoll erwidert, er habe zwar Gelder von Bacmeister in Empfang genommen. diese aber nicht für sich und sein Bureau verwendet, sondern an Vreithaupl(bekannter Spitzel und Spion. Red. des„Vorw.") für dessen Bureau abgeliefert.
Breithaupt hat bestätigt, daß er für sich und Mühlberg Gehälter von Knoll bezogen habe. � Nach Vorhalt dieser Angaben hat B a c m e i st e r sich dahin aus- gelassen, er sei bisher der Meinung gewesen, daß ovo seinen Gelder» auch knoll eiaen Tell erhallen habe, wenn Knoll dies jedoch in Ab- rede stelle» habe er keinen Anlaß, an dessen Aussage zu zweifeln. Fest steht, daß Leopold und Bacmeister Gelder für verschieden« Bureaus beschosst haben. Die Verwendung der Gelder im einzelnen läßt sich jedoch nicht mehr aufklären, zumal der verbleib der Belege nicht bekannt ist. Somit läßt sich eine falsche eidliche Aussage bei Knoll nicht f e st st e l l e n. Zu berücksichtigen ist auch, daß sich der hier fraglich« Teil der Knollschen Vernehmung, wie der Richter auf Befragen be- stätigt hat, speziell mit der Evoporator-An gelegen- heit befaßt hat. Rur was zu diesem engeren Beweisthema gehörte, ist in das Protokoll aufgenommen, nicht dagegen die Firnrnzie- rang der Bureaus im einzelnen, wie sie sich nunmehr nach obiger Darstellung ergeben hat. Ob wirklich keine Eidesverletzung des Knoll darin liegt, daß er den tatsächlichen Enipfang von Geldern durch Bac- meister verschwiegen hat, ist mtnoeftens fraglich. Auch berührt es äußerst seltsam, daß Bacmeister der Ansicht gewesen ist. daß ein Teil seines Geldes aü Knoll direkt gegangen ist» während Knoll alles an Breithaupt gegeben haben will, wo- durch sich in der Sache übrigens gar nichts ändert, da Breit- Haupt als Beauftragter de K.Bureaus Knoll gearbeitet hat. Daß die Belege ve'rfch wunden sind, ist gleichfalls kennzeichnend. In der Sache selber aber ergibt sich das hochinteressante Ergebnis, daß die Strefemann-Hetze finanziert worden ist— von dem deutfchnationalen Reichstagsabge- ordneten Leopold, der jetzt im Bürgerblock den Koalitionsbruder des Reichsaußenministers mimt!
Der Mord von Arensdorf. Prozeß gegen die beiden Schmelzer.
u
Die Bluttat in Arensdorf im Juli dieses Jahres, bei dem zwei Reichsbannerangehörige getötet und etwa sechs zum Teil er- heblich verletzt wurden, wird in der kommenden Woche seine gericht- liche Sühne finden. Bor dem Schwurgericht in Frankfurt a. d. O. werden sich am Montag, dem 12. Dezember und in den folgenden Tagen der 28jährige Landwirtssohn August Schmelzer aus Arensdorf wegen vollendeten und versuchten Totschlages, sowie sein Vater, der Löjabrige Landwirt Paul Schmelzer. weoen Airstiftung zu diesen Verbrechen und wegen unbefugten Waffenbesitzes zu verantworten haben. August Schmelzer, der mehrfach, darunter wegen Körporverletzung, vorbestraft sst< sitzt seit der ihm zur Last gelegten Tat in Untersuchunashaft. während sein ebenfalls wegen Körperverletzung vorbestrafter Vater sich auf freiem Fuß befindet. Die Vorfälle in Arensdorf, die diesem Prozeß zugrunde liegen, haben bekanntlich außerordentliches Aussehen erregt. Da» Reich»- banner Schwarz-Rat-Gold hatte am 2S. und 26. Juni dieses Jahres in Frankfurt a. d. Ö. ein G a u t r e f s e n veranstallet, zu dem auch Abordnungen aus Berlin erschienen. Ein Teil der Berliner Reichs- bannerlcute begab sich aus Lastkraftwagen unter Benutzung der über Müncheberg führenden Chaussee, an der das Dorf Arensdorf liegt, nach Frankfurt . Bsi der Durchfahrt von Reichsbannertiupps cm Nachmittag des 25. Juni ertönten von Don'bewobnern höhnische Zurufe, ohne daß es aber zunächst zu Zwischenfällen kam. Am Abend zwischen 8 und 9 Uhr fuhr wieder ein mit etwa?0 Reichs- bannermitgliedern besetztes Lastauto, dem in einiger Entfernung der Reichsbannermann Klemowicz auf dem Fahrrad folgte, durch Arensdorf. In der Dorfstraße kam es zwischen Klemowicz und einem jugendlichen Landarbeiter namens Hoffmann zunächst zu einem Wortwechsel, in den sich dann ein anderer Landarbeiter namens Zemke einmischte. Schließlich entriß Zemke dem Hoffmann den Stock, den dieser bei sich führte, s ch l u g a u f Klemowicz ein und beide mißhandellen dann den am Boden Liegenden. Aus die Hilferufe des Ueberfcllei.en dielt da« voran- gefahrene Lastauto, dessen Insassen herabsprangen, um ihrem Kameraden zu helfen. Zemke, der zunächst zu Boden geworfen und geschlagen wurde, konnte schließlich mit Hoffmann die Flucht ergreifen. Als die Reichsbannerleute nun ihrerseits dazu über- gingen, diese beiden zu versolgen, stellten sich ihnen die übrigen Dorfbewohner, die mit Sense« und Mistgabel« herangeeilt waren, entgegen, darunter August Schmelzer, der einen Säbel mit sich führte, und sein Bater mit der Heuaabell Als schon eine gewisse Beruhigung eingetreten war. eilte August Schmel- zer nach Hause, erbrach einen verschlossenen Schrank und«nt- nahm ihm das Jagdgewehr seines Vaters nebst vier Patronen. So bewaffnet eilte er wieder auf die Dorfstraße, wo sich die Reichsbannerleute, in einiger Entfernung von den Dorf- bewohnern gefolgt, in der Richtung aus den Kraftwagen zurück- gezogen hatten. Das Gewehr schußbereit in der Hand, drängte sich Schmelzer jun. durch die Reihen seiner Freunde, die ihn zum Teil durch Zurufe ermuntert« n. Aus gütliches Zureden eines Schmiedegesellen hatte er nur die Antwort:„Sie haben mir blutig geschlagen, ich schieße mang.� Auch sein Vater» der mit der Heugabel neben seinem Sohn emherschiitt, soll gerufen haben: „August, ran mit der Flinte." In dem Augenblick, als die Reichsbannermitglleder dicht gedrängt am Wagen standen um auszusteigen, schoß August Schmelzer aus etwa 30 Meter Entfernung mit Rehposten viermal in die Reichsbanncrieute hinein, von denen sofort acht mehr oder minder schwer getroffen, mit lauten Scbmerzensrufen zu Boden sanken. Der Reichsbannermann Karl T i e tz hatte«inen Schuß durch den rechten Lungenflügel erhalten und starb schon auf dem Wege nach Frankfurt , sein Kamerad Richard Wollank, der Schußwunden am rechten Arm und am linken Unterschenkel davongetragen halt«, starb vier Wochen später in einer Berliner Prioatklinik am Wund- starrkramps. Die Reichsbannermitglieder Fnn Böttcher, Erich Lüdicke, Karl Liesack, Hans Kühl und Hans Pioch, sämtlich aus Berlin hatten Steck- bzw. D u r ch sch ü s s e an Armen und Beinen davongetragen. August Schmelzer wurde sofort verhaftet, zumal
die in der Abfahrt begriffenen Rcichsbannerleute geschossen habe. Er wurde dann in der Landcsirrenanstast Sarau sechs Wochen hindurch auf seinen Geisteszustand beobachtet. Das über ihn dort abgegebene Gutachten besagte, daß er zwar ein geistig minder- w« r t i g« r Vsyäopoth sei der an Nc vensck-wäcte und krankhafter Reizbarkeit leide, daß er sich aber bei Begehung der Tat nicht in einem unter ß LI sollenden Zustand befunden Hab« Sein Vater war, wie im Verlauf der Ermittlungen srstgestellt wurde, weder im Besitz �eincs Waffen, noch eines Jagdscheines. Zir der Verhandlung sind bisher 68 Zeugen und 8 Sachoerstän» dige geladen. Den Vorsitz führt Landgerichtsdirektor Rothe, während die Anklage vom Ersten Staatsanwaft Buchardi-Berlin. der diesen Fall im Vorverfahren bearbeitet hat. oertreten wird.' Die sechs verletzten Reschsbannermitglieder sind als Rebenkläger Jugelassckt, sie werden von Rechtsomvall Dr. Fal-kenfeld�raick- ürt vertreten, während die Angeklagten von de« Rechtsanwälten I o l l tz-Frankfurt und P. Bloch-Berlin verteidigt werden. Das Verfahren gegen Hoffmann und Zemke, die beide Mitglied»»: des Werwols» sind, ist abgetrennt» sie werden sich später wegen Körperverletzung zu verantworien haben. Zu der Verhond>i lung werden Vertreter des preußsschen Justiz, und Innenministe- riums, sowie des Kammergerichts erwartet.
zweite! feine Behauptung, daß er in Notwehr gehandelt habe, durch die t Tatsache widerlegt wurde, daß er aus größerer Entfernung auf
Kolomak-Prozeß in zweiier Auflage. Hinter verschlossenen Türen?— Sin Attentat auf die Oeffentlichleit? Am 16. Dezember soll in Bremen die Berufungsverhandlung in der Sache der Frau Kolomat beginnen. Wie erinnerlich» wurde dies« Frau bekannt durch das angebliche Tagebuch ihrer Tochter, da, sie selbst herausgegeben hatte, und das den S a l v a r s a n t o d-ihrer Tochter behandelte. Frau Kolomak wurde angeklagt und im Juni dieses Jahres wegen Kuppelei zu drei Monaten Gesängnis verurteill. Jetzt oerlautet, daß die Verufungsverhandlung unter völligem Ausschluß der OesfenUichkest vor sich gehen soll. Wir nehmen an, daß die Gerüchte über den beabsichtigten völligen Aus- fchluß der Oeffentlichkeft aus einem Irrtum beruhen. Denn es ist nicht zu erkennen, wie solch ein Beschluß des Gerichts— drei Berussund zwei Laienrichter— zu rechtfertigen wäre Di« Einzelheiten des Falles Kolomat sind bereits während der ersten Gerichisver- Handlung in aller Ausführlichkeit besprochen worden. Es ist nicht bekannt geworden, daß die Berichterstattung die Grenzen überschritten hat, die im Interesse der Wahrung der Sittlichkeit geboten schienen. Man hat daher allen Grund zu der Annahme, daß die Press« dieses Mal� sich die Mühe sparen wird, die vom ersten Prozeß her zur Genüge bekannten Einzelheiten zu wiederholen. Worauf es für die Presse allein ankommt, ist, gewiss« Fragen- komplexe, die der Fall Kolomak aufgerollt hat. im Gerichtesaal ge- klärt zu sehen und die Oeffentlichkeit davon zu unterrichten. Ein Ausschluß der Presse könnte aber den Anschein erwecken, als scheuten die Bremer Behörden und mit ihr die Bremer Justiz gerade in bezug auf diese Fragen die Oesjenttichteit. Die bürgerlichen „Bremer Nachrichten " wollen von zuständiger Stelle erfahren haben, der Ausschluß der Oeffentlichkeit sei bereits beschlossene Sache. Die Mitteilung erscheint um so befremdender, als eine solche Entscheidung allein nach Anhörung der Partelen am Verhandlungs- tage selbst von den Berufsrichtern gemeinsam mit den Laienrichtern gefällt werden kann. Ein vorher von den Berufsrichtern allein gefaßter Beschluß würde gesetzlich unzulässig sein und die Ablehnung der Richter wegen Befangenheit rechtfertigen. „Landesverrat". Das gegen Generalmajor a. D. v. S ch ö n a i ch vor mehteren Monaten eingeleitete Landesverrat»»«!« fahren ist nunmehr eingestellt worden. Das Verfahren wurde begründet mit einem Artikel, in dem Schönaich behauptet hatte, daß in der Reichswehr früher Soldaten illegal eingestellt worden seien. Die belgische Bürgerblockrcgicrung Hot den katatonisch«« Ausstandsführer Oberst Macia ausgewiesen. Er geht nach Südamerika .