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Weihnachten arbeitslos! Zm Land der Puppen und Spielwaren. Hungerlöhne und Wohnungselend. F. F. Sonneberg  (Thüringen  ), 9. Dezember. Für die meisten Spielwaren-Heimarbeitcr im Ärels Sonncberg ist die Konjunktur bereits vorüber Zwanzig bis dreihig Wochen im Jahre haben sie Beschäftigung. Don Mitte Dezember ab beginnt für viele schon die Arbeitslosigkeit, die bis ln den Mai hinein. iür manche auch bis Juni des nächsten Jahre» dauert Aber auch in der Zeit der Beschäftigung gibt es zwischendurch Wochen ohne Arbeit. Schon jetzt sind in der Stadt und Im Kreis Sonneberg 2400 per- fönen aus der Spielwaren, und Christbaumschmuckindustrie arbeit». los. Ein paar Monate im Jahr wird vom Morgengrauen bis in die späte Nacht hinein Woche für Woche achtzig Stunden gearbeitet, und zu Weihnachten pocht die Not au die Tür. Die Löhne, die für Spielwaren bezahlt werden, sind nicht so, daß man für die Zeit der Arbeitslosigkeit etwa sparen könnte. Sie reichen kaum zum ollernötigsten. Schon dieDrücker"'(Papiermachöarbeiter) «»zielen nur Stundenlöhne von bis 25 Pf. Es gibt aber viele Spiclwarenarbeiter, die nur«inen Stundenlohn von 19 Pf- be- kommen. Ja selbst Löhne unter diesem Satz sind nicht selten. Am schlimmsten ist es bei den P u p p e n k l e i d» r n ä h e r t n n e n in Sonneberg  . Wir haben eine ganz« Anzahl davon besucht. Don früh bis nachts sitzen sie an der Maschine und sticheln darauf los. Die Preise sind verschieden, je nach Art der Arbeit. Ader verdient wird »irocnds etwas. Ein Beispiel: Eine geschiedene Frau näh  » Puppen- lleider, für die sie pro Dutzend 49 Pf. bezahlt bekommt. In» Tag bringt sie es bei angestrengtester Arbeit von 7 bi« 23 Uhr auf 2X Dutzend, also auf«ine Mark Tagesverdienst. So geht es die ganze Woche. Sonntags wird gearbeitet wie am Werk- lag, nur der Sonnabend gehört der chaushaltsarbeit Bei fleißiger Arbeit bringt es die-Frau auf 6 bis 7 TO. Wochenoerdienst, also durchschnittlich 7 Pf. Stundenlohn. Für die übrigen Zubehörteile zu den Puppen werden auch recht karge Löhne bezahlt. Diegedrückten' Körper, Beine und Arme werden an denFabrikanten" gelitsert, der sehr oft selbst nur ein armseliger Heimarbeiter ist und Frau und Kinder ausbeutet. Dort werden die einzelnen Papiermachtteil- fleischfarben gestrichen und lackiert, zusammengesetzt und der Kopf(aus Zelluloid. Porzellan. Blech oder Papiermacht) ausgesetzt. Dann gibt es besondere Helm- arbeiter für die Augen, für die Puppenperrücken und all die vielen anderen Ding«, die zur Fertigstellung einer Puppe nötig sind. Alle Beteiligten bringen es nur zu ganz kargen Wochenlöhnen. Dort, wo die Puppenteile gestrichen und lackiert werden, sieht es sehr sarbig au». Aus langen Brettern stehen Arme, Beine, Puppen- körper an kleinen Holzstäbchen befestig» In einem Loch festgesteckt, damit die Farbe abtropft und eintrocknet. Lauter kleine bunte Kleckse bedecken alles ringsum. Erst wenn die einzelnen Teil« gut trocken sind, beginnt da» Zusammensetzen der Pupp« Oft werden die Puppen ohne Kleider an den Derleger geliefert. Diese Puppen heißenTäuflinge". Andere werden eingekleidet, fein säuberlich In Papptartons verpackt und sind nun fertig zum Dersand. Niemand kann setzt den zier- lichen, fein gekleideten und wohlfrisierien Puppen noch etwas von den Hungerlöhnen, von der Not und dem Elend derer ansehen, die an ihrer Herstellung gearbeitet haben. Und die Ältern, die ihren Kindern mit diesen Puppen eine Weihnachtsfreud« machen, wissen wicht» davon, doß die Puppemnacher und ihr» Kinder schon Wochen vor Weihnachten Mn» Arbeit mehr haben und ein gar trübselige» Fest erleben... Di« SpielwareTwHekmtlfWter wohn«n meist sehr eng. Da macht e« keinen Unterschied, ob man in Sonneberg   oder auf den Dörfern Umschau hcklt. Es gibt leine Familie, tn der seder sein Bett für sich hat. Zwei und drei Perlenen schlafen fast überall zu- sammen. Arbeits«, Wohnraum und Küche sind meist in einem Raum zusammengedrängt Das»st besonders schlimm bei den Papiermache- arbeitern, weil das Trocknen der frischen Ware einen fürchterlichen Gestank oerbreitet und höchstens die Hälfte der Papiermachtdrücker einen besonderen Trockenofen haben. Aber über die Raumnot hinaus g'bt es noch besonders krasie Fälle von Wohmmgselend. Wir fanden auf einem Heimarbeiterdors ein« sechsköpflge Familie, die für Ihre drei Vellen nur zwei armselig« Sammern hat, tn denen man sich kaum umdrehen kann. Die Decke ist brüchig. Man hat sie mit Pappdeckeln vernagelt aber der Regen kommt doch durch. Für eines der Betten konnte man nicht einmal«inen Stroh- sack beschaffen. Zwei Personen müssen in der Bettlade auf b l a n» kem Stroh schlafen! In den Dörfern de» Hinterlandes werden vor ollem Holzspielwaren hergestellt. Aber auch andere Spielwaren findet man dort. Unter anderem war ich in einerPuppenschuh- fabrik". Mann, Frau und zwei erwachsene Töchter arbeiten täglich zwölf Stunden. Ich griff mir eine bestimmt» Größe Puppenschuhe heraus und rechnet« mit demFabrikanten". Für das Dutzend Paar bekommt er 9 Ps also für 199 Dutzend Paar 9 M An Material- kosten entstehen 3 M. Wenn alle vier erwachsenen Familienmitglieder anaestrengt arbeiten, bringen sse>m Tag bei zwölsstündiger Arbeit»- zeit 199 Dutzend fertig, da» sind 1299 Paar Nein« Puppenschuhe. Verdient" hat dann jeder 1,50 TO. für zwölf Arbeitsstunden! Wir besuchten unzählige Helmarbeiter, waren bei Schnitzern, die Pferde oder Wagen. Schisse, Schleßlchelben, Schachterlteufel, Turner. Hühner und andere» Spielzeug herstellten. Üeberall das gleiche Bild. Enge Wohnungen, überlange Arbeitszelt. Ausbeutung von Frau und Kindern und kärglichster Berdiensl. Immer wieder kamen wir in Wohnungen, wo wir Tuberkulöse fanden. Aber auch dle Tuberkulösen haben kein vekl für sich allein. Sie schlafen Immer mindesten» zu zweit, mit einem Gesunden oder Kranken zusammen. Bei einemSchifflesmacher", der schon einige Wochen arbeits- los war, zog da«Glück" noch einmal kurz vor Weihnachten   ein. Er bekam noch einen Auftrog, der ihm für eine Woche Beschäftigung bracht«. Jetzt sitzt er wieder an der Schnitzbant und fertigt Kanu» Sie sollen nach Amerika  . Da» Holz für den Austrag bekam er in der Schneidemühle gepumpt, sonst könnte er gor nicht arbeiten. Der Krämer muß Farbe, Lack usw. auf Kredit geben. Hundert Dutzend von den Kanu» muß er mache», und bis zum Sonnabend sollen sie abgeliefert sein. Für da» Dutzend bekommt er K Pf., also für den gesamten Auftrag(1299 Schiffchen) 69 TO. An TOaterialkoften braucht er 27,79 TO., so daß er 32,39 TO. übrig hat. Mit Frau und Tochter arbeitet er jetzt von früh bis nacht«, in der Woche 89 Stunden, dann wird er bis Eonnabend fertig und jeder hat 10,89 TO.verdient", alfo einen Stundenlohn von 13 Pf I Don der nächsten Woche ab rechnet derSchijslesniacher" mit einer lanzdauernden Arbeits- losigkeit. Die Schiffe müssen auch bemannt»«erden. Für die Bemannung find wieder andere Heimarbeiter da. die zu den schlechtest entlohnten
Eine nationale Wahltragikomödie.
In Anholt   wählten die Deutschnationalen versehentlich siat ihre« Stahlhelmmannes Andrea« Eichham einen Kommonistm namens Paul Eichhorn.
De utecfcoAt i'oraAles
Unsere Wähler sind nicht in Stimmung zu bringen, es muß etwas geschehen!* Hm, da weiß ich Rat.... wir geben eine Tonne Freibier.*
Die Wähler ltrualea natürlich vor Begeisterung):Hoch die deotsche Sache, hoch das nationale Freibier!*
ht'ABeKin&'r?
So jetzt ist die Stimmung da. Aus, alle Mann zur Wahl!*
Himmel, da haben vir im Soff den Verlehrten gewählt..!,.!"
gchären. Da w erden Schiff»«. Indien  «: intfi TOatros»» gemacht. D« Kopf ist au» Poxtexmächs. Den muß sich der Hhlm» arbeiter vom Drücker machen lassen. Holz und Farbe usw. hat er auch selbst zu beschaffen. Auf der Drehbank wirp der Körper gedreht. Arme und Belne werden geschnitzt, dann wird da» ganz« mit Droht zusammengeheftet, bemalt und lackiert. Fünszehnmal geht dos zierliche Figürchen durch die Hände des Heimorbeiter». Für«in Dutzend solcher kleiner Matrosen, fix und fertig zu machen, gibt es 32 Pf. In der Woche bringt der Helmarbeiter, den wir besuchten, 89 Dutzend, also 969 Stück, fertig Er bekommt dafür 25,69 TO. An Materialunkosten entstehen 9,69 TO., so daß er 16 TO. reinen Berdienst hat. Aber er konnte die 89 Dutzend nur herstellen, weil auch seine Frau wie er täglich 14 Stunden gearbeitet hat. In achtzig Stunden hoben also zwei erwachsene Personen nur 16 TO. oerdient: da» ergibt
Luisa Miller  ." Glaatsoper. Schiller».Kabole und Liebe" als Italienische Oper. 1849 g»> schrieben. Für dl« itasienssch« Opembühn«, für ein PuMlkum also, das Schiller kaum kannte, und dos von den Autoren nicht Rechen» schaft forderte für die opernhast« Derzerrung und Vergröberung. deren sie an einem Stück Wellliteratur sich schuldig gemacht. Bei uns mußte und müßte diese Oper, trotzdem die TOusik von D« r d i ist, es immer schwer haben, gegen Schiller auszukommen. Wir Heutigen sind freilich auf einem anderen Gebiet: beim Mlm daran gewöhm, daß mit TOeisterwerken der Dichtung umgesprungen wird, daß es eine Schande oder zum Lochen ist: da» Derdi-zeitge- nöfsijche Deutschland, noch weniger abgebrüht in Fragen des lilera- rischen �Gewissens, Hai Berti, Schiller-Opern verschmäht. Erst die große Berdi-Renaissance, in deren Zeichen die deutsch  « Opernbühn« sich von den Folgen allzu exklusiver Wagner-Pfleg« er- holt, hat uns nun nach anderen, wie es schien, verschollenen Werken des frühen Berdi auch feine.Luffa Miller" gebracht, und wir sind heute empfänglicher dafür, als es das deutsch  « Publikum etwa der neunziger Jahre gewesen wäre. Da» heißt wiederum nicht, daß die Entwicklung eines Holben Jahrhundert», die Auswirkung der Wagnerischen Reformarbeit, nun für uns abgetan wäre. Also kein reaktionäre» Zurück zur alten Oper. Aber dieser Berdi, gar der junge, war ja«in Revolutionär der Oper, deren überkommene Formen, ihrer sich bedienend,«r mit der explosiven Kraft seine» dramatischen Temperament» sprengte. Und revolutionärer Geist, Geist von 48, mag es gewesen sein, der Ihn 1849 trieb, nach der revolutionären Dichtung de» jungen Schiller zu greisen. Diese Wert« sind es, die. trotz aller ästhetischen und theoretischen Beben- ken, die Ausführung des Werk» rechtfertigen und die gestrige Urauf- führung zu einem heutigen Ereignis machten. Es war keine Berdl-Aufführung, wt« sie das verwöhnt« Publl- kum der Staatsoper erwartet haben mag: dafür fehlt»« dem Klemperer-Ensembl« an schönen Stimmen, den Stimmen (leider) an gesanglicher Kultur. Aber die Aufführung war. und die» entichied ihre Wirkung und ihren Erfolg, von dem hohen, ernsten Geist«rsüllt, mit dem. an jenem ersten Fidelioadend, Klemperer, der Opornleiter, Berlin   in seinen Bann gezwungen hat. Diesmal war es Fritz Zweig  , der vom Dirigentenpult au» ihn ver- mittelte. Klau» Pringsheim  .
einen Stundenlohn von 19 Pf. Unker dkef«, Umstünden lst es zu prrstehen« daß zuweilen«in. Heimarbeiter tn den Wald geht, Um Holz zufinden". Das ist verbyttN. jPird man erwischt, gibt'« 59 oder 199 TO Geldstrafe. Weil ober Geld bei den Heimarbeitern ein sehr rarer Artikel lst. wandert derVerbrecher" für je 5 TO. Strqfe einen Täg in denKasten". Zehn oder zwanzig Tage Hast für da» im Waldgefundene" Holz gellen deshalb auch nicht als ehren- rührige Strafe. Di« fertigen Waren werden meist noch Sonnederg geliesen. Am Liefertag sieht man dann auf den Landstraßen Männer, Frauen und Kinder mit hochausgetürmten Lasten in ihren großen Trag- körben nach Sonneberg   wandern. Mir sind wiederholt Schulkinder begegnet, die den zweistündigen Weg mit schweren Tragkörben zu machen Hollen. Di« paar Mark die sie mit nach Haus« bringen, müssen dann wieder sür eine Woche reichen, die Familie zu unter- halten. Bald werden die Wege nach Sonneberg   einsam werden. Weihnachten steht vor der Tür, unv die Heimarbeiter, die In den letzten Monaten im Hetztempo Weihnachtssreuden sür die Kinder anderer schufen, können ihren Kindern keine Welhnachtssreude bereiten, weil sie keine Arbeit mehr haben.
(Seine Exzellenz wird belehrt. Srzestnskis Antwort an Admiral Schräder. Vor einiger Zeit fand zwischen dem preußischen Innen- minister und dem Admiral o.<5 ch r ö d e r ein Briefwechsel über die Borgänge auf dem Spittetmarkt in Berlin   am Tage des 8. Rcichsfrontsoldatentages statt. Die Schreiben des Ministers trugen die Anschrift:Herrn Admiral von Schröder in Berlin-Halensee  ". Der deutschnationale Land» tagsabgeordnete Rtttershaus stellte hierauf eine kleine Anfrage, in der er unter Hinweis auf Artikel 129 der Reichs- Verfassung die Führung des PrädikatsExzellenz" als zu den wohlerworbenen Rechten eines Admiral» gehörig bezeichnet. Das Staateministerium wurde gefragt,ob diese Der- fassungsverletzung gebilligt wird, und ob der Herr preußische Minister des Innern zu einer sühnenden Entschul- d i g u n g gegenüber seiner Exzellenz dem Herrn Admiral ö.!. t«. von Schröder bereit ist." Wie der Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, beantwortet der preußische Minister des Innern die Anfrage folgendermaßen: Es kann dahingestellt blellxn. ob die Führung de» Prädikat» Exzellenz" zu den wohierworbenen Rechten de» Artikels 129 Abs. 4 Satz 1 der Reichsversassung gehört. Auch im Falle der Bejahung dieser Frage ist dem Beamten damit nur das Recht gewähr- leistet, das Prädikat zu führe». Einen Rechtsanspruch darauf, Im pr  'vaten oder dienstlichen Verkehr unter diesem Prädikat angeredet zu werden, gibt weder der Artikel 129 der Reich»- Verfassung noch irgendeine andere gesetzliche Vesttmmung. Ein solcher Rechtsanspruch bestand auch unter der Herrschast der früheren Reicheversassung nicht. Don einer Verletzung des Artikels 129 der Reichsversassung kann daher nicht die Red« sein." Seine Exzellenz der Herr Admiral* hat damit einen Elementarunterricht über Berfassungsfragen erhalten, der für ihn gleich blamabel ist wie für die Deutfchnationalen.