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Morgenausgabe

Jfr. 595 A302

44. Jahrgang

Wöchentlich A) Pfennig. mouatNch 3. Reichsmark, im oorous zahlbar. Unter Streifband im In- und Aus» land 5.50 Reichsmart pro Monat. « Der»ßormärts* mit der illustris» een Sonntagsbeilage.Volk und Zeit� sowie den Beilooen.Unterhaltung und Wissen'.Zlus der Filmwelt'. »Stadtbeilage'.Frauenstimme', »Der Kinderireund'..Äugend-Dor» wcrts".VI ick w die Dücherwelt'. »Kulturarbeit' und.Technik� erscheint wochentäglich zweimal Sonntag» und Montag» einmal.

berliner SolLsblatt

Sonnabend 17. Dezember 1922 Groß-VerlinlS Pf. Auswärts 15 pf.

Die einspaltige NonparetNezeste 80 Pfennig. Retlamezeile Reichs- mark»Kleine Anzeigen" das fettge­druckte Wort 25 Pfennig(zulässig zwe« fettgedruckte Worte), jedes weitere Wart 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Pfennig. ledes weitere Wort 10 Pfennig Worte über 15 Buchstaben zahlen für zwei Worte Arbeitsmarst Zeile 60 Pfennig Familionzeigen für Abonnenten Zeile<0 Pfennig. Anzeigen« annähme im Douptgeschaft Linden« Krabe 3. wochentägl. von 8'/, bis 17 Uhr.

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Die brennende Reichswehr . Ernst, Scherz und Satire in der Hausholtsrechnung 1926. Don Kurt Aeinig. In den zwanzig Abschnitten des Reichshaushalts für 1926, dessen Abrechnung jetzt der parlamentarischen und dann noch der Erledigung durch den Rechnungshof harrt, betragen die Gesamtüberschreitungen 445,5 Millionen Mark. Von dieser halben Milliarde Ueberschreitung des Reunmilliardenetats von 1926 ist über die Hälfte genau 239 7 Millionen Mark als Mehrüberwelsung aus Steuern cm die Länder gegangen. Durch gesetzliche Vorschriften mußten im Saldo des Etats- fahres 43,8 Millionen Mark mehr als genehmigt, also Zwangs- weise ausgegeben werden. Durch Veränderung der Löhne und Ge- h ä l t e r im Laufe des Rechnungsjahres 1926 ist der Etat um 3.2 Millionen Mark überschritten worden. 87,6 Millionen Mark sind nur rechnungsmäßig über- schritten, also durch Mehreinnahmen gedeckt tporden. So oerbleiben für 1926 rund51M>llio- rien Mark an eigentlichen Ueberschreiwnoen der Vcrwal- tungsausgaben; das sind 6,76 Proz. des Gesamtsolls aller Ausoaben(ohne Steuerüberweisungen). Ganze 0,76 Proz. Ueberschreitungen wenn man's so liest, möcht's leidlich scheinen.... Der ganze E r n st, das heißt hier die Bedenkenlostgkeit, nit der viele dieser Ueberschreitungen vor sich gingen, ergibt sich erst bei der Einzeluntersuchung, wobei- um Irrtümer zu vermeiden gleich hinzugesetzt werden muß, daß mit der Nachprüfung der Etatsüberschreitungen nur ein Punkt der mangelhaften parlamentarischen Kontrolle des Reichs- Haushalts zur Debatte gestellt ist. Zuerst mag der S ch e r z zur Gellung kommen auch er stammt in der Reichshaushallsrechnung von der Reich swsyr. Im Kapitel V 7(Unterbringung) hat das Reichswehr - Ministerium einen kleinen Titel 11,Geschäftsbedürfnisse". Dazu waren 38 100 Mark bewilligt. Er ist um 115,60 Mark überschritten worden. Das Reichswehrministerium erklärt dazu, daß hler ein Verstoß gegen die Re'cbshauzhaltsord- nung vorliege, das Heeresunterkunftsamt Königsberg i. Pr. werde diesen Betrag der Reichskasse wieder zuführen! Der halbe Reichswehretat verstößt gegen die Reichshaus- Haltsordnung, von den vielen Millionenresten bis zu den übertragbaren Mitteln und denTöpfchen", aus denen man sichselbst bewirtschaftet". Sollte man beabsichtigen�Jich erst einmal gewissermaßen probeweise, mit kleinen Summen ehrlich" zu machen? Es steht zu fürchten, daß von 100 Mark bis zu den Mil- lionen der Weg sehr lang werden wird.... Bei der Reichswehrrechnung kommt aber auch der Ulk zu seinem Recht. Bei einem anderen Kapitel(Intendanten, Wehrkreisver- waltung) gibt es ebenfalls einen Titel 11Geichäftsbedürf- n fs:". Er war mit 73 220 Mark ausgestattet und ist um 23,37 Mark überschritten worden. Dazu schreibt man: Unvorbergesehene Kosten infolge Durchführung von Per» suchen und Zusammenlegung von Slandortverwaltungen a u f Anregung des Sparkommissars. Trotz Zurück- stellung anderer Vedürfmsse hat sich die geringe lieber, chreitung nicht vermeiden lassen." Demnach hat das Eingreifen des Sparkommissars, des Herrn Ministers Sämifch, bei der Reichswehr einen sichtbaren Erfolg gehabt man hat ihm zuliebe 23 Mark und 2i Pfennig mehr ausgegeben! Man sieht, das Reichswehrministerium versteht, dem Reichstag auch satirisch zu kommen.... Wir empfehlen dem Rechnungshof, dessen Präsident Herr Sämifch ist, einmal einige andere Titel des Rechnungsberichts der Reichswehr unter die Lupe zu nehmen, z. B. die folgenden: Kosten der Wiederherstellung desangebrannte n" Wirtschaftsgebäudes I Rüstringen(1 096 130 Mark). Wiederaufbau des abgebrannten Offiziersheimes und Lehrgebäudes für Waffenschüler des Standorts Jüterbog usw.(721 197 Mark). Wiederaufbau der abgebrannten Rauhfutter- scheune IV in Stuttgart (64 433 Mark). Wiederaufbau des abgebrannten Dachstuhls des Stabsstalles der Kaserne IV in Oldenburg (9811 Mark). Beseitigung der Brandschäden in den Standorten Spandau -Ruhleben, Magdeburg und Tilsit(90 793 Mark). Ersatzbau beim Remonteamt Lieskau für die durch Brandschaden zerstörten Gebäude(Gesamtschaden 249 400 Mark). Wäre es nicht erwägenswert, die Reichswehr in eine gute und ehrliche Feuerversicherung einzukaufen? Der Spar- tommissar sollte das ernstlich nachprüfen, auch auf die Gefahr hin, daß er wegenDurchführung von Versuchen" mit einigen Mark Kosten im nächsten Rechnungsbericht von der Reichs­ wehr wieder angeulkt wird.

Reichswehrspitzel für putschzwecke. Aus der Dunkelkammer der bayerischen puischisten.

München , 16. Dezember.(Eigenbericht.) Ein ganz neues Licht auf die Umtriebe der Münchener Putschisten werfen die Enthüllungen, die Genosse Dr. Hoegner als Berichterstalter im bayerischen Untersuchungsausschuß am Diens- tag vortrug. Aktenkundig ist bewiesen, daß das Münchener Wehr­kreiskommando im November 1923 eine Bespitzelung der außer- bayerischen Reichswehr organisiert hat. So erhielt der wegen poli- tischer Betätigung aus der Schweiz ausgewiesene Angehörige des Kampsbundes", Max Grösser, am 28. Oktober von Major Baumann den Auftrag, dem Wehrkreiskommando Nachrichten über die Haltung dersächsischen undandererReichs- wehrteile zu beschaffen. Aus die zehn Fragen, die ihm dabei mitgegeben waren, antwortete Grösser aus Leipzig am 1. November unter andern,: Die sächsische Reichswehr sei im ganzen sehr national, die Mannschaft stehe teilweise unter Hitler . Das Offizierskorps b e- grüße da» Vorgehen Bayerns , solange es schwarzweiß- rot bleibe Ein milltärisches Vorgehen gegen Bayern würde für un- möglich gehalten. Ein Teil der älteren Offiziere stehe jedem Schritt. der ein Risiko in sich schließe, abgeneigt gegenüber, weil ihnen am ihr« Stellung bange sei.(!) In Leipzig sei die Reichswehr um 800 Mann Schwarze Reichswehr

verstärkt, von denen allein 700 das Korps Ober- land, die restlichen 100 der I u n g d o gestellt habe. Sozialistische Organisationen seien nicht zur Reichswehrverstärkung herangeholt. Die Schupo sei der Reichswehr unterstellt, um zu verhindern, daß diese durch Hundertschaften ergänzt werde. Ihre Haltung sei jüdisch-demokrötisch und sie würde sich im Ernstsalle zur stärkeren Partei schlagen. Sämtliche nationalen Kreise hofften aus eine gewalt» same Auseinandersetzung zwischen Bayern und Sachsen . Ueberall sei die erste Frage: Wann marschiert Bayern ? Das Zögern wirke demoralisierend./ Grösser hatte die Zusage, für seine Spitzeldienste 50 Schweizer Franken zu erhalten. Der Hitler -Putsch machte die Auszahlung jedoch unmöglich, und er bekam von Major Baumann am 10. November ganze 2 Billionen. Baumann wurde dann nach Regensburg versetzt, sein Nachfolger im Generalstab, Herr R ü d e l, nahm zwar von dem Spitzel weiter« Nachrichten entgegen, erklärte jedoch unter dem Z. Dezember, daß das Wehrkreiskommando keine Mittel zur Nochrichtengewinnung in bezug aus die innere Politik hätte. Damit scheint die Spionagetätigkeit des bayerischen Wehrkreiskommandos im Dienste des Hitler-Putfches zu Ende ge- > wesen zu sein.

Sirafanirag im Arensdorfer Prozeß 2 Lahre Zuchthaus gegen August, 9 Lahre Zuchthaus gegen pauk(Schmelzer!

Frankfurt a. d. Oder, IS. Dezember. Im Arensdorfer Prozeß beantragte der Lberstaats- anwalt Rothe gegen den Angeklagten August Schmelzer wegen Tötung und versuchter Tötung eine Zuchthausstrafe von 7 Jahren und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte aus 1v Jahre sowie Einziehung des Eewehrö, gegen den Bater Paul Schmelzer wegen Anstiftung zur Tötung und versuchter Tötung eine Zuchthausstrafe von S Jahren, 10 Jahre Ehrverlust sowie sofortige Verhaftung. Der Antrag des cberstaaatsanwalts aus Verhaf- tung Paul Schmelzers wurde vom Gerichtshof abge- lehnt. Das Urteil wird morgen gefällt werden. » Aronkfurl a. d. 16. Dezember. Der Vorsitzende nahm sich noch einmal den Angeklagten Pau> Schmelzer(Dater) ms Gebet»nd suchte in einer ganzen Reih« von Fragen aus ihm herauszubekommen, weshalb er denn seinen Sohn wenigstens nach den ersten Schüssen nicht zu-

Wir marschieren! Glänzendes Ergebnis der Werbewoche November 1927. Nach dem nicht vollständigen Ergebnis, das acht Tage nach dem Schlußtermin der W e r b e w o ch e oerösfentlicht wurde, wurde ein neuer Termin zur nochmaligen Meldung auf den 10. Dezember angesetzt. Es wurden jetzt gezählt: S4 009 Neuaufnahmen an Mitgliedern, darunter 13 OES Frauen» und 74 661 Zeitungslcfer. Die Parteibezirke haben alle neu berichtet. Braun- schweig hat wegen der Landtagswahlagitation, die in die Zeit der Werbewoche fiel, keine gesonderte Werbeaktion ein» geleitet. Von 21 Parteizeitungen ist keine Meldung ein- gegangen: 35 Zeitungen haben die erste Meldung nicht wieder- holt, die Zahlen ihrer ersten Meldung sind in die Uebersichl eingestellt. Die Gesamtziffern würden sich also, wenn von allen Zeitungen Angaben vorlägen, sicher noch erhöhen. Gegenüber dem Ergebnis der Werbewoche 1926 ist die Mitgliederzahl um rund 12 000, die der Leser um 5000 höher. Vorbereitungen zur Wahl. Der Parteiausschuß der Sozialdemokratischen Partei br- faßte sich am Freitag eingehend mit den Vorbereitungen zu den bevorstehenden Reichstags- und Landtags- wählen. Weiter waren agitatorische und organisatorisch« Fragen Gegenstand der Veratungen.

rückaehalten habe. Der AngeNagte erwiderte, er hätte Angst ge- habt, daß ihn der Sohn über den Hausen schießen würde, und dann habe er auch geglaubt, daß bei den ersten Schüssen nichts passiert fei, und daß lein Sohn ohnehin nicht weiter schießen werde. Vors.: Haben Sie Ihrem Sohn beim Wiederladen des Gewehr» Hand- reichunoen getan? Angekl.:(sehr energisch), das ist ausgeschlossen. Vors.: Der Gedanke, Ihrem Sohn das Gewehr aus der Hand zu schlagen, ist Ihnen anscheinend aber nicht gekommen. Angekl.: Nein. Gegen 4 Uhr nachmittags wurde im allseitigen Einverständnis die Beweisaufnahme geschlossen und Oberstaatsanwalt Rolhe-Frank- furt ergriff das Wort: Ein» schwere Bluttat ist am 25. Juni dieses Jahres in Aren»- darf geschehen. Berantwortlich für dieses traurige Geschehen sind die beiden Angeklagten. Ich klage August Schmelzer der Tötung von zwei, der oersuchten Tötung von mehreren Reichsbannermitgliedern an. Ich klage seinen Vater an, daß er seinen Sohn dazu angestiftet hat. Der Anklagevertreter ging dann auf die Vorgeschichte des Prozesses ein, er oerwies darauf, daß. vorsichtig fflagt, in Arensdorf keine gute Stimmung gegen das Reichsbanner herrschte. Der erste beleidigende Zuruf sei von dem kleinen Hosfmann gefallen und habe natürlich eine Gegenäußerung von der Gegenseite ausgelöst. Aber die anschließende Schlägerei, in der nichts Besonderes geschehen sei, sei durcb das vernünftige Per- halten des Reichsbannerführers schnell beendet, dessen Befehl auch sofort befolgt worden sei. Der Tag hätte ein friedliches Ende ge- nommen, wenn nlchl die beiden Angeklaglen Schmelzer dazwischengetreten wären. die sich noch anfänglichem Zögern, aufgestachelt durch Frau Schmelzer, in den Kamps gemischt hätten. Der Obersiaats« anwalt hielt es dabei für erwiesen, daß die Verletzung August Schmelzers erst im Laufe der Schlägerei eingetreten se> Der Oberstaatsanwalt schilderte dann weiter, wie August Schmelzer in der Wut das Gewehr geholt habe, wie er von seinem Boter mit dem Ruf:.Ran mit der Flinte!" aufgefordert worden sei, und wie beide Schulter an Schulter vor- gegangen seien. Biermal habe August Schmelzer mit der stärksten Iagdmumtlon auf die dicht gedrängt fahrenden Reichs- bannerleute geschossen, von denen sich neun in ihrem Blute wanden. Absolut unwahr ist seine Darstellung, daß er von den Reschsdanner- leuten zum Schießen gereizt worden sei, und daß er nicht wußte, daß die Patronen eine schwere Ladung enthielten. Er hat auch die beiden ersten Schüsse nicht in die Lust abgegeben, sondern er hat gezielt. Im übrigen kommt es darauf nicht an, denn mit dem dritten und vierten Schuß wollte er treffen, er wollte Llul, er wollt« den Tod seiner Gegner, ja mehr, desto besser. Und nun d c r D o' e t. Hat er sich väterlich gezeigt? Dauernd ging er an der Seite seines Sohnes, und er hat nicists getan, ihn an seinem v-rhängnisvollen Tun zu hindern. Er hat nicht einmal den Vetsuch dazu gemacht, obwohl der Schmledegesev« Honoch zu- gesprungen'war und es zwei Männern wohl gelungen wäre, dorn Sohn in den Arm zu sollen. Moralisch ist also da« Verhalten des Baters nicht scharf genug zu verurteilen. Aber auch die strafrechtliche Berantwortlichtelt folgt schon aus seinem passiven Verhalten, das auch den Tatbestand der Bei- hüfe dadurch erfüllt, daß er dauernd neben seinem Sohn gegangen ist, daß er selbst ihm zugerufen hat:.Schieß doch!" Er wollte, wie sein Sohn, den Leuten ans Leben! Schon in seinen Unterlassunoshandlungen allein liegt di« Deihllse- Daneben liegt aber auch Anstiftung vor.