Treue um Treue!"
Der Reichstag in Ferien.- Seine legie Zat: Raub an den Lohnsteuerzahlern.- Marg, Republifoner a. D.
Daß dieser Reichstag gestern in die Weihnachtsferien gegangen ist, ist nicht schade. Schade ist nur, daß er am 19. Januar wiederkehrt. Sein endgültiges Verschwin den hätten Millionen mit Jubel begrüßt. Aber daß der Bürgerblock nach der Tat, die er gestern begangen hat nicht vor das Bolt zu treten wagt, das fann man ihm pahrhaftig nachfühlen. Er hat den Arbeitern 300 bis 400 Milfionen mehr Lohnsteuer aufgepadt, als sie nach dem bisher geltenden Gesetz zu zahlen verpflichtet gewesen wären.
Mit 30 Stimmen Mehrheit hat der Bürgerblod gesiegt. Würde nur die Hälfte der angeblichen Arbeitervertreter in den Rethen der Regierungspartelen die Anstrengungen der Sozialdemokratie um die Interessen der Lohnsteuerzahler unterstützt haben, so wäre es anders gekommen.
Im Jahre 1925 hatte diefelbe Regierungsfoalition, die auch jegt wieder an der Herrschaft ist, die jetzt so pieígenannte Leg Brüning, beschlossen, ein Gesez, das eine Ber pflichtung zur Sentung der Lohnsteuer aussprach, wenn der Ertrag in einem Kalenderhalbjahr 600 Millionen Mart, also 1200 Millionen Mark jährlich, übersteige. Da die Voraus fetzungen dafür erfüllt waren, hätte das Gefeß jezt angewendet und entsprechend dem fozialdemokratischen Antrag der steuerfreie Betrag um je 40 M. monatlich erhöht werden müffen.
Aber in dem Augenblic, in dem dieses Schußgefeh der Lohnsteuerzahler zum erstenmal angewendet werden sollte, hat es der Bürgerblock gebrochen? Was poar also dieses Geset? Solange es egiftierte, stand es nur auf dem. Papier . Als es Wirklichkeit werden sollte, wurde es zum Schaden derer, die es schüßen sollte, abgeändert. Darf man da nicht von einem Treubruch reden? Ist da das Wort Arbeiterbetrug zu hart?
Der Bürgerblock hätte sich gehütet. so an Kapitaliſten zu handeln. Wortbruch ist nur an Inflationsgeschädigten. sowie an Arbeitern. Angestellten und Beamten erlaubt. Im Dienfte Der Kapitalisten ist man treu. Beweis: eben das gestern Geschehene. Denn die Hunderte von Millionen, die man ent gegen dem selbst gegebenen Gefeh den armen Teufeln aufpackt, sollen ja dazu dienen, die Steuerlaften des Be jiges zu erleichtern.
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Bis in die leßte Hütte hinein sollte ein Antrag der großPapitalistischen Deutschen Boltspartei verbreitet werden, der zwar fein 3iel nicht erreichte, aber doch die Richtung zeigte, in der die Steuerpolitit des Bürgerblocks marschiert. Nach diefem Antrag würde die Steuerlaft eines ledigen Lohnsteuer pflichtigen, der ein Monatseinkommen von 125 m. hat, fünftig um 3 M. ermäßigt werden. Bei einem Einfommen non 10 000 m. aber würde die Ermäßigung auf 150 m. flettern, bet 50 000 m. fchon 3500 m2, bei 200 000 m. 11 500 m. und bei einer Million gar 51 500 m. betragen. Man sieht, die Herren haben ein Herz für die armen großen Steuerpflichtigen, denen die schwere Aufgabe zufällt, mit einem Einfommen von einer Million Mart jährlich auszu
fommen!
Diefen Tendenzen find Rechtsregierung und Regierungspartelen, zwar nicht bis zum Ende, aber doch ein ganzes Stüd entgegengelommen. Die Gentung der Lohnsteuer, die gestern befchloffert murde, beträgt 15 Bros., aber im Hoch ft. fall 2 m. pro Monat Sie bleibt infolgedessen hinter Der Steigerung der Lohnsteuer wesentlich zurüd, die durch die Steigerung der Nominallöhne seit 1926 eingetreten ist. Die Lahnsteuerpflichtigen werden fünftig nicht 1200 mil lionen, sondern 1500 bis 1600 Millionen jährlich an Lohnsteuer zu entrichten haben.
Man begreift also den Wunsch der Regierungsparteien, fich menigstens für eine Weile ihren Wählern unsichtbar zu machen. Später hofft man fie mit national"[ lingenden
Deutschnationale Wahlsehnsucht.
Wir forde
Neuw
Bir Deutschnationalen scheuen sofortige Reu wahlen nicht..
Wir fordern Neuwahlen!
,, Eventuell fann die Sache noch bis zum Sommer dauern, aber spätestens im Herbst..."
ein Neutrum zu betrachten, das feine Gedanken nach den bestehenden Machtverhältnissen einrichtet.
Jepe Stimme weniger für die Deutschnationalen mird dann ein Beweis dafür fein, daß die Monarchie an Boden verliert, jebe Stimme mehr für die Sozialdemokratie wird ein Beweis dafür sein, daß die Republit an Boden gewinnt.
Güt's?
Wir fordern
Neuwahlen!
歐
Ratürlich tönnten diese wegen der technischen Vorbereitung nicht vor Frühjahr 1928 stattfinden..."
Bum Donnerwetter, was wollen Sie überhaupt, der letzte Zermin ist doch erst der Dezember 1928!"
Dawes Plan und Schuldenproblem.
Unlöslicher Zusammenhang.
zu
Paris , 17. Dezember,( Eigenbericht.) Ben Jahresericht das Reparationsegenten bezeichnet ber Lamps" als noch fenfationeller, als man erpporten fonnte und daß die Republit, so wie sie ist, non unserem deal weit enthie Folgerungen des Reparationsagenten eine formelle Reserve ein. Dabei fei wiederum der Kreuz- Zeitung " zugeftanden, widmet ihm fpaitenlange Betrachtungen. Das Blatt glaubt gegen fernt bleibt. Was wir ändern wollen, ist nicht ihre Form, legen zu müffen, regt aber felbft an die Reparationsfrage 34sondern ihr Inhalt, und daß sie zu einer solchen Tenderung fammen mit dem Broblem der interalliferten ihres politischen und sozialen Inhalts Gelegenheit bietet, Sulber zu prüfen. Es fet su befürchten, baß bie Deutschen barin besteht für uns ihr Bert. Sie macht das Bolt zum Rationaften die Farberung Barter Gilberts, daß der Betrag der Herrn seines Schicksals. Das Bolt, has leiber bisher in feiner baulichen Verbindlichkeit nunmehr festgefeat werden müffe, ziz Mehrheit noch nicht begriffen hat, was auf dem Spiele steht einer Kampagne für die Revision des Dames Blanes benugen werden, - das Bolt soll bei den nächsten Wahlen zeigen, mas és ges verträten fie boch schon seit langem die Anficht, daß die Deutschland lernt hat. aufertagian Laften seine Leistungsfähigkeit bei meitem übertreffon( Das glauben auch die scharfsten Gegner der Nationa fiften! Reb. h. B. Demgegenüber stehe die Tatsache, daß Deutsch lana fich feiner im Dames Blan festgelegten Berbindlichkeiten bis. her mit Beschtigteit(?) entledigt habe. Die Kontroverie über die übermäßigen Ausgaben der deutschen Bänder und Städte habe ben einen Bortell gehabt, daß die deutsche Regierung die Versicherung abgegeben habe, den Dames Blan fonat zu erfüllen. In jedem Falle fönne bas Reparationsproblem nur in Berbindung mit der Regelung der interalfiierten Schulden betrachtet werden. Infolgebeffer würde die Aufnahme, die der Bericht in England und in den Bereinigten Staaten finde, von größtem Interesse sein.
Splitterparteien und Wahlrecht. Wichtige Entscheidung des Staatsgerichtshofs.
Redensarten und gräßlichen Schilderungen des roten Schred Boris bes Senatspräsidenten Degg beschäftigte sich am Sonnabend gefpenftes wieder einzufangen.
Dies und manches andere wäre nicht möglich ohne die gefällige Mitmirkung des Zentrums. Diese Art Steuerpolitik ist nur das foziale Gegenstück zu der allgemeinpoliti schen Richtung, die das Zentrum mit der berühmten oder herüchtigten Rede des Herrn Marr auf der Berliner Breffetagung der Partei einzuschlagen hat. Die Zentrums partei war weber eine monarchische, nach will fie'eine republitanische Partei sein."
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Kann man der, reuz- Zettung" unrecht geben, wenn sie meint, das Zentrum fönne unter folchen Umständen teinen Borwurf gegen die Deutschnationalen erheben, weil fie für die Monarchie eintreten? Werde doch auch diese Staatsform vom Rentrum nach den Erklärungen des Herrn Marg nicht grundfäßlich abgelehnt! Man versteht den Jubel diefes infamften aller Blätter der Reaktion und den Eifer, mit dem es die Aeußerung des Zentrumstanglers ausbeutet als Gegenargument gegen die Behauptung, daß die Republit immer mehr an Boden gewinne:
Begeisterung für die jetige Staatsform ist nur bei den Demo fraten vorhanden, bei den Margiften nur, weil sie die demokratische Republik als Sprungbrett für ihren Zukunftsftact betrachten. Sonft aber herrscht laute oder Abneigung. Mit Recht mird men daher die Frage aufwerfen tönnen: hat eine Staatsform für Deutschland Berechtigung, die nicht in die Herzen des Boltes gedrungen ist?
Ein Kanaler der Republik , dessen Aeußerungen 2infaß gu folchen Schlußfolgerungen bieten, ist reif zum Abfchied. Herr Marg, der sich vor wenigen Jahren noch den deutschen Republikanern als Kandidat des Boltsblocks" präfentierte, der damals die Republit hochleben ließ und das schöne deutsche Männermort forach: Treue um Treue!" diefer Herr Marg entdeckt heute, daß er, bei Lichte befehen. überhaupt fein Republikaner ift. Jegt hat er sich das Lob der Monarchisten erworben. Ob er freilich dadurch bei ihnen auch die Achtung erworben hat, die er bei den anderen verliert...?.
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Leipzig , 17. Dezember.( Eigenbericht.) Der Staatsgerichtshof des Deutschen Reiches unter mit einer wichtigen und prinzipiellen Entscheidung. Es handelt sich in diefer Streitfache um die Feststellung hinsichtlich der in Medlene burg- Strelitz, Hamburg - Land und Hessen beschlossenen Wahlbe fchränkungen bei den letzten Landtagswahlen. Die genennten Länder haben zur Bekämpfung der Splitterparteien Maßnahmen getroffen betreffs Sulaffung der Borschlagstiften für neuauftretende Parteien, die bis jezt noch nicht in den Landtagen vertreten sind.
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Die Länder Mecklenburg Strelig, Hamburg Land und Heffen verlangen, daß die Wahlvorschläge mit einer bestimmten An zahl stimmberechtigter Unterschriften netfehen find Gleichzeitig wird die Hinterlegung einer bestimmten Summe verlangt. Unter anderem belagt ble beifische Rotper. ordnung vom 27. September 1927, daß der Wahlpprschlag einer neuen Partei mit mindestens 7000 Unterschriften stimmberechtigter neuen Partei mit mindestens 7000 Unterschriften stimmberechtigter Bähler verfchen fein muß. Gleichzeitig müssen 5000 m. hinterlegt werden.
Gegen die Verordnung der einzelnen Bänder hatten die Boltsrechts, und Aufwertungspartet femie in Seffen die Mittelstandspartei und die Rotionalsozia
listen Beschwerde eingelegt und sie zum Gegenstand eines Ber fahrens nach Artikel 19 der Reichsverfassung vor dem Staatsgerichtshof des Deutschen Reiches gemacht. Die Bertreter der ein zelnen Splitterparteien begründeten in ausführlicher Weise die Unzulässigkeit folcher Notverordnungen und beantragten, daß sie aufgeboben merben. Gleichzeitig verlangen sie, daß bei der Ungültig feitserklärung der Verordnung auch die ungültigteitscr. flärung der Landtagswahlen erfolgen müfle
Nach mehrstündiger Beratung wurde folgende wichtige Ents scheidung gefällt: Die Berordnung des Landes Mecklenburg- Strelit verstoße gegen§ 30 des Landgrundgefeges sowie gegen Artikel 19 der Reichsverfaffung, der befage, daß die Wahlberechtigung nicht eingeschränkt werden dürfe. Auch verstoße diese Verordnung gegen die Allgemeinheit der Wahl. Gleichzeitig sei die Beschränkung von Bahlvorschlägen durch die Stellung von Kautionen nicht zuläffig. auch daß die Wahlvorschläge mit einer bestimmten Anzahl Unter schriften versehen sein müssen, wäre unzulässig und verstaße gegen die Reichsnerfassung. Dieselbe Entscheidung des Staatsgerichtshofes Die Frage, ob die republikanische Staatsform Berechtigte auch für die übrigen Länder. Hessen und Hamburg - Land. Die einzelnen Länderregierungen müssen aus dieser Entscheidung die gung hat, ab sie in die Herzen des Bolles eingedrungen ist, Folgerungen treffen. foll der Kreuz- Zeitung " bei den tommenden Wahlen be antwortet werden. Mir find gern bereit, ihre Bartet, die Agrarierregierung in Finnland . Die neue Regierung besteht, ab Deutschnationale, als Die einzige monarchistische Partei gesehen von den drei Fadministern für das Aeußere, das Innere anzuerkennen, der die Sozialdemokratie als und die Justiz aus Agrariern. Staatsminifter ift ber General Trägerin des republitanischen Staatsgebirettor des Landwirtschaftsamtes Sunila. Das Ministerium bes Dantens gegenübersteht, die schwankende Mitte aber als Aeußern übernimmt der Gesandte in Warschau , Brocope
Zeilamnestie in Litauen . Boldemaras zurüdgefehrt.
Kowno , 17. Dezember. ( IL) Anlößlich der Wiederkehr des Jahrestages des militärien Umfturzes in Litauen find aus dem militärischen Kon8entrationslager Barniat 100 Inhaftierte in Freiheit ge legt worden. Einer Anzahl non Berbannten wurde fernerhin bie Erlaubnis erteilt, in thre Heimat zurüdaufehren. Staatspräsident met ona und der heute aus Genf zurückgekehrte Ministerpräsident Baldemaras sind heute abend Gäste bes Offizieroforps(!), das anläßlich der Wiederkehr des Militärpuifches ein Bankett veranstaltet.
Aus der Tatsache, daß die Begrüßung zwischen Woldemaras
und dem litauischen Kriegsminister in Kopno außerordentlich berzich war, ent nimmt man in hiesigen politischen Kreifen, daß das litauische Heer hinter der Regierung Woldemaras steht.
Krieg um die Privatsekretärin. Der Gouverneur mit„ moralischer Berworfenheit". Ollahoma. 17. Dezember, Der Sonflift zwischen Gouverneur Johnston und der gefehgeben. den Gewalt des Staates Oklahoma erreichte gestern abend ein neues Stadium, als der Name der Brioaffekretärin des Gouverneurs in die Sache hineingebracht wurde.
Nachdem der Untersuchungsausschuß der gefeßgebenden Verfammlung Zeugenausicgen entgegengenommen hatte, erhob er gegen den Gouverneur die Unschuldigung der moralischen Bermorfenheit. Die Sigung wurde wieder in einem Hotel abgehalten, da Truppen den Eingang des Parlamentsgebäudes abinerrlen. Beschuldigungen wegen Unzucht und Korruption find gegen den Gouverneur bereits erhoben worden.
Er hat die Nationalgarde mobil gemacht, um eine Tagung der gefehgebenden Bersammlung zu verhindern, bis des Gericht wegen der Berechtigung der Untersuchung eine Entscheidung gefällt hat
Die ungarischen Frankenfälscher Jollen zu Weihnachten<- 110° begnadigt merben. Der Hauptfälscher Windischgraek ist fowieso schon längst im Sanatorium.
türlich