Ein Kaiferwort.
/Oas sind die Herren, auf die Ich Mich verlassen taun!�
Der römische Zarismus. Die Marterung Oeutsch-Güdtirols.
Innsbruck . 19. Dezember. Auf einer großen Kundgebung im Stadtsnal zu Innsbruck sprachen die zwei in Innsbruck anwesenden Kronzeugen der Unter- drückung der Deutschen in Südtirol , Dr. Reut-Nicolussi und Oberlehrer Riedl. Riedl, dessen einziges Verbrechen darin bestand, daß er den Volksbund im Bozener Unterlands leitete, mußte schon 1919 aus der Heimat flüchten, nachdem ihm der Plan der Militär- Verwaltung, Ihn gewaltsam nach Rom zur Aburteilung zu transpor- tieren, bekanntgeworden war. Nach Einrichtung der Zioiloerwaltung kehrte Riedl heim, wurde aber, weil er der Schule zu Tramin den deutschen Charakter erhalten wollte, durch vielerlei Schikanen zur Pensionierung gezwungen. Alle Vereine, denen Riedl in leitender Stelle angehörte, wurden a u s g e l ö st: die Liedertafel, die Feuer- wehr, die Musikkapelle. Zu Weihnachten 192.? wurde Riedl, der kurz vorher die Frau durch Tod verloren hatte, nach einer Haus- suchung, die man durch Verstecken von Munition auf Riedls Dachboden vorbereitet hatte, eingesperrt. Man ließ ihn bald wieder frei. Das Musiolinische Polizeigcsetz gab Gelegenheit, den Verhaßten Eirde Januar 1927 gefesselt nach Trient zu bringen. Dort, in schwere Ketten gelegt, wurde er. an dem Tage, an dem er seine Beschwerde gegen den Beschluß der Zwang»- rnternierung einbringen wollte, nach Verona weitergeschleppt. Durch sieben Gefängnisse, immer zusammengekoppelt mit Schwerverbrechern ging? im Hungerleben nach Neapel und von dort, aus einem Loch, in dem Morast und Ungeziefer fürchter- liche Qualen bereiteten, aufs Schiff. Im untersten Schiffsraum, an einen Ring angeschmiedet und noch so gefesiekt. daß jede Bewegung auch jedem der Htif- gesangene» Schmerzen bereiten mußte, und man nicht einmal die Fliegen und das sonstige Ungeziefer ab- wehren konnte, wurden zehn Menschen über das Meer transportiert. Als«in venezianischer Kaufmann sich über diese Qualen beschwerte, wurde er abgekoppelt und in einer eigenen Straszelle mit 40 S t o ck- hieben traktiert. Im Verbannungsorte U st i c a bereitete man den Internierten durch V o r e n t h o lt u n g von Briefen aus der Heimat schwere seelische Leiden. Riedl wurde schließlich auf
Bitten der Kinder begnadigt. Wer in Tramin wurde ihm auch später das Leben zur Hölle gemacht, so daß er auszuwandern de- schloß. Er erhielt die deuischösterreichische Staatsbürgerschaft. wurde aber durch Verhaftung an der Ausreise verhindert. Erst auf diplomatische Intervention erhielt er die Freiheit, wurde aber raschest über die Grenze geschoben. In den letzten Tagen bekam er von dem italienischen Gerichte eine Dorladung wegen bös- willigen Verlassens des Vaterlandes, obwohl er seinerzeit einen Revers unterschreiben mußte, daß er das Königreich nie wieder betreten werde! Dr. Reut-Nicolussi faßte in meisterhafter Red« da» deutsche Leid in Südiirol in folgende Worte zusammen:„Ich sehe den Abg. Baron Sternbach vor mir. wie er vor drei Jahre» noch dem faschistischen Uobersall im eigenen Hause durch die schweren Hiebe gegen seinen Kops fast unkenntlich geworden war; ich sehe den 75jähr!gen Allbürgermeister Perathoner neber mir blutüberströmt zu Boden sinken, ich sehe die Leiche Franz Innerhosers bei Fackelbeleuchtung oam ganzen Volke durch das Burggrafenamt zur Marlinger Pfarrkirche geführt, ich sehe Riedl durch die Gesängnisse ganz Italiens geschleppt, und N o l- diu zweimal oerhaftet und nun auf die Felseninsel verbannt, weil er den deutschen Kindern von. Salurn den C h r i st b.a u m auf- richten wollte und in seinem Hause deutschen Unterricht erteilen ließ und ich sehe mein eigenes 77jLhriges Mütterlein, wie es am Abend vor meiner Flucht mit zitternden Fingern das Kreuz auf meine Stirne zeichnet und mich gehen heißt, damit es wenigstens nicht um mein Leben zu bangen brauche... Durch die unmensch- lichen Gcwaltmethoden hat der Faschismus die Sache Tirols selbst zur Revision der Friedensverträge angemeldet. Die Brennergrenze ist die Wurzel alles Uebels. Der faschistischen Hoffnung, daß die Deutschen die Partie ausgeben werden, ist ent- gegenzuhallen, daß Italien , das sich als unfähig erwiesen Halle, Südtirol zu verwallen, die Partie bereits verloren habe. Die Zahl der Freund« Südtirols wächst in allen Erteilen!" Eine während der Kundgebung vorgenommene Sammlung für «ine Weihnachtsspende an notleidend« Südtiroler brachte ein er- freullche« Ergebnis.
Die KPD. orgam'sieri Niederlagen. Sie drückt sich aber von der Verantwortung. Nahezu vier Spalten weichet di«„Rot « Fahne" auf, um ihren Lesern die einfachsten Tatsachen im Ruhrkonflikt zu vor- bergen: Daß der geschlossenen Macht der Unternehmer eine in drei verschiedenen Gewerkschaftsrichlungen gespaltene Arbeiter- s ch o f t gegenübersteht, wovon die zweitstärkst« Gruppe, die ch r i st- liche, den Arbeiiszeitschitdsspruch angenommen hat, daher für einen Kampf nicht als Bundesgenosse angesprochen werden kann. 2. Daß die f r e i g« w« r t s ch a f t l i ch« Organisation durch die 1923/24 von den Kommunisten durchgeführt« Spaltung bis zur völligen Altlonsunsähigksit geschwächt wurde und auch heute ncch sehr weil davon entfernt ist, Ihr« Mi tgl Uderzahl vor der Spaltung wieder zu besitzen. Die ehemaligen Mitglieder der komm». nistischen U n, o» sind heute in der großen Mehrheit U n o r g a. n i s i e r t e. also nichts weniger als zuverlässige Kampftruppen. Z. Daß«ine Gewerkschaft, die nach einer Berbindlich- kei'tserklärung einen Streit führt, gerichtlich von den Unternehmern für den diesen zugefügten Schoden haftbar gemacht werden kann. 4. Daß die KPD. gerichtlich nl cht haftbar gemacht werden kann, wohl vom Deutschen Metallarbeiterverband verlangt, den Streik zu führen, für sich jedoch es ausdrücklich ablehnt, zu einem solchen Streik auszurufen. Der langen Schreiberei recht kurzer Sinn komint in dem Schlußsatz des zweiten Artikels zum Ausdruck: „Die Kommunistische Partei wird, wie bisher, olles daransetze», um die reformistischen Riederlagenstrotegen zu entlarven, um die Arbeitermassen zum Kampf zu Moblli» steren. um die Gewerkschaften als di« Inachiorgane des Klassen- kämpf:?«w-useßen, um mit ihnen den Kampf um Achtstundentag und ausreichenden Lohn zu fuhren.* Dieses ofsenherzige Geständnis ist recht erfreulich. Di« KPD. wird selbst nichts tun. Sie beschränkt sich auf„C n t l a r» nungsmanöver* und nimmt für sich das Recht in Anspruch, die Sewerkschaiien„einzusetzen", diese al« Werkzeuge kommunistischer Politik zu mißbrauchen. Dies« Offenbarung kommunistischer Politik sollte bei Eröffnung jeder Gewertschaftsver- fammlung verlesen werden. Im übrigen umrahmt da» Stalin-Blall sein spaltenlanges Verschweigen der Tatsachen mit gefälschten Zitaten. E» wird da u. a. ein Zitat anoeführt, dos angeblich au» dem„Vorwärts* vom 3. Oktober 1923 entnommen ist und nach der„Roten Fahne* folgen- den Wortlaut hat: „Die Gewerkschaften sind bereit, ihren ganzen Einfluß aus» zuüben, damit notwendige Ueberstundenarbeit im Bergbau und in anderen Industriezweigen geleistet werden. Di« sozialdemokratische Fraktion hat während der zweitägigen Auseinandersetzungen über die Arbeitszeit keinen Zweifel darüber gelösten, daß sie ihre ganze moralische Autorität einsetze» werde, um überall dort zur Mehr- leistung, zur Mehrer.zeugung(lies: Arbeitszeitverlän- g« r u n g) zu kommen, wo es im Imereste der deutschen Wirtschaft erforderlich ist.* Der Artikel, aus dem— im übrigen ungenau und mit einem Zusatz— die zwei Sätze entnomnten sind, beginnt mit der Fest- sttllunz, daß die Frage der Produkiionssteigerung.zu allerletzt eine Frage der Dauer der Arbeitszeit* ist. Diel wich- tiger seien stabile Währunxsocrhällniste. technisch« Verbesserungen, auskömmliche Entlohnung usw. Es wird dann weiter darauf hin- gewiesen, daß von einer Verlängerung der Arbeitszeit schon des- wegen keine Rede sein könne, well große Arbeitslosigkeit und Kurzarbsit herrsche. Wenn aber die Konjunktur wieder um- schlagen sollte, oder wenn besondere Umstände vorliegen, dann würden die Gewertschaften sich den Nr-rwendigkeiten nicht oer- schließen. Es werden dann dafür einig« Beispiel« zittert. Dann kommt der von der.Roten Fahne" nicht ganz richttg wledergegebene erste Satz. Es wird dann weiter angeführt, daß das Verlangen der Deutschen Vclkspartei nach einer Aushebung des Achtstundentages » i ch t dem Zweck der Steigerung der deutschen Produktion diene, sondern in erster Linie das Mitbestimmungsrecht der'Arbeiter aus- schalten wolle. Es wird welter auf den heldenmütigen Kampf der Ruhrbergorbeiter hingewiesen, denen man eingehämmert habe, daß sie den Kampf nicht nur für ihre Heimat und die demokratische Re- publik, sondern auch um den SiebensttmdeMag führen. Dann folgt der von der„Roten Fahne* sinnwidrig an den ersten Satz angehängte zweite Satz und die Feststellung, daß die Sozialdemokratie da» An- sinnen der Volkspartei abgelehnt hat und daß es deshalb zum Rücktritt der Reichsregierung gekommen ist. Die Sozialdemskratre hat also das Gegenteil von dem getan, was ihr di«„Rote Fohn«* in den Mund legt, wie diese ja auch di« Worte: lies: Arbeitszeitverlängerung*.— aus eigenem hinzugefügt hat, um die Fälschung plausibel zu machen. Die.Rote Fahne* muß die Tatsachen von vor vier Jahren fälschen, um die Tatsachen von heute zu versckgeiern. Sie hatte gegen die Stillegungsaktion der Unternehmer den Streit gefordert. In ihrem gestrigen Leitartikel schreibt sie aber selbst:„Angesichts der Tatsache, daß ein Streik gegen stillgelegt« Betrieb« schlecht zu führen ist*. Damit verleugnet die„Rote Fahne * ihre eigen« Parole von gestern. Die KPD. fordert heute von dxn Gewerkschaften wieder den Streik, obwohl sie genau die Kräfteverhältniste im Ruhrgebiet kennt. In einem dritten Artikel, der dem�kamps in der deutsche» Hüttenindu« strie gewidmet ist, heißt es wörtlich:„Die Arbeiterschaft der Bereinigten Stahlwerl« ist in dutzende» Gewerkschaften z« r> splittert*. Ein wesentlicher Teil dieser Gewerkschaften hat von vornherein den Kampf um den Achtstundentag abgelehnt. Di«.Rot« Fahne*«r» klärt ausdrücklich, daß die KPD . den Kampf mit einer so z c r s p l i t- t e r t e n und durch ihr« Politik geschwächte» Arbeiterschaft nicht führe» will. Sie vorlangt die Führung dieses Kampfes von den Freien Gewertschaften. o»«il sie di« Arbeitecschast in«in« Niederlage hineinführen möchte, in dor Hoffnung, daß dadurch die Sozialdemokrati« politisch geschwächt wütd«. Aus die Schwächung der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie allein kommt es der KPD. an. Der �Transportarbeiter* Thöllnonn will dem Bürgerblock wieder Zubnngcrdienfte leisten.
Man streitet sich um Mitgliedskarten. Wie au» Moskau gemeldet wird, hat die Moskauer Partei- organisation von den ausgeschlostenen Mitgliedern der Opposition die Rückgabe aller Mitgtiederkarten und Partei- dokumente verlangt. Diese verweigerten jedoch die WNeferunz der Papiere, da sie sich nach wie vor als Mitglieder der Partei betrachten. Die Ablieferung soll nun mit Hilje der Miliz und der Staatsanwallschaft erzwungen werden. Die Mitgtiederkarten werden in der Preste für ungültig erklärt. Die vesfentlich- keil erwartet mit Spannung die Antwort der Opposition.
Krankreichs Seeaufrüstuug. Ils neue Schiffe. Paris . 22. Dezember. Da» Marineministerium Hot. nach Annahme seiner Vorlage durch Sammer und Senat, mit dem Vau der fünfzehn bewilligten Schisse begönne». C» handelt sich um einen Kreuzer von 10 090 Tonnen, sechs Torpedobootszerstörcr von 2300 Tonne», fünf Unterseebooten erster Klasse»oo 1Sb0 Tonnen, ein Al i u« n- Zerstörer von 760 Tonnen und zwei Ausklärungsschlsfc von 2000 Tonnen.;
parlameuisserien in England. farblose Thronrede. London , 22 Dezember.(Eigenbericht.) Mit dem althergebrachten förmlichen Zeremoniell vertagten sich am Donnerstag die beiden britischen Parlamettte bis zum 7. Februar 1928. Die vor der Vertagung der Parlamente verlesene Thronrede spricht die Befriedigung über den wachsenden Ein- fluh de« Völkerbundes zur Erhaltung des Friedens aus. Di« jüngste Ratssitzung hätte einen weiteren Schritt in dieser Richtung dargestellt. Die britisch« Regierung werde auch in Zukunft ihr« Politik unter loyaler Zusammenarbeit aus den Völkerbund stützen. Die Thronrede bedauert das Schattern der Seeabrüstungslonferenz. Trotz dieses zeitweisen Scheiterns habe die britische Regierung jedoch nicht die Absicht, eine Erweiterung des bestehenden Schiffebau- Programm» vorzunehmen. Im übrigen stellt die Thronrede wie üblich eine farblose registrierende Darstellung der Arbeiten der abgelaufenen Parlamcntssession dar.
Ein tapferer Bürgermeister. Er untersagt den(Soldaten das Schießen. „ Paris . LI. Dezember.(Sigenbencht.) Der Lürgermeifter von Peillon im Departement der See- alpen hat in seiner Gemeinde ein« interessant« Derord» nung erlösten. Er oerbietet darin allgemein, auch den Angehörigen
der französischen Arme«, auf öffentlichen Wegen von der Schyß- waffe Gebrauch zu machen, und insbesondere dem General dos Fsswngsbezirks von Nizza und sinnen Offizieren Schießübungen zu veranstalten. Der wackere Bürgermeister ließ diese Anordnung dem General zustellen, wobei er bemerkte, daß der Feldhüter der Gemeinde beaustragt sei, für die Einhallung der Vorschriften zu sorgen. Es bleibt nun abzuwarten, ob der General sich den Anordnungen de» Bürgermeisters fügen, oder sich der Gefahr eines Konflikts mit de in Feld- Hüter der Gemeinde aussetzen wird.
Hakenkreuzpleite überall. Sogar in Horthy -llagarn. In dem berüchtigten Budapestcr Pogromistenverein der„Er- wachenden Ungarn *, sind Infolge Enttäuschung der darin vereinigten Stellenjäger— die Regierung betreibt das Werk der „Erwachenden* in eigener Regie— Treibereien entstanden, die zur Amtsniederlegung und zum Austritt de» Dereinspräsidenicn Tibor Eckhardt, eines ziemlich mächtigen Horikmsten, geführt haben. Der Verein ist im Zerfall begriffen. Auch in Südflavien! Unsere Genossen in Marburg (Südslawien) haben bei der Gemeindewahl noch 170 Stimmen mehr als bei der Skupschtina- wähl vor einigen Monaten aufgebracht, die schon«in so großer Erfolg war: sie haben ihre Mandatszahl verdreifacht. 12 Sozial- demokraten sitzen setzt in der Stadtvertretung von 41 Mttgliedern. Den größten Verlust hatten die Nattanal. „6 o z i a l i st e n". Die Verusungsverhaudlung im Xeichswehrprozeß. Wie amttjch mitgeteilt wird, besteht fett dem 1. Oktober eine neue(die 3.) Große Strafkammer unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Ohneforge. vor der alle Berufungen gegen Entscheidungen dpr Abteilung 50 des Schöifengerichis Charlottenl"->rg verhandelt werden. Die Be- rufungsverhandlung in Sacke,, E a i o ni o n und o. O s s i« tz k y wird daher auch vor dieser Kommer stattfinden. Al» russische Spion« sind in Lettland 17 Personen oerhaftet warten.