Justiz von Schneidemühl . �Schulmeister« ist ZSeleidigoag.- Ziepecklilfewde siad strafftet. Kürzlich konnten wir mitteilen, daß ein Republikaner in Deutschkrone zu 20 M. Geldstrafe verurteilt worden ist. weil er gegenüber einem schwarzweißroten Rektor erklärt hat, die S ch u l m e i st e r sollten der Republik dankbar sein, daß sie so hoch gekommen sind. In dem Ausdruck„Schulmeister" sah der Staatsanwalt die Beleidigung. Der Beklagte, Ge- nasse S t u d t, hat nun gegen das Urteil Berufung eingelegt. Er erhielt nun folgendes Schreiben: Der Oberstaatsanwalt. 2 I. 13235/27. Schneidemühl , IS. Dezember 1927. In der Strafsache gegen Studt leg» ich hiermit Berufung gegen das Urteil des EchSffengericht» Deutschtrone vom 21. November ein. Die Berufung wird auf da» Strafmaß beschränkt. Die erkannte Strafe erscheint mit Rücksicht auf die Schwere d« r T o t und aus den Umstand, daß der Angeklagte wegen Betrüge» vor- bestraft ist. zu gering. gez.: Parchwitz. Die Behauptung, daß Genosse Studt wegen Betrug«» vorbestraft sei, trifft n i ch t z u. W o h e r sie der Oberstaats- anmalt hat, würde zweifelhaft erscheinen, wenn nicht Herr Parchwitz bereits bei früherem Anlaß eine überaus traurige Rolle in der Justiz gespielt hätte. Noch dem Ableben des Reichspräsidenten Ebert hat nämlich Parchwitz eine Klage abgewiesen, die sich gegen einen Post- s ch a f f n e r richtete, weil dieser neben anderen schmähenden Aeußerungen gegen die Republik über Eberl gesagt hatte: ..Gott sei Tank, daß der Hand krepiert ist.« Formaljuri st ische Vorwände mußten dazu herhalten, um die Erhebung der Klage abzulehnen. Der Preußische Richterverein, den Parchwitz zu seiner Ehren- rettung anrief, hat, wie nicht anders zu erwarten war, sich hinter den Oberstaatsanwalt gestellt, der«ine so üble Schmähung des verstorbenen Reichspräsidenten nicht ahnden zu können'glaubte. Es gehört wenig Phantasie dazu, um herauszufinden, daß das politische V o r u r t e i l des Oberstaatsanwalts bei der Unterlassung der Klage gegen den Schmäher des Reichspräsidenten und bei seinem fanatischen Eintreten für den Ehrenschutz eines monarchistischen Rektors eine ent- scheidende Rolle gespielt hat. Für das Wort„Schulmeister" gegen einen Monarchisten sind 20 M. Strafe zu wenig. Für den„verreckten Hund" gegenüber dem verstorbenen Reichs- Präsidenten existiett kein Republikschutzgesetz... Das sind die Leute, die in Deutschland die Rechtsprechung ausüben und dann furchtbar e n t r ü st e t sind, wenn von einer Vertrauenskrise in der Justiz die Red« ist. Wenn irgendwo, so hätte hier das Justizministerium nach dem Rechten zu sehen und dafür zu sorgen, daß gleiches Recht für alle Deutschen wird.
Vescherung der Gtandesherren. Reichskabinett wünscht Aufwertung der Staatsrenten. Die Liquidationsgeschädigten warten drin- gend auf eine glückliche Regelung ihrer Ansprüche. Aber das Bürgerblockkabinett hat es damit nicht eilig. Erst knapp vor den Weihnachtsserien konnte sich der Reichstag zum ersten Male mit der Regierungsvorlage befassen. Auch die Renten der Standesherren bedürfen einer gesetzlichen Neuregelung. Diese Herren verlangen die Aufwertung von staatlichen Renten, die das heutige Rechts- empfinden als unsittlich empfindet. Preußen vor allem hatte unter der Aufdringlichkeit der erlauchten Herren zu leiden. Die preußische Regierung wurde deshalb wiederholt bei der R e i ch s r e g i e r u n g vorstellig, um auf ein« reichs- gesetzliche Zurückweisung der Standesherren zu drängen. Vergeblich. Am Weihnachtsabend rückt die Reichsregierung nun plötzlich mit folgender Mitteilung heraus: Wie in der Presse teilweise bereit» mitgeteilt worden ist, hat sich da» ReichskabineU in seiner letzten Sitzung vor Weihnachten mit dem Gesetzentwurf über Auswertung und Ablösung älterer Staatsrenten und ähnlicher Renten(Standesherrenrenten) abschließend befaßt. Der Gesetzentwurf lehnt sich an die Grundsätze der Aufwertungsgefetzgebung an und wahrt nach Auf- fasiung der Reichsregiervag in besonderer Weis« auch die Interessen des Staate». Renten, deren Inhalt nach den Anschauungen der heutigen Zeit als unsittlich angesehen werden inuß. gelten als«r- loschen. Der Gesehentwurs ist zuvor In allen Einzelheilen mit der preußischen Slaotsregierung deutschgcsprochen worden, wenngleich hierbei eine restlose llebereinslimmung nicht hat erzielt werde« können, glaubte die Reichsregierung in Anbetracht der dringenden Notwendigkeit einer baldigen gesetzlichen Regelung dieser Materie den Gesetzentwurs numnehr beim Rcichsrat al» Regierungsvorlage einbringen zu sollen. Nach diesen Eröffnungen darf man ermatten, daß die Porlage mehr ein Weihnachtsgeschenk für die Standesherren wie für die preußische Regierung ist.
Krupp hat kein Geld für Arbeiter. Trost der Riesengewinne.- Bereicherung auf Kosten alter Arbeiter. Essen. 24. Dezember. Bor der 10. Zivilkammer de» Essener Landgericht» wurde heute mittag das U r t» i l in dem Prozeß, den die Kruppschen Beamten- und A r b e i t e r p e n s i o n ä r e gegen die Firma Krupp auf Weiterzahlung der Penstonen angestrengt hatten, verkündet. Der Prozeß ist für die Klägerpartei verloren- gegangen. In der Begründung wird betont, daß die in Frage kommende Satzungsbcstimmung gesetzesgemäß dem Willen und dem Sinne nach auszulegen ist. Daß aber der Will» der Firma Krupp daraus ge- richtet war. bei der Uebcrnahme der Pensionskasie keine persönlichen Verbindlichkeiten über die BermögensverhSltnisie der Kaste hinaus zu übernehmen, gehe auch au» der Vernehmung der Zeugen klar her. vor. Nach Lage der Dinge mußte daher die Klage der Pensionäre iostenpslichtig abgewiesen werden.
versonalreform in der Justiz. Die Pcrsonalresorm in der Justizverwaltung in Preußen ist abgeschlossen. Ihr Wesen besteht darin daß das Personal nach modernen und kouimönnischen Grund- ägeu umgeschichtet worden ist. Eine Denkschrift über die Reform wird demnächst erscheinen.
Geschichte einer Weihnachtsgratifikation.
»Ra, diesmal wird das personal mit seiner Gratifikastov»Zreilich, 0,e Seiten sind schlecht, man muß sparen...« zufrieden sein...«
.Außerdem- was tun die Leute mit dem vielen Geld? Sie versaufen's doch nur..
»Die Direktion hat beschlossen, jedem über zehn Lahre im Wert befchästigten Arbeiter ein Weihnachtsgeld von einer Mark fünfzig Pfennig auszuzahlen!«
Die deutsch -polnischen Verhandlungen. Die bisherigen Ergebnisse. In den Ho»rdelsoettragsoerhondlungen mit Polen ist au» Anlaß dcr Feiertage eine Pause eingetreten. Die deutsche Delegation ist nach Berlin zurückgekehrt. An die Besprechungen Streseinann-Iockowiki hatten sich bekanntlich zunächst Verhandlungen zwischen den beiden Delegationsführern angeschlossen mit dem Ziele, zunächst da» Der- Handlungsfeld abzustecken. Man hat sich dabei darüber geeinigt, nicht nur die beiderseitigen Kampfmaßnahmen aufzuheben und daneben gegenseitig einige Kontingent« auszutauschen, sondern einen kleinen Handelsvertrag abzuschließen. An diese Besprechungen der Delegationsführer haben sich dann die eigentlichen Delegationsoerhandlungen angeschlossen. Gegenstand der bisherigen Dclegationsverhondlungen war. sestzustellcn, welch« Gegenleistungen Polen für die deutschen Angebote auf dem Gebiete der Einsuhr von Schweinefleisch und Kohlen zu machen -bereit ist. In dieser Frage kann ein gewisser Fortschritt scstgestclU werden: jedoch tonnte ein« völlige Einigung darüber so- wohl in einem grundsätzlichen Punkte als auch In Einzelheiten noch nicht erzielt werden. Bei der Wiederaufnahm« der Delegation»- Verhandlungen zu Beginn des nächsten Jahre» wird zunächst darüber eine völlige Klärung herbeigeführt werden müssen. Die bisherigen Berhandlungen haben erkennen lasten, von ivelch grundsätzlicher Bedeutung für beide Teile die weiteren Absichten der polnischen Regierung hinsichtlich der Dalorisierung der pvl- nischenZolltarifsätze sind. E, liegt auf der Hand, daß jede Diskussion über die Höhe der polnischen Zollsätze solange in der Lust hängt und zu festen Abmachungen nicht führen kann, als man sich auf der polnischen Seite selbst über diese grundlegend« Frage noch nicht schlüssig geworden ist.
Amnestie in Preußen. Wie der Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, ist die Zahl der Gnadenerweise in Preußen anläßlich de» 80. Geburtstages des Reichspräsidenten inzwischen auf über 12000 g« st legen. Dabei ist in zahlreichen Fällen der Entlasiungstermin so bestimmt worden, daß die Begnadigten das W e i h n a ch t» f e st in Freiheit verbringen können.
Verhandlungen mit Trohki? Bedingungen für feine Wiederaufnahme. Wie aus Moskau verlautet, sollen durch Vermittlung Kalmin» zwischen Trotzt, und Stalin Berhandlungen im Gange sein. Trotzt! wird angeblich die Bedingung gestellt, dahersichoonder Frattionsbildung lossage, sich dem Zentralkomitee unter- werfe, sich noch dem Süden Ruhlands begebe, und die Beziehungen zu den ausländischen Opposttionsgruppen auflöse. Unter diesen Bedingungen könnte er sogar wieder in die Partei aufgenommen werden._
Das Paradies der pogromiste«. Geringe Strafen für die Pogromhelden von Großwardeln. Bukarest . 24. Dezember. Am Freitag abend wurde das U r t e i l Im Prozeß gegen neun Studenten wegen der Ausschreitungen in Großwardeln gesällt. Vier Studenten wurden zu je 10 Tagen Gefängnis, drei Studenten zu jc eine»i und zwei Studenien zu je zwei Mo- Baten Kerker verurteilt. Das Militärgericht hat dieses Urteil auf
Grund der Zeugenaussagen und der vorgelegten Dokumente gefällt. au» denen hervorging, daß die Angeklagten an den Demonstrationen teilgenommen und au» den Synagogen Parament« gestohlen haben. Bei Bemessung de, Strafausmaßes wurde das jugendliche Alter der Angeklagten und ihre bisherige Unbescholtenheit in Betracht gezogen. Die Studenten erklärten noch einmal, daß sie provoziert(!) worden seien. Um 7 Uhr abend» zog sich da» Gericht zur Beratung zurück und verkündet« nach einstündlgcr Beratung da» Urteil. Au Kundgebungen Ist es noch der Urteilsverkündung nicht ge- kommen. Militärstreik in persien . Widerstand gegen Heeresdienst. Teheran , im Dezember.(Eigenbericht.) Der Widerstand gegen dt« allgemein« Wehr- Pflicht dauert trotz aller Bemühungen der Regierung an. Die Einziehimg der Dienstpflichtigen geht mir unter großen Schwierigkeiten vor sich. In Ispahan haben die Ausgehobenen Widerstand gegen ihre Einziehung geleistet. Die Basare waren zum Zeichen de» Prot« st es geschlossen. Auch in Teheran ist da» Wzrt- schoftsleben au» den gleichen Gründen für einige Zeit stillgelegt worden, verschiedene andere große Städte Persiens sind dem Bei- spiele der Hauptstadt gefolgt. Mord unterm Weihnachtsbaum. Oer Täter stellt sich der Polizei. Der kriegsbeschödigte Arbeiter Otomy stellte sich gestern der Polizei und gab an. seine Frau getötet zu haben. Es habe sich zwischen ihnen plötzlich«in Streit entsponnen, die Frau habe in der Küche ein Messer geholt und ihn bedroht, er habe ihr da» Mesier entwunden und sie im Zorn gewürgt. Zu seinem Schrecken habe er plötzlich entdeckt, daß sie tot sei. Beamte des Reviers Oudenarder Straße eilten in die Wohnung des Otomy und fanden die Frau unter dem Weihnacht»- bäum tot daliegen. Reben der Leiche lag ein langes Küchen- mesier. Di» Angaben de» Täters werden nachgeprüft.
Ozeanflugzeug verloren. Selbstmörderische Rekordsucht. hearst Eontevt(Neufundland ). 24. Dezember. Die Western Unionstation meldet: Das Flugzeug„vawn" ist bisher von keiner kllstenstoklon gesichtet, wie der Meteorologe fcimball einem verlreler der Associated Preß erklärt, hat das Weiler- bureau vergeblich versuch«. Frau Groyson von dem Plane eine» wlnierozeaasluges abzubringen.
Nombenexplosion in Buenos Aires . Vueav» Ale«,. 24. Dezember. Durch eine Vombenexplosiou in dem vierstöckigen Ge- bände der Filiale der National Eltybonk os New Port wurden zwöls bis fünfzehn Personen zum Teil schwer verletzt. Der Sachschoden ist beträchtlich. Nach einer ergänzenden Meldung des Nenter-Burcau» ist in Buenos Aires auch in dcr Filiale dcr First Nalionalbank«f Boston eine Bombe explodiert.