Sonntag
25. Dezember 1927
Unterhaltung und Wissen
Drachenzeit und Bernsteinwald
Bon Billy Ley.
Um die Weihnachtszeit pflegen einem von Leuten, die anschei nend wirklich nichts Besseres zu tun haben, immer wieder Christbaumgeschichten erzählt zu werden. Boetische und prosaische. Eine Variation der gewöhnlichen Weihnachtsbaumgeschichten sind die mehr historischen Inhalts, daß der erste Weihnachtsbaum 1605 in Straß burg errichtet worden sei, daß also das hübsche Bild der Familie Luther unter dem Weihnachtsbaum auf einem historischen Irrtum beruhe, daß er erst in neuester Zeit auch im Auslande Verbreitung gefunden habe, was unsere großen Dichter über den Weihnachts baum gejagt haben und was die alten Germanen für eine ähnliche Sitte gehabt haben, jedenfalls, ob, wieso, wie lange, weshalb usm. Ich sehe nun nicht ein, daß nicht auch der Naturwissenschaftler einmal sein Christbaummärchen erzählen soll.
Da muß nun gleich zu Anfang wieder ins Leh: hafte gegangen werden. Der Begriff„ Weihnachtsbäume" muß zunächst auf alle Nadelhölzer( der Fachbotaniker fagt Koniferen, zu deutsch Zapfenträger) ausgedehnt werden. Man ist ja in Deutschland nicht sehr wählerisch mit der Bezeichnung der einheimischen Koniferen, der Weihnachtsbaum ist eine Tanne", in Wirklichkeit gewöhnlich eine Fichte, und die Vegetation des Grunewalds bei Berlin , den ieder echte Berliner mit Fichten" bevölkert, besteht aus Kiefern. Die wirkliche Tanne wird entweder Blau- oder Doppeltanne genannt oder überhaupt für eine fünstliche Züchtung angesehen. Für uns hier gehören mun zu den Weihnachtsbäumen außer diesen drei Gewächsen noch die Araukarien( 3immertannen).
Die Araukarien sind nun auf unserer Erde ein uraltes Gefchlecht. Ihre gegen die heutigen Formen redyt menig verfchiedenen Borfahren reichen weit zurüd in der Erdgeschichte, rüdwärts über die große Eiszeit und die davorliegende warme Tertiärzeit, von der es heißt, daß ihr Tropenflima langjam zurüdtommt( im nördlichen
Eismeer bei Nowaja Semlja hat man Tiere gefangen, die sich sonst so weit nördlich nicht vorfanden, ein erstes Anzeichen), hinaus bis in die Drachentage der Kreide und der Jurazeit. Die großen Saurier vom Geschlecht der Raubdrachen lauerten in Arautariendickichten auf ihre Beute, und der sagenhafte Urvogel, der Archaeopteryg, machte in den Gipfeln großer Arautarien seine Flatterver suche. Das ist aber immer noch nicht der Höhepunkt des Arautarienalters.
Archaeopteryg und die Drachen lebten im Jura, banor tam die Trias, die dreigeteilte Erdepoche mit ihren drei Unterabteilungen Keuper, Muscheltalt und Buntsandstein, vor dem Buntsandstein endlich die Bermperiode, die schon einmal eine Eiszeit fannte. In dieser Permperiode unterscheidet man wieder noch zwei Epochen, eine jüngere( Bechstein) und eine ältere.
Bon dieser älteren Abteilung der Permzeit haben wir bei Chemnitz größere Ablagerungen aufgefunden und in diesen Schich ten des sogenannten Rofliegenden große Mengen von Arautarienresten, die Walchien".
So alt sind also unsere Weihnachtsbäume" schon Menschen gab es noch nicht im Zechsteinwald von Chemnik, die ersten Säugetiere überhaupt entstanden damals gerade auf der Südhalbkugel der Erde im vertlungenen Weltteil Gondwanaland . Auch Reptile tennt man nicht aus der Gegend, nur einige allerdings krokodilgroße und gewiß weit biffigere Amphibien, darunter die in allen Abhandlungen über die vor der Bermperiode grünenden Steinfohlenwälder vielbelagfen Archegosaurier. Biel mehr wissen wir aber von den ur alten Walchien nicht. In der Frage ihrer Abstammung tippt man auf gewisse Gewächse des Steinfohlenwaldes, aber ohne rechte Sicherheit. Eine Arautarie( A. imbricata, die Engländer nennen fie wegen der diden Stacheln sehr hübsch Affenverdrußbaum) sieht Den alten Bärlappgewächsen recht ähnlich, andere Weihnachtsbaumverwandte, die seltsamen, nur noch in einer Art lebenden, aber chemals weitverbreiteten Ginglos, die schon Goethe befungen hat, fcheinen an die Farne anzuschließen, troßdem fie äußerlich Laubbäumen am ähnlichsten sehen.
Bon den neueren Typen dieses Stammes wären in erster Linie die Sumpfzypressen zu nennen, die berühmten Charakterbäume der Cypress- swamps in den United States . Jezt auf die neue Welt beschränkt, wuchs sie in der Tertiärzeit auch bei uns und beteiligte fich start an der Bildung der Braunkohlen. Sie war damals überhaupt weltweit verbreitet, fonnte sie es doch wagen, in dem warmen Tertiärtlima bis nach Grinnelland zu gehen.
von
Nahe verwandt mit den Sumpfzypressen ist übrigens ein eigenartiges Pflanzenwesen( Glyptostrobus) im öftlichen China den Söhnen des Himmels Wasserfichte" genannt- die Weihnachtsbäume müssen sich schon einige Namensverdrehungen gefallen lassen.
Alle diese Gewächse haben mit unserem gewöhnlichen Weihnachtsbaum schon nur noch sehr schwache Aehnlichkeit, die vollends in die Brüche geht bei einem ebenfalls hierhergehörigen Gewächs, das auch in Amerika seine lehte Heimstätte auf unserem Planeten gefunden hat. Diese legte Heimstätte fönnte nun wirklich nicht gut anderswo sein, als eben in Amerika , dem Lande des" the biggest in the world".
Ich spreche von den Sequoien, den Mammutbäumen. Benn wir fie hier auch als Weihnachtsbäume bezeichnen, die Wesen, die wirklich einen Weihnachtsbaum daraus machen fönnten, dürften bestimmt keine Menschen sein. ich vermag noch nicht einmal zu sagen, ob es Eddariesen sein könnten, denn ich weiß nicht, ob die groß genug wären. Die Mammutbäume schlagen selbst amerikanische Wolfenfrakerrekorde mit Höhen von 120 und mehr Metern, nur der australische Eukalyptus, eine Myrtacee, übertrumpft fie noch. Echt amerikanisch flingt der Bericht, den ich hier vor mir liegen habe. daß auf dem abcesägten Stumpf solchen Baumes eine Tanzfapelle und vierzehn Paare sehr reichlich Platz hatten.
Doch die Tage des Mammuthaines in Kalifornien find gezählt. Die Indianer haben schon zur Zeit des Kolumbus die Stämme der Sequoien( auch das Wort Sequoien ist indianisch) ausgebrannt und als Wigwam benutzt. Trogdem leben sie noch. Aber wie lange
noch?
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Ich glaube, der Großteil meiner Leser hatte noch nichts gehört von den Walchien des Berm, den Araukarien de: Drachenzeit und den Tarodien unserer Braunkohle. Aber von einem anderen urweltlichen Verwandten unserer Weihnachtsbäume hat er beſtimmt fogar schon etwas gesehen. Die Bäume, von denen jekt gesprochen wird, würden, sollten sie jetzt noch irgendwo grünen, faum jemand auffallen. Sie wuchsen in der schon oft genannten marmen Tertiär zeit auf deutschem Boden und lieferten uns den Bernstein . Auch das Weihnachtsbaumverwandte! Sogar ganz echte Nadelhölzer aus der engsten Verwandtschaft. Ob nun gerade die Bernsteinerzeuger echte Kiefern oder echte Fichten waren, ist neuerdings wieder inmal Streitfrage geworden, jedenfalls waren es Riefern oder Fichten. Nach der Tertiärzeit tam die große Eiszeit des Diluviums und nach dem Abzug ihrer Gletscher die heutige Periode, in der wi: auf ein entschieden wärmeres Klima zumarschieren.
Wir sind wieder daheim. Ueber die Zeiten des Walchienwaldes, der Drachenzeit, des Bernsteinwaldes und des Braunkohlenmoores wieder in unserer Epoche angekommen. Und von den Waldrien über Gingfos, Sumpfanpreffen wieder zu unserem Weihnachtsbaum. Go endet auch das Weihnachtsmärchen des Naturforschers wie alle anberen Märchen in der Gegenwart mit der behaglichen Ruhe der Scheinbaren augenblidlichen Stille im Fluß der steten Entwidlung
Zwei Studien.
Bon Kaloddrichkeit.
Rleine Tangerin
Im Proletenviertel unserer gebenedeiten, schier in den Himmel progenden Stadt, in unserem Broletenviertel, das so gänzlich jeder Romantik entbehrt, wo das Stückchen Papier auf dem Fahrdamm fofort von berufs- und gewohnheitsmäßigen Anstoßnehmern beanstandet wird, in diesem unseren Viertel der blizeblanken Straßenfronten und der erbärmlichen vor Mist erstarrenden Hinterhöfe, dort liegt ein Kabarett.
Die Tänzerinnen, die auf der fleinen Bühne umberhüpften, figen jetzt an einem kleinen, runden Tische und liebäugeln mit den Talmifavalieren, mit Arbeitern, jungen Burschen und einigen Reichswehrsoldaten. Denn es ist schon recht spät, die lezten Straßenbahnen bimmeln draußen vorbei und von der Gage fönnen sie nicht leben.
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Jene unschönen, unteuschen Mädel, die hier hoden, mit den junge Geschöpfe, die nun schlanken Baden, jene Tänzerinnen nicht mehr( haha) Gefahr laufen, strichen zu müssen, da ja die Prostitution aufgehoben ist, auf- ge- ho- ben! Prostitution aufgehoben ist, auf ge- ho- ben! aber früher oder später mit syphilitischen, vermaledeiten, weißhäutigen Körpern die Krankenasyle überfüllen, jene so unglaublich bemitleidenswerten Tänzerinnen find fein wanderndes Bällchen, das tingelnd und tangelnd von Ort zu Ort, von Lokal zu Lokal fein armseliges doch Luftiges Bagantenleben führt. Nein, diese jungen Beiber die wahrhaftig teine blasse Ahnung von der göttlichen Eingebung des Tanzes haben refrutieren sich aus arbeitslosen Stenotypistinnen, weggelaufenen Lehrmädchen und so weiter.
Da fißt solch ein Mädel mit häßlichen, gefniffenen Augen, mit lüfternem, grillem Munde, mit einem sehr, sehr kurzen Keibe und trinti ein Glas Bier. Sie trinkt es mit haftigen, eiligen Schlucken. als ob die vertierte Menschheit ihr nicht einmal dies gönne.
Da tritt durch die offene Tür ein altes, verhärmtes Beib mit einem geflicten Mantel herein, geht auf jenes eben definierte Mädel zu, füßt es auf die Stirn und sagt:
Ra, mein Kind, hafte schon deine Gasche?"
Nee Mutta," sagt das blasse Mädel ziemlich laut und schamlos, du meest doch, der Direktor will doch wat ham for fein Jeld. Unn id tann doch heute nich, de meest doch..."
,, Na jut, mein Kind, dann wer' id man jehn, bie Rellertreppen scheuern....
Adjeh, Mutta..."
Adjeh, mein Kind, unn tomm ma nich zu spät nach Hause." Dann rüdt das Mädel zu mir heran und sagt, die mabbefigen Schenkel an die meinen stellend:
Det is nu das Leben, Herr..."
Die Barbame
In jenem Biertel der lüsternen, hündischen, gotterfüllten, gigantischen Stadt, in jenem Viertel, in dem die Grenze liegt zwischen offenbarer Tierheit und übertünchter Gemeinheit, zwischen Brillanten und Sittenpolizei, zwischen Vohimbin und Gonorrhoe, in jenem Biertel, wo das Weib aufhört, Dame zu sein, wo es beginnt, Sure zu werden, wo die Zuhälter mit Monotel und Lackschuhen einher latschen, dort liegt eine Bar. Eine Frau fizt hier zwischen dem Tosen der Jazzbanden, zwischen Lüstlingen, Nutten, Negern, Bohémiens und Berufsspielern, eine Frau, deren Beruf es ist, zu lachen. Sie lacht während die lesbischen Frauen fich fnutschen, während die homosexuellen Herrchen sich Koseworte zuraunen, während die Rutten auf den Knien der Herren der Gesellschaft ihr sinnetrübendes Dasein fristen, während der Opapa mit dem schütteren Bart mit Life
Beilage
des Borwärts
fich amüsiert. Mit Lise, die mir vor zwei Jahren Modell gestanden hat.
Sie lacht...
Und der bide Rommerzienrat, der sie dauernd unterm Kinn Pigelt, das besoffene Schwein grölt den neuesten Schlager: Wer hat den nadten Neger in die Sommersprosse hineingepieft...?" Sie ist blond und heißt Helga, sie ist schön und unfagbar verwahrloft. Sie ist eine Proletin, denn sie fennt unsere Gesellschaft, da wo sie ihre wahren, ihre tierischen Instinkte offenbart, fennt diese Herrchen, diese näselnden Referendare mit der unbefleckten Ehre, die so manche Life Kolomak auf dem Gewissen haben. Kennt diese feine, aristokratische, antisemitische, antiplebejische, Bildung strogende Gesellschaft. Deshalb ist sie eine Proletin, weil sie diese, unsere Gesellschaft haßt. Haßt mit aller milden Bollust ihrer Seele.
Sie lacht
Und dieses ihr Lachen ist frech und gemein; aber bei all' ihren unbändigen Lachen blicken ihre Augen trübe und trauernd in das Chaos der Seidenbeine, des Sagaphongeplärre, der entblösten Lüfte und Brüste. Sie ist traurig, denn das ist ihr Gefühl, traurig zu sein in der Welt der törperlichen und moralischen Seuche, in dieser Welt, die sie bis zum Erbrechen fennt. Sie lacht, denn das ist ihr Beruf, zu lachen und sie bekommt von jedem Drink Prozente. Und dieses Lachen gehört doch zum Geschäft, nicht wahr? dieses Lachen gehört doch zum Geschäft, nicht wahr?
Da tritt ein junger Mann mit fuchenden Augen, mit einer fiebernden Seele in die Bar.
Da erstirbt ihr Lachen.
Bat is' n los, Buppchen?" fragt das besoffene Schwein. Nichts, Süßer, gar nichts..."
Romm näher, Kleiner!" versucht fie zu lachen.
Ihre Augen verschlingen den Jungen.
Da tritt er heran, ganz nahe. So nahe, daß die Spizen threr Brust seine Hände berühren.
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Da sagt er ganz leise und seine schönen, unergründlichen Augen senken sich in ihren Blick da sagt er:
Liebe Mutter..."
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Da wird sie ganz bleich unter der Schminke. Da sagt sie zu dem Besoffenen: So, siebzehn Mark fünfzich, bitte".
Das verschmähte Geschent. Bon D. Luschnat.
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,, Bon Gott ous betrachtet, ist der Mensch eine Krankheit. Aber mas ist Gott vom Menschen aus betrachtet? Eine Notwendigkeit? Ein Feind? Oder ein Nahrungsmittel? Der Mensch tommt sich selbst mit unermüdlicher Zärtlichkeit entgegen, als sei das Weltall in ihm vollkommen geworden. Seinen Gott liebt er fast ebenso sehr wie sich selbst. Meist aber etwas weniger. Und wenn er sich auch mit ganzer Inbrunst ihm zumendet, so mill er immer noch etwas dafür haben. Belohnung oder mindestens Lob für seine außergewöhnliche Zuneigung.-3ft es aber möglich, daß Gott seine eigene Krankheit labt?
Bei diesem Satz hörte der langbärtige Weisheitsfreund auf zu schreiben. Es schien ihm, als ob das vielleicht der Fall sein tänne, aber er mochte da nicht weiter vordringen. Er widelte seine Hände, die talt waren vom Schreiben, in den Bart und schloß die Augen. Da fah er im Halbtraum jemand, der etwas in der Hand hielt, das er ihm geben wollte. Du bist stets ein guter Soldat gewesen," hörte er, hast dich mit allerlei Geistern herumgeschlagen. Weil du tapfer warst und nie bequeme Wege suchtest, will ich dir etwas fchenten. Nach einer Meile hörte er wieder: Du fragst gar nicht, mas ich dir schenken will? Bist du nicht neugierig?"
Wieder nach einer Weile: Ich will bir Gott schenken! Nimm!" Der Weisheitsfreund schüttelte den Kopf: Ich nehme nichts gefchentt. Wer weiß, woher du den Gott da gestohlen haft."
Der brave Soldat Schwejf spricht:
Ueber militärische Weihnachtsfeiern.
Weihnachten", erzählte Schmejt, hab' ich beim Militär mehr I fach gefeiert. Und es ist sehr erhebend gewesen. Das erstemal, wie ich noch Refrut gewesen bin, hat es in der Früh geheißen:„ Antreten zum Gottesdienst! Katholiken links raus, Protestanten rechts raus!" Bin ich allein in der Mitte stehen geblieben.
" Du Idiot," hat mich mein Feldwebel angebrüllt, du Schwein, willst du vielleicht nicht die Geburt deines göttlichen Er,, Melde gehorsamst, ich bin Dissident," hab' ich losers feiern!" erwidert So," hat er gefeigt, dann fannst du mal während der Kirchzeit die Latrine fegen" hab' ich mich schnell unter die Protestanten gemischt und bin zur Kirche gegangen. Aber der Feldwebel hat einen Berdacht geschöpft und ist revidieren gekommen und hat gebrüllt wie ein Unsinniger: Wo steckt das Schwein, der Schweit?" Wie er mich nachher hat gesehen, hat er mich angefahren: Wo hast du Halunke dich rumgetrieben?" ,, Melde gehorsamst," Herr Feldwebel," hab' ich gesagt, daß ich mich hab' im Gottesdienst rumgetrieben, vor Schreck bin ich protestantisch geworden; aber es ist ein Irrtum gewesen, denn vorher war ich Katholif. Aber sie haben auch bei den Protestanten eine sehr schöne Religion. Der Herr Pfarrer hat fo angenehm gefäufelt, mährend daß unser Feldfurat immer laut gebrüllt hat, und man hat gut bei dem Herrn Pfarrer sdlafen fönnen."
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Das andere Mal aber hab' ich die Predigt wohl gehört, denn das ist schon im Krieg gewesen, wie ich im Lazarett gelegen hab Da haben sie tlugerweise die Bescherung gleich beim Gottesdienst mit aufgebaut, und wer nicht zum Gottesdienst gekommen ist, hat auch teine Beicherung gehabt und nichts von den Bulswärmern abbekommen, die der Vaterländische Frauenverein aus Wolle- Ersatz für die Schwerbeschädigten gestrickt hat. Es hat aber nicht gereicht auf die große Zahl, und so haben nur die bekommen, die arm amputiert gewesen find. Aber dafür haben die anderen jeder ein Taschentuch bekommen, mit dem Bildnis Seiner Majestät des Kaisers in der Mitte, und wenn man sich hineingeschneuzt hat, so ist es ihm im Schnurrbart hängengeblieben. Etlichen aber hat man ,, deutschen Heldentanaster" beschert, und einer hat ihn noch beim Gottesdienst geschnupft und er hat sich sofort erbrechen müssen, grad wie der Lazarettinspektor dem Baterländischen Frauenverein gedankt hat, für seine warmherzigen Spenden. Später haben wir den Ranafter auf die Fußböden in unseren Zimmern gestreut, und er ist gut gewesen gegen das viele Ungeziefer, das es im Lazarett hat gegeben. Am Schluß aber find Damen herumgegangen mit schwarz
weißroten Schärpen und haben jedem noch eine Ansichtskarte geschenkt, darauf hat ein Gedicht gestanden von dem großen vaterländischen Dichter Paul Warnde und es hat angefangen: Mein deutsches Volf, beachte dies, Was ich dir sagen möchte: Der Gott , der Eisen wachsen ließ, Der wollte teine Knechte. Doch hat er's Eisen gut verstect In Longwy - Brien's Spalten Da haben wir es nun entdeckt, Das müssen wir behalten.
Und mir haben also gewußt, daß wir bis zum siegreichen Ende ausharren müssen, damit daß der Paul Warnde das Eiserne triegt, und hat Gedichte gemacht auf den Heldentod der anderen. Aber zu mir er hat es sich wohl verdient, denn er ist hübsch daheimgeblieben und hat eine feine Dame gesagt, und sie hat gelächelt, daß ihr fast die falschen Zähne ausgefallen find: Ihr lieben Feldgrauen, dies Gedicht bekommt ihr für den Bein, der leider nur für die Herren Offiziere gereicht hat."
Aber der Pastor hat sehr schön gepredigt und er hat gesagt: Ihr Lieben, nehmet euch ein Beispiel an der Flamme der Weihnachtsferze. Zum Ersten, sehet, wie die Flamme stets nach oben Beiget, so soll der Soldat stets nach oben bliden und Bertrauen haben zu seinen Vorgesetzten. Zum Zweiten aber nehmet euch ein Beispiel an der Flamme der Weihnachtsterze..."
Und wie er das gesprochen hat, ist ein Unglüd geschehen. Es hat nämlich eine Kerzenflamme nach oben geleckt und eine von den schönen Papiergirlanden angezündet, die die Damen vom Vater ländischen Frauenverein für unseren Weihnachtsbaum aus schwarz weißrotem Glanzpapier geschnitten hatten.
Und im Nu hat der ganze Baum in Flammen gestanden, und die Damen vom Baterländischen Frauenverein haben geschrien und find in Ohnmacht gefallen und der Herr Pfarrer hat totenbleich gestanden und nur geröchelt. Wie aber der Brand ist gelöscht worden, ist der Herr Pfarrer noch ganz verwirrt gewesen und hat ge stammelt: Wo war ich doch stehengeblieben?" Bin ich vorgetreten, hab' falutiert und gefagt: Melde gehorsamst, Herr Pfarrer, daß wir Soldaten uns werden ein Beispiel nehmen, an dem, was Jonathan Kerzenflamme gemacht hat,"