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listische Arbeiterschaft kann und darf sich nicht im Bereich der Arbeiterbewegung auf den Boden der ,, gegenseitigen Richteinmischung" stellen. Das ist überhaupt fein realer Boden. Denn wie vor kurzem Bucharin in seiner groben Antwort an Paul Löbe   und Otto Bauer   bestätigt hat, ist die russische Kommunistenpartei gar nicht imstande, ihre Einmischung in die Angelegenheiten der westeuropäischen Arbeiterbewegung wirklich einzustellen. Zumal die russische Partei die Sektionen der Komintern  , wie Rjasanom erflärt hat, als Kriegsreserve im Rücken der Feinde" betrachtet. Auch aus rein innerpolitischen Gründen können die Bolschewiki sich von ihren weltrevolutionaren Aufgaben" nicht lossagen, wenn sie nicht die bolschewistischen Arbeiter Rußlands   in die Arme der Parteiopposition treiben wollen. Die sozialistische Arbeiterschaft Westeuropas   fann und, darf sich aber auch nicht auf den Standpunkt der gegen= feitigen Nichteinmischung" stellen, wenn sie nicht gewillt ist, das unterdrückte russische Proletariat in schwerster Beit im Stich zu lassen.

Nur die demokratische Ueberwindung der terrori­stischen Bolschemistendiftatur fann ihre bonapartistische Ent­micklung mit allen ihren friedensgefährlichen Folgen vereiteln. Zu passiv, zu schwach, zu verirrt sind nach zehn Jahren der Gewaltherrschaft der russischen Arbeiter, um ohne die aktivste Unterstützung der gesamten sozialistischen   Arbeiterschaft ihren Kampf für Koalitionsfreiheit, Bürgerrechte, demokra tische Republit aufnehmen zu können. Bleibt diese Unter­stüßung aus, dann entsteht die Gefahr, daß die durch den Zusammenbruch der Oktoberillusionen verzweifelten russischen Arbeiter zum Opfer des Faschismus werden und für lange Zeit für die Befreiungsbewegung des Weltproletariats ver­loren gehen.

Die russische Krise mahnt das gesamte Proletariat West­ europas   an seine Pflicht der internationalen Solidarität gegenüber der russischen Arbeiterklasse, die, geistig und orga­nisatorisch entwaffnet, einer schweren Krise entgegengeht...

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Rücksichtslose Interessen- Politit" treiben die Deutschnationalen nach dem Zeugnis der Bolts­partei!

Infolge des Urteils des Staatsgerichtshofs ist der Landtag von Mecklenburg Strelig aufgelöst worden Die Neu­wahlen sollen am 29. Januar stattfinden. Das stellt sämtliche bis­herigen Parteien vor neue Wahlaufgaben. Die Deutsche Bolts partei, bisher ein Anhängsel der Deutschnationalen, hat nun auf ihrem Vertretertage plötzlich entdeckt, daß sie von dem großen Koali­tionsbruder völlig an die Wand gequetscht werde. Deshalb ver­öffentlicht sie eine Erklärung, daß sie nicht mehr wie bisher das fünfte Rad am Wagen der Deutschnationalen sein wolle. Denn die Politik der Deutschnationalen in Mecklenburg   sei die gerade und folgerichtige Fortsetzung der Politik der Ritterschaft in den ständischen Landtagen, die sie dort durch Jahrhunderte geführt haben. Sie sei nichts anderes als frasse und rücksichtslose Intereffen­politik, die schon im alten Staate eine Gefahr gewesen und die jetzt nur insoweit geändert wurde, als die Deutschnationalen gegen fteuerliche und wirtschaftliche Vorteile die Ver­waltung des Landes den Demokraten auslieferten!

Der Sturm auf Suhl  .

Die KPD.  - Zentrale schließt aus.

Die Zentrale der KPD. unternimmt einen Sturmangriff auf die Stellung der kommunistischen   Opposition in Suhl   im Thüringer wald  . Sie will die Opposition in der Organisation zerschlagen und den oppofitionellen Suhler   Bolts wille" wieder in die Hand bekommen.

Um 24. Dezember hat sie sechs Oppositionelle in Suhl   ausge schlossen: Guido Heym  , M. d. L., politischer Leiter des Unter­bezirks, Ernst Greiner, Dstar Weiß, Friz Anschüz, Karl Heym  , Organisationsleiter, Fritz Beyersdörfer, alles Mit­glieder der Unterbezirksleitung. Damit hat die Zentrale die Mehr­heit in der Unterbezirksleitung.

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Ueber den Zeitungskampf unterrichtet ein Brief aus Gleiwit an den Suhler   Volkswillen":

Marinemerst. Ohne Urteil zieht sie einfach wohen­lang dem Maschinisten den pfändbaren Teil seines Lohnes ab.

Das wäre so zwanzig Jahre lang vor sich gegangen, bis der Schaden bezahlt gewesen wäre, wenn der Maschinist nicht seinerseits das Landesarbeitsgericht Osnabrüd angerufen hätte, das feststellte, daß den Maschinisten keinerlei Verschulden träfe und die Marinewerft fein Recht gehabt hätte, den Lohn ein­zubehalten. Das Verhalten der Marinewerft aber ist so rigoros und unfozial, daß es verdient, auch an dieser Stelle angeprangert zu werden. Wenn schon Sparsamkeit, dann an der richtigen Stelle!

Borah treibt Coolidge  .

Für einen allgemeinen Friedenspaff.

Paris  , 27. Dezember.

,, Werter Genosse! 3u Deiner Information möchte ich Dir folgendes gehörte Gespräch auf dem hiesigen Partei Der Matin" erhielt Erklärungen des Senators Borah über den bureau zwischen den Genossen Wnschka und Smolta, der Vorschlag des Abschlusses eines französisch- amerikanischen Frie­meines Wissens in der B.-L. in Jena  , Gew.- Abt., fißt, übermitteln. de   nspattes. Borah führt aus, es erscheine ihm vollkommen Auf die Frage von W., was es Neues in Suhl   gibt, fagte S.: In far, daß man niemals wirkliche Fortschritte zum Frieden hin machen Suhl   haben uns den Bolkswille" geflaut, aber bis zum fönne, solange man anerkenne, daß der Krieg berechtigt fet 15. Januar werden wir es geschafft haben, bis und solange man ihn mit dem Mantel des Ruhmes decke. Der größte jetzt haben wir durch unsere zwei Zeitungen, die wir reinschmeißen, Teil der Menschheit sei gegen den Krieg und vertrete die Ansicht, bereits 2000 2bonnenten dem Bolts wille abge= jagt, der muß pleite gehen, nächstens wird Guido Heym   daß er eine verbrecherische Handlung sei. Was man brauche, sei ein rausgeschnissen. Auf die Frage von W., wieviel Mitglieder in Gefeß und die Organisation, die es erlaubte, die wenigen Männer, Suhl   find, folgende Antwort: 450 Mitglieder, aber nur Brodie Kriege hervorriefen, verantwortlich zu machen. Selbst­leten. Der Unterbezirt ist für uns sehr wichtig." Derständlich könnten zwei Nationen allein den Krieg nicht verfemen, aber amei mächtige Nationen, wie die Vereinigten Staaten und Frankreich   könnten den Ruhm erwerben, Wegbereiter zu fein.

die Einheit der Arbeiterklaffe, wie sie sie auffaffen! Das ist der proletarische Befreiungskampf der Kommimiften,

Deutsche Propaganda.

Deutsche   Schiffsgesellschaften boykottieren ein deutsches Blatt

Wie das Berliner Tageblatt" mitteilt, haben im Jahre 1923 die deutschen   Schiffahrtsgesellschaften dem deutschen   Argentini fchen Tageblatt" die Inferate entzogen, weil es republikanisch ist und über die Berhältnisse im Ausland objektiv berichtet.

Ein früherer kaiserlicher Offizier, jetzt Angestellter des Nord­deutschen 21ond, jucht jetzt im Auftrag feiner Generalagentu fremde Schiffahrtsgesellschaften zu bewegen, sich dem Boykott anzuschließen. In einem Falle hat er Erfolg gehabt, der Holländische Lloyd" ist dem Verlangen nachgekommen.

Das ist die Auslandspropaganda der deutschen   Schiffahrtse gesellschaften für das Deutschtum!

Sparsamkeit in der Marine.

Oder der schadenersahpflichtige Maschinist. Man schreibt uns:

Marineetat die Ziffern von Jahr zu Jahr anschwellen läßt und Wer mit Sorge die Verschwendung beobachtet hat, die im uns insbesondere eine für die fleine deutsche Flotte taum glaubliche Anzahl von Admiralen und sonstigen gut bezahlten, aber nicht Die Bolkspartei kündigt an, daß sie nach den Wahlen im gerade mit Arbeit überhäuften Kommandostellen beschert, wird mit Bedarfsfalle eine Koalition mit der Linken eingehen merken. Leider ist aber das Opfer dieser Sparsamkeit nicht einer der großer Freude einen fleinen Ansaz zur Sparjamteit be­merde, wie sie bisher mit der Rechten ging. Nur wird nicht ganz Herren, sondern ein Maschinist der Marine werft flar, ob diese Bandlung wegen der trassen und rücksicht sehen eta, on en geworden. Diefem, einem Familienvater, war lofen Interessenpolitik der Deutschnationalen" oder wegen der Verwaltung durch die Demokraten vor sich gegangen ist. Das letztere scheint wenig wahrscheinlich, denn an Interessenpolitit hat es die Boltspartei doch auch nirgends fehlen lassen.

Die Verschidungszeit Dr. Roldins- wegen Veranstaltung einer Weihnachtsfeier für deutschfüdtiroler Kinder! ist von fünf auf zwei Jahre herabgesetzt worden.

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Die Katastrophe.

Der schwarze Tod holt sich seine Weihnachtsopfer. Aus Dortmund   wird uns geschrieben: Das frohe Weiß Der letzten Wochen wich plöglich einer dumpfen Karfreitagsstimmung. Dumpf und grau hing der niedrige Himmel über dem dunklen Revier an der Ruhr. Regen rann aus schweren Wolken.

Auf den Werken und Gruben des Reviers rüstete man sich zur letzten Schicht vor dem Fest. Stunden noch, und der heilige Abend", der als des Festes schönster Mittelpunkt gilt, brach an. Da bäumte sich schmerzvoll das dunkle Revier. Gerüchte sprangen auf von einem schweren Unglüd. Die Rettungswagen der Bechen  Donnerten durch die in nächtlichem Schweigen liegenden Zechen­tolonien, Erregte Stimmen sprangen auf.

Frauen, die schon ihre Männer von der bald beendeten Nacht schicht zurückerwarteten, sprangen von ihrem Lager. Rannten hinaus in den rinnenden Regen, in den sprühenden Gischt. Wo ist es?" sprang eine Frage auf. Wo?"

es passiert, daß während seiner Dienststunden ein Kessel einen Schaden erlitt. Den Schaden verlangte die Werftleitung in Höhe Don 7000 Mart von dem Maschinisten erfeßt, obwohl der Betriebsrat sich einmütig für ihn aussprach.

Ein anderer Arbeitgeber würde wahrscheinlich einen Angestellten in derart schlecht bezahlter Stellung überhaupt nicht erjaßpflichtig machen oder ihn zunächst einmal verklagen und so eine Fest. stellung der Schadensersaßpflicht herbeiführen. Anders die

fals, das dem ewig leidenden Menschen noch die fargen Freuden des Weihnachtsfestes vergällt. Denn es ist nicht das erstemal, daß der Tod seine Opfer am Weihnachistage fich holt. Auch er will sein Opfer an diesem Tage, an dem alles fich opfert und schenit. Und sei es auch nur, daß er hinmeisen mill auf das große Opfer, das die Männer der Arbeit an jedem Tage bringen und das die Herren so leicht vergessen bei ihrem Lamentieren über die Unrenta­bilität ihrer Werke. Sei es, um in einem Augenblid, wo der Druck der drohenden Aussperrung vom Revier genommen wurde, zu zeigen, daß diese dunklen Männer, die der Hunger bedrohte, jeden Tag ihr Leben, ihre Gesundheit und das Glück ihrer Familien Gegenspieler ersegbar sind. Werte, die auch dann, wenn die, die aufs Spiel feßen. Und das find Werte, die nicht wie das Geld ihrer sie einfeßen, das Spiel gewinnen, nicht ins Unendliche wachsen, wie das Geld und die Macht der Herren.

Aber es wird eine Zeit fommen, die diese Opfer nicht mehr braucht, die diese Werte, die den Herren von heute nicht oder wenig gelten, höher bewerten wird als alles Gold dieser Erde. Und wo das Spiel des Lebens, in dem heute noch die Armen alle Opfer Ich weiß es nicht," ist die Antwort. Der Rettungswagen von unbefleckt sind vom Blut und Elend der Schaffenden. bringen, gleich auf gleich gespielt wird, und die Gewinne des Spiels E. G. Dorstfeld ist durch.

Mein Mann ist auf Dorstfeld."

Nein, auf Dorftfeld ist es nicht. Der Wagen fuhr nach Lütgen­Dortmund."

Dann ist es auf Neu- Iserlohn!" sprang plötzlich ein Schrei an den Wänden der niederen Häuser hoch, und eine Frau rannie wie von Furien gejagt in die dunkle, schweigende Nacht. Immer noch rann der Regen. Von den nahen Kokereien flammten die Desen wie riesige Totenfackeln.

Dann matterte wieder der Rettungswagen durch die Nacht. Er fam zurüd von der Stätte des Unglücks. Was war?" fragen die Wartenden und sind schon freier in ihrem Fragen.

"

Was war?" fragt es dringlicher.

Molfe".

Persönliche Erinnerungen an Hermann Molfenbuhr. Bon Philipp Scheidemann  .

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... Ich habe ihn aufrichtig verehrt und geliebt. Er war ein Mensch ganz besonderer Art. Er hatte für die erste Stunde der Bekanntschaft Rörperhaltung war schlecht, jein Gang bireft antimilitaristisch. Das ganz gewiß nichts gerade Bestechendes. Seine Reden fiel ihm nicht leicht, er brauchte mitunter drei und mehr An­fäßze, bis das erste Wort heraus war. Aber wem das Wesen dieses

Eine örtliche Kohlenstauberplosion auf Neu- Iserlohn  . Die Leute seltenen Mannes sich einmal erschlossen hatte, der sah durch die Belle find schon oben."

Tote?"

Sechs, und zwei Berlekte."

Sechs Männer fielen in dieser Nacht, die die letzte ist vor dem Fest. In sechs Häusern sollten am Abend statt der Weihnachts ferzen die Totenlampen brennen. Sechs Frauen find, Gattinnen oder Mütter, in deren Augen dieser Abend keine Freude, sondern tiefen, unauslöschlichen Schmerz fand.

Sechs Männer find nicht mehr. Menschen, die tagaus, tagein hm Dunkel der Grube sich durften, die, auf Kleinen Lokomotiven fihend, durch die Nächte der Grube fuhren, um Kohlen herauf zuschaffen in das Licht der Herren, atmen nicht mehr.

Dumpf und hohl kam der Morgen Die Zeitungen berichteten noch nichts. Aber die Gerüchte freisen und schwellen ins Ungeheure. Berwünschungen werden laut gegen die Sinnlosigkeit eines Schid

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hindurch in ein findlich Gemüt und ein mutiges Herz, das in inniger und zu allen Opfern bereiter Liebe schlug für das schaffende Bolf, aus dem er sich heraus und hinaufgearbeitet hatte, um desto besser für unten" mirten zu können.

Wer diesem Menschen nähergestanden hat, der weiß, daß er ein Gebätnisphänomen unvergleichlicher Art gewesen ist. Benn das Gedächtnis alfer anderen verjagte und wenn fein Leriton Auskunft zu geben vermochte, dann war Hermann ble lehte Rettung. Hatte man ihn erst am Rodschoß, dann hatte man auch die Antwort, die sonst niemand zu geben vermochte.

Wann wurde die erste Nonelle zum Gefeß betr die Kranken faffen eingebracht? Wann erschien Ontel Toms Hütte zuerst in deutscher Sprache? Wo hat Bebel gesagt, daß er bereit sei, die Flinte noch auf den Budel nehmen zu wollen, menn uns bas zaristische Rußland   bedroht? Wieviel landwirtschaftliche Be triebe gibt es in Deutschland  ? Wann haben Sie die Fledermaus" zum ersten Male gehört? Wieviel Kilometer ist die Sonne von der

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Der Dollar beglückwünscht die Lira.

Morgan freut sich, Mussolini   saniert zu haben. Pierpont Morgan   sprach Mussolini   zu seiner Lira- Stabili fierung feine Glüdwünsche aus. Das New- Yorker und Londoner  Banthaus Morgan sei erfreut, hierbei helfen zu können.

Vermögensbeschlagnahme im Krieg.

London  , 26. Dezember.

Nach dem 7. Jahresbericht des englischen   Clearing Office für beschlagnahmtes feindliches Eigentum sind bisher 91 605 821 Pfund an Engländer gezahlt worden aus Ansprüchen gegen Reichs­deutsche, Desterreicher, Ungarn   und Bulgaren  , hiervon 84 473 971 aus deutschem Eigentum. Bon 424 757 Ansprüchen sind 279 645 zurüdgelassen, 138 973 zurüdgezogen oder abgelehnt worden. 6 139 Ansprüche stehen noch aus. Die Zahl der Angestellten bei den betreffenden Behörden wurde von 826 auf 658 verringert.

Anwartschaft und Wartezeit.

Ihre Erhaltung und Erfüllung in der Angestellten- und Invalidenversicherung.

Ueber die Erhaltung und Erfüllung der Anwartschaft und hebliche Unflarheiten. Es seien deshalb die wichtigsten Bestimmungen Wartezeit in der Sozialversicherung bestehen noch er­hier angeführt:

Unter Anwartſchaft versteht man die Aussicht auf Er­

werbung des Anspruchs auf Versicherungsleistungen. Um die An­wartschaft in der Angestelltenversicherung aufrecht zu er­halten, muß im Jahre des Eintritts in die Versicherung mindestens ein Beitragsmonat, in den darauf folgenden zehn Kalenderjahren, also bis einschließlich des elften Kalenderjahres, müssen min­best ens je acht Beitragsmonate, pom zwölften Kalenderjahr ab nur noch mindestens je vier Beitragsmonate nach­gewiesen werden. Als Beitragsmonat für die Erhaltung der An­

Erbe entfernt? Wie war der deutsche Außenhandel 1913 und 1923? Wieviel Steinfchle wurde in Deutschland   1914 gefördert?.. So fonnte man diesem Mann Fragen vorlegen, so viel man wollte, man tonnte Hab und Gut darauf feßen, daß er fofort die ausgesprochen, daß da, wo andere Menschen das Gedächtnis haben, Antwort gab. Ich habe vor vielen Jahren einmal die Vermutung bei Molte, dem wandelnden Legifon, Millionen fleiner Beißzangen hingen, die alles fefthielten, was er ihnen einmal anvertraut hat. Im Statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich" fannte er sich aus wie fein anderef. Bir fagten ihm nach, daß er damit zu Bett ginge, um es auswendig zu lernen. Dann lächelte er, biß sich ein Stüd von einer Bigarre ab und nahm den trockenen Stummel in Ludwig Frank   und ich in der Ede eines fleinen Bibliothefzimmers ben Mund. Gelegentlich einer deutsch  - franzöfifchen Berständigungs­konferenz, die 1913 in Bern   stattfand, standen Jaurès  , Molkenbuhr, des Gewerkschaftshauses, um etwas zu besprechen. Da war der Blid Moltes auf einen Schrant gefallen, in dem fein heißgebliebtes Statistisches Jahrbuch" stand. Eine Minute später hatte er fich non uns gebrüdt und stand mit dem grünen Buch in der Hand am Fenster und las Bahl um Zahl. Wir lachten alle von Herzen laut auf und mußten Jaurès   dann unsere Seiterfeit erklären, in die er fröhlich einstimmte.

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1917 gehörte Molte mit zu der deutschen   Delegation, die für Stockholm   bestimmt war, um in Gemeinschaft mit den Sozialisten aus den Ententeländern den Frieden zu suchen. In Kopen­ hagen   machten wir Halt, um am nächsten Bormittag weiter zu reifen. Unsere Ankunft wor für die engeren Freunde in Kopen= hagen natürlich fein Geheimnis geblieben. Wir wurden von ihnen zum Abendbrot eingelaben, damit wir uns einmal jattessen konnten. Der Lisch war mit föstlichen Borgerichten reich besetzt. Die Jüngeren und Mittelalterlichen   von uns stürzten sich überhungrig wir hatten unglücklicherweise auf einer deutschen   Fähre von Warne­ münde   nach Gjedser fahren müssen auf die leckeren Sachen, so daß sie von den warmen Gerichten nur noch recht wenig genießen fonnten

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Richard Fischer war sehr vorsichtig bei den Borgerichten ge­wefen, so daß er wenigstens noch einen Teller Suppe effen fonnte, Molte, deffen tiefliegende Augen schaurige, bisher ungeschriebene Kohlrübengeschichten erzählten, hatte fich an die falten Blatten gar nicht herangewagt. Er wartete geduldig, bis erst die Suppe, dann der Braten aufgetragen wurden dann aber er bedächtig seinen Teller leer, so wie er es feit seiner Kindheit gewohnt war Fischer hatte sich längst still in eine Ede gefeßt; er hatte Angst, daß ihm die ungewohnte Nahrung nicht bekommen werde. Er überwand die ihn anschleichende Seekrankheit, nachdem er einen jagen wir ehr­lich: drei lich: drei Aquavit getrunken hatte. Molte murde pon dem bißchen Fleisch, das in normaler Zeit ein Kind hätte verzehren und felbstverständlich auch hätte vertragen tönnen sofort frant. Speiseröhre. Magen und Gebärme waren bei ihm seit Jahr und Tag derart an das Hungern, an Kohl­rüben, Wassersuppen, Brot mit Zufaß von Hülsenfrüchten und Säge­meht gewohnt, daß sie das hochwertige Ochsenfleisch ablehnten. Unferem braven Molte erging es buchstäblich, wie dem von Gerhart Hauptmann   geschilderten schlesischen Beber, der wohl das Hungern erlernt hatte, der aber auf den Hof flüchten mußte, als er einen Happen Fleisch genossen hatte,

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