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Argentinischer Ministerbesuch. Außenminister Gallardo in Äerlin eingetroffen. Der argentinische Mnister des Aeußeren Dr. A. G a l» l a r d o ist gestern mittag in Berlin eingetroffen. Argen- ' tinien ist eines der wenigen Länder, dessen freundschaftliche Beziehungen zu Deutschland niemals getrübt worden sind, auch nicht während des Krieges, in dem es zusammen mit t5hile und einigen ganz wenigen latein-ameritanischen Staaten bis zuletzt und trotz stärksten Druckes neutral blieb. Diese Beziehungen haben sich nach dem Kriege so- wohl auf kulturellem wie auf wirtschaftlichem Gebiet nur verbessert Die Statistik lehrt, welche immer größere Rolle der gegenseitige Handel zwischen Deutschland und Argentinien spielt. Da Argentinien ein noch sehr«nt- wicklungzfähiges Land ist. dürfte sich der Güterverkehr zum beiderseitigen Nutzen weiter ausdehnen, vorausgesetzt, daß Deutschland nicht durch eilte engherzige großagrarische Zoll- Politik gegenüber dem argentinischen Getreide die eigenen industriellen Ausfuhrmögllchkeiten hemmt. Argentinien ist ferner eines der wenigen Länder, das noch große Einwanderungsmöglichkeiten bietet und sich dem Zustrom fremder Kolonisten nicht kleinlich»er- sperrt, wie es zum Beispiel die Dereinigten Staaten von Nordamerika tun. Das Deutschtum spielt im argentinischen Leben eine wichtige Rolle, teils durch alteingesessene, längst naturalisierte ehemalige Deutsche , von denen sogar einzelne hohe politische Stellungen bekleiden, teils durch Auslandsdeutsche, die in der argentinischen Wirtschaft hervorragend tätig sind. Leider ist gerade in Argentinien ein Teil des Auslandsdeutschtums von einer erstaunlichen politischen Beschränktheit. Eine kräftige republikanische auslandsdeutsche Minderheit setzt sich mit steigendem Erfolg und mit Hilfe eines eigenen Organs» des tapferenArgentinischen Tageblattes. gegen diese reaktionären Bestrebungen zur Wehr, muß aber unter den gemeinsten Boykottmaßnahmen der kapitalkräftigeren schwarz- weißroten Deutsch -Argentinier leiden und findet nicht ge- nügenden Schutz bei den amtlichen deutschen Bertretern. Dieser Kampf spielt sich unter den Augen der argentini- kchen Regierung ab, die selbst ein durchaus demokratisch- republikanisches Volk vertritt und daher von diesem Schauspiel wenig erbaut sein dürste. Der argentinische Außen- minister Dr Gallardo wird sich während seines hiesigen Aufenthaltes davon überzeugen können, daß a u ch D e u t s ch- land eine demokratische Republik ist und daß daher die reaktionären Auslandsdeutschen in seinem Lande jeden Kon- takt mit der Wirklichkeit und mit den Gefühlen der großen Mehrheit des deutschen Volkes verloren haben. Argentinien ist eines der wenigen Länder Südamerikas , das die kräftigen Anfänge einer modernen Arbeiterbewegung zeigt Die Fortschritte, die die argentinischen Sozialisten namentlich bei den letzten Gemeindewahlen in Buenos Aires , Puerto Alegre usw. gemacht haben, beweisen, daß auch aus sozialem Gebiete Argentinien ein Land der Zukunft ist. Hoffentlich wird Dr. Gallardo, der aus Paris kommt und noch andere Hauptstädte besuchen wird, aus dieser Europa - reise die Ueberzeugung gewinnen, wie sehr alle europäischen Länder die Rückkehr Argentiniens zur aktiven Mitarbeit am Völkerbund wünschen, auf die es ie lS2l) aus durchaus achtbaren, demokratischen Gründen ver- zlchtet hat. Dem Internationalen Arbeitsamt hat Argentinien von Anfang an angehört. Der Beschluß der argentinischen Regierung, dem Völkerbund wieder aktiv bei» zutreten, steht bereit» fest, allein die parlamentarische Rati- fizicrung wurde bisher durch andere Arbeiten immer wieder hinausgeschoben. Hoffentlich wird auch in Berlin dem argenti- nischen Außenminister erklärt werden, wie sehr man es be- grüßen würde, wenn im September 1S28 Argentinien wieder leinen Platz in Genf einnehmen und damit den Schlag mehr als wiedergutmachen würde, den Brasilien vor zwei Iahren dem Völkerbundsgedanken versetzt hat. Der Berliner Besuch Dr. Gallardo» gilt u. a. der Erörterung der wirtschaftlichen und vertehrstechnischen Be- ziehungen zwischen Deutschland und Argentinien . Dabei dürfte auch die Frage der geplanten Zeppelin-Der- b i n d u n g Sevilla Buenos Aires «ine Rolle spielen. End- lich wird die Umwandlung der argentinischen Gesandtschaft in Berlin und der deutschen Gesanotschaft in Buenos Aires in Botschaften erörtert werden. Nachdem bereits Italien und oie Dereinigten Staaten auf diesem Wege voran- gegangen sind, hat Deutschland allen Anlaß, diesem argentinischen Wunsche Rechnung zu tragen. Je mehr Länder in der Welt die äußeren Attribute einerGroßmacht" erlangen, desto mehr wird dieser Begriff entwertet werden. Eine solche Entwertung liegt aber durchaus in der Linie einer Demokratisierung der Weltpolittk, denn sie fördert die von der Sozialistischen Internationale ver- langte Gleichberechtigung der kleineren Staaten, die im gegenwärtigen Völkerbund nur auf dem Papier besteht. Wir deutschen Sozialdemokraten sind überzeugt, daß die deutsch -argentinische Freundschaft, durch den Berliner Besuch des Außenministers Gallardo neu belebt, einer um so erfreu- licheren Zukunft entgegengeht, als die Gleichartigkeit der Staatsform einen Faktor darstellt, der das Gefühl der Solidarität zwischen zwei Völkern in nicht zu unter- schätzender Weise erhöht. Eine Geschichte des Faschismus. Oas groß« Werk Salvemiais. Der im Exil lebend« italiemsch« Historiker Prof. Gaetano Salvemini , dessen Polemik gegen die pro-faschisUschen Aeuße- rungen Bernhard Shaws noch erinnerlich ist, wird binnen kurzem bei dem Londoner Verleger Jonathan Cape ein«D i e faschistische Diktatur" betitelte zweibändige Gesamtdar- stellung des Faschismus erscheinen lassen. Wie der Londoner Daily Telegraph " meldet, ist da« ein« auf riesiges Dokumentenmaterial gestützt« Schilderung aller Umstände und Kräfte, durch die Mussolini die Macht erobern und aufrecht erholten konnte. Sclvemini schildert das Leben in Italien unmittelbar nach dem Kriege, den Faschistenmarsch aus Rom und ihren Terror. Der erste Band schließt mit dem Maiteattt- Mord, der zweite bringt«in« Schlidentng dcs sozialen, wirtschait- lichen und politischen Verhältnisses des heutigen Italien ». E» ist zu hoffen, daß dieses historisch? Dokument ersten Ranges der Deffentllchkeit auch in deutscher Sprach« zugänglich gemacht werden wird,.......

Nikaragua und Monroe-Doktrin .

Keine Einmischung Europas ! Amerika hütet allein seine Kreiheii

Maßnahmen gegen Baulaudwucher. Die preußische Regierung für zeitgemäße Siedlungspolitik. Der Achtliche Preußische Pressedienst gibt folgenden Erlaß des preußischen Ministeriums für Doltswohlfahrt bekannt: Die Förderung des Kleinwohnungsbaues ist naturgemäß wesent- lich davon abhängig, daß Bauland zu günstigen Bedingungen zur Verfügung steht. Wi« aus früheren Berichten zu ersehen war, wird in vielen Fällen Bauland zwar reichlich angeboten, aber zu P r e i- s e n. die für Kleinwohnungsbauten nicht in Betracht kommen können. Oft hat auch die Zunahme der Bautätigkeit an manchen Orteu oder das Bekanntwerden größerer Bauvorhaben die Boden- preise steigen lassen. In solchen Fällen muß es Aufgab« aller mit dem Wohnungsbau befaßten Behörden fein, einem Bodenwucher tatkräftig entgegenzutreten. Dor einiger Zeit hat eine Stadtgememd« die Anträge auf Ge- Währung von Hauszins st«uerhypotheken daraufhin ge- prüft, ob der Baulandpveis zu den Gesamtbaukosten in angemessenem Verhältnis steht. Soweit das nicht der Fall war. sind die Anträge abgelehnt worden. Auf diese Weise ist es vielfach gelungen, die Bauunternehmer zu größerer Vorsicht bei Ankauf von Bau- land und die Baulandbesitzer zu günstigerer Preisstellung zu ver- anlassen. Der Minister begrüßt ein Vorgehen dieser Art durchaus und empfiehlt es geeignetenfalls auch für andere Orte. Denn die au, Mitteln der Allgemeinheit stammenden hauszinssteu erHypo­theken dürfen nicht dazu dienen, übermäßige Baulandpreise zu b«. zahlen. Da» Verhältiii» der Baulandkosten zu den reinen Baukosten wird naturgemäß immer Schwankungen und auch einer verschiedenartigen Beurteilung unterliegen. Rittst. linien hierüber können nicht aufgestellt werden, da die ärtlichen Verhältnisse zu verschieden sind. Im übrigen weist der Minister darauf hin. daß die Verockmung zur Behebung der dringenden Wohnungsnot vom g. Dezember 19lÄ geeignet ist, einer gesunden Bodenpolitik die Wege zu ebnen. Die Verordnung ist nicht etwa nur für ländliche Verhältnisse bestimmt. Gerade in den G r o ß st ä d t« n werden für Bauland oft Preise gefordert, die eine zeitgemäße Sied- lungspvlitik unmöglich machen. In solchen Fällen bietet die Behebungsverordnung eine geeignete Handhab«, den Baulandpreis in angemessenen Grenzen zu halten. Ofttnals hat schon der Hinweis auf«in Vorgehen nach dieser Verordnung genügt, die Landeigen. tümer zu geeigneter Preisstellung zu veranlassen. Der Minister ersucht, die nachgeordneten Behörden, der Frag« de» Baulandpreises auch weiterhin ihr besonderes Augenmerk zuzuwenden und ihm über ihr« Erfahrungen nach sechs Monaten zu berichten.

Briand will nur noch Gchiedsverirag. Washingtons pakivorfchläge werden abgelehnt. pari». 5. Zauuar. lSigeubericht.) Die Polemik der sranzSslscheo Presse üb« da» Schreiben de» amerikanischen Slaatssekrelär» Kellogg zn dem sranzösischcv Eni- n»rf etne, Zttchtangrifsspakte» läßt«kennen, daß die was hing- taner Gegenvorschläge hl« keine Annahme finden werden. latsächitch hat Briand den sranzäflschen Botschafter in Washington bereit» beanslragt. die Verhandlungen bi» ans weit««» aus die Erneuerung de» im Februar obiaafenden Schiedsoer- träges zu beschränken. Die demOnai d'Orsay" nahe- stehenden vlätt« treten ebenfalls für eine deutliche Trennung de» Paktproblems von der Frage d« Er«eu«ung der In den Jahren 1908 und 1914 zwischen Frankreich und de« vereinigten Staaten ab- geschlossenen Schledsabkommeu ein. Skepsis und Zurückhaltung in London . tondou. S. Januar.(Eigenbericht.) Wie eine Rundstage bei politisch maßgebenden Persönlichkeiten aller Parteien beweist, ist die Skepsis gegenüber den Selloggfchen Dorschlägen hinsichtlich der Zstrmeidung von Kriegen in politischen Kreisen Londons noch großer, als nach den ersten Pressestimmen angenommen werden mußte. So sehr der Geist, von dem die Friedensvorschläge getragen sind, auf allen Seiten begrüßt wird, so wird doch immer auf folgend« zwei Puukt« hingewiesen: 1 mangelnde Stabilität der amttikanischeu Außenpolitik. welche dem innerpciitischen Wandel Amerika » in höherem Maß« unterworfen sei als diejenlg« irgendeines anderen Landes: 2. die vermutlich- Unvereinbarkeit der Kelloggschen Borschläg«, so- weit sie bisher bekannt geworden sind, mit dsn Völkerbund - Verpflichtungen der europäischen Staaten. In amriichen Kreisen wird gegenüber den Vorschlägen überhaupt äußerste Zurückhaktuug bewahrt, da SroßbrUannten bis jetzt lediglich von dem Text der Kelloggschen Rot« an Frankreich unterrichtet worden ist, jedoch bisher weder von Lnaud noch Kellogg

zu einer Stellungnahme aufgefordert wurde. Trotzdem man amt-- licherfeits nachdrücklich betont, daß man den Vorschlägen durchaus unvoreingenommen gegenübertrcten wird, so kann schon heut« kein Zweifel darüber bestehen, daß die offizielle Entscheidung Groß- britanniens schließlich einer qualifizierten Ablehnung gleichkommen werde. Als ausgesprochene Freunde der Kelloggschen Dorschläge sind bisher in der Oeffentlichteit lediglich diejenigen pazi­fistischen Kreise hervorgetreten, die seit jeher gegen die bewaffnete Völkerbundsexekutive eingestellt waren und für Abänderung des Z 16 des Völkerbundsstatuts eintraten.

Parteitag der ungarischen Sozialisten. SoN die parfei im Parlament bleiben? Bnbapest, 5». Januar. Freitag tritt in Budapest der sozialdemokratisch« Parteitag zu- sammen. Er wird wahrscheinlich bis Sonntag abend iogen. Gleich- zeitig wird eine Frauenlandeskonferenz tagen und eine Konferenz der deutschsprechenden Sozialdemokraten abgehalten werden. Lei dem Punkte der Tagesordnung über die äußere Politik wird aller Wahrscheinlichkeit nach die Stellungnahme zu de? Rothermere-Aktion erfolgen. Es sind Bestrebungen im Gange, der faschistischen und konterreoolutionären Renisionspolitik Rothermeres eine von internationalen Gesichtspunkten ge- leitete außenpolitische Auffassung gegenüberzustellen. Eine beweg- tere politische Debatte dürfte auch die Frage hervorrufen, ob e» unter den gegebenen Verhältnissen nützlich ist, daß die sazialdemo- kmtische Partei durch ihre parlamentarische Vertretung der Dil- tatur Bethlens ein Feigenblatt liefert. Der in der Emigration lebende sozialdemokratisch« Führer Garant! hat in der Weihnachtsnummer einer bürgerlichen Zeitung den Gedanken ent- wickelt, daß es unter den heutigen Be» Hältnissen vorteilhafter wäre. wenn die sozioldemokratische Partei durch die sogenannte Politik derPassivität", das heißt der Enthaltung vom Parla- m e n t, zur Entlarvung der Diktatur beitragen würde, als daß sie durch ihre fast ergebnislose Teilnahme an den parla, neu- tanschen Arbeiten zur Aufrechterhaltung des Scheines mithilft, daß Horthy-Ungarn ein parlamentarisch regiertcr Staat sei. Eine in Ungarn selbst wirkende Gruppe der Partei geht nicht so wett, sie verlangt nur, daß die Partei die parlamentarisch« Tri- büne zur Aufrüttelung der Massen, also zu reiner Pro- pagandatätigkeit verwende. Kameneffs Nachfolger. Oer neue Sowjeiboifchaster in Kern. Mailand . 5. Januar. Wie der.Xüorrier« della Sera" bestätigt, ist zum Nachfolger Kameneffs als Sowjetbotschafter in Rom Professor Otto Schmidt. der jetzige Präsident des Redaktionsausschusses des'großen bolschc- wistischeu Konservationslexiton ausersehen worden. Schmidt ist«in seit der Kriegszeit bekannter Gelehrter, steht in den fünfzig« Jahren und ist bisher in der Politik nicht hervorgetreten. Er schloß sich d« kommunistischen Partei bei der Regierungsüber- nahm« an und wurde zum Leiter s ämt licher Verlags- a n st a l t e n ernannt. Er hat viele Jahre im Auslande zugebracht und besitzt ausgesprochen westliche Bildung.

Außenminist« Stresemann leidet seit einigen Tagen an einem schweren Bronchialkatarrh und muß das Bett hüten. Die Gefahr ein« Lungenentzündung, die vorübergehend zu drohen schien. dürft« überwunden sein. An den Doranstaltungen zu Ehren de» argentinischen Außenminister« wird Dr. Strefemann allerdings nicht teilnehmen können.______ Schießerei bei Kempmski. Groß« Aufregung rief gest«n abend eine Schießerei hervor, die sich in dem Weinrestaurant von K e m p i n s t i am Kurfürsten- dämm abspielt«. Der Njährige Arbeit« Max Rahna» aus der Pesto- lozzistraß« m Chorlottenburg betrat gegen 22 Uhr in angetrunkenem Zustand« da» Restaurant. Cr zog plötzlich einen Revolver hervor und legt« ohne jeden Grund auf einen Pagen an. Mehrere Ober- kellner eilten dem Bedrohten zur Hilfe und suchtet, dem Gchteßwüti- gen die Waffe zu entwinden In dem entstehenden Handgemenge gingen zwei Schüsse lo». Eine Kugel durchbohrte die rechte Hand des 4Zj«hrig«n Oberkellners Bsrnharb Fürst. Schließlich gelang es, den Angetrunkenen zu überwältigen und den Beamten des lieber- fallkommando» zu übergeben. Der Täter hatte mehrere Kopfver- letzunge» davongetragen und wurde zusammen mit dem Oberkelttter zur nächsten Rettungsstelle gebracht, wo ihnen Notverbände» ange- legt wurden,