Sonnabend 7. Januar 1925
Unterhaltung unö ÄAissen
Beilage des Vorwärts
Hunger. Von Alexander Elemevtt. (Schluß.) Der Sturm wirbelte Fritz Böbeters fadenscheinigen Uebergieher herum, daß«r sich im Brückengeländer verfing. Heber der großen Stadt hing der Abend, aber der Lärm schlief nicht ein in ihr, denn ihr Alem war das Wort, und ihr Pulsschlag: Eisen. Die Kosakengasse war verbaut und finster, mit engen, schacht- artigen Höfen, io denen der Unrat der vergangenen Wochen zum .»eveckigen Himmel stank. Eiu paar Dirnen strichen dicht an ihm vorbei, der nach vielem Suchen endlich vor einer gelbgrauen Mietskaserne stehen blieb. �Hier muß es sein,' dachte er,.ich werde ihn ermuntern, ihm Adressen geben, es sind ja nicht alle so(er murmelte ein Schimpf- >00 rt, in dem auch der Name Knöpk« deutlich vorkam), vielleicht auch ist er sehr in Not und ich kann ihm irgendwie helfen." 3m Flur zischelten zwei Weiber, anscheinend Arbeiterfrauen, aufgeregt miteinander. Bei seinem Anblick verstummten sie jäh. Fritz Bödeker zog höflich den Hut: »Wohnt hier, bitte,«in Herr Walker, Jonathan Walker?" Die beiden Frauen wechselten einen elligen Biick des Per- stehen?, dann sagte die ein« rasch: .5a, vierte Treppe links, aber der Herr Walker ist doch..." Da sie durch ein« Bemerkung der andenen unterbrochen wurde, wandte sie sich beschwichtigend an dies«: .Der Herr ist natürlich von..." Was Fritz Bödeker fein sollte, vernahm er nicht mehr, aus dem Grund«, weil er mit langen Schlitten bereits die Treppen nahm. Immer zwei zugleich. Ein seltsames Gefühl zitterte in ihm und legt« sich ihm so stark in die Kehle, daß er im drillen Stock. werk, von Atemnot befallen, kurze Zell zu rosten genötigt tvon Bon oben vernahm er verworrene Stimmen. Eine Tür wurde zu- geschlagen. Dann kam mit raschen Schritten jemand die Treppen herab, vorbei an Fritz Bödeker, und dieser sah helle Umformknöps« rnsblitzen.<x;n Schutzmann, dacht« er verwirrt. Und schwer und langsam, al» hätte er bleierne Sohlen an den Füßen, stieg Fritz Bödeker die letzten zwanzig Sutfen hinauf. Ein« Tür, die offenstand. .Wohnt hier Herr Walker?" ,3a, mein Herr, er wohnt hier, das heißt, er wohnt« hier, denn er wurde heute abend tot aufgefunden—. sind Sie«in Freund,«in Bekannter von ihm, können Sie uns nähere Auskünste geben? Nein? Sie kennen ihn nur flüchtig? Sind oom»Pro- inetheus"? Da» nenn« ich gut« Reportage, mein Herr!" Der Beamte lächelte. .Der Arzt ist gerode hier. Wenn Sie wünschen, mein l)«rr," und er machte eine einladende Gest«, einzutreten. Jonathan Walker, der den junger" und noch viel« andere ungedruckte Wert« geschrieben halle, lag aus dem Rücken, mit ver. drehten, gebrochenen Augen. Der Arzt hatte gerade die Untersuchung beendet: Herzschlag infolge Schwäche und Unterernährung, ver arme Teufel ist Hunger» gestorben. �Hunger." sagte Fritz Bödeker abwesend. �Hunger..." Er hört« nicht mehr, was in dem Zimmer gesprochen wurde. Wer er hört« mit einem Mal« den Atem der Stadt, für den seine Ohren durch Gewähnung so lang« ertaubt waren. Und die Stadt atmet« dumpf und drohend. »...Und nur dieser ein« Brief wurde gefunden," sagte ein« Stimme,.es ist ein Stück Papier rnll ein paar Zellen darauf..." Auf dem Papier aber stand dies: .Lieb« Mutter," stand darauf,.sorg« Dich nicht, denn t* geht mir gut..." .Er hat ihn nicht mehr beendet." sagt« die Stimm« von vorher. » Als Fritz Bödeker am nächsten Morgen in da» Zimmer de» Chefs trat, hob er die Stirn höher als sonst, und seine Stimm« klang stet und hart: .Hären Si«. H«rr jknöpke, der Jonathan Walker, der den „Hunger" geschrieben hat. ist gestern abend gestorben. Elendig ver. hungert ist er. verreckt. Herr Knöpk«. dieser begnadet« Dichter, und Sie. Herr Knöpke. sind mit schuld daran!" Und Fritz Bödeker Hove«es Alem. Einige Zell war Schweigen. Dann sagte Amadeus gekränkt: junger Mann, welchen Ton maßen Sie sich an. m t r gegen- über, ich tonnt« in dieser Sache leider nicht mehr tun..." Und nach einer Welle sagte er, wie von einer Idee ergriffen: .Konnte nicht mehr tun— gestern." .Wie sagten Sie doch vorhin—. verhungert'" Fritz Bödeker besaht«. .Buchstäblich verhungert?" Fritz Bödeker nickte mit dem Kopf. .Und wie hieß jene Arbeit?.Der Hunger." Nicht?" Er kramte aus dem gestrigen Papierstoß das Manuskript hervor, .Mein Freund, der Mann soll seine Rechtfertigung erfahren, dieser Mensch hat für die Kunst gelitten, l Begeistert): Dieser Mensch hat erlebt, was er schilderte..Der König der Natura- listen!" Welch eine Ucberschriftl Oder:.Der Dichter des .Hunger" Hungers gestorben!" Welch eine Sensation!" .Schreiben Sie, Bödeker,- schreiben Sic, das Manuskript wird gedruckt, schreiben Sie, zum Teufel! Es muß noch in die Abend- ausgab«. Schreiben Sie:.Die Sensation des Jahrhunderts: Jona- thaii Walter, der geniale Dichter des.Hunger", welche Arbeit wir heute in..." � Der Wind wehte aus einem hochgelegenen Fenster der Kosaken- gasie~«in Stück Papier über die Dächer fort, und es flatterte wie ein großer weißer Schmetterling zum Kanalufer nieder, wo der kleine Knabe und das kleine Mädchen spielten. „Wir wollen ein Schiffen daraus machen." sagte der Knabe, Und das kleine Mädchen klatscht- vor Freude in die Hände und lachte dazu. „Es steht etwa« darauf geschrieben." Und der Knabe setzte eine altklug« Miene auf. well tr schon lesen konnte, und entzifferte mühsam: „Liebe Mutter, sorge Dich nicht,, Das papiern« Schiffchen aber stieb den Kanal abwärts, und das Wasser spülte die Tinte davon ab, dag es nunmehr wirklich ganz weiß war, wie frisch gefallener Schnee. �
Auf dem„Schub". Von Walther Hoffmann, Millen durch das Dorf Ehiasso geht die italienisch-schweizerisch« Grenz«, Ich kam von Mailand die Landstraße gezogen und wollte durch die Schweiz wieder zurück nach Deutschland . Das Herum- treiben auf den italienischen Landstraßen in den heißen Sommer- monaten halle mich, gegen früher, etwas verändert. Mein Gesicht war durch die mörderischen Sonnenstrahlen braun wie Leder ge- worden. An meinen Kinnbacken hing das verschämte Anzeichen eines Bartes. Ich bin«in großer Lügner, wenn ich behaupte: das Loch in meiner Hofe war fleiner denn zehn Zentimeter im Geviert. Die Schuh« trug ich auch nur noch des guten Tones willen. Es war nur mehr das Oberleder vorhanden. Ich lief schon ein paar Wochen mit bloßen Sohlen. Mein Haupt bedeckte ein Schlapphut und aus dem Rücken trug ich die Fiedel. Der italienische Duone- Agent drückt« mir auch sichtlich erfreut den Abschiedsstempel in meinen Paß. Die Stirn des schweizerischen Agenten aber zog sich finster zusammen. Doch was wollte er, mein Päß war in Ordnung. Als ich die gerade Straße entlang ging, sühlle ich förmlich ihre Blicke auf meinem Rücken. Ich pfiff das Lied von der schönen Susanne, bis ich um die Ecke war. Dann setzte ich zu einem scharfen Dauerlaus an. Ich hatte immer das Gefühl, als wolle mich die Korabiniere zurückholen. Doch nach anderthalb Stunden lag ich zwischen Weinreben im friedlichen Schlafe. Am Nachmittag war uh aus der wunderbaren Landstraße, weich« sich am Lago di Lugano nach Lugano hinzieht. Si« überquert ihn einmal mittels einer langen Brücke, Der See liegt eingebettet in blauen Bergen, welche zu ihm steil abfallen. Es wurde Abend. Ich war gerade um«in« Eck« gekommen, da sah ich das charakteristische Profil des San Saloator«, welches sich violett gegen den hellroten Himmel abhob, Lugano . Der Erholungsort der Satten. Sie saßen in den Plllmengärtchen, stanken Sekt und sahen gelangwellt dem Vagabunden nach, der hier nicht hergehörte. Am nächsten Tage sprang ich«rnf ein schnellfahrende» Lastauto auf. Es arbeitete sich spater aus einen kilometerlangen Berg hinauf. Hier hatte ich mit emeimnol«inen weiten, weiten, herrlichen Blick. Bor uns, tief unten lag«n großes, breites Tal. Links schimmerte der Lago Maggiore . Di« weißen Pünktchen davor waren sicher die Häuser von Locorno. Rechts, etwas wetter, log Bellinzona . Ich wollte erst eigentlich nach Bellinzona , aller dos Aulo fuhr in Schlangenlinien noch Locorno zu Tal. Na, und ich blieb drauf. Und hier beginnt mein Derhängnis. Ich schlendert« durch die Sstaßen und blieb dann eine Weile vor einem weihen Hotel(in dem zu einer gewisien Zeit Herr Stresemonn gewohnt hat) stehen. Da kam langsam ein Kerl auf mich zu. Er hatte kein vertrauenerweckendes Gesicht und stug einen Ann in der Binde. Aha, auch einer, dacht« ich. Der Mann mm redete mich in italienisch an, und als er merkt«, daß ich Deutscher sei. sprach er perfekt deutsch. Er fragt« mich da« U«bliche, wo» sich so fremd« Landstreicher fragen. Wenn ich aber der Meinung war, er sei ein „Kunde", war ich auf dem Holzwege, denn plötzlich drehte der Kerl, gemein grinsend, seinen Iackettumschlag um, und ich spiegelte mich in einer, in unseren Kreisen wohlbekannten Marke, Jetzt ging alles schnell. Zum Ausrücken war's schon zu spät und so war ich denn nach fünfzehn Minuten Nr. 37, Ein Prozeß wurde mir auch gc> macht. Er dauert« drei Minuten. Wegen Landstreicherei. Es wird schwer zu giauben sein, aber al» die Zellentür hinter mir ins Schloß fiel, jauchzte ich laut auf vor Freud «. So romantisch bin ich nun einmal veranlagt. Ein« richtige, regelrechte Zelle, dachte ich, und schaute mich mit einem seitsamen Gefühl um. Der Kosten war wohl schon zwanzig Jahre nicht mehr renoviert. Eine kleine Zelle mtt einem Eisenbett und einem herunter kloppbaren Brett. Di«.Tafel". Ueber dem Bett stand in großen Lettern.Vive 1' Anarchie*. Aha. dachte ich. Einen halben Meter seitlich stand, etwa» Nein«..Morte Mussolini". Aha. dachte ich /zum zweitenmal.
Sonst waren die Wände noch über und über bemalt und beschrieben. Die Schrift war nicht ttalienisch, aber einmal lacht« ich laut aus. Da stand wahrhaftig:.Liehen wir dahin durch Braus oder Brand. — Auf der ersten Schubstatton. Otto Krause. Berlin ." Zwei und einen halven Tag Mieb ich hier, der letzte Tag war furchtbar für mich; dann Hoiie mich«in Polizist ob. Ich bekam meine ganzen Sachen zurück, Sie hatten mir sogar die Hosenträger abgenommen, aus Angst, ich könme mich aufhängen. Ich wurde zum zweiten Male pholographiert, vtm vorn und von der Seite, ge- mesien, gewogen, und sie machten zum zweiten Male Fingerabdrucke von mir. Ich sagt« allen recht freundlich„Aus Wiedersehen!", dann brachte mich der Polizist zur Bahn. Die Gefangenenzelle war im Gepäckwagen. Ein großes Fenster war vorhanden, die Gitter hinderten nicht. Jetzt begann«ine wunderschöne Fahrt durch dos Schweizerland. Ties ergrissen schaute ich die gewalttgen. schnee- tragenden Riesen. Der Zug fuhr an tiefen Abgründen vorbei, in denen man, trotz der ratternden Räder, die Wasser brausen hört. In meinem Herzen sang und jubelte es, und ich vergaß, wo ich war. Wir hatten schon lange den St. Gotthard hinter uns, da sah ich zum ersten Male, nach longer Zeit, wieder die erste deutsche Schrift. Es war der simple Satz:„Persil ist das beste Waschmittel" aller ich freute mich kindlich darüber. In Luzcrn wurde«in elegant ge- fleideter Mann, welcher dem Beamten schwer« Arbeit mochte, in meine Zelle gestoßen. Der Kerl nun verdarb mir mit seinem end- losen Geplapper, daß er unschuldig sei, die ganze Reisestimmung. In Basel , auf der Bahnhofswache spielte ich den Beamten� die Fantasie aus.Martha" vor. Sie waren davon ganz gerührt, ließen mich aber doch noch drei Tage im festen Hause sitzen. Die vergingen auch. Am vierten Tage brachte mich«in Beamter nach Lörrach . Ich war wieder in Deutschland . Sie gaben mir meinen Paß wieder zurück und außerdem noch viele gute Ermahnungen aus den Weg, und ich ging lachend und singend nach Norden.
Wo man Bäume heiratet. Kürzlich wurde in Ahmedobad in Indien «ine merkwürdige Hochzeit mit großem Gepränge vollzogen. Die Braut war die Tochter eines Brahmanen, was nicht sehr sonderbar ist; um so eigenärtiger war der„Bräutigam", nämlich ein heiliger Feigenbaum. Solche Derheiratungen mit Baumen sind bei gewissen indischen Sekten etwas ganz Alltägliches. Es gibt für eine Frau nichts Schlimmeres, gls wenn sie ledig bleibt, und um sie vor der Berachmng zu schützen, der die unverheirateten Frauen in Indien ausgesetzt sind, werden Mädchen, die infolge der Pocken erblindet sind oder sonst keine Aud- sicht aul Heirat hoben, schon im Kindesalter mit Baumen nsrheiralct, damit ihnen nicht der Segen einer Ehe entgeht. Auch Männer lassen sich häufig mit Bäumen»erheirate». Wenn ein Mann zwei Frauen durch den Tod verloren hat und eine dritte zu ehelichen wünscht, dann ergreist ihn die Furcht, daß auch diese sterben könnte. Er sucht olio das böse Schicksal, das seine Gattinnen droht, auf geschickte Weise abzuhelfen. Daher heiratet er vorher einen Bananenbaum oder eine andere Psifnze. Alle Bräuche und Festlichkeiten werden wie bei einer richtigen Hochzeit vorgenommen, und nach der Zeremonie wird der Baum abgehauen und betrauert. Damit ist der Weg für die wirkliche Hochzeit frei, denn die neue Frau gilt nun für befreit von den bösen Einflüssen Mädchen, die keinen geeigneten Gatten finden können, vermählen sich übrigens nicht nur mtt Bäumen, ollgleich diese bevorzugt werden, sondern auch mtt einem Schwert, einem Bogen, einem Malstein oder anderen leblosen Gegenständen. Sic erfüllt damit eine heilige Pflicht, denn in Indien muß jedes männliche und werbliche Wesen oerheirotet sein, um nicht den Zorn der Götter herabzurusen. In allen diesen Fällen ist die Verheiratung von den vorgeschriebenen Riten begleitet. Die Boumheirat hat wenigstens den einen Vorteil, daß sie bis zum Tode der Angetrauten dauert, denn von so vielen Baumheiraten man schon gehört hat— eine Baumscheidung ist noch nie berichtet worden.
Tropenschlangen.
Von Fritz Bernau.
Mancher Besucher eines zoologischen Gartens liat Gelegenheit, ein Kaninchen zu bedauern, das sich zitternd vor dem Basiliskenblick einer Schlange m die Ecke drückt. Da—«ine unvorsichtige Bewegung des zitternden Opfer», ein blitzartiges Dorschnellen des Reptils— um das Tierchen ist's geschehen. Riesenschlangen wieder verschlingen Rehe und Wildschweine. Doch das ist sattsam bekannt. » Ganz anderes sah ich in den äquatorialen Gegenden Brasiliens . Ein Flußuser, bedeckt mtt hohen, scharten Gräsern und niederem Bambusdickicht. Doch was ist das? Ein Jammern— nein, das Weinen eines fleinen Kindes. Ist es möglich, daß eine gewissenlose Mutter ihren Säugling allein am Ufer liegen ließ? Ich laufe ans Wasser, suchend gleitet mein Blick der Stelle zu, von der dos Weinen ertönt. Im hohen Gras« ist nichts zu sehen. Mtt dem Stock« drücke ich es auseinander und gehe näher. Jetzt bin ich in nächster Nähe, da verstummt das Weinen. Das kann kein Kind fein. Lauschend bleibe ich stehen, durch keine Be- wegung meine Anwesenheit verratend. Do, fast zu meinen Füßen, neuerlich dos eindringliche Kinderweinen. Lette zerteile ich das Gebüsch und mein Erstaunen wächst Neben den Wurzeln des Strauches ist'eine klein«, mit Unkraut verwachsene Grube Zwischen den Blättern glotzen mir zwei angstverzerrte, weitausgerissene Augen eines großen Wasserfrosches entgegen. Jetzt öffnet sich das Maul und aus seiner Kehle ertönen die weinenden Klageloute. Was hat das Tier? Ich schiebe oorstchttg die Blätter beiseite. Und wieder sehe ich zwei Augen, aber diese funkeln mir bösblickend entgegen Eine Wasserschlang«. Don rückwärts hat sie de» arglosen Frosch ersaßt, im weitausgedehnten Rachen steckt das Tier bereits bis zur Hülste drinnen. Und Millimeter für Millimeter schiebt sich der Kopf der Schlang« am Leibe des gequälten Frosches hinauf. In höchster Todesangst stößt er sein Klagegeschrei aus. Ein Schlag mit dem Stocke, die Schlang« läßt ihre Mahlzett fahren und verschwindet in einem Loche und das Fröschlein sucht in humpelnden Sprüngen das Wette. Ein alles, halbverfallenes Gebäude im grellen Licht der Tropen- sonne. Behende huschen die grauen, etwa 20 Zentimeter langen Mauereidechsen zwischen dem Geröll herum. Wie au» Stein ge- meißelt stehen sie plötzlich still und nur ein zeitweises Wippen des Köpfchens verrät, daß Leben in dem starren Körper steckt. Don erhöhten Ausstchtsponkten suchen die Augen nach Deut«. � Wehe dem armen Käser oder Wvrmlein, die da friedlich im Grase kerumkrabbeln. Die scharse» Augen der Eidechse erspähen jede Bewegung. Blitzschnell stürzt sie von ihrem Beoboch-ungspchten herab und"schon verlchwindet das Opfer m ihrem hungrigen Maule. Wieder liegt si« lauernd und kopjwippend still.
Doch auch dieser zierliche Räuber und Wegelagerer fällt einem Stärkeren zum Opfer. Hinter einem Grasbüschel lauert die kleine, hellgrüne, giftig« Cobre verde. Ein harmloses Käferchen kommt herangekrochen. Die Eidechse stürzt sich auf ihr Opfer— aber wie ein Blitz schießt die Schlange hervor, in ihrem Rachen verschwindet der Kopf der Eidechse. Derzweifett strampeln die Beinchen, windet sich der Körper, die Schlang« läßt ihren Raub nicht mehr los. Der Schlund dehnt sich. immer tiefer wird die Eidechse hineingewürgt. Nur die Hinterbeine und der Schwanz sehen noch heraus. Aber noch ist Leben in dem Tiere, immer noch bewegen sich die Beine, schlägt der Schweif. Da—«in Aufzucken der Schlange, ihr Körper bäumt sich in wilden Wellen aus— streckt sich und liegt still. Was ist geschehen? Ihre Gier sollte ihr Derhängnis werden. Mit den haarscharfen und nadelspitzen Krallen der Dorderbeine hat das schon halbver- schlungene Opfer die Bauchwände des Würgers aufgtjchlitzt, auch ihm den Tod bringend. Starr liegt die Schlange da. Aus ihren aufgerissenen Seiten stehen die Beinchen der Eidechse, aus ihrem Mautc hängen Hinter- deine und Schwanz.— « Ich rast« im Schatten eine» Mangobaumes; l«se rauscht der Wind im Zuckerrohr. Hier und dort knabbert eine genäschige Ratte an den süßen Stengeln. Und wie das Zuckerrohr die Ratten, so locken die Ratten wieder Schlangen heran. Es raschelt etwas zwischen den trockenen Blättern des Zucker- rohres. Langsam und vorsichtig schiebt sich eine, fast zwei Meter lange, giftig« Eohre«oral heran. Hell leuchten die scharf abqe- grenzten, schworzweißroten Farbringc ihres Körpers. Ihr böses Auge spät nach einer fetten Ratte, in ihrer Freßgier sieht sie den Feind nicht. Ihr bösester Feind, gehört ihrer eigenen Gattung an, ist stlbst eine Schlange. Es ist die fast um ein Drittel größere, nicht giftige, am Rücken zimtbraune, am Bauche schmußiggclbe Papaova. Irgendwo in einer Furche oder hinter einem Wurzelstock beoh- achtet sie die sich heranwmdende Giftschlange. Run ist sie ihr nahe. Ein sprungartiges Hcrvorschncllen— mit einem Biß ihrer scharfen Zähne zermalmt sie der sich wild ausbäumenden Giftschlange das Genick. Ein Winden, ein Zucken, endlich liegt das Opfer still. Nun beginnt die Papaova ihr großes Mahl. Langsam verschwindet der Körper ibrer Gegnerin w ihrem Rachen. Befriedigt überläßt sich der aufgequollene Körper der langsamen Verdauung. Wenn auch die Papaova eine große Verehrerin von Hühner- dem und Küken ist. der Einqeoorcne wird sie nie aus der Röhe feiner Hütte vertreiben. Sie ist der beste Wächter und Schutz seiner Behausung gegen Giftschlangen.