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Morgenausgabe sini boff

Nr. 15 A8

Chan

45. Jahrgang

Böchentlich 70 Breunig, monaffich 3. Reichsmart, tm ooraus zahlbar Unter Streifband im In- und Aus lanb 5.50 Reichsmart pro Monat

Der Bormärts mit Det tuftriers ten Sonntagsbeilage Bolf und Beit fowie den Beilagen Unterhaltung und Wissen Aus der Filmmelt Stadtbeilage Frauenstimme

Der Kinderfreund Jugend- Bor wärts" Blid in die Bücherwelt", Kulturarbeit und

ericheint

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Sonntags und Montags einmal

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Dienstag 10. Januar 1928

Groß- Berlin 10 Pt. Auswärts 15 Pf.

Die etnipaitige Ronparetllezelle 80 Pfennig. Reflamezeile 5- Reichs mart Kleine Anzeigen" das fettge brudte Bort 25 Pfennig( zuläffig zwel fettgedruckte Borte), jedes weitere Bort 12 Bfennig. Stellengeiudhe das erste Bort 15 Bfennig, jedes weitere Bort 10 Pfennig Borte über 15 Buchstaben gählen für zwei Worte Arbeitsmartt Beile 60 Bfennig Familianzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeigene annahme im Hauptgeschäft Binben ftraße 3. wochentägl. von 8 bis 17 Uhz

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Weingärtner verhaftet.

Das Sprengstoff- Berbrechen in der Unglücksvilla.

Die Kriminalpolizei hat gestern abend den Mitbesitzer der Villa Parkstraße 40/42 in Dahlem , Generalfonsul Robert Weingärtner, wegen fahrlässiger Tö­tung sowie wegen Verbrechens und Vergehens gegen das Sprengoffgeset verhaftet. Da wegen dieser Straftaten eine schwere Bestrafung zu er warten ist, erschien luchtverdacht nicht aus geschloffen.

Pariser Parlamentsbeginn.

Die lehte Gigungsreihe vor der Neuwahl.

Paris , 9. Januar. ( Eigenbericht.)

Um Dienstag treten die beiden Häuser des Parlaments wieder zusammen. Die Seffion der Kammer, deren Neuwahl für den 22. April angelegt ist, dürfte kaum über Mitte März hinaus dauern, damit die Abgeordneten an der letzten Phase des Wahlkampfes teil nchmen können. Das noch unerledigte Arbeitsprogramm ist so um­fangreich, daß eine Reihe wichtiger Fragen, wie die Reform der Kriegsgerichte, die Revision des Zolltarifs und vielleicht auch das Betroleummonopol dem neuen Hause überlassen bleiben dürften. Die Regierung beabsichtigt, zunächst das Rekrutierungs­gefeß und die Ergänzung zum Armee statut durchzubringen, imm hierauf das Siedlungsgesez, dessen Wirkung auf die breiten Wählermassen nicht übersehen werden kann, zur Annahme zu empfehlen. Endlich soll auch die Sozialversicherung, die

Flut der Erwerbslosigkeit.

Bis Mitte Dezember 1391000 Arbeitsuchende.- Höchststand überschritten.

Die Berschlechterung der Lage des Arbeitsmarktes, die im November infolge Einstellung fast fämtlicher Außenarbeiten bei den Arbeitsnaduveifen zu 1,13 Millionen neuen Arbeitsgesuchen geführt hatte, hat sich in der erfieu Dezemberhälfte in den Salfon­berufen weiter verschärft. Die Zahl der in den Außenberufen freigewordenen Arbeitskräfte scheint jedoch nunmehr den höch ten Stand erreicht zu haben.

In diesem Zusammenhang ist nach den Feststellungen der Reichs anstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung befon­ders bemerkenswert, daß die 3nnahme der Arbeitslofen in den übrigen, nicht unmittelbar von der Jahreszeit abhängigen Be­rufen vom 15. November bis 15. Dezember nach den Ergebnissen auf das geringe Maß von 14 Proz. beschränkt blieb. Aber auch diese Berflauung dürfte mehr auf die Beeinflussung der Industrie durch die rein faijonmäßig daniederliegenden Schlüffelgewerbe zurückzufüh­

ren fein, als auf eine allgemeine fonjunkturmäßige Berschlechterung der Beschäftigungs- und Wirtschaftslage.

3m ganzen ist die Zahl der bei den Arbeitsnachweisen verfüg­baren Arbeitsuchenden von Mitte November bis Mitte De­3ember von 896000 auf 1391000 oder um 55,2 Proz gleichzeitig um 22 Broz auf 29 000 offene Stellen gefallen. angeftiegen. Der Restbestand des Stellenangebotes ift

Die Zahl der Hauptunterstütungempfänger in der Arbeitslojen- und Krisenunterftüßung hat sich am 15. Dezember be­tanntlich auf 1002000, d. h. felt dem 30. november um 250 000 erhöht. Die Steigerung ist in der ersten Dezemberhälfte absolut jedoch noch größer als in der Zeit zwischen dem 15. und 30. November. Die Gesamtzahl der Hauptunterstügungsempfän­ger und der offtaudsarbeiter in der Arbeitslosen- und Srijenunterstützung beläuft sich am 15. Dezember auf 1048000 gegen 802 000 am 30. November 1927.

Das Geheimnis des Kreisoffiziers.

feit Jahren vom Senat unerledigt geblieben war, noch in dieser Prozeß Trescow- Badicke.

Legislaturperiode Gefeß werden. Neben der rein gesetzgeberischen Arbeit soll in der Kammer auch die große Debatte über die Finanzpolitit Poincarés am 24. Januar beginnen. Eben sb dürften noch die Interpellationen über die Pariser Sacco Vanzetti Kundgebungen und den Antifommunistenfeldzug erledigt werden.

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Den Senat hat die Regierung gleichfalls eine Reihe von Ge­setzen wie über die Organisation des französischen Bolles im Kriegsfalle und über die Freizone vorgelegt. Daneben wird sie Interpellationen über die auswärtige Politit, die Bährungsstabilisierung und über die Einheitsschule zu beantworten

haben.

Mussolini im Kriegsfold Frankreichs .

is Paris schuf ihm sein Hehblatt.

PP

Paris, 9. Januar. Genosse Paul Faure , der Generalsekretär der Sozialistischen Partei, macht im Bopulaire" eine über aus interessante Enthüllung über die Beziehungen Mussolinis zu den Ententeregierungen kurz vor dem Eintritt Italiens in den Weltkrieg. Als Faure damals mit dem französischen sozialistischen Minister Jules Guesde über die Gefahr einer völligen Vernichtung Europas durch den Krieg-sprach, erklärte Guesde, dan auf ein baldiges Ende zu hoffen fei, da Aussicht bestände. Italien an die Seite der Alliierten in den Krieg hinein­zuziehen. Wir haben dort einen Mann, der uns gehört, das ist Mussolini ", sagte Guesde ,,, wir haben ihn durch eine erste Geldsendung von 100 000 Franken bei der Gründung seines Blattes Popolo d' Italia" unterstützt."

"

Faure bemerkt dazu, daß er selbst zwar nicht wisse, wer das Geld Mussolini überbracht habe, aber Gachin, der heutige Führer der Kommunisten, könne darüber nähere Angaben machen, da Cachin sich zu jener Zeit als Agent der französischen Regierung Italien befand.

Berfolgungen in Litauen .

Neue Sozialistenverhaftungen.

in

Kowno , 9. Januar, In der litauischen Streisstadt Birschi, mo größere Mengen der pon Emigranten herausgegebenen regierungsfeinblichen Literatur bejchlagnahmt wurden, bat die Bofizei jest zahlreiche Sozialbemotraten verhaftet, darunter Bilotas, der auf dem Emigrantenfongreß in Riga Schriftführer war.

Aufdeckung der Folterung unerwünscht.

Kowno , 8. Januar.

Der Brage gegen mehrere höhere Bolizeibeamte, der biefer Lage in Mariampol beginnen follte, ist auf unbestimmte Beitveriagt worden. Der Prozeß sollte fenfationelle Enthüls fungen über die Zustände in den Untersuchungsgefängnissen während ber chriftlich bemotratischen Herrschaft bringen, mo Erpressung von Geftaroniffen hurd Folterungen an ber Tagesordnung gewesen sein Jollen

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Reichswehrministerium und Großgrundbesizer.

Brozeß Tresdom- Babice. Die Deffentlichkeit ist stunden-| truppen gehandelt habe. Es fiel bei der Zeugenvernehmung lang ausgeschlossen. Wegen Gefährdung der Staats das charakteristische Wort von einer gemiffen Berlänge fierheit Vor der Tür des Saales warten die Berrung der Reichswehr . Von Butchabfichten mollen treter der Bresse Hinter der Tür aber werden die großen die Herren nichts wiffen. Diktatur des Reichspräsidenten auf Staatsgeheimnisse erörtert. Grund des Artikels 48, Einfeßung einer Regierung auf Grund des Artikels 48 gegen den Willen des Barlaments, das ist ihrer Ansicht nach völlig legal und fein Putsch.

Erstes Staatsgeheimnis: Ein Herr v. Hammerstein vom Reichswehrminifterium und ein Generalleutnant a. D. v. Salzenberg suchen nach der Formel, um die Parteien zu versöhnen. Unter Ausschluß der Deffentlichkeit und tätiger Beihilfe des Gerichts.

3weites Staatsgeheimnis: Der Major Badide verteidigt sich. Unter Ausschluß der Deffentlichkeit. Aber man weiß schon, was er gesagt haben wird: Wir wollten keine putschisti­schen Formationen aufstellen, sondern Grenzschußtruppen Grenzschuß gegen wen? Nun, gegen einen polnischen Ein­fall. Selbstverständlich mit Wissen und Genehmigung der Reichswehr und in ihrem Auftrage. Er wird erklärt haben, daß er der Kreisoffizier des Kreises Königsberg- Reumart gewesen sei.

Und deswegen Ausschluß der Deffentlichkeit! Das weiß man alles. Es ist längst in der Bresse veröffent­licht worden. Im Prozeß Tresdow erster Instanz ist über diese Dinge in voller Deffentlichkeit gesprochen worden. Warum also Ausschluß der Deffentlichkeit unter dem Bor­wand der Gefährdung des Staatsinteresses? Das ist eine Lächerlichkeit, die nur Anlaß zu dunklen Gerüchten geben tann.

Nach der geheimen Sigung die öffentliche. Die Zeugen werden vernommen. Da wird lustig ganz öffentlich über all das gesprochen, was Gefährdung der Staatssicherheit" ist, wenn der Major Badide es vorträgt. Ergebnis dieser Be weisaufnahme: dasselbe wie in der ersten Instanz. Nun er­fennt man ganz flar, was in diefem Prozeß gespielt wird. Herr v. Tres cow hat seinerzeit den Generalleutnant v. Salzenberg informiert, daß die Leute um Badide sich mit Butschplänen trügen. Salzenberg war der Ber trauensmann des Reichswehrministeriums. Er ging zum Wehrministerium und erfundigte fich, was los sei. Nach einer Aussage warnte ihn Seedt vor Badide. Der Jung: deutsche Orden drängte nun beim Wehrministerium auf Klarheit. Die Folge war die bekannte Mahraunsche Denk schrift. Die Leute um Badide waren wütend. Tresdow mußte den Prügelknaben spielen. Der gesellschaftliche Bontott gegen ihn wurde in Szene gesetzt, Badide warf ihm groben Bertrauensbruch vor.

um

Nun ist es eigentümlich, daß es Bertrauensbruch sein soll, wenn ein Vertrauensmann des Reichswehrminifteriums wird, ob ein zweiter angefragt Vertrauens des Reichswehrministeriums im Auftrage des mann Ministeriums handelt. Die Beweisführung der Leute Badicke geht deshalb dahin, zu behaupten, Badide fet zwar wohl Bertrauensmann des Minifteriums gewefen. Salzenberg aber nicht! So behauptete mit aller Bestimmtheit ein Oberst v. Bredom aus dem Reichs mehrministerium, der ein Plädoner für Badide hielt. Herr n. Salzenburg protestierte dagegen im Gerichtsfaal mit großer Erregung.

Es scheint, daß es im Reichsmehrminifterium in jener Zeit zwei Parteien gegeben hat. Das andere Beweisthema der Beute um Babide ift, daß es fich um legale formationen, nicht um Butsch.

Das ist aber gerade, worauf es bei diesem Prozeß an fommt. Die Herren Großgrundbesizer um den Kreisoffizier Badicke nannten es legale ittion des Reichspräsidenten . Die Leute vom Jungdeutschen Orden aber nannten es offen und ehrlich Putsch. Das ist der springende Punkt.

Dieser Bunkt wird zum Prüfftein für das Gericht mere den. Folgt es den verschleternden Deduktionen der Badicke und Genossen, die ihre gegen die Republik gerichteten Be­strebungen hinter einem Spiel mit dem Artikel 48 zu ver bergen suchen, so fönnte eine solche Stellungnahme des Ge richts zu einer wirklichen Gefährdung der Staatssicher

heit werden!

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Die Berufungsverhandlung in dem Beleidigungsprozeß v. Tres­dow gegen Major Badicke hat bis zum Ende gehalten, was sie an­fangs versprochen hat: man lam aus den Ueberraschungen nicht heraus. Die Staatssicherheit, die durch den Ausschluß der Deffentlichkeit gerettet werden sollte, wurde trop des beften Willens des Borsigenden, nichts nach außen bringen zu lassen und dieser Wille soll ihm nicht abgesprochen werden, durch die öffentliche Berhandlung wieder aufs höchste gefährdet. Man erfuhr auch un­nerhofft, meshalb die Deffentlichkeit ausgeschlossen werden mußte: Major Badide arbeitete im Kreise Königsberg ( Neumark ) für das Reichswehrminifterium; er war also gewissermaßen sein Gewährs mann. Auch ein Waffenlager hat ihm unterstanden, ein Döllig legales", erklärte der Sachverständige des Reichswehrministe riums. der Chef des Stabes des Reichswehrkommandos III don Hammerstein.

Zunächst werden in der Beweisaufnahme die Herren v. Preuß und von der Lande vernommen. Ihnen wie auch allen nach­folgenden Zeugen stellte der Borsitzende eigentlich nur eine Frage, ob ihnen von Butschabsichten des Majors Badide etwas betannt sei. Der 3euge Preuß erklärte auf diese Frage: Bon Putschplänen jei bestimmt nicht gesprochen worden. Ja, es sei nicht einmal daran gedacht worden. Allein über Aufstellung von Formationen zur Unterstützung der Reihs­mehr für den Grenzschutz sei die Rede gewesen. Allerdings habe man davon gesprochen, daß, falls die Regierungsbildung Schwierigtetten machen sollte, der Reichspräsident mit Hilfe des Artifels 48 eingreifen würde.

Herr von der Cande erklärt, daß ihm nichts von einer Butsch­absicht des Angeflagten befannt sei. Er misse nur, daß die Leute zur Aftion bereit sein sollten, menn Stellungsbefehl von der ver­faffungsmäßigen Regierung ergehen würde

Die Mitglieder des Jungdeutschen Ordens fagten jebach ganz anders aus

Als erster tommt der Beuge Müller zu Wort. Breuß habe thn aufgefordert, sich unter fein Kommando und unter das Kommanda bes Majors Badide zu stellen. Es wurde babel von dem Ball ge [ prochen, wenn der Reichspr& fibent non dem Artitel 48 Gebrauch machen mürbe und innere Unruhen entstehen würben, Es wurde babei gejagt, baß auch nichts zu befürchten fel, ba die