*** Es war fein Juli Aufstand!
Brandmarfung Seipel- Schobers durch die Geschworenen. Wien , 9. Januar. ( Eigenbericht.)
Vor den Geschworenen hatte sich der fommunistische Parteisekretr Kopienik wegen Verbrechen des Aufstandes zu verantworten. Der Angeklagte hat am 15. Juli cine Flugfchrift berbreitet und die Arbeiter aufgefordert. sich zu bewaffnen und Selbstschukorganisationen zu gründen, um die Sowjetrepublit durchzusetzen. Außerdem hat er auf dem Friedhof bei der Beerdigung der ersten 57 Opfer eine Rede gehalten, in welcher die Staatsanwaltschaft ebenfalls eine Aufforderung zum Aufstand erblickte. Der Angeklagte erklärte, er habe Selbstschukorganisationen nur in defenfivem Sinne zur Abwehr der Polizei im Auge gehabt.
Die Geschworenen sprachen den Angeklagten frei, indem sie die Vorfrage des Bestehens eines Auf standes mit acht Stimmen berneinten. Die Eventual frage, ob er nicht zu ungeschlichen Handlungen auf. gefordert und dadurch das Vergehen der Aufwiegelung begangen habe, wurde mit neun Stimmen verneint.
Wahrheit und Dichtung.
Deutsche Gilvesternacht und deutsche Empfindsamfeit.
Die Aufregung über den Berliner Silvesterbericht des Jour nal" Korrespondenten Georges Blun ist auf eine Wiedergabe zurüdzuführen, bie zunächst in der„ Bossischen Zeitung erfolgte. Sodann versuchte die nationalistische Presse mit diefer bedauerlichen Angelegenheit parteipolitische Geschäfte zu machen. Gegen diese maßlose Aufbauschung zum Zwecke der Völkernethegung haben wir in unserer Sonntagsausgabe Stellung genommen, wobei wir natürlich von dem Telegramm Bluns energisch obrüdten. Wir gingen dabei von der Boraussetzung aus, daß das Telegramm Bluns von der Bossischen Zeitung" richtig wiedergegeben worden sei.t
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3u unserer peinlichen Ueberraschung mußten wir jedoch aus der inzwischen in unsere Hände gelangten Driginal nummer des ,, Journal" vom 2. Januar feststellen, daß die Boffische Zeitung" durch ihre Wiedergabe einer Jrreführung aufgeseffen ist, und zwar gerade in jenem Bunkte, der die meiste Aufregung erzeugt hat, weil er angeblich die Ehre der deutschen Frau" berührte. Nach dem Bericht der„ Vossischen Zeitung" sollte Blun ge
schrieben haben:
Die Frauen, trotz der Kälte leicht gefleidet, brüllten 3oten laut heraus und machten den Männern die freimütigsten Angebote."
In Birtlichkeit war im Journal" an dieser Stelle fol. gendes zu lesen:
..Die trotz der recht grimmigen Räfte furz und leicht geklei beten Frauen Iachten zu den etwas plumpen Anzüg= lichkeiten und zu den bewußt dreisten Bigen der manner, die scharf hinter ihnen her waren. Und da nun in Deutschland in jener Nacht, die den Anbruch des neuen Jahres bedeutet, eine weitgehende Toleranz üblich ist, donnte man häufig Beute antreffen, die sich zwar nie im Leben fefehen haften, aber noch und noch füßten, ohne daß irgendjemand baran Anstoß nahm.
Der Saz, der in der Boffischen 3eitung" nicht wiedergegeben murde, gibt nur eine Beobachtung wieber, beren Richtigkeit umbe. Streitbar ist. Nur bemußte Brüderie wird dies zu leugnen wagen.
Und was den ersten Saz betrifft, so ist er sicherlich sehr perallgemeinert, doch stellt sein Inhalt feineswegs die Wahrheit auf den Ropf. Vor allem aber besagt er etwas ganz anderes, als aus der Uebersetzung der Boffischen Zeitung zu entnehmen war: Davon, daß die Frauen 3oten laut herausbrüllten", steht im Telegramm Bluns fein Wort, und der Nachsaz, daß sie den Männern die freimütigsten Angebote machten", ist eine glatte Erfindung.
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Smal Schaufenster Dekoration. 19
zum Bürgerblock
Strafrechts Reform
Neuwahl
Schul
Gesetz
STRESE
MANN
Die Mittelfigur paßt nicht zu unseren übrigen Auslagen. Wir wollen fie hinausschieben."
Deutsch - polnische Annäherung.
Der polnische Außenminister ist optimistisch.
marichau, 9. Januar. ( Eigenbericht.) Polnische Sozialistische Partei ; Wyzwolenie; A0polnisch- Jüdischer Arbeiterverband; Jüdisches Wahlfomitee.
Der polnische Außenminister 3 alejti hielt heute abend eine politische Rede, in der er die Beziehungen Bolens zu seinen Nachbarstaaten sehr ausführlich besprach. Der Minifter würdigte die Entwicklung der Berhältnisse Polens zu Litauen und zu Rußland im ganzen recht optimistisch und will fich auch durch gewiffe Kraftäußerungen des litauischen Ministerpräsidenten Woldemaras und durch Bedenken der Sowjetregierung gegen einen Nichtangriffspaft in seinen Hoffnungen nicht stören lassen.
Mit Deutschland habe, so führte er aus, die gemeinsame Arbeit im Bölterbund eine deutliche Annäherung ergeben. Die Haltung der deutschen Vertreter in Genf zu der letzten polnischen Richfangriffsresolution und zum polnisch- litauischen Konfüift jei nur zu begrüßen gewesen. Außerdem stimme ein gewisser Umschwung in der deutschen öffentlichen Meinung hoffnungsvoll. Die Theorie vom Saisonsfaat Polen" würde heute von ernsthaften deutschen Politikern nicht mehr vertreten und auch an den vermeintlichen Nutzen des 3011trieges glaubten nur noch seine Kreise im Deutschen Reich. Die Schwierigkeiten für den Abschluß des Handels vertrages jelen zwar noch nicht überwunden, aber die Haltung der breiteren deutschen Bolksmaffen werde sicherlich die Wirtschaftsver. fändigung und den friedlichen Ausgleich fördern.
Die ersten Listen eingereicht.
Obgleich der Termin zur Einreichung der Kandidatenlisten für Sejm und Senat erst am 24. Januar abläuft, find bereits 5 Liften eingereicht: Unparteilicher Block der Mitarbeit an der Regierung;
Mandatverkäufe in Dosen?
Posen, 9. Januar.
Ein hiesiges Blatt meldet, daß sich eine Organisation an den. Kurjer Poznanski" gewandt hätte, um sich über die Möglichkeit der Aufstellung eines Kandidaten auf der Liste der Christlichen Demokraten zu orientieren. Die Verwunderung der Anfragenden wäre groß gewesen, als sie erfuhren, daß lediglich eine Bedingung bestehe und zwar die Zahlung von 20 000 31otn pro. Mandat Der Kurjer Bognansti" behauptet, daß sich erstens diese Unterredung nicht in feiner Redaktion abgespielt habe und die Zahlung von 20 000 3fotn feineswegs als die einzige Bedingung genannt worden sei.
Die Berhandlungen zur Bildung des Kabinetts find zum AbSchluß gelangt. Das Rabinett wird sich auf 48 Abgeordnete der Rechtsparteien, brei des demokratischen Zentrums, zmei Bolen ung einen Rolonisten stüßen Ministerpräsident ist Juraichewiti ( dem. 3entr.), Außenminister Sarinsch( parteilos, aber der Land wirtschaftspartei nahestehend). Innenminister Seimins( Landwirtschaftl. Bgg.). Finanzminister Bolalders( dem 3entrum), Berkehrsminister Hahnas( Deutsche Partei).
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Das ändert freilich nichts an der anderen Tatsache, daß der Der Landrat bei der Monarchistenfeier.| Schleswig- Holstein , tritt für rüdhaltlofen Abbau der
Bericht Bluns maßlose Uebertreibungen über die Mengen der geleerten Weinflaschen, der verzehrten Karpfen, Pfann fuchen usw., über die Zahl der Berhaftungen und über das Gesamtbild der Berliner Straßen am Silvesterabend enthält. Zum Teil hatten allerdings gewisse Sensationsblätter, die sich nachträglich über Blum am lautesten entrüsteten, ihm das phantastische Zahlenmaterial im voraus selbst geliefert. Bluns Telegramm war, alles in allem, eine typische Leistung jenes Senjationsjournalismus, der die niedrigen Instinkte des eigenen Referpublikums zu befriedigen sucht, auch wenn dadurch ein ganz falsches Bild von dem Wesen eines anderen Boltes entsteht.
Auch Neuwahlen in Sachsen ? Kein Antrag beim Staatsgerichtshof, aber politischer Kampf für Neuwahlen.
Dresden , 9. Januar. ( Eigenbericht.) Die Landesinstanzen der Sozialdemokratischen Partei Sachsens und die sozialdemokratische Landtagsfraktion nahmen am 9. Jamuar Stellung zur politischen Lage in Sachsen und beschäftigten fich dabei unter anderem mit der Frage, ob es möglich sei, auf Grund des durch die Preffe befanntgeworbenen Urteils des Staatsgerichtshofes über die Wahlbeschränkung in Hessen , Hamburg , Mecklenburg- Strelitz auch die sächsischen Wahlen anzufechten. Von einem Antrag der Partei an den Staatsgerichtshof wurde aus politischen und juristischen Gründen Abst and genommen, nicht zuletzt auch deshalb, meil ein Beschluß des Reichstages angefündigt ist, der eine neue und gegen das Staatsgerichtsurteil gerichtete Intèrpretation der Verfassung bringen wird, wodurch eine neue Rechtslage gefchaffen wäre. Landesinstanzen und Frattion find jedoch einmütig der Auffaffung, daß nach wie vor die Auflösung des Sassischen Landtages mit allen politischen Mitteln angestrebt werden soll.
Phoebus.
Bom Reichswehrminifterium an die Emelfa verkauft. Amtlich wird gemeldet:
Kew Das Reichswehrministerium hat sich der Emeltagruppe" gegenüber grundfäßlich zur Annahme eines Angebotes betreffend den Erwerb der Phoebus unter der Borausseßung bereit erflirt, daß die Erhaltung des deutschen Charakters des Unternehmens auch für die Zukunft sichergestellt wird.
Bom Innenminister zur Ordnung gerufen.
Der preußische Landrat Dr. Loos in Iserlohn hatte am 2. und 3. Juli 1927 an dem Iserlohner Bürgerschüßen fest teilgenommen, obwohl in dem§ 1 der Sagungen dieser Berein als seine Aufgabe es bezeichnet, die Liebe für König und Vaterland noch heute stets rege zu erhalten. Das Fest stand Baterland" noch heute stets rege zu erhalten. Das Fest stand völlig im Zeichen von Schwarzweißrot, was den Landrat jedoch nicht hinderte, im Ehrenwagen fahrend den Feftzug mitzumachen und an den Hoffeierlichkeiten an beiden Tagen teilzunehmen.
Auf Beschwerde hin hat sich dann der Landrat gegenüber dem Regierungspräfidenten in Arnsberg damit herauszureben versucht, daß er an dem Feste nicht in seiner Eigenschaft als Bandrat, sondern lediglich als Privatmann, als Bürger der Stadt Iserlohn und als Mitglied des Schützenvereins teilgenommen habe.
Die Republikanische Beschwerdestelle Berlin trug darauf den Fall dem preußischen Minister des Innern vor, der unter dem 3. Januar 1928 wie folgt entschieden hat:
,, Die Teilnahme des Landrats Dr. Loos in Iserlohn an dem Schüßenfest des Iserlohner Bürgerschüßenvereins habe ich nachgeprüft. Ich kann dieselbe nicht billigen und habe daher dem Landrat das Erforderliche eröffnet. gez. Grzesinsti.
Die Monarchisten in republikanischem Dienst müssen wissen, daß sie keinen Freibrief zur Beschimpfung der Republik haben!
Preußens Landwirtschaft.
Beginn der Etatdebatte im Hauptausschuß des Landtags. Am Montag begannen die Etatperhanblungen im Hauptausschuß des Landtags. Zum Haushalt der landwirtschaft. lichen Berwaltung erklärte der Berichterstatter Abg. Hoesch( Dnat.) u. a., baß man den Ergebnissen der Siedlungstätigkeit in Schlesien steptisch gegenüberstehen müsse, da die erhöhten Erträge der be fiedelten Flächen gegenüber den gleichen Flächen im früheren Groß grundbesih nicht in allen Gegenden Preußens erzielt werden können. Die bisherige Handelsvertragspolitit müssen wir als perderblich bezeichnen.( 3wischenruf: Ihre Freunde im Reichel)
Als erster Redner der sozialdemokratischen Frafflon sprach Abg. Pefers- Hochborn. Die bisherige vom Reiche durchgeführte Schut 30llpolitik ist auf die Dauer ein unhaltbarer Zustand. Der Schutz des einen Standes, der Großgrundbefizer und ihrer Intereffen, bedeutet mehr und mehr den Untergang der breiten Masse. D.e Mängel der Landwirtschaft sind in ganz anderen Ur. jachen begründet, als wie sie der Berichterstatter dargestellt hat. Gerabe bie landwirtschaftliche Brodukte ausführenden Bänder belennen fich zum Freihandel. Auch unsere Bauernschaft, besonders
öffe ein. 15 000 polnische Schweine machen prozentual nicht die große Summe aus, die der Berichterstatter an geführt hat. Wir Sozialisten erstreben eine Bedarfsmirifchaft. In den nächsten Jahren muß auch eine noch viel stärfere der selbstbewirtschafteten Domänen in Offpreußen beweisen, daß auch
der landwirtschaftliche Großgrundbesih bedeutend beffere Ergebnisse erzielen fönnte. Es wird aber bis in großbäuerliche Kreise hinein ein verschwenderischer Lurus mit Reitpferden, bei Reit- und Fahr. Dieser Lugus verschlingt erhebliche turnieren usw. getrieben. Summen der Einnahmen. Die Preußentaffe hat den Großgrundbefiz so start mit Strediten bedacht, daß die sozialdemokratische Frattion damit nicht einverstanden ist. Die Handelsverträge, die hier im Landtag von den Rechtsparteien bekämpft werden, find von Deutschnationaler und Deutscher Bolfspartei im Reiche mit beschlossen worden.
Weiterberatung: Dienstag 10 Uhr. 10 ub
Faschisten untereinander. Prügeleien und Hinauswürfe.
Prag , 9. Januar. ( Eigenbericht.) Auf einem Kongreß tschechischer Faschisten in Böhmisch- Trübau tamen die scharfen Differenzen innerhalb dieser Partei handgreiflich zum Ausdrud. Eine Gruppe mährischer Faschisten, Gegner der offiziellen Führung unter dem Ergeneral Gaiba, war zuerst erschienen und hatte das Bersammlungslokal besetzt. Als nun gegen Mittag Garda mit etwa 40 2nhängern eintraf, wurde er nicht hineingelassen; da er mit seinen Anhängern gewaltsam in das KongresIotal einzubringen versuchte, gerieten die beiden Gruppen ins Hand gemenge, mobei Gaida pon feinen Widersachern perprügelt murde. Erst nach einer längeren Rauferei wurden beibe Gruppen aus dem Versammlungslotal hinausbefördert und setzten dann getrennt in zwei Gasthäusern ihren Kongreß fort.
Flucht aus Südchina.
Nach Britisch- Hongkong.
Hongtong, 9. Januar. Bom Februar bis Anfang Dezember 1927 find nach der amtlichen Statiftit 70 000 Flüchtlinge in Hongkong eingetroffen. Seit der kommunistischen Revolution in Kanton am 11. Dezember erhöhte sich die Zahl der chinesischen Einwanderer um 30 000. Während der letzten zehn Monate des vorigen Jahres hat sich also die Bevölkerung Hongtongs um 80 000 vermehrt, da 20.000 Ichtlinge nach Ranton zurüdtehrten