Rr. 1545. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Dienstag, 10. Januar 1928
Die Explosionskatastrophe in Dahlem .
Der Staatsanwalt greift ein.- Bereits 1920 geheimnisvolle ,, Teefabrikation".
Im Laufe des geftrigen Tages hat man, nachdem die Aufräumungsarbeiten on der Stätte der neuesten furchtbaren Explosionstatastrophe in der Partstraße 40/42 3u Dahlem beendet worden waren, fämtliches Material, das irgendwie über die Urfache der furchtbaren Explosionstatastrophe Aufschluß geben fann, polizeilich sichergestellt und noch fofort der Chemisch - technischen Reichsanstalt in Berlin- Plötzensee überwiefen, deren Direktor Professor Dr. Cenze bereits am Unglüdsfage neben anderen Sachverständigen die Explosionsstätte besichtigt hat. Die Chemisch- technische Reichsanstalt, der auch von der Staatsanwaltschaft bei dem Unglüd in der Landsberger Allee der Auftrag gegeben worden ist, durch chemische und technische Untersuchungen die Ursache des Unglüds gutachtlich festzustellen, wird an Hand der gefundenen Chemitalien und Sprengtapfeln feftstellen, morauf die Katastrophe letzten Endes zurückzuführen ist. Die zuständige Staatsanwaltschaft III hat auf Grund der ganzen Sachlage mittlerweilen eingegriffen, und zwar erschien gestern Staatsanwaltschaftsrat Dr. Bürkle am Schauplah der Katastrophe, um hier die ersten Feststellungen zu treffen. Am heufigen Dienstag wird eine Kommiffion der Staatsanwaltschaft in Begleitung von Sachverständigen die Unglücksstelle besichtigen. Es fann jetzt schon als feftftehende Tatsache bezeichnet werden, daß nach den Umständen, unter denen diese Katastrophe erfolgt ist, ein Ermittlungsverfahren gegen Generalfonful Weingärtner wegen fahrlässiger Tötung, Bergehen gegen das Sprengstoffgefeh ufw. eingeleitet werden wird, und zwar auf Grund der von der kriminalpolizei angestellten Ermittlungen und des bevorstehenden Gutachtens der Chemisch- tech nischen Reichsanstalt, das, wie immer es auch lauten wird, das Borhandensein gefährlicher Sprengstoffe bestätigen wird. Die Unterfuchung der Chemisch - technischen Reichsanstalt wird sich auch darauf erstrecken, ob nicht schon allein die Unterbringung der gefährlichen Sprengstoffe und Chemikalien in einem Laboratorium, das der Polizei nicht gemeldet war, und faum den notwendigen Anforderungen bezüglich der Sicherheit entsprochen hat, eine große Gefahr für die umliegenden Billengrundstücke gewesen ist.
Im Laufe des gestrigen Montags fonnten die von den Kriminalaten Gennat und Otto geleiteten polizeilichen Ermittlungen im wesentlichen zum Abschluß gebracht werden. Alles Weitere wird nun mehr von dem in Kürze zu erwartenden Gutachten der Che misch Technischen Reichsanstalt abhängen, wo zurzeit Lie aus den Behältern und Flaschen des Weingärtnerschen Labonatiums entnommenen Proben eingehend untersucht werden. Trinitrotoluol ein Kriegssprengmittel.
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Die Bermutung, daß in dem Laboratorium mit Trinitro folunl gearbeitet worden ist, wird von fachverständiger Scite cls durchaus nicht unwahrscheinlich bezeichnet. Es ist dies ein fehr fährlicher Sprengstoff, eine Salpeterverbindung, der bereits im riege verwandt wurde, und der legten Endes in jeder Granate und jder Mine zu finden war, der aber auch in der chemisch- technischen Industrie als Ausgangsmaterial für bestimmte Arzneistoffe benutzt wird. Trinitrotoluo! ist gegen Schlag und Stoß sehr empfindlich, mobei natürlich alles darauf ankommt, welche Menaen einer solchen Wirkung ausgesetzt werden. In ganz geringen Mengen, wie sie enentuell in den Knallkapseln vorhanden waren, ist eine Erplosion Tiejes Sprengstoffes naturgemäß ungefährlich. Eine verheerende Birkung tritt aber bereits ein, wenn Mengen non ½ bis 1 Kilogramm detonieren oder wenn andere Stoffe hinzukommen. Alle Betriebe, die mit diefen oder ähnlichen Sprengstoffen arbeiten, unterliegen der Konzeffion des Gewerbeaufsichtsamtes, das sich durch,
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Er setzte sich wieder, nahm sein Buch, strich wieder ganze Säße an und machte unleserliche Bemerkungen am Rand. Im Zimmer nebenan, bei Polja ist Ruhe. Sie war zu Hause: die matten Scheiben ihrer Türe schimmerten leicht von der elektrischen Beleuchtung im 3immer, als er über den Gang gekommen war, und für einen Augenblick sah er ihren lodigen, verschwommenen Schatten auf den Scheiben. Er wollte zu ihr hineingehen und hatte schon die Klinke in der Hand, aber der Schatten wantte, verlosch und verschwand. Er beschloß: es ist nicht notwendig. Wenn sie ihn braucht, wird sie an seine Türe flopfen, die ihre Zimmer trennt, oder wird zu ihm kommen, wie sie es sonst getan hatte.
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Mit dem Buch in den Händen ging er auf den Zehen zur Tür und horchte zu Bolja hinüber. Ruhe, feine Schritte waren hörbar, tein Rascheln. Wahrscheinlich lag fie mit denselben Augen auf dem Bett, mit denen sie aus der Werkzelle weggegangen war. Bielleicht schlief sie, müde von den dann ist Aufregungen der letzten Tage. Wenn sie schläft es gut: sie wird am Morgen fester auf ihren Füßen stehen. Sie ist nur ein wenig müde.( Es gibt jezt so viele müde Menschen.) Sie muß nur ausruhen. Sie war im Krieg- und war glücklich: erlernte dort das laute Lachen. Sie war in der Frauengruppe, in angestrengter Arbeit und auch da lachte fie. Und nun ein neuer Abschnitt, und plöglich hatte sie unter dem Schlag nachgegeben. Sie muß nur aus ruhen und ein weig verstehen. Er darf nicht schlafen: fie wird ihn vielleicht rufen, menn fie ihn braucht, oder zu ihm tommen, wie sie es sonst getan hatte.
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Parteireinigung. Das erstarrte Gesicht und die Grammophonftimme der Kommiffionsmitglieder. Das war alles schon lange, lange her. Das ist alles so nichtig: fann denn ein so winziger Umstand irgendeine Bedeutung im Prozesse der allgemeinen Geschehnisse haben? Nicht ersondern alle, und er ist nur ein fleines Stäubchen in der
Allgemeinheit.
Ins offene Fenster flogen goldene und filberne Schmetterlinge mit zottigen Belzchen. Sie schlugen an die Lampe an, flogen ins Zimmer herein und fangen wie eine schwach gespannte Saite, und das Zimmer erschien riesengroß von diesem Gesang. Und er mußte daran denken, daß er allein ift und daß viele und unbestimmte Kenderungen ihn in der
ftändige kontrollen von der Einhaltung der sehr scharfen Vorschriften| Klammer bestehen, mit den gefährlichen Sprengstoffen zu füllen. überzeugt und beispielsweise darauf achtet, daß die Lagerräume von den Laboratorien völlig getrennt sind. In bewohnten Gegenden werden derartige Unternehmen niemals zugelaffen; felbft für wissen fchaftliche Verfuchslaboratorien, in denen mit Sprengstoffen experimentiert wird, wird in Wohnbezirken keine Genehmigung erteilt. Gutes Befinden der Verletzten.
Als Frühaufsteher begann er damit schon sehr zeitig. Bei der Mischung der Stoffe zur Füllung der Kapseln muß das Unglück entstanden sein. Es ist festgestellt, daß diese Arbeiten mit Sprengmitteln als Gewerbebetrieb nicht angemeldet waren. Es sind früher fchon fleinere Explosionen vorgekommen, die teine ernsten Folgen hatten. So warf ein früherer Pförtner, der in den Laboratorien mitarbeitete, einmal Watte in den brennenden Ofen. Die Folge war, verlegen, und daß die Scheiben eingedrückt wurden. Das geschah in dem Raume des Stammer. Den Pförtner veranlaßte dieser Borfall, fchienen. feine Stellung aufzugeben, weil ihm die Arbeiten zu gefährlich er
Das furchtbare Unglüd hat zum Glüd feine weiteren Todes daß der Ofendeckel ihm gegen die Brust flog, ohne ihn erheblich zu
opfer gefordert.
Bon den in das Lichterfelder Krankenhaus eingelieferten Berletzten fonnten der 65jährige Portier Mag Deter, der 29jährige Hausdiener Walter Meinel und die 21jährige Hausangestellte Anna Bagenda im Laufe des gestrigen Tages entlassen werden.
Die 62jährige Fran Emilie Defer und deren 22jährige Tochter Unni, die bei dem Einsturzunglüd knochenbrüche und leichtere innere Berlegungen erlitten, liegen noch im Lichterfelder Krankenhaus danieder, doch besteht nach Ansicht der Aerzte für die Frauen teine Lebensgefahr.
Auch der 26jährigen Köchin Frida Muschert, die durch das Städtische Rettungsamt in das Wilmersdorfer Krankenhaus in der Achenbachstraße gebracht wurde, geht es verhältnismäßig guf. Auch für sie besteht feinerlei Gefahr mehr.
Die polizeilichen Ermittlungen.
Die Kriminalinspektion Steglitz hat sich gestern mit dem neuen Explosionsunglück bis in die Nacht beschäftigt, um so weit als möglich die Ursachen zu erforschen. Nach Aufnahme des Befundes hat sie auch bereits eine Reihe von Zeugen vernommen, die Hausbewohner, andere Leute und einige Berlegte im Krankenhause. Wie festgestellt wurde, sind beide Inhaber der Firma Weingärtner 1. Co., die vor einiger Zeit handelsgerichtlich gelöscht wurde und jetzt Dr. Jörns G. m. b. 5." lautet, teine Fachmänner. Weder Weingärtner noch Stammer sind Chemiter. Weingärtner war, wie er sagt, nur seit vielen Jahren in der chemischen Industrie faufmännisch tätig. So fam er während des Krieges bazu, fich mit pyrotechnischen Dingen zu beschäftigen und in Belten eine Fabrik zur Herstellung von Flugzeugfignalen zu errichten. Sein Schwager Stammer' war früher Antiquitätenhändler. Nach Der Rückkehr aus dem Felde war er furze Zeit noch in der Beltener Fabrik mit tätig, weil das Antiquitätengeschäft nicht mehr ging. Aber auch die Herstellung von Flugzeugsignalen hörte mit dem Ende des Krieges auf. Die Fabrik wurde verkauft.
Frau Weingärtner erwarb nun in Dahlem die Villa in der Barfstraße 40/42. Beide Familien zogen dorthin und führten ge meinsamen Haushalt. Weingärtner und Stammer wandten sich nun der Herstellung Regenerations- und Verschönerungsmitteln zu, einem Gebiet, das heufe blüht Stammer, ein verfchlofsenter Mann, neigte aber mehr der Pyrotechnit zu und beschäftigte sich damit in einem besonderen Raum der Billa , in der nach dein Erwerb von Professor Dr. Blande einige Umbauten vorgenommen worden waren. Zwei Kellerräume dienten als Laboratorien, zwei andere als Borrats: fammern für Kräuter, Spirituosen und andere Sachen. Die Propaganda für die pyrotechnischen Artikel betrieb Stammer felbft auch faufmännisch. So erhielt er u. a. einen Auftrag der Eisenbahndirektion Ludwigshafen auf Eisenbahnknallsignale, zu deren Here stellung Explosivstoffe wie Chlorfäure, Schwefel usw. verwendet werden. Weingärtner hat, wie er behauptet, mit seinem Schwager wegen der Fabrikation von Explosivförpern wiederholt Auseinandersezungen gehabt, ohne damit etwas zu erreichen. Das hat Stammer vielleicht mit veranlaßt, am Sonntag frühzeitig wieder allein zu arbeiten, wahrscheinlich Knallkapseln, die aus einer Blechschachtel mit
Oktober
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Zukunft erwarten. Er ging zum Fenster und sah ins Dunkel.| aber es ist warm und in diefer marmen und finsteren Nacht fühlt man schon seltsame, süße Gerüche der herbstlichen Verwesung: es riecht nach Sumpf und nach abgefallenen Blättern. Und in diesem steinernen Dunkel der Stadt( es waren noch keine Laternen auf der Straße) war fiefe Stille. Nur in der Ferne, auf dem Bahnhof, stöhnten düstere Pfiffe und die Waggons flirrten wie Glas. Und dort - unter den Bergen, hinter der Bucht, strahlten in vermorrenen Girlanden elektrische Sterne. Das Werk erstand zum Leben. Dann sah man zitternde, feurige Tropfen auf den Landungsbrücken, auf den Dampfern, und flammende Ströme brannten in der Bucht von diesen flimmernden Sternen auf.
Es war ein Augenblick, in dem Sergeij sich im Halbfchlummer vergaß, und da sah er feinen Bater mit bloßen Füßen und zerrissenen Hosen vor sich trippeln und der Vater lachte freudig.
Er trippelte vor ihm mit einem Stuhl in der Hand und flüsterte undeutlich, sich eilend, sich verschluckend, unheimlichen Unfinn. Und weil er nichts von diesem tomischen Geschwäß des Vaters verstehen konnte, murde es Sergeij ganz unheimlich. Er saß und konnte sich nicht bewegen, wollte aufstehen
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und konnte nicht, wollten den Bater stoßen und fonnte
nicht. Der Vater drohte ihm mit dem Finger, zupfte seinen Bart und lachte freudig.
Ein Traum. Sein Herz klopfte in tiefen, langfamen Stößen, als er erwachte. Hinter der Tür, bei Bolja, tönte in tiefem Baß das Flüstern von Badjin. Und das Eisen des Bettes fnarrte und dröhnte. Boljas Stimme flang wie eine man wußte nicht, lachte oder Vogelſtimme, war zerrissen, meinte fie.
Und dann war wieder Stille. Das Herz schlug in tiefen Stößen und flammte in seinem Blute auf. Gebückt, mit geschwollenen Adern auf der Blaze, an den Schläfen, ging er zur Tür und horchte. Er stand mit gehobener Faust, zum Schlage bereit. Ein Zuden ging über fein Gesicht, die Faust fiel langsam herunter und öffnete fich weit. Zitternd vor Kälte, mit grauem Gesicht, matten Augen, ging er mit müden, schleppenden Schritten zu feinem Bett. Stand einige Augenblide ruhig, horchte wieder, legte sich. Stand wieder auf, horchte. Begann sich sorgfältig und lang: fam auszufleiden. Löschte das Lämpchen, deckte seinen Kopf mit der Dede zu und murde still.
4. Späne.
In der Früh, zur gewohnten Stunde, wachte Sergeij plötzlich auf und erhob sich ebenso plötzlich vom Bett. Ging
Die von Kriminalrat Otto und Kriminalkommissar Dr. Zöbelmann geleiteten Ermittglungen werden heute noch fort: gefeßt. So werden auch die Verlegien im Krantenhause, deren Befinden als gut bezeichnet wird, noch eingehender verhört werden, weil sie gestern noch zu benommen waren. Alles, was in die beiden Fliegerbomben, wird von Brofeffor Dr. Lenz und anderen den Räumen vorhanden ist, Stoffe in flüffiger und Pulverform, auch Sachverständigen untersucht werden. Von allen Beständen sind
Broben entnommen worden. Zu den Fliegerboinben, die ohne Zünder und deshalb noch ungefährlich waren, sagt Beingärtner, es jeien Patentmuster. Die Art ihrer engültigen Herstellung sei noch nicht abgeschlossen. Das Gerücht, daß Flaschen und Kisten beiseitegeschafft worden seien, um ihrem Inhalt der Untersuchung zu ent ziehen, trifft nicht zu.
Borsichtige Aussage der Billenbewohner. Bei den polizeilichen Berhören somohl des Gene raltonfuls Beingärtner mie der Familienangehö rigen und Hausangestellten der Unglüdsvilla war es immerhin caratteristisch, daß alle Beteiligten in ihren Aussagen äußerst vorsichtig und zurückhaltend waren. Weingärtner blieb immer wieder dabei, daß die Experimente pyrotechnischer Art das Spezialgebiet feines getöteten Schwagers Stammer waren, und daß ihm Einzelheiten hierüber nicht bekannt seien. Er selbst habe sich in der Hauptsache nur um die Herstellung rein pharmazeutischer Waren gefümmert. Aehnliche Auskünfte gaben die beiden Frauen Weingärtner und Stammer, sowie die Hausangeftellten. Diesen Befundungen stehen aber die unumstößlichen Tatsachen entgegen, daß in dem Kellerlaboratorium knallfapfeln mit dem Auforud Weingärtner u. Co.", sowie fertige Mischungen zum Füllen der kleinen Blechbehälter dieser Kapseln aufgefunden murden, so daß es unmöglich erscheint, daß der Generalfonful felbit non der Fabrikation diefes pyrotechnischen Materials teine Ahnung gehabt haben soll. Im übrigen stellt sich jetzt heraus, daß die eigent liche Fabrik dieser Firma in der Umgebung Berlins schon im Jahre 1921 vertauft worden ist, und daß die Firma„ Chemische Werke, Weingärtner u. Co." vor einiger Zeit aus dem Handelsregister gelöscht wurde.
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Der Bureaubetrieb dieses Unternehmens, für das die Bezeichnung Chemische Werte" etwas hochtrabend erscheint, befand sich übrigens am Halleschen Tor, und zwar im Hause Blücherplaz 3. In diesem Hause sind übrigens auch zwei Unternehmen untergebracht, an denen Weingärtner und Stammer beteiligt waren, und zwar das Heilinstitut Natura" und der Bertrieb pharmazeutischer Präparate Dr. Jörns u. Co.". Weingärtner und Stammer sollen je einen Anteil diefer G. m. b. H. erworben haben. Nach allen dem hat es den Anschein, als ob die beiden Kaufleute, die nach ihrer Herkunft der eine war angeblich Schiffstoch, der andere Bäckerals gelernte Chemiker sind und die ihr Vermögen während der Kriegsfonjunktur durch Heereslieferungen erworben haben, in den letzten Jahren lediglich im Keller der Dahlemer Billa pyrotechnische
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alles andere
rasch zum Waschtisch, wusch sich furz und gründlich. Mit dem Handtuch in der Hand stellte er sich vor das Fenster( das Fenster war die ganze Nacht offen). Im Zimmer war es falt und über den Körper strömte ein fröstelndes Zittern und sein Herz wurde frisch und elastisch.
Der Himmel war fiefblau wie im Sommer und die Luft durchsichtig und golden in den Fernen Die Häuser brannten unten von der Sonne und die Dächer glänzten feucht vom Nachttau und waren blau vom widerspiegelnden Himmel. Auf dem Bergrüden, über dem Wert, flammten blendende, geballte Schneehaufen. Und sehr weit, in der Schlucht, die Steinbrüche und den jungen Wald, der vom Berg hinunterfloß, zerschneidend, froch wie eine rote Raupe ein Laftzug. Deutlich sah man die fleinen Würfel mit den schwarzen Quadraten der Türen, und die Räder spielten mit den glänzenden Speichen. In feurigen Klumpen flog der Dampf aus der Lokomotive, erlosch lange nicht und vereinigte sich mit den rosa Wolken. Und der Herbstgeruch, der füße, gärende Verwesungsgeruch, strömte in falten, metallischen, frischen Wellen durch das Fenster. Es war frisch, leicht, durchsichtig und sonnig.
... Parteireinigung. Die Spiegel mit den vielen Widerspiegelungen der Massen und Kronleuchter. Seine verlegenen und naiven Antworten. Ach, das mar so fern und so un
wichtig! Der Körper ist mit Blut und Gesundheit durchtränkt, und er lechat nach schwerer, physischer Arbeit, die seinen Musteln gut tut. Und vor dem Fenster warf er seine Arme, die Bewegung brauchten, hinauf, hinunter: eins zwei
drei pier.
.. Bolja. Schmerz durch seine Seele. Sie mar nicht zu ihm getommen. Sie wollte seine Freundschaft nicht. Das, was in der Nacht geschehen war, wollte sie diesmal vor ihm und nur in sich versteden. Das ist fein Schmerz nur sein eigener Schmerz und der Schmerz macht sie ihm noch näher, lieber. Er wird ihr von seinem Schmerze nichts sagen, sie versteht zu lachen, und wenn sie ihn heute treffen wird, wird sie ihn mit einem Lächeln, wie einen Freund begrüßen. Liebe, liebe Bolja..
Wie ein Schatten ging ein dumpfer
Er nahm seine Attentasche und ging auf den Gang. Boljas Zimmer war fest geschloffen und Ruhe war dort. Sie schläft. Soll sie nur schlafen: fie muß ausruhen und fich beruhigen, damit ihr Lächeln in ein Lachen hinübertlingt. Im Parteifomitee ging er in das Zimmer der Kommis fion für Barteireinigung.
( Fortsetzung folgt.)