Der Borkampf noch unentschieden. Drei Stunden Schulgefeß.„ Ergebnis nicht erzielt."
Der Interfraftionelle Ausschuß der Herren Dom Bürgerblod hat gestern getagt, um die„ neuen Formulierungen" zum Reichsschulgeset wieder zu finden, die Herr von Reubell nach seinen privaten Besprechungen mit einigen Abgeordneten" verloren hat. Das Resultat ist fol erloren hat. Das Re gendes Kommuniqué":
Der Interfraktionelle Ausschuß des Reichstages unterbrach nach dreistündigem Berlauf seine Beratungen und wird fie am Mittwoch nachmittag um 2 Uhr fortfeßen. In der heutigen Beratung wurden die§§ 14 bis 20 des Reichsschulgefehes durch gesprochen. Die einzelnen Parteien legten ihren Standpunkt zu den Fragen der Aufsicht über den Religionsunterricht und über die Simultanfchulfrage dar. Die Fragen wurden eingehend durchgesprochen, ein sachliches Ergebnis aber vorläufig noch nicht erzielt. Bis morgen sollen die einzelnen Bartelen ihre formulierten Vorschläge machen, damit in der morgigen Sigung über die Formulierung der einzelnen Bestimmungen des Gesetzes Beschluß gefaßt werden kann.
Hinter den Kulissen spielt sich inzwischen ein wilder Borfampf zwischen der Volkspartei auf der einen und dem 3entrum und den Deutsch nationalen auf der an dereren Seite ab. Während die Klerikalen Freunde aller Welt verkünden lassen, daß es nur an der Volkspartei liegt, wenn man noch nicht weiter ist und daß der Volkspartei nichts anderes übrig bleibe, als sich den flerifalen Wünschen zu unterwerfen, versucht die Volkspartei durch die ,, Deutsche Allgemeine Zeitung" den Parteiführer Marg gegen den Fraktionsführer Guérard auszuspielen:
In der heutigen Besprechung wird es vor allem auf das Zentrum ankommen, seine in den letzten Wochen stark umffriffene Stellung zu flären. Unzweifelhaft haben sich in der lehten Zeit bei der Führung des Reichstagszentrums wahlfaktische Erwägungen start in den Vordergrund gedrängt. Das würde be deuten, daß dasjenige Gefeßgebungswert, das für das Zentrum bei der Gründung der gegenwärtigen Koalition die Hauptrolle gespielt hat, jetzt von der gleichen Partei preisgegeben ist und zur wahlpolitischen Parole gemacht werden soll.
Man glaubt in parlamentarischen Kreisen, daß Reichskanzler Dr. Marg als Führer der Gesamtpartei und als der für den jetzigen Kurs verantwortliche Staatsmann diesen Bestrebungen entgegenwirten wird, zumal Dr. Marg als Ergebnis feiner früheren fulturpolitischen Tätigkeit besonders start am Schulgeset intereffiert ist." Fügt man noch hinzu, daß der für den Entwurf verantwortliche Reichsinnenminister Dr. von Keudell in der geftrigen Interfraftionellen Konferenz unter der Aufsicht von ,, vier weiteren Bertretern des Innenministeriums" erschienen ist, so hat man ein Bild von der Lage. Es soll sich übrigens in diesem letzteren Fall nicht um die geistliche Schulaufsicht gehandelt haben.
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Schreck.
Der Abenteurer vor dem Reichsgericht.
19 Der verfassungstreue Kreisoffizier.
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„ Putsch? Ausgeschlossen! Wir planten nach Auseinanderjagung des Reichstags und Niederwerfung der Republikaner die Einfehung einer völlig legalen Dittatur."
Fort mit dem Bürgerblock!
Auf einer großen öffentlichen Rundgebung des Reichsbanners Schwarz- Rot- Gold im überfüllten Saale der Bürger- Ressource sprach heute abend Reichstagspräsident 28 be über das Thema„ Boltsherrschaft oder Gewaltregiment". Der Reichstagspräsident wurde bei seinem Erscheinen von der hob er hervor, daß er gerne nach Ostpreußen gelommen sei nicht Bersammlung stürmisch begrüßt. Zu Beginn seiner Ausführungen nur, weil es wirtschaftlich, national und sozial besonders schwer zu ringen habe, sondern auch weil in diesem abgelegenen Bezirk es den rüdwärts gerichteten reaktionären Elementen am schwersten falle, fich in die neue Zeit zu schicken. Präsident Löbe stellte alsdann in feinen Ausführungen die beiden Kampffronten einander gegenüber: Schwarzweißrot und Schwarzrotgold, den alten Obrigkeitsstaat und den neuen freien Boltsstaat, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, verantwortliche Bürger zu politischer Reife zu erziehen..
Gewaltherrschaft gegen Bolksfreiheit.
fei die Frage: was foll die Flagge repräsentieren?
Gegenüber dem Hauptargument der Gegner, dem wirtschaftlichen Elend der heutigen Zeit, verwies Löbe darauf, daß sich eine solche Ratastrophe wie der Weltkrieg überall in der Welt in gleicher Weise auswirkte Er beleuchtete dann des näheren das trostlose Erbe, das die Monarchie im Jahre 1918 bei ihrem Zusammenbruch in menschlicher, materieller und finanzieller Hinsicht hinterlassen habe. Er muffe fragen:
Im weiteren Berlauf des Prozesses Shred und Genossen vor Arme und Kraft werbe das Reichsbanner zur Berfügung ftellen, um dem Reichsgericht, non dem man nicht weiß, ob man ihn einen diesen Volksstaat zu verteidigen. Als den Zweck derartiger öfent Spionages, Landesverrats oder einen einfachen Dokumentenfälscherlicher Zusammenfünfte des Reichsbanners bezeichnete Präsident prozeß nennen foll, fegt der Angeklagte die Schilderung feines Lebens Lobe durch Tausende von Kanälen an alle diejenigen herangu laufes fort, die an Phantastif den ersten Teil faft übertrifft. Stach tommen, die draußen im Lande und in den Vororten wohnen, an Bayern gekommen, tauft er 1918 einen Gutshof bei Basberg die Jugend, die die Zukunft des Staates bedeuten. Der Rebner gab er, der Ausländer 1 in unglaublich kurzer Zeit das einen ausführlichne Rüdblid über die historische Bergangeheit große Tier" feines Kreises: Gründer einer Einwohnerwehr, die 32 Gemeinden umfaßt, Mitglied der Bayerischen Bolkspartei, der Farben Schwarz rotgold und stellte vergleichend die Gemeinderatsmitglied, Kandidat für den Kreistag, stellvertretender erst im Jahre 1870 durch Bismard geschaffene Fahne Gemeinderatsmitglied, Kandidat für den Kreistag, stellvertretender Schwarzweißrot daneben, die Flagge einer furzen, wenn auch feines Kreisvorsitzender, Mitglied der Kreisbauernfammer, Mitglied des Berwaltungsrats des Oberpfälzischen Kreisüberlandkraftwertes in megs unwichtigen Uebergangsepoche von 50 Jahren. Wichtiger Regensburg . Glänzender Aufstieg. Und ein ebenso schneller Abstieg. 1921. Beibergeschichten. Ein Offiziersehrenrat spricht ihm die Satisfattionsfähigkeit ab. Die Partei wendet ihm den Rücken. Kurz entschloffen sattelt Schred um. Kauft ein Gut bei München , gründet eine Grundbesisgesellschaft, pachtet eine ehemalige Pulperfabrit, gründet zwei, drei andere Gesellschaften, und Schreck darf es fich erlauben, in München das Leben eines Großindustriellen zu führen. Er heiratet ein aweites Mal( die erste Ehe mit einer Rittergutsbesitzerstochter war schon vor längerer Zeit gefchieben worden). Aber schon lauert typisch für jedes Abenteurerleben ein neuer Abstieg. Die zweite Ehe wird, kaum daß fie rechtsträftig geworden ist, wieder gelöst, meil Schred eine schmere Geschlechtstranfheit ner schmiegen hatte. Ein Unternehmen nach dem anderen bricht zu jammen, das Vermögen schwindet unter seinen Händen, noch eine Furze Zeit Luxuriösen Scheindaseins auf der Basis des Bumps im großen, dann Flucht mit einem Barbestand von 2000 m. Und Schred taucht Ende 1924 in Berlin auf, nun schon nichts weiter als Abenteurer. Betrügerische Geschäfte, Auftreten unter falschem Namen, und dann abrupt und jäh cin neuer Aufstieg, mätressenwirtschaft, Badereisen, Lurus und Komfort: Schred hatte sein Fälschergenie entbedt und ließ es der Prozeß wird flären, wie weit zugunsten, wie weit zum Schaden der fremden Mächte" im großen Stil der Spione und Landesverräter spielen.
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Das Geheimnis der Seele.
Soweit der Angeklagte. 3mischenfrage des Borsigenden, ehe der bunte Film des Prozesses weiter läuft: Wie ist der An= geflagte pinchisch zu werten? Da hat er noch in Bayern einen Lebenslauf aufgefeßt, der an Bhantastit nichts zu wünschen übrig läßt. Borfigender: Wie tamen Sie dazu? Sie hatten wohl einen Hang zum Aufschneiden?" Antwort: „ Das ist hier Dichtung und Wahrheit, ich nehme an, dah die Richter am Reichsgericht pfychologisch genügend geschult find, um zu erkennen, aus welcher Berfaffung heraus ich das geschrieben habe. Es war mir fo, als ob ein Dichter sich in fein Subjett hinein lebt. Ich lebte mich damals in diese Materie hinein, Unders fann ich das nicht
erklären.
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Woher nehmen die Leute, die eiserne Sfirn, diejenigen anzuflagen, die unter diesen Umständen den Mut aufbrachten, das Steuer aufzunehmen, das die anderen fliehend fallen gelaffen hatten?
Diese geschichtliche Wahrheit müsse man der Jugend vor Augen halten. Die Demokratie, betonte Löhe, ist heute fest gegründet, aber fie bedarf noch weiterer Festigung und des Schutzes. Dem Borwurf, daß die Demokratie undeutsch wäre, begegnete er mit einem geschichtlichen Rückblick auf die Verfassung der alten Ger manen. Der Weltanschauung der alten Monarchie: Des Königs Wille ist das höchste Geich jetzt die Republit den Satz entgegen:„ Des Volkes Wille ist das höchste Gefet".( Starker Beifall.)
Zu den neuen verschiedentlichen Anträgen auf Verfassungs. anderung sprach sich der Redner besonders dagegen aus, das vielfach angegriffene ahlalter von 20 Jahren heraufzulegen. Unter den nächsten Aufgaben des Boltsstaates stehe in erster Linie energische Arbeit zum Einheitsstaat.
Es habe auch den Anschein, als ob der neue Bund zur Erneuerung des Reiches das gleiche Ziel habe, wenn es allerdings auch merf würdig berühre, daß, wenn man vereinfachen wolle, man noch einen neuen Bund hinzugründe. Am verdächtigsten fei der Beifall, den der
neue Bund bei denen finde, die dem Einheitsstaat bislang am wenigften gewogen waren.
Reichstagspräsident Löbe sprach dann über die deutsche Außenpolitif einige Worte. Eines der Hauptargumente der nationalistischen Gegner sei der Hinweis auf die deutsche Außenpolitik der Nachgiebigkeit, der Schwäche und der Demütigung. Diese Außenpolitik der leẞten acht bis neun Jahre, die Deutschland auf absehbare Zeit meiter treiben müffe, fei die einfache Ertennt.
,, Penthefilea."
Reueinstudierung im Staatstheater.
Und das Urteil des Psychiaters? Sanitätsrat Dr. Leppnis der heutigen wirtschaftlichen Zusammenhänge Europas . mann hat den Angeklagten Anfang 1927 in der Irrenabteilung des Untersuchungsgefängnisses Moabit beobachtet. Seine Borkenntnis: Feststellung der Schweizer Irrenanstalt. Einseitige Pupillenstartheit. Simulation ausgeschloffen. Feststellung des Mediziners: Schred ift ein sehr intelligenter, schlagfertiger Mensch mit einem fabelhaften Erinnerungsvermögen, aber will mehr scheinen, als er in Wirklichkeit ist. Anzeichen, daß die Delikte einer damals zeitweisen oder dauernden Unzurechnungsfähigkeit entsprangen, find nicht vorhanden, aber der außer Die mehrfach unter eigenartigen Umständen verfchobene teu ordentliche Geltungswert und die außergewöhneinstudierung des Kleist schen Trauerspiels ist gestern endlich in liche Phantaste des Beflagten müffen berücksichtigt werden. Szene gegangen. Eine Verlegenheitsvorstellung mit faft zum Fragment verstümmelten Text. 2othar Müthel läßt im ver. staubten Hoftheaterſtil mit gewaltigem Pathos spielen. Durch den Mangel an dionyfischem Schwung und das völlige Bersagen der Maria Roppenhöfer als Benthefilea bleibt vom dichterischen Gehalt des Werts taum etwas übrig. Dgr.
Die Freigabebill für das beschlagnahmte feindliche Eigentum foll im Finanzausschuß des Senats zu Washington noch vor der ( ganz ungeflärten) Steuerfrage, gleich nach Gefundung des Oppo fitionsführers Simons, beraten merden.
Kein europäischer Staat tönne heute seine Wirtschaftspolitit allein und unabhängig von den anderen führen, und Deutschland am allerwenigsten. Seit wir Industriesta at sind, fönnen wir unser Bolt nicht mehr aus eigenen Mitteln ernähren. Wir find angewiesen auf Austausch, wenn unsere eigenen Bürger nicht an Unterernährung zugrundegehen sollen.
Wir müffen mit unseren Rachbarn in Frieden leben und vergeffen, was zwischen uns lag. Denn in dem Augenblid, wo an die Gewalt appelliert_mird, beginnt die Welttatastrophe mit einem ungeheuren Trüm. mer- und Leihenfeld in Europa .
Deshalb gibt es nur den Weg der Verständigung. Dess halb hat auch die Sozialdemokratie der Außenpolitit Stresemanns Gefolgschaft geleistet. Solange er friedliche Verständigung sucht mis allen Nachbarländern, solange tann er auf die Unterstügung alle: republikanischen Parteien rechnen.
Auf die bevorstehenden Wahlen hinweisend, erklärte der Redner, er befände sich im Einklang mit zahlreichen 3entrumsleuten darin, es sei
die Aufgabe der nächsten Manate, die Rechtsregierung zu zertrümmern und an ihre Stelle eine flar auf republikanischem Boden ftehende Regierung zu sehen.
Das Programm der nächsten Zukunft fei: Ausbau zum Boltsftaat, Aufbau nach der sozialen Seite auf der Grundlage gegen feitiger Hilfe Dann werde eine Republit geschaffen werden, die nach innen und außen repräsentiert wird durch den deutschen Ar beiter, den deutschen Landmann, Bissenschaftler und deutschen Jüng ling, der, die Hand an der schwarzroigoldenen Fahne, dafür forgt, daß ihm nicht entriffen wird, was in den schwersten Stunden unferes Vaterlandes für unser Bolk geschaffen worden ist.
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Ein Preffevertreter will dem Barmat Prozeß beiwohnen. Dieser Tage um Mittag im alten Kriminalgericht. Einer unferer Mitarbeiter fieht an der Tür des fleinen Schwurgerichtssaales einen Bettel und entnimmt daraus, daß bort die Sache gegen Barmat und Genoffen am 11. Januar 1927 und folgende Lage verhandelt wird. Er öffnet schüchtern die Tür und blidt zunächst nach dem Zuschauerraum: Kein Mensch! Schon will er sich wieder entfernen, pa entdeckt er in einem schattigen Winkel doch eine Menschengestalt. Also boch? Abermals steckt er den Kopf durch die Tür und blickt nach der anderen Seite des Raumes: Dort fißen tatsächlich ein Dugend Herren, teils im Talar, teils in Zivil. Inzwischen ist ein an der Eingangstür fizender Justizwachtmeister aufgestanden und fragt unseren Mitarbeiter, was er wünsche: Bressel" Der Wachtmeister tann ein Lächeln nicht unterdrücken, ein Lächeln, das Er ftaunen und Mitleid zugleich verrät, ein Lächeln, das sich mit den Morten übersehen läßt:„ Mensch, du bist wohl total verrüidt geworden?" Aber der liebenswürdige Beamte ist zu höflich, diese Frage laut zu stellen und bittet fachlich um den Ausweis. Man fühlt, wie alle Blicke vom Richtertisch, von der Bank der Angeklagten und Verteidiger und von dem einen Mann im Zuhörerraum auf den Neuling gerichtet sind. Am liebsten möchte man lieber gleich fortlaufen, wie wenn ein Fremder irrtümlich in einen Familien. treis ungebeten und störend eingedrungen ist. Aber der Ausweis ist nun einmal schon gezeigt, der Wachtmeister weist auf die PresseBehenfpigen durch den Saal. Am Breffetisch fizt ein Sachverstän tische hin tische hin- es gibt fein Zurüd! Spießrutenlaufen auf den diger und der Berichterstatter einer Gerichtsforrespondenz Kollege macht einen sehr gedrückten Eindrud. Man merkt es ihm an, daß er bereits ein Jahr Barmat Brozeß ab geseffen hat!
Der
Geplantel zwischen der Berteidigung, den Sachverständigen und dem Staatsanwalt. Es handelt sich um komplizierte banftechnische Borgänge, über die jeder eine andere Auffaffung hat. Was heißt
was bedeutet Franco Valuta"? Ist es so oder so aufzufaffen? Der Borsitzende versucht zu vermitteln: Franco Baluta in dem Sinne, also, daß... aber nicht in dem Sinne, daß..." Die Schöffen vorn und die Schöffen hinten( Ersaßschöffen) folgen mit fachlicher Miene den Darlegungen. Man möchte Gedankenleser sein und die Frage beantworten tönnen: Wer von euch versteht wirklich etwas davon?" Jedenfalls erweden alle den Eindrud, als ob fie fich bemühten....
Am Mittwoch ist Jubiläumssigung. Vor einem Jahre war der Zuschaueraum mit einem mondanen Premierenpublikum zum Bersten voll. Auch die Blätter brachten spaltenlange Berichte. Und jetzt? Es gab wieder einmal nach langer Zeit eine Sensation: ein Presseberichterstatter von dem Kollegen der Gerichtsforrespondenz abgesehen, der schon zur Familte gehört. wohnte der Berhandlung bei...