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Mittwoch

11. Januar 1928

Unterhaltung und Wissen

Die Hinrichtung.

Bon Hans Hyan  .

Am achtundzwanzigsten hatte Friedrich Bewer erfahren, daß fein Gnadengesuch abschlägig beschieden worden seier wartete mun auf die Hinrichtung

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Das heißt, warten ist da eigentlich ein schlechtes Wort: Friedrich Bewer, diefer große, breitschultrige, stiernadige Mensch, in Best­preußen geboren wo sein Vater Holzfäller gewesen war und die Mutter dazu verdient hatte, als Soldatenschneppe stockatholisch und mit einer Intelligenz, die im umgefehrten Berhältnis zu feinen enormen Körperträften stand dieser Friedrich Bewer faß in der dieser Friedrich Bewer faß in der weißgrauen gefünchten Zelle auf dem dreibeinigen Schemel und Starrte vor sich hin. Dann und wann schüttelte er seinen zweiund­zwanzigjährigen, schwarzborstigen Kopf und stieß brummende Tone aus. Und wenn er sich dann erhob und näher ans Fenster ging, das, übermannshoch und mit schweren Traillen vergittert, mur den Blick in den bewölkten Februarhimmel freigab, bann glich er fo recht einem der starten majurischen Bullen, der einen Menschen auf die Hörner genommen und zu Tode gestoßen hat und den nun bald der Schlächter holen soll.

So wartete Friedrich Bewer...

Die Gedanken tamen und gingen in seinem Kopfe, der wulstige Lippen, fleine schwarzbrennende Augen und mächtige Kiefer hatte- wie Leute, die nach einem Erdbeben die Heimat wieder aufsuchen und sich nicht mehr zurechtfinden

Seine großen schwarzbehaarten Fäuste, die so oft die Floß stange in den lehmigen Grund der Weichsel   gestoßen hatten, die hart und unempfindlich geworden waren vom Schippen und Karren bei der Kanalarbeit, die hatte man gefesselt. Ohne Not eigentlich, denn seit seiner Inhaftnahme, bei der er natürlich Widerstand leiftete, war er fromm wie ein Lamm. Und die Kette, welche die breiten elfernen Handschellen verband, flirrte bei jeder Bewegung und medie Friedrich Bewer oft aus dem Schlafe.

Die Bibel lag offen auf dem weißgescheuerten Holztisch. Manchmal sah der zum Tode Berurteilte auch hinein. Der Pfarrer, der in den letzten Tagen mehrmals zu ihm gefommen war, hatte ihm gesagt: in diesem Buch sei einer, der ihm helfen könnte. Und das nahm Friedrich Bewer wörtlich, ganz wörtlich!... Aber fein Geist paßte die Buchstaben nur mühsam aneinander und, wenn auch Worte daraus wurden, so blieb doch das Gahgefühl dunkel

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Zwei Tage später tommt der Gefängnisdirektor und fagt: Morgen früh..." Er sagt ja noch mehr, aber der Gefangene versteht bloß:" Morgen früh..."

Und er meint.

und das

Aber abends die Bratkartoffeln- Bratkartoffeln!! Beefsteat, der Rotwein und die Zigarren, ah, das ist fein!.. Da lächelt der Bewer. Und die Nacht schläft er, schläft feft und traumlos, wie einer, der das beste Gewissen von der Welt hat. Um halb sechs muß man ihn weden. Er verstellt sich nicht, er schläft wirklich. Wie er die Augen aufschlägt, lacht er noch ein bißchen. Aber plöglich erblickt er feinen Feind wieder, der jetzt hodh aufgerichtet, mit eisernem Angesicht vor ihm steht und nach ihm greift greift... Bittern erhebt sich der Masur.

jagt

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Der Kaplan tommt, Friedrich Bewer hört gar nicht, was er er steht nur den Feind, seinen Uleberwinder. Im Gefängnishof wirft er sich gegen den Aufseher. Die Knechte des Henfers eilen hinzu ein Kampf, sein letter. Denn der Feind ist stärker. Ha!... Da kommt etwas Blizendes durch die Luft!... Das Gebrüll hört auf. Plößlich. Und der Nachrichter, rasch herzutretend: Herr Staatsanwalt, die Erefution ist vollzogen!"

Das Zelt, das ein Palast sein wird.

Bon Eric Gottgetreu.

Tel Aviv  , im Winter.

Am Strand von Tel- Aviv  , der amerikanischen Stadt des Orients, der eigenartigsten Palästinas, steht ein feines Haus aus Holz, Blumen blühen vor den Fenstern draußen, bunte Bilder brinnen an den Wänden hier wohnt ein Theater. Hier ist feins,

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hier wohnt bloß eins. Kommt man tagsüber hin, ist niemand zu finden, denn die fünfzig Mitglieder der Bühne sind fünfzig Arbeiter. Bon acht Uhr abends wird geprobt, bis morgens um zwei, um drei, dann kommt der Direftor" und sagt: Kinder, ihr müßt jegt fchlafen gehn!"

um

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Was wollen fie?

Beilage des Borwärts

hinein, wie bei uns Autogehup und Trambahngetlingel gellt. Die Künstler sind in dieser Naturnahe ungehegt und alltagfern. Gearbeitet wird unter des Russen Halévy Leitung, an den Proben für cins der Spielplanftüde ein halbes Jahr, ein Jahr, fogar anderthalb Jahre lang. So fommt es, daß das durch, das ganze Band reisenhe und, wie man weiß, auch mitreißende Repertoire noch nicht mehr umfaßt als die Hoffnung auf Segen" von Heijermans  , das völlig umgestaltet wurde, und eine Reihe einzelner Szenen von Perez Jezt haben sie Stefan Zweigs Jeremias" im Plan, dann eine Dramatisierung Jad Londons unter den Händen, und faft fertig steht Jacob und Rahel". Zum Dichter hat das neue Bibelstüd den eigentlichen Autor, Krascheninikoff, dann die Heilige Schrift felbst, Halévy   und andere. Bor allem aber die Wirklichkeit, wenigftens als Bühnenbildner und Stimmungsschlepper.

Sie fingen fie mit geradezu reporterhafter Raffiniertheit: Fünfzehn fetten sich auf ein holperndes Auto aus Urväter Zeiten, fuhren drei Tage lang auf besonnten Straßen und Begen lamen endlich nach Beer Schewa, einer Stadt tief im Süden und in der Wüste gelegen: von hier aus foll Jacob ausgezogen sein. In Beer Schewa   wohnen die Beduinen noch dem Weltwandel fern, wissen nicht, ahnen nicht, daß sie Schauspieler vor fich haben, sehen nur Gäste, laden sie ein, loden den Märchenerzähler, der Märchen für vierzig Tage und Nächte haben will, zum Reden. Eigenhändig brät endlich der Scheft den Hammel ihnen und rippt, wie fie ftrahlend noch heute berichten, dabei das Fleisch fo geschickt längs der Knochen, daß das Fehlen von Meffer und Gabel den Appetit nicht verdirbt. Nach dem Effen tommen, als ob alles flingendes Traumspiel wäre, Tänze zur Flöte, leifer Gesang mit viel Mufitalität. Jetzt führen die Beduinen noch eine primitive Theaterszene auf, in der viel geprügelt wird. Den Kindern der Wüste bereitet das tiefe Freude. Nach lebernachtung im Zelt erhalten fie am nächsten Morgen feierlich Geleite, fahren zurüd nach Tel- Aviv  , dem palästinensischen Amerita so frisch ist die Stadt proben weiter und wirken ins Wert, was sie erlebten.

Es werden noch viele Jahre vergehen, bis man das Dhel", dies Belt, das einmal ein Palast sein wird, in Europa   zu sehen bekommt. Borläufig treibt es auch noch nicht eitler Geltungsdrang und Gier nach internationalem Ruhm, trägt es aber immerhin schon die Liebe und das Lob aller Juden Balästinas. Die sehen hier schließlich ihre eigene Sache und erleben sie mit So fommt es, daß mit der Arbeit des Dhel" die eigentliche neuhebräische Dramatif, die es bisher faum gab, geboren wird; das jiddische Theater und auch das hebräische Rußland   ist doch in Stoff und Stil durchaus milieu­bedingt gewesen. Nun ist doch immerhin der Anfang einer Erfüllung da und von vieler Menschen Standpunkt aus eine gewaltige Sache, für die heldenhaft viel gearbeitet, gehungert und gefiebert wurde- in der Hunderttausend follten einen Dichter finden im alten, neuen Land. Man darf sicher sein, daß er tommt.

Sie wollen ein großes hebräisches Theater in Palästina schaffen, eins, das offo heimatverwurzelter ist als die Habima, die die Europäer fchon fennen. Juden würden ja auch wirklich feinen Staat aufbauen, wenn sie das Theater vergäßen. Das hier heißt aohel": das Belt

Die fämtlich noch sehr jungen Menschen arbeiten also man solchen Kult der Kunst noch Arbeit" nennen darf

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für ihn, und er bohrte und grub vergeblich in diese rätselhafte einen Barade am großen Meer. Das rauscht ins feierliche Getrieb

Tiefe.

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Man glaubt ja nicht, wie leicht so ein Kopf, der auf einem pferdeftarten Körper fit, müde wird bei der geringsten Anstren gung des Geistes... Und nachlassen durfte er nicht... Es ist niemand da, der ihm befiehlt, aber er tann nicht anders, als immer wieder arbeiten an dieser fürchterlichen Frage: warum muß ich fterben??

Es ist nicht wahr, Friedrich Bewer fürchtet sich nicht vor dem Sterben felber. Er hat sich damals, als sie den eben Achtzehnjährigen wegen schweren Diebstahls für anderthalb Jahre ins Zuchthaus ffcdten, ruhig in den Bod spannen lassen. Und wie sie ihm dann die fünfundzwanzig auf das nadte Gefäß aufgezählt hatten, da ist er ganz stille, ohne Geſchrei und ohne zu klagen, wieder raufge. gangen in seine Zelle. Wegen Gehorsamverweigerung war's. Und er fand, als der Sohn von Stlaven, der selbst ein Stlave war, die Sache durchaus in Ordnung. Also das Beil, an das fonnte er denken, ohne daß es ihn schüttelte... Aber nachher... nach her... nachher war Friedrich Bewer nicht mehr da, wo bie anderen waren!... Er fonnte feinen Schnaps mehr trinken, tein Mädel mehr haben und nicht mehr reben, nicht rauchen, nichts mehr, nichts, bloß tot sein...

Wenn er soweit in seinem Denten gefommen war, dann drehte er fich regelmäßig nach dem Aufseher um, der in seiner Ede faß und gleichgültig auf den großen Menschen blickte, deffen letzte Stunden er bewachte... Und der Aufseher ahnte gar nicht, wie nahe Friedrich Bewer daran war, seine Fäufte ineinanderzufrallen und das Eisen seiner Fesseln auf den Kopf des trag dasigenden niederzuschmettern... Es war auch kein Mitleid, was den Masuren baran hinderte so feine Gefühle gedeihen in den Schichten feiner Herkunft mur spärlich! nein, vor ihm war die eisenbeschlagene Zellentür und dahinter wieder Türen und Mauern und Aufseher und Soldaten... man tam da ja doch nicht durch!

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Und dann rannte diese gehegte Idee des Lebenwollens in ihm zurück wie ein Hund, der seinen Herrn verloren hat, und fam bis an die kleine Tür, die die Frau aufmachte. die Frau, die er erschlagen hatte.

...

Bas wünschen Sie?"

Ach, ich bitte..."

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Sie haben wohl Hunger? Na, warten Sie, ich hol' Ihn' was zum essen!" Sie dreht sich um. Und da steht hinten ihr Rockschlitz auf, so daß das Weiß des Unterrods sichtbar ist.

Das erregt ihn.

Aber

Und dann hört er sie in der Küche mit Geld flimpern. Ich geh' rein!" benft er. Und tut's. Und macht die korridor. tür hinter sich zu Und da tommt sie schon wieder aus der Küche auf den Korridor und er sieht: fie friegt Angst... Vielleicht hätte fie nur mit starter Stimmen zu sagen brauchen: Bas fällt Ihnen benn ein?!... Machen Sie, daß Sie rauskommen!" nein, fie friegt Angst, und ba blitt's in ihm auf: Schlag' fte tot!" Sie schreit!!! Seine Kralle ist an ihrem Hals... Er zerrt sie in die Küche! Er zerrt sie in die Küche! Da hängt das Hadebeil. Und trach! trach! trach! mit der Stumpfen Seite, wie man' n Schwein totschlägt.

Nachher wird ihm Angst. Er nimmt rasch ihr Portemonnaie, in dem nur ein paar Silbergroschen sind, weiter traut er sich gar nicht zu fuchen... bloß weg, damit er die weitaufgeriffenen blauen Augen, zwischen denen Hirn und Blut fidert, nicht mehr fieht.

Die Berurteilung, die Revision, deren Zurückweisung, Gnaden gesuch, Ablehnung, alles alles scheint eins, scheint das Wert von Stunden, ron Minuten zu sein.

Friedrich Bewert hat die Empfindung, als hätt ihn jemand am Halfe und reißt ihn, trop all seines Sträubens mit überlegener Kraft fort. Manchmal darf er sich noch umsehen. Da taucht der hölzerne Kirchturm in seinem Heimatdorfe an der Weichsel   auf. Es ist Sommer, die Sonne scheint wunderschön. Und blau ist der Himmel Die Frösche quafen am hellen Tage auf den Wiesen, Da hinten beim Dorf sind die Leute, die Marja auch... Heu machen

C

Ein Sowjetjugendlicher.

Bon A. Petristscheff.

1917 war er fünf Jahre alt. Der Bapa diente. Wo?... ohl im Boltzeidepartement Bohl als Abteilungschef... Nichts als Splitter alter Benennungen und Borte hatte jein Gebächtnis aufbewahrt. Doch ihr Sinn, der damals dem Kinde wenig verständlich gewesen, hatte sich nun gänzlich verflüchtigt. Da war die liebe, gute Mama gewesen. Eine warme Wohnung war da gewesen und ein fauberes Bettchen. Und stets hatte es was zu effen gegeben. Dann ist alles in Nebel gehüllt. Mama war nicht mehr. Er mit Papa in demselben Petersburg. Doch es war sehr talf. Und man hatte sehr wenig zu effen.

Dann im Jahre 1919 oder 1920 murde Papa verhaftet Man tam nachts, wissen Sie, und brachte ihn fort."

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Das Kind blieb allein. Ein guter Nachbar" Papas Be fannter" nahm ihn auf. Dann tam jemand aus der Peters: burger Tscheta in den Hof mit der Weisung:

ihn

fo

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Sagt dem Knaben, daß sein Vater erschossen worden ist." Wäre es ein Arbeiter oder Bauernjunge gewesen man hätte einem Afnl übergeben.

Kinder find Blumen der Erde."

Doch der erschossene Papa war von Stand ein Edelmann. Und wurde es dem Kinde freigestellt, selbst zu verkommen.

Wie die Wogen ein Stückchen Holz, so warf der Strom des Lebens die Waise umher. Trug ihn von Petersburg   nach Taganrog  , von dort nach Samarland, doch dann, gen Westen mendend, spie er ihn bei Mogilew   ans Land.

Zu Fuß ging er aus der Stadt in die Dörfer. Unverhofft hatte er es gut mit der Zeit getroffen: man war im Begriff, Hirten zu dingen. Die Bauern sahen sich den Jungen an und famen zu dem Schluß: Statt fidh zmedlos umherzutreiben, mag er Hirtenbube werden."

Berstand er es auch noch nicht, so spürte er doch den gewaltigen Wechsel: bis dahin war er der gehetzte und rechtlose Sohn eines Adligen gewesen. Nun war er eingegangen in den äußerst privi legierten Stand der Armen des Dorfes. Eine heimatlose Baise ein Hirtenbub'. was fann es Mermeres geben?

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Fand sich auch ein braver Mann: ein ehemaliger Gutsbesizer. Er lebte wie ein Bauer. Und war vielleicht nicht braver als die anderen. Doch er vermochte dem Knaben zu geben, was die anderen nicht fonnten: er lehrte ihn lesen und schreiben. Auch besaß er lleberreste einer Bibliothet. Und er versah den Knaben mit Bühern.

Im Sommer hütete der Junge das Bieh. Im Winter besuchte er die Schule. Die erften Pläße der Dorfschule gehörten der Armut. Doch nur in der Dorfschule. Um weiter aufzurücken, genügt der Armenstand nicht, dazu bedarf es des Ausweises der Zugehörigkeit zum Komsomol( Kommunistischer Jugendverein).

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Einen folchen zu erlangen ist nicht so leicht: der Meine Hirte zählte erst 12 Jahre. Das ist das Alter der Bioniere" in den Romfomol wird man fo flein nicht aufgenommen. Doch die Leute im Dorfe sind gutmütigen Sinnes: Sollte man es sich leid werden laffen, zwei Jahre draufzugeben?" Die Bescheinigung der Kom­somolvolljährigkeit" wird dem Knaben ausgestellt, aber der adligen Abstammung ward nicht Erwähnung getan, ,, Gott mit dir, lerne mur.

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Im Besize des Komsomolausweises und eines Attestes der Komsomolzelle, fährt der Knabe nach Moskau  . In aller Klarheit steht nun das Biel   vor ihm: er will lernen.

Nicht mehr läßt er fich willenlos von den Wogen des Lebens tragen. Wenn auch nur mit schwachen Kinderhänden, er rudert boch, er schwimmt, er arbeitet sich heraus aus dem Strudel.

Mostau. Die Komsomolatteste sind vorzüglich geeignet, zu einer Arbeit zu verhelfen. Er wird Laufbursche in einer wichtigen In­stitution. Bird in die Junge Garde aufgenommen. Mit Dofu menten wird er zu Ritoff, zu Kalinin geschickt zu den höchsten Der Auffeher blickt wie ftrafend empor: Friedrich Bemer hat Beamten des Boltstommiffariats. Er erhält eine feltene Aus. fout aufgefeufzt. zeichnung! einen Baffierschein in ben Kreml  ...

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Doch um das Lernen ist es schlechter bestellt. Die Romunistische Jugend ist zahlreich, boch ber Bläße find zu menig. Ohne vorau gehende strengste Durchficht der Dotumente wird man nicht auf­genommen. Diese Kontrolle führt zur Entdeckung: Das After it gefälscht. Die adlige Abstammung ist verschwiegen...

Der Knabe lief von Instanz zu Instanz, bat. Bandte sich an Lumatscharity felbst. Doch von Lunaischarsty selbst erhielt er zur Antwort: Unsere Schulen eriftieren nicht für ablige Ausgeburten. Was beginnen? Einmal entdeckt, würde nichts verborgen bleiben. Man würde an die Junge Garde" berichten, an die Kommunistische Jugend, an die Institution, bei der er Anstellung gefunden hat.

Er verließ Moskau   und reiste nach Charkow  . Eine neue Periode ziellosen Umherstreifens. Während der letzten zehn Monate feines Aufenthaltes in Rußland   hatte er mit dem Gefängnis Bekanntschaft gemacht, hatte er im Krantenhaus gelegen. War auf der Straße niedergebrochen vor Hunger. Hatte in Noworoffijst ein erträgliches Leben geführt, indem er Zeitungschroniken verkaufte. Bar in Biati­gorst gewesen. Gelangte nach Suchum. Von Suchum nach Batu. Hielt sich dann hartnäckig in den Hafenstädten mit dem Gedanken: Wenn es gelänge, auf ein Auslandsschiff durchzuschlüpfen..." Er wartete auf einen Zufall. Bis dieser sich einstellte. Er sprang in den Schiffsraum. Lag barin zweimal 24 Stunden. Ich konnte nicht länger, wissen Sie. Ich hatte furchtbaren Hunger Als er dem Schiffsraum entstieg, näherte sich das Schiff Trope­zunt: Rußland   lag hinter ihm

Gegen Mitte Oktober fam er in Marseille   an. Arbeitete andeți­halb Monate in der Nähe von Lion. Am 16. Oftober kam er nach Paris  .

Er hat das Aussehen eines Hungerleiders. Es fällt schwer, ihn für älter als 13 Jahre zu halten. Doch mit aller Entschiedenheit berichtigt er solchen Irrtum: Ich werde bald sechzehn." Sie waren also fürsorgelos?"

Ein ganz flein wenig beleidigt und doch stolz entgegnet er: Nein, ich habe ftets gearbeitet."

Haben Ihre Borgefeßten Sie beleidigt?"

Erstaunt fragt er: Was verstehen Sie unter Borgejetten?" Nun, dort in Rußland   gibt es ja die GPU.  , Boffstammisa­riate, Lunaticharsty

2- ah, die fommunistische Bureaukratie"

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übersetzt er in feiner eigenen Sprache, ja, die Kombureaukratie, wissen Sie hat, als Sie Hirtenbub' waren, der Hirte   Sie nicht geschlagen?" Ich erlaube niemand, mich zu schlagen." Nun, und die GPU.  ?"

Die in der GPU.   find Tschefiften. Das ist etwas anderes chefiften find feine Menschen. Sie sind eine furchtbare und sehr schlimme Naturerscheinung.

Was beabsichtigen Sie in Paris   zu beginnen?"

Ich will lernen. Ich weiß nicht mal in der Bruchrechnung Bescheid. Hab' die Schule taum zu Geficht bekommen." nicht in der Bruchrechnung Bescheid. Und doch führt er eine regel­Er hat die Schule taum zu Gesicht bekommen. Weiß natürlich rechte Literatursprache. Und schreibt auch in folcher.

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In der Dni" erzählt er selbst unter dem Namen Nikolai Ospin einen Fall aus seinem Leben.*) Diese Erzählung gibt

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eine Borstellung von dem, was er gelernt hat. Auch wie er ge

lernt hat.

unbemerkt, unterwegs, dorbend und umherirrend. Dort in Rußland   gibt es viele folche Jugendliche. Sie lernen

Es ist gefährlich, aus einem Tropfen Wasser einen Schluß zu ziehen auf das Wesen des Elements. Doch auch ein Tropfen, fei er felbft, dant der Baune des Schicksals, aus Rußland   nach Paris   ver­( prengt hat etwas widerzuspiegeln.

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Bir veröffentlichen ben Arittel in der nächsten Rummer. ( Die Redaktion)