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Marx' Charakterbild. Gezeichnet im Lager Gtegerwolds. Der Rüffel, den derParteichef" Marx seinem Fraktions- kollegen aus dem Arbeiterlager Stegerwald vor der Oeffent. lichkeit des katholischen Lehrervereins erteilte, hat. wie vor- auszusehen war. bei den christlichen Gewerkschaften aufs pein­lichste versäinupft. Ihr Organ,Der Deutsche", nimmt sich deshalb den Herrn Reichskanzler beim Rockknopf und hält ihm eine Standpauke, die bei aller Höflichkeit in der Form doch recht gesalzen im Inhalt ist. Der Bürgerblockkanzler bekommt zu hören: Reichskanzler Marx hat sich beim Abfassen seines Briefes wohl nicht überlegt, daß er in seinem Brief eine Charakteristik von sich selbst und von seinem politischen Weitblick liefert, wie sie seine schärfsten Gegner bislang nicht ausgesprochen haben. Wenn ein« Bcsoldungserhöhung, die Milliarden Mehrausgaben erfordert, vom Kabinett in ihrer Tragweite kaum sachlich durchgeprüft wird, wenn der F i n a n z m i n i st e r diese Besoldungserhöhung in sensationeller Weise ankündigt, daß starte Bedenken, sowohl in bezug aus die Solidität unserer Finanzpolitik sowie auf die Fortsetzung einer vernünftigen Reporo- lionspolitik, namentlich im Auslande entstehen mußten, so ist dos anscheinend in seiner Anschauung einesalAiche" undbegründete" staatsmännische Leistung. Wenn einfache Arbeiter-Abge. ordnete das, was das Kabinett versäumt hat. in ihrer Kritik nachholen und die Tragweite dieser Besoldungserhöhung so. wohl hinsichtlich der Interessen der Arbeiter wie auch der Gesamt- heit überprüfen, so scheint der Herr Reichskanzler.... umgekehrt etwasUnsachliches" undUnbegründetes" zu sehen.... Wenn der Herr Reichskanzler ins Land ginge, so würde er feststellen können, daß nicht nur die Anschauungen der Gewerk- schostvsekrcläre um Stegerwald von den breite« Masse« geteilt werden, sondern daß auch die Wirtschaft und selbst weitschancnd« Beamte ebensounsachlich" über diesachliche" Politik des Reichs- kabinells denken. Dem Herrn Reichskanzler dürfte Gelegenheit ge- geben sein, in seinem eigenen Wahlkreise in dieser Richtung reich- liche Ersahrungen zu sammeln..... Besonders über die vom Herrn Reichskanzler beliebten Aus- drückeStegerwald und einige G« w« r f s cha st s s e k re° tarc" wird heut« die Enttäuschung innerhalb der Zentrums- Arbeilerwählerschast nicht mehr groß sein. Bielleicht erinnert sich aber der Herr Reichskanzler bei dieser Gelegenheit, welche Rolle dieseGewerkschoslssekreläre" für seine politische Tätigkeit vordem nriege und seine Berufung in» Kanzleramt sowohl wie in der für sie außerordentlich schwierigen Verteidigung seiner Politik im Jahre lS?4 gespielt haben. Vielleicht erinnert sich...? Aber nein? Wenn der Herr Reichskanzler sich erinnern wollte, würde er zunächst darauf stoßen, daß er einmal republikanischer Äan- d i d a t bei der Präsidentschaftswahl gewesen ist, daß er freudig bewegt die Arbeit des Reichsbanners für seine Wahl erlebte, daß er zu jener Zeit alsJesuit  " von seinen heutigen Blockgenossen beschimpft wurde, derganz Deutsch- land katholisch machen" wollte. Erinnern...? Man soll Herrn Marx nicht erinnern. Er hat immer noch keine Zeit gefunden, die Ehren- erklärung für Tresckow abzugebßn, die er MMig. ist.. Hx wird sich hüten.Stegerwald und die Gewerkschasts- fekretäre" anders zu behandeln. Er ist heute der Kanzler des Besttzbürgerblocks und Westarp regiert die Stunde!- Zentrum am Scheidewege. Bayrische Dollspartei gegen Gv�rord und Bepublik für Marx und Monarchie. München  . 12. Januar.(Eigenbericht.) Auf das republikanisch« Bekenntnis des Zentrumsführers Guerard auf dem Pfälzischen Parteitag des Zentrums antwortet am Donnerstag die Bayerische   Bolkspartel durch ihre Korrespondenz. Es hat keinen Sinn," so wird offiziell erklärt,.zu oerschweigen, daß die Bemerkungen Guerard« über sein« Auffassung des Der- hällmsse» der Zentrmnspartei zur Frage der Staatsform im Lager der Bayerischen Volkspartei   äußerst peinlich berührt haben. Selbstverständlich steht e$ bei der durch das Regensburger  Abkommen in keiner Wesse berührten Selbständigkeit der beiden Parteien keinem der beiden Teile zu. sich gegenseitig Drnschristen zu machen. Die Behauptung Guerard» aber, die deutsche Z entrutn»Partei sei eine repubttkauische Partei, steht«ll der Feststellung de» Reichskauzlers Marx, daß die Zenkrnmspartei eine verfassuogs- parket sei. ln unvereinbarem Widerspruch. Guerard ist aber noch einen Schritt weiter gegangen, indem«r die höchst unglückselige Redewendung gebrauchte, es müsse von Zentrumsseite an der Bayerischen   Dolkspartei noch Erziehungsarbeit in st a at s p olittsch e r Hinsicht geleistet werden, und die Bayerische volkspartei   müßte auf die staatspolitisthen Auffassungen des Zentrums gebrocht werden. Herr v. Guerard irrt sich im Erziehungsobjekt, die Bayerische Volkspartei  ist in dieser Beziehung vollkommen erzogen. Sie hat nichts hinzu- zulernen, sie steht auf dem Boden des alten staatspolitischen Zen­trumsgrundsatzes, wie ihn Reichskanzler Marx klar zu betonen für nötig befunden hat, weil es darüber an mangelnder Klarheit im 'nttumslager zu fehlen scheint. Riemols wird die Bayerische Volkspartei   eine republikanische Parict werden. st« denkt nicht daran, die Partei in Gefahren zu bringen, die ihr Wej�n als Weltanschauungspartei gefährden könnten. Es ist bedauerlich" so schloß die Korrespondenzdaß in diesen so grundlegenden Fragen in der deutschen Zentrumspartei   so dssferenziert« Auffassungen sich geltend machen. Ee ist ja dies leider nicht di« einzige Frage, über die keine Ueberein- stimmung besteht." Diese Erklärung ist erfreulich eindeutig! Es ist kein Zweifel mehr, daß eineVerfassungspartei, die laut er- klärt, daß sie niemals� eine republikanische Partei sein werde, aber dabei die Möglichkeit offen läßt, daß sie einst eine offene monarchische Partei sein werde, heute schon eine Partei gegen die Republik   ist. Herr Marx aber will dem Zentrum den gleichen Stempel aufdrücken?
Berufung gegen das Streicher-Urteil. Die Oberstaatsanwalt- schaft in Nürnberg   hat gegen das Urteil gegen Streicher Berufung eingelegt. Die Einlegung der Berufung erfolgte, weil die Disziplinar- > ammer dem Antrag des Oberstaatsanwalts, auf Dienstent- lassung Streichers zu«tennen,»cht slottg» geben hat.
Das Gchulkompwmiß des Vürgerblocks!
Die Geistlichkeit erhält ein Aufsichtsrecht aber im übrigen bleibt die Stellung des Lehrers gänzlich ungeschmälert!
Llnentwegi gegen die Mieter. Schutz den Znflationsgewinnem und Schiebern. Die Beratung des Wohnungsausschusses des Reichstags wurde gestern fortgesetzt. Beschlossen wurde eine Verschärfung des Gesetzes dahin, daß, wenn der Mieter zwar keinen Widerspruch gegen die Kündigung erhebt, aber mit dem Vermieter einen Räu- mungsterrnin vereinbart, dann der Räumungsbefehl von Amts wegen erlasseü werden soll. Das Parteiverfahren wird hier zum Osfizialverfahren erhoben. Wenn der Mieter die Räu- mungsfrist zwar vereinbart hat, aber die zugesagte Wohnung nicht erhält, sitzt er obdachlos auf der Straße. Der in der ersten Lesung durch Zufall abgelehnte§ 1 wurde wieder hergestellt Er lautet: Des Nachweises einer Vollmacht bedarf es nicht, wenn für den Vermieter die Anordnung der Zustellung eines Kündigungsschreibens nachgesucht oder sür den Mieter Widerspruch gegen die Kündigung erhoben wird." Nach ß 2 des Mieterschntzgesetzes kann die Kündigung wegen erheblicher Belästigung des Vermieters usw. erfolgen. Di« von den Sozialdemokroten beantragte Einschallung. daß wiederholter Ver- zug des Mieters mit der Mietzahlung keine erhebliche Belästigung .fein soll, wurde.abgelehnt. Ebenso wurde dos-Verlangen, die Kündigung bei Äenderung der Rechtsform einer Gesell- schaft nickst zuzulassen, wenn der Vermieter' nicht geschädigt wird, abgelehnt. Bei ß 4 des Mieterschutzgesetzes(Kündigung, weil der Ber» mieter die Räume braucht) versuchten die Sozialdemokraten den bildenden Künstlern durch einen enssprechniden Zusatz antrag beizuspringen. Der Bürgerblock hat zwar schon« Worte sür die Künstler, wo er aber praktisch sür sie wirken soll, versagt er. Der sozialdemokratische Antrag wurde abgelehnt. Im Vorjahr war eine Bestimmung im§ 4 aufgenommen worden, die verhindern sollte, daß Inslatlonsgewinner und Schieher Gewerbetreibende durch Hauskauf und Heraustreiben aus den Mieträumen Wirtschaft» lich ruinieren und sich ihre Lebsnsarbeit an­eignen könnten. In der ersten Lesung hatten die Blockparteien diesen Satz in Abs. 1 des§ 4 gestrichen. Die Sozialdemokraten de- antragten Wiederherstellung der Gesetzesoorschrift. Der Antrag wurde abgelehnt. Damit enthüllten di« Blockparteien ihre Abfuhr: Lockerung des Mieterschutzes zugunsten der Kapitalisten und Schieber. In dem gestern morgen verössentlichten Bericht aus dem Woh- nungsausschuß muß es statt Ministerialdirektor Abegg Ministerial- dircktor Ocgg heißen. Oer Fälscherspion. Cr spekulierte 1926 mit einem poleueinfall. Leipzig  . 12. Januar. Der Angeflagi« Schreck bleibt auch heute bei seinen gestrigen Angaben. Vors.(sehr ernst): Ich will hier keine mittelalterliche Tortur veranstalten, aber bedenken Sie, wieviel objektiv« Beweise bereits vorliegen. Es ist eine Reih« von Urkunden bei Ihnen ge- funden worden, die nachgewiesenermaßen eine Zeittang in anderen Händen waren und dort photooraphiert worden sind. Diese Photographien sind dann an verschiedenen Stellen in Deutschland  aufgetaucht, denn die polnisch« Delegation hat di« Bilder bei den Genfer   Verhandlungen in der 5>znd gehabt, während der französische   Vertreter von dieser Sache stark abgerückt ist. Es besteht der Verdacht, daß Sie die Schriftstücke an Polen   vertaust haben. Vielleicht kommt noch ein weiterer sehr wichtiger Beweis hinzu, den ich jetzt noch nicht mitteilen kann, weil dazu die Genehmi­gung einer sehr hohen Reichsstellc erst einlressen muß. Wird sie erteilt, dann schließt sich der Kreis. Auf weitere Borhalt« des Vorsitzenden gab der Angeklagte zu, daß er keineswegs, wie er zuerst behauptet habe, ein« ganze Folg« von 23 Denkschriften unter dem TitelProbleme der Landes- Verteidigung" verfaßt, sondern nur vier Denkschriften im November und Dezember 1924 angefertigt habe und zwar: 1.Die zu- künftige Bewaffnung des deutschen Heeres" von Major Ritter und Edler von Mvnschow, 2.Die Verwendung von Mannschaften der nationalen Verbände zur Landesverteidigung" von Oberstleutnant von Bonin, 3.D i e Neuorganisation der deutschen   Wehr- macht" von Major Bock von Wülfingen  , 4. Deutsche Politik undLandesverteidigung" von Oberleutnant van Schleicher. Als der Angeklagte weiter auseinandersetzte, wie er die Stelle zurErrichtungder Diktatur" mit seinen Freun- den verlassen habe, um dieVermittlungsstelle der nationalen Verbände" zwecks Zusammenfassung der Orga- nisation ins Leben zu rufen, hielt ihm der Vorsitzende vor: Wie wollten Sie denn die Verbände zusammenfassen, wo Sie doch keinerlei finanziellen Rückhalt hatten? Sie waren doch ein Konsortium von Arbeits- und Vermögenslosen. Außerdem war die politisch« Kon- ftellation sür einm solchen Zusammenschluß nicht gerade sehr ein- I tatKOb.
Angekl.: Wir wollten zunächst mit den kleinen Verbänden an- fangen, wie Bismarck-Bund und Reichsflagge. Die angefertigten Dokumente haben wir zunächst verwendet, dann haben wir sie unseren Geldgebern vorgelegt, ich selbst habe sie aber nie aus der Hand gegeben. Vors.: Wie sind«sie beim dazu gekommen, noch die Proto- kolle der vaterländischen Verbände anzufertigen? Angekl.: Well unsere Geldgeber die Denkschristen anzweifelten und ich sie besser glaubhaft machen wollte. Vors.: Wie erklären Sie nun, daß diese Protokolle noch«inen anderen Weg genommen haben, der ins Ausland geführt hat? Angekl.: Das kann ich natürlich nur vermuten. Ich habe jedenfalls nichts dazu getan. Aber schließlich ist doch 5) u k e b a tatsächlich zu den Franzosen gegangen, P r ö l l e r hatte eine Rumänin zur Frau, und Albert und S t o l l waren ebenfalls im Besitz der Dokumente. Vors.: Auf seden Fall sind die Photographien der Dokumente aus einem bestimmten G r u n d z»» einer bestimmten Ze i t. nämlich im Frühjahr 19 2 6, aufgetaucht, als Sie schon«in halbes Jahr in Untersuchungshast saßen. Wenn Sie selbst meinen, daß Frankreich   nicht in Frage komme, dann bleibt nur Polen  übrig. Die Ausziehung der Dokumente weist ja auch aus einen Krieg mit Polen   hin. Angekl.(überlegen lächelnd): Wir haben einen Teil des Mate- rials deshalb auf Polen   zugeschnitten, weil mit diesem Staat immer noch die m e i st o n D i f s e r e n z e n bestehen, und wir brauchten die' sogenannten Nebenurkuiiden, um die Bewohner von Schlesien as«-«zeugen, daß-stho««two» im Sange   sei. Au? diesem Grunde fingierten wir ein Telegramm der deutschen   Gesandt- schaft in Warschau   an dos Reichswehrministerium über Truppen- Verschiebungen in Polen  . Der Vorsitzende ging dann weiter mit.dem Angeklagten noch einmal feine früheren Aussagen durch und machte chn auf di« Widersprüche zu seiner heutigen Darstellung aufmerksam. Auf ein« Reihe unwesentlicher Zeugen wurde verzichtet und die Verhandlung aus Freitag früh 9 Uhr vertogt.
Litauen   und Wilna  . Oer Standpunkt der litauischen Sozialdemokraten. Warschau  , 12. Januar.  (Eigenbericht.) Der Führer der litauischen Sozialdemokratischen Partei. Stefan Kairys, erklärte dem Vertreter derPolni- schen Telegraphenagentur" in Äowno, daß die litauisch« össentliche Meinung di« Zuerkennung wilna» au Litauen   al» eine gruadsätz- liche Bedingung für die Ausnahme irgendwelcher Beziehungen mit Polen   verlange. Auch die litauischen Sozialdemokroten hätten auf Wilna   nicht verzichtet, sondern verlangten die Er- ledigung dieser Frage aus dem Wege der Volksbefragung. Sie widersetzten sich aber nicht dem Beginn normaler wirtschastllcher und kultureller Beziehungen zu Polen  . Diese Beziehungen würden aber bis zur Lösung der Wilnofrage keine srcundschaft. lichen s«in können. Kairys fuhr fort: Die litauischen Sozialdemokroten werden in Litauen   verfolgt und durch Verleumdungen in ihrer Tätigkeit gehemmt. Sie lzaben keinerlei Einfluß auf die jetzige Diktaturregierung. Die Verständigungsaussichten zwischen Litauen  und Polen   wären bedeutend größer, wenn in Litauen   parlamen­tarische Zustand« bestünden. Von der g«genwärtig«n Regierung, sür die die Parole gitt, Litauen   mit Wilna   oder gar kein LUauenI" ist hingegen ein« Verständigung mit Polen   nicht zu er- wa r ten. i Hierzu schreibt das hiesige PPS.-OrganR o b o t n i k", daß ein Versuch, den polnisch-litauischen Abgrund restlos zu über- brücken, mißlingen müsse, weil die militärischen Kreise, auf die sich Woldeinaras stütze, an dem Fortbestand des Konsliktes inter- esstert seien, da eine Verständigung zwischen Warschau   und Kowno einen Sieg der Demokratie und einen Schlag gegen die Diktatur be- deuten würde. Au? diesem Grunde hätten die polnischen Sozialisten vorerst Minimolforderungen oufg«ftellt hinsichtlich der Ays- nahm« normaler diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen, sowie des Abschlusses eines Handelsvertrages.
Oer lettische Bürgerblock. Mit Einschluß der Oeutsch-Balten. Riga  . 12. Januar. Die Verhandlungen über di« Beilegung der Regierungskrisis hoben zu dem Ergebnis geführt, daß der Staatspräsident den Ab- geordneten I u r a s ch e w s t i(d«motr. Zentrum) mit der Ministerpräsidentschaft betraut hat. Der Regierung gehören weiter an vier Mitglieder der Rechtsparteien, darunter der Deutsch-Balte Magnus als Iustizminister, zwei Zentrumsleute und ein Lett- galler. Drei Posten, und zwar Auswärtiges  , Verteidigung und Finanzen, werden von parteilosen Sachverständigen besetzt. Außen- mmister wird voraussichtlich der Gesandt«« Kowno  . Bat»vis.