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Freitag

13. Januar 1928

Technik

Beilage des Borwärts

Aus dem Reich der Radiowellen.

Der Vorwärts" berichtete über die Eröffnung des neuen Deutschlandsenders" bei Zeesen , der so weit vollendet ist, daß er probeweise in Betrieb genommen werden konnte. Wenn man die Leistung dieses Senders nach internationalem Brauche nach der aufgenommenen Röhrenleistung in der legten Stufe mißt, so ift die Anlage als 75 Kilowatt Sender zu bezeichnen. Das Wahrzeichen der Station find zwei isolierte Eisenmasten von je 210 Metern Höhe, die in einem Abstand von 450 Metern vonein­ander aufgestellt sind. Diese Masten tragen die etwa 280 Meter lange Antenne. Sie besteht aus fünf Drähten, die in einer Breite von 12 Meter verspannt sind.( Fig. 1.) Die wirksame Höhe dieser Antenne beträgt etwa 170 Meter, ihre Eigenwelle bei einer Antennenkapazität von 4000 Rubifmeter etwa 2100 Meter. Als Erde "( Fig. 3) murde ein ftrahlenförmig verlaufendes Nez aus Bronzedrähten verlegt, die, wie die Abbildung zeigt, durch zwei Ringleitungen miteinander verbunden wurden.

Die technische Einrichtung

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besteht aus sieben Hauptteilen. Der zum Betrieb nötige Strom wird vom Märkischen Elektrizitätsmert geliefert. Er fließt über eine Umformerstation, die feine hohe Spannung auf etwa 6000 Bolt vermindert, in die Starfstrom Shalt und Vertei Iungsanlage. Hier finden sich Schaltorgane, Trennschalter und Delschalter, ferner Transformatoren, Camposjpulen usw. Alle diese Schalter werden vom Senderaum aus automatisch bedient. In der Hochspannungsverteilerstation wird der gelieferte Be­triebsstrom gleichlam in einzelne Portionen eingeteilt, die nun an die verschiedenen Verbrauchsstationen gelangen. In der Hoch ipannungsgleichrichteranlage wird der 6000- Bolt- Dreh­strom in einem Betriebstransformator auf 11 000 Volt pro Phase herauftransformiert. Die Sekundärwicklung dieses Transformators ist mit 12 wassergekühlten Gleichrichterröhren verbunden, denen der Heizstrom über einen besonderen Transformator zugeführt wird. In der Umformeranlage wird nun der Strom feinem ende lichen Verwendungszwed entsprechend bearbeitet. Fünf Gruppen von Umformern sind hier aufgestellt Sie liefern den Strom für die Ladung der Bat terien für Notbeleuch tung, zur Heizung der Röhren der Sende anlage sowie der Bat­terien für sonstige 3wede. Gie liefern weiter den Strom für Die Gittervorspannung und Anodenspannung. Der Sender Telbst ist ein fremd= gesteuerter Tele­funten Röhren­fender.( Fig. 2.) Er hat drei Hochfrequenz­stufen. Die erste, der Steuerfender, liefert un­gedämpfte Schwingun gen, die von der zweiten Stufe verstärkt und moduliert gleichzeitig

( mit Sprechschwingun gen überlegt) werden. In der dritten Stufe erfolgt dann die Ver­Stärtung auf die ge­

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forderte Höchstleistung. Die drei Hochfrequenzstufen werden aus der Gleichrichteranlage mit einem Strom ron 10 000 bis 12000 Bolt betrieben. Dadurch wurde ein sehr übersichtlicher Aufbau der

masser, das auf dem Dache des Gebäudes aufgefangen wird, aus­fommen. An Nebeneinrichtungen sind die Beleuchtungs­anlage, Warmwasser- Heizeinrichtung, elektrische Uhrenanlage, Signal einrichtungen und endlich die Reparaturwerfstatt zu nennen.

Deutschlands neueste Funkstation dürfte für die zufünftigen Sendeanlagen als Musterbeispiel gelten. Das ganze Rüstzeug ber modernen Elektrotechnik ist bei ihrem Aufbau zur Anwendung ge­fommen. Ein technisches Meistermert murde hier vollendet. B. M.

Fig.1

Allherrschaft der Schwingungen.

Die Funktechnik hat dazu beigetragen, unsere Borstellungswelt umzuformen. Bis auf die alltäglichen Dinge erstreckt sich diese Wandlung. Wir sprechen vom Kreislauf des Jahres. Unwillfürlich schneidet man den tatsächlich endlosen Lauf der Zeit in Gedanken entzwei. Man erhält so anstatt des Unendlichen eine ständig mach­jende Menge endlicher Einheiten, Größen, die in fich geschlossen erscheinen, wie ein Kreis. Diese Vorstellung müssen wir heute im Zeitalter der Schwingungstechnit gründlich revidieren. Der Ablauf der Jahreszeiten ist als ein Schwingungsvorgang aufzufassen, bei dem in unseren Breiten der tiefste Punkt der Kurve im Winter, der

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Fig. 2.

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höchste im Sommer erreicht wird. Im Sinne der Funktechnik ist der Verlauf der Jahreszeiten eine ungedämpfte Schwingung.

Jahrtausende hat es gedauert, ehe aus zarten Reimen die Er­kenntnis von der Altherrschaft der Schwingung zum Allgemeingut der Wissenschaft wurde. Bythagoras, der um 500 vor dem Beginn unserer Zeitrechnung lebte, war einer der ersten, der perio­die Schwingungen wissenschaftlich untersuchte. Auf seinen Ar­beiten baute fich später die Theorie der Tonkunst auf. Pythagoras und seine Schüler bestimmten die Schwingungszahlen der Saiten­

geworden, das bis in unsere Tage treu bemahri murde. Schon zu jener Zeit hatte man erkannt, daß der Schall durch die Schwin­gung der Luft ausgebreitet wird. Aber erst im 17. Jahrhundert wurden diese vielversprechenden Anfänge der eraften 2ẞissenschaft vertieft und erweitert. Damals entwidelte man auch den Begriff der Oberschwingung, der bekanntlich auch in der Funt technik eine große Rolle spieit. Oberschwingungen werden z. B. bei einer Anzahl unserer Hochfrequenzmaschinen zur Erzeugung elettromagnetischer Wellen bestimmter Länge verwandt, auch in unferen Empfängern können wir oft Stationen hören, von denen wir nur die Oberschwingungen, nicht aber die Grundschwingungen wahrnehmen. Das erste mechanische Gerät, bei dem die Lehre von den Schwingungen bewußt angewendet wurde, ist die Pendel­

Senderstufen erreicht. In dem beigefügten Schaltungsschema liegt die erste Gendestufe links. Sie besteht aus dem Zwischenfreisvario­meter( oberhalb der Röhre), dem Gitterkoppelungstransformator, den Zwischenkreisfondensatoren und zwei 1- kW(= Kilowatt)-Röhren ( im Schaltungsschema ist nur eine gezeichnet). Die zweite Stufe besteht ebenfalls aus einem Bariometer, einer Zwischenkreisspule, den Zwischenkreiskondensatoren und einer 10- kW- Röhre( im Schallängen. Diese Untersuchungen sind ein Kulturgut der Menschheit tungsschema die zweite Röhre von links). Die beiden 1- kW- Röhren und Die 10- kW- Röhre werden gemeinsam von zwei Heizumformern ge­heizt, die Gleichstrom von 40 Bolt bei einer Leistung von 5 kW liefern. Da der Strom für die 1- kW- Röhren zu start ist, wurde für sie ein Vorschalterwiderstand eingebaut. Die Modulation, d. h. die Ueberlagerung der Hochfrequenzschwingungen mit Sprech schwingungen, Musit usw. erfolgt durch eine Modulationseinrichtung. Sie besteht im wesentlichen aus drei parallel geschalteten Röhren, während eine vierte zur Gleichrichtung des aus dem Steuerfender entnommenen Hochfrequenzstromes dient. Nach der Gleichrichtung wird dieser Strom als Gittervorspannung für die drei Modulations röhren benutzt. Unter Dazwischenschaltung eines Transformators merden diese Röhren aus dem 380- Bolt- Drehstromnetz geheizt. Die dritte Sendestuse ist durch die sechs großen 20- kW- Röhren gefenn­zeichnet, fiber denen das Zwischenfreisvario­meter, die Zwischentreisspule und die dazu gehörenden Kondensatoren angeordnet find. Auch diese Röhren werden aus dem 380- Bolt­Drehstromnes geheizt. Jede Röhre benötigt 35 Bolt bei 50 Ampère, so daß der gesamte Heizitromverbrauch 10 500 Watt beträgt. Ee­fundär und Antennenfreis vervollständigen die Schaltung. Der Sender wird von Berlin über Königswusterhausen be­sprochen. Zur direkten Besprechung ist auch noch ein kleiner Raum mit den nötigen Mitrophonen vorgesehen.

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Fig.3

Das Gehirn der ganzen Anlage aber ist der Hauptschaltpult, in dem alle Schaltelemente, alle Fäden der Funk­station vereinigt sind. Von hier aus ist es möglich, den Gender durch Betätigen eines einzigen Knopfes in Betrieb zu setzen. Man fann aber auch jede Maschine, jede Senderstufe usw. einzeln be einflussen. Gerade hier erfennt der Besucher, wie feinfühlig diese Anlage ist. Eine Anzahl Signallampen, die mit den einzelnen Teilen der Funkstation in Berbindung stehen, lassen das Arbeiten der pielen Konstruktionselemente erkennen. In einem Neben­gebäude wurde die Anlage zur Kühlung des Kühl­maffers für die Röhren der zweiten und dritten Sende­stufe und der Gleichrichteranlage eingebaut. Eine tleine Bumpe läßt das Wasser ständig freisen. Da Oberflächenkühlung zur An­mendung tam, tonnte man mit einem fleinen Borrat von Regen

uhr. Das von einer Feder angetriebene Bendel schwingt praktisch ungedämpft. Die stets gleichen Bendelschläge wurden frühzeitig zu astronomischen Messungen verwandt. Der arabische Astronom 3bn unis ist wohl der erste gewefen, der fid) blejes munderbaren Gerätes bet feinen Arbeiten bebiente. Unsere Bendelgesete aber fuf erst Galilei , die Entstehung der Bendeluhr aber ist das Berdienst eines ausgezeichneten Schwingungstechnifers, des Hollän ders Christian Sungens( 1625-1695). Bon thm besigen wir ein Wert über die Bendeluhr, in dem wichtige Erkenntnisse der Mathematit und ber Mechanit niedergelegt find, Hungens aber ist

in der Geschichte der Physit unsterblich geworden durch die Undu Iationstheorie" des Lichts, durch die von ihm ausgesprochene Bermutung, daß das Licht eine Wellenbemegung sei. Diese Theorie gilt bis zum heutigen Tage. Spätere Forschungen bestätigen sie. Man maß die Gefmindigkeit des Lichts und ertannte fie zu dreihunderttausend Kilometern in der Se funde. Damit aber war bereits die Sch we ster ber elettro magnetischen Schwingung entdeckt, die mit der gleichen Schnelligkeit den Raum durchschwingt. So war im Laufe der Jahr­

tausende endlich Akustik, Mechanik und Optik Don der Schwin gungslehre erfaßt.

Heute fönnen wir fast lüdenlos das gesamte Ge­biet der Schwingungen überschauen. Die klein­ften Schwingungen, die wir kennen, sind die Gamma Strahlen, dann folgen die Röntgen. strahlen mit einer Wellen­länge von 0,000 000 001 bis 0,000 000 005 Milli­

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meter. Dann folgt ein unbekanntes Strahlengebiet, bis wir bei einer Wellenlänge von 0,0001 millimeter das Gebiet der ultra­violetten Strahlen, das nur drei Tausendstel Millimeter weit reicht und dann von den Strahlen des fichtbaren Spettrums abgelöst wird. Bei 0,0008 Millimeter beginnt das Gebiet der Wärme= ftrahlen, das erst bei 0,06 Millimeter sein Ende findet. Bieder folgt ein unbetanntes Gebiet, das erst wieder bei Wellenlängen von drei Millimeter bekannten Schwingungen, den Herzschen Wellen, weicht. Damit sind wir bereits in das weite Gebiet der elektromagnetischen Wellen gelangt, das heute praktisch etwa bei einer Welle länge von 25 Kiiometer seine Be­grenzung findet. Darüber hinaus liegt dann das Gebiet der Schall­schwingungen und all der anderen Schwingungs­vorgänge, benen wir in der Braris begegnen.

Interessant ist mun die Tatsache, daß die Technik erst auf dem Umweg über das Funkwesent zur Beherrschung der mechanische: t Schwingungen gelangt. Wenn man von der Bendeluhr und einigen Wippoorrichtungen, die schon im Altertum verwendet wurden, ab­fieht, hat man von dem Auftreten mechanischer Schwingungen in der Technik bis vor kurzem faum Gebrauch gemacht. Bei fast allen Maschinen empfand man die auftretenden Schwingungen, die fic in der Form von Erschütterungen äußerten und sich bis zu Zer­störungen steigern fonnten, als eine höchst unliebsame Erscheinung. In engster Anlehnung an die Hochfrequenztechnik ist erst in den letzten Jahren ein System der mechanischen Schwin­gungslehre entstanden, das das Ziel verfolgt, zu einer ab­foluten Beherrschung der in Maschinen auftretenden Schwingungen zu gelangen, so daß diese nicht mehr störend, sondern im Gegenteil fördernd wirfen tönnen. Es handelt sich hier noch um Reuland, trotzdem fchon ein umfangreides Untersuchungsmaterial porliegi.. Da gibt es Untersuchungen über den Massenausgleich von Schiffs. maschinen, über Berdrehungsschwingungen von lancen Wellen, Schüttelschwingungen bei elettrischen Lokomotiven, über Schmin­gungen bei Dampfturbinenrädern und Schaufeln, über Schwingungen Don Fundamenten. Darüber hinaus perjucht man, Maschinen zu bauen, bei denen mechanische Schwingungen nupbringende Arbeit zu leisten vermögen. Es tommt bei diesen Arbeiten darauf an, die Eigenschwingungen gegebener mechanischer Systeme zu berechnen, etwa fo, wie man die Schwingungszahlen elektrischer Syſteme, z. B. einer Antenne usw. fennt.

Welche Wichtigkeit diesem weiten Gebiete beigemessen wird, zeigt die Tatsache, daß beim Verein der deutschen Ingenieure feit dem Jahre 1924 ein Ausschuß für mechanische Schwingungen besteht, ber auch bereits auf dem Gebiete der Feftigteitsprüfungen, der Raumakustik und der Meßtechnik Erfolge zu verzeichnen hat. So sind, so zeiat der Zusammenhang zwischen allen Gebieten und nicht fpezialisiert unsere wissenschaftlichen und praktischen Arbeiten auch zuleht die Wechselwirkung von Funktechnik und Mechanit, wie nötig es ist, den Blick über die engen Grenzen des eigenen Arbeitsgebietes zu erheben. Keine Arbeit, und möce fie noch so bedeutend sein. fteht für sich in einsamer Größe. Nur im Zusammenhang mit der Gesamtheit menschlichen Schaffens erhält sie ihren höchsten Wert.

Neue Bücher.

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P. Bardite: Gemeinverständliche Darstellung der gesamten Schweißtechnik. BDI.- Verlag G... b. H., Berlin NW. 7. Preis geb. 12,50 Marf.

Schweißen ist heute zu einem Handwerk, zu einer Kunst gewor den, die große Kenntnisse bei der fachgemäßen Ausführung der Ar­beiten verlangt. Die Schweißerei ist lange Zeit als etwas Reben­fächliches behandelt worden, als etwas, das man nebenbei erlernen fann. Inzwischen aber ist die Entwicklung der Schweißtechnik und die Bergrößerung ihrer Anwendungsgebiete derartig fortgeschritten,

daß nunmehr auch die Hochschulen beginnen, diejes Arbeitsgebiet unter ihre Lehrfächer auf­zunehmen und daß man in der Industrie Lehr­linge regelrecht als Schweißer ausbildet. Ein Buch, das die neuzeitlichen Schweißverfahren in allgemeinverständlicher, übersichtlicher Form darstellt, ist daher sehr zu hegrüßen. Die Arbeit von Barbtfe vermittelt zunächst einen ge: fchichtlichen Ueberblid über die Schweißtechnif und gibt dann eingehend Auskunft über alle Schweißverfahren. Es erörtert die Eigen­schaften der Metalle, der Gase, des elektrischen Stromes, der Aluminothermie. Es behandelt weiter die Ausbildung der Schweißer und widmet ein lehrreiches Kapitel der Unfall­verhütung auf diesem Arbeitsgebiet. Gute 2b­bildungen unterstüßen den guten Inhalt.

Conrad Matschoß : Beiträge zur Geschichte der Technik, 17. Band, Jahrgang 1927. BDI.. Berlag, Berlin NW. 7.

Für jeden, der sich mit der Geschichte der Technik befaßt, bringen dieje Jahresbände, die der Geschäftsführer des Bereins der Deutschen Ingenieure, Profeffor Matschoß, herausgibt, wertvolle, fachgemäß Beiträge. mie bearbeitete Gerade fie zeigen, unendlich schmer die Aufgabe ist, eine brauchbare, einwandfreie Geschichte der Lechmit zu verfaffen. Sie zeigen, daß das nicht die Arbeit eines einzelnen fein fann, sondern daß nur Gemeinschaftsarbeit größten Stiles dieses Werk beginnen und weiterführen, aber niemials poll­enden kann, -6.