schen Staaten so hinzustellen, als ob sie die Gründung eines amerikanischen Völkerbundes zum Ziele hätte. Das ist aber durchaus falsch! Einen solchen„Völkerbund " möchte wohl Nordamerika haben, Lateinamerika aber, soweit es nicht schon dem Genfer Völkerbund angeschlossen ist, neigt immer mehr diesem Friedensinstitut zu. Es hat während eines ganzen Jahrhunderts gesehen und am eigenen Leibe verspürt, wie Nordamerika in beiden Hemisphären konsequent eine imperia- listische Politik verfolgt, wie es durch Eroberungs- kriege seine Grenzen nach Westen und Süden vorgeschoben und durch kampflosen Erwerb benachbarter Gebiete seinen Einfluß vertieft hat. Selbst in der englischen Dominion Kanada breitet sich der nordamerikanische Einfluß immer stärker aus.„Ganz Amerika für Nordamerika " ist der neue Sinn der Monroedoktrin und der Schlüssel der Washingtoner Politik am Kontinent. Präsident Coolidge hat das im Laufe seiner Präsidentschaft, besonders aber im letzten Jahre, durch seine Reden und Botschaften bewiesen. Der nordamerikanische Kapitalismus hat sich durch den Weltkrieg nicht nur die Stellung des führenden Fabri- kanten und Kaufmanns in der Welt erobert, sondern auch zmn Bankier der Welt gemacht. Seitdem hat er sein ökono» misches Uebergewicht noch bedeutend vermehrt. Die industri- elle Produktion der Vereinigten Staaten gebt weit über den eigenen Bedarf hinaus und gleichzeitig ist das überschüssige Kapital gewaltig angewachsen. Die süd- und mittelamerika- nischen Länder bieten aber ein neues und fruchtbares Feld für die Aufnahme des nordamerikanischen Uebcrschusses an Jndustrieprodukten und an Geld. Und nun führt Nord- amerika den Feldzug zur„wirtschaftlichen Durchdringung Lateinamerikas " mit seiner Dollardiplomatie rücksichtslos durch. Die Kernfrage, die sich wie ein roter Faden durch die Verhandlungen des 6. Panamerikanischen Kongresses ziehen wird, ist, ob„Lateinamerika " den Lockungen und Drohungen der Dollardiplomatie wird widerstehen können. Auf dem 5. Kongreß in der chilenischen Hauptstadt hat dieses Ringen der lateinamerikanischen Völker mst dem nvrdamerikani- schen Imperialismus begonnen, und seitdem hat Präsident Coolidge wiederholt die Bereitwilligkeit des nvrdamerikani- schep Kapitalismus erklärt, den lateinamerikanischen Staaten Anleihen zum„Ausbau der Verkehrsstrahen, zur Entwicklung der Industrien und des Handels" zu gewähren. Aber Nordamerika hat auf dem 5. Panamerikanischen Kongreß durch seinen Wegmacher in Südamerika , B r a- silien, erreicht, daß eine Aera des„bewaffneten Friedens" begonnen wurde. Argentinien , Uru- g u a y und Chile haben sich, von Mexiko unterstützt, der * brasilianischen Rüstungspolitik energisch widersetzt, allein der noijbamerikamsche Einfluß war stärker. Seitdem haben sich Bolivien und Peru ganz, Chile aber recht beträchtlich der Rüstungspolitik angeschlossen, und auch Argentinien hat feine Rüstungen in einer Weise„modernisiert", die stark be- unruhigt. Argentinien ist es um seine politische Unabhängigkeit nicht bange, vielleicht aber um seine wirtschaftliche. Sollte die in Santiago de Chile inaugurierte nordamerikanisch-brasilia- nische Rüstungspolitik in Havanna sanktioniert werden, dann würde ganz Lateinamerika in die Notwendigkest versetzt, einen allzu großen Teil seiner staatlichen Einnahmen auf un- fruchtbare Rüstungen zu verwenden. Dann würde Wirtschaft- lich eine Situation geschaffen, die dem nordamerikanischen Kapstalismus zustatten käme, weil die von Natur aus schwachen Staaten gezwungen wären, Anlechen im Auslände aufzunehmen. Die nordamerikanische Hochfinanz hätte dann Südamerika dort, wo sie es schon lange haben will: bei der Preisgabe sein er Bodenschätze an den Wirtschaft- lichen und der Beschränkung seiner Souveränstätsrechte zugunsten des politischen Imperialismus der Bereinigten Staaten! So wird der im Jahre 1861 von dem nordamerikanischen Staatssekretär James G. B l a i n in die West gesetzte Ge- � danke von der Panamerikanischen Union am 6. Panamerika-
Zwei Städte. Von Paul Suimann. Das Bewußtsein, daß der Städtebau eine Kunst ist, war in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts verloren gegangen. Zwar versetzten die Ueberbleibsel abgeschlossener Bauperioden, dank der erweiterten Reisemöglichkeiten, den Architekturbeflissenen in helles Entzücken, aber anstatt das ererbte Gut den neuen Forde- rungen organisch anzupassen, begnügte er sich mit einer mehr oder minder geschickten Wiedergabe. So entstanden jene Greuel, die bei- spielsweise in Berlin ganze Stadtviertel verheert haben und denen inan jetzt durch„Renovierungen" auf den Leib zu rücken sucht. Der Kurfürstcndamm und die angrenzenden Stadtteile spiegeln das Zeit- alter Wilhems II. wider, in welchem jegliche Tradition zugunsten eines frechen vom Kapitalismus gewährten Individualismus ver- lassen wurde. Was Wunder, daß der kunstbegeisterte Mensch seinen Blick auf andere Städte richtet, wo die Entwicklung dank der Gunst der Umstände und einem angeborenen Feingefühl eine stetiger« und geschlossenere gewesen ist. So entstand das Buch von Fritz Stahl :„Paris! Eine Stadt als Kunstwerk."(Ver- lag Masse, Berlin .) Der Verlag kündet das Buch als„eine Biographie der schon» sten Stadt der Woit" an. Es ist das anerkannte Recht aller Ber - liebten, das Objekt ihrer Wahl als dos schönste zu bezeichnen. So hat unter anderen Georg Simmel Rom als die schönste Stadt der Welt bezeichnet, ja sogar behauptet, daß etwas Vollkommeneres nicht denkbar sei. Andere behaupten das gleiche von Venedig , wieder andere von Prag , Toledo und Sevilla . Fritz Stahl liebt Paris mit jener inbrünstigen Liebe, deren man zu Unoecht den Renegaten bezichtigt, jener Liebe, die aus dem Haß gegen eine überwundene Sache entspringt. Er liebt Paris nicht wie ein Pariser, sondern als B.rliner, der kraut ist von den Attentaten, die«ine barbarische Zeit ems seinen Geschmack und sein Lebensgefühl verübt hat. Mit einer Inbrunst durchlebt er die Geschichte dieser Stadt, wie sie im Zuge der Straßen, in ihren Plätzen, Brücken und Palästen sich ausdrückt. Eine seltene Gunst der Umstände, nicht nur der von der Natur ge- aebenen, sondern auch der historischen, hat Paris zu dem gemacht, was es ist. Die Hauptstadt eines reichen Landes, das früh unter ein««inzige Herrschast gebracht worden ist. konnte Pari? unge- hindert den vollen Glanz künstlerischer und geistiger Größe ent- falten. Der Vargleich mit Berlin , als der Hauptstadt de» Deutschen Reiches , zeigt den Unterschisd eine» stark gefestigten Volkes zu der t logischen Geschichte Deutschland «, das auch heute noch mehr ein Pegrisf als Totsache ist. So konnte Pari» in dem Wandel der ver- schiedenen Stile«ine monumentale Emheiilichteit wahren, die in der Geschlossenheil der Fassaden, in der Großartigkeit seiner Platze, der genial ausgenützten Perspektiven zum Ausdruck gelangt. Dig Preiihsnstadt hingegen in ihrem Wandet zur Reichshauptstadt mußte
nischen Kongreß seine Feuerprobe zu bestehen haben. Be- steht Washington auf der Durchsetzung seiner gegen Süd- amerika gerichteten Politik, dann wird Havanna zum Aus- gangspunkt einer lateinamerikanischen Bewegung werden, deren Folgen nicht zu überblicken sind. Trotzdem, e i n Er- folg ist dem 6. Panamerikanischen Kongreß sicher: der Be- weis, daß deb Imperialismus Nordamerikas den Fort- schritt der süd- und mittelamerikanischen Länder hin- d e r t. DieUnterwerfung Nikaraguas und die schweren Ein- griffe in die Souveränität Mexikos wird Washington in Ha- vanna rechtfertigen müssen.
Aus dem Kommunistenlager. Für Erschießung von Trohki und Gen.—„Ein Eichenwald von Redakteuren mit auswechselbarer Gummigesinnung." Ist das Diktatur des Proletariats? Die Kommunisten haben gestern das Andenken Karl Liebknechts und RosaLuxemburgs gefeiert, die vor neun Jahren nach der Niederlage des wahnwitzigen Sparta - kistenaufstandes von viehischen Landsknechten ermordet wur- den. Selbstverständlich haben sie dabei der Sozialdemokratie die Schuld an dem Morde zugeschoben, denn die Sozialdemo- kratie hat ja jenen wahnwitzigen Aufstand bekämpft. Daß kein Sozialdemokrat die Ermordung Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs gewollt, betrieben oder gebilligt hat, ist unter an- ständigen Leuten selbstverständlich. Grund genug für die Kom- munisten, das Gegenteil zu behaupten. Im Gegensatz zu den Sozialdemokraten sind die Bolsche- witi und ihre deutschen Nachbeter mit dem Erschießen gar nicht zimperlich. So erklärte laut Bericht des„Loltswillen", des Reichsorgans der kommunistischen Opposition, dieser Tage der kommunistische Parteisekretär Schmidt in Schmalkalden vor Zeugen: Bon einer Verbannung kann noch gar keine Rede sein.!) Macht es sich ober notwendig, dann werden sie verbannt, wenn es im Interesse Rußlands liegt, dann werden sie auch erschossen. Dieser kommunistische Gemütsmensch ist also durchaus dafür, daß den russischen Freunden und Kampfgenossen Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs, den Trotzki, Sino- wjew, Rodek usw., das Schicksal Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs bereitet wird— von k o m m u l! i st i s ch e r Hand! » Das Zentralorgan der Oppositionellen, der„Volkswille", wendet sich in einem langen Artikel gegen das Zentralorgan der Offiziellen, die„Rote Fahne ". Es spricht in diesem Zu- sammenhang in edelkommunistischer Bildersprache von einem „Eichenwald von Redakteuren mtt auswechselbarer Gummi- gesinnung". Dieser merkwürdige Eichenwald wird dann fol- gendermaßen geschilderte Dieses Geschmeiß ist sehr mutig, wenn das keine Anforderungen an ihre eigenen werten Leichname stellt, so etwa als Bataillons- adjutonten der Königlich Sächsischen Armee beider Füsilierung von Bolschewiken in der Ukroina(Schneller), als königlich preußische Leutnants im Weltkriege, weniger aber in revolutionären Situationen(Den gel), als Ministerialadjunkten in Sachsen (Ewer t), als Schlachtenbummler in chinesischen Kneipen, weniger bei den Revolutionskämpfen(Heinz Naumann), als 51er oder auf § 51 Beobachtete im Kriege(Leo w), als Anhänger weiß gar- d istisch er Regierungen in den Jahren 1918/19(Sleptow, Ras es), kurz� bei ollen Gelegenheiten ihrer eigenen erbärmlichen Geschicke. Diese Revolutionäre mit„abwechselbarer Gummige- sinnung" sind es also, die täglich den„Vorwärts" beschimpfen. Man versteht, wenn der„Vorwärts" wenig Neigung zeigt, sich mit ihnen einzulassen. * Was ist„Diktatur des Proletariats "? Auch darüber scheint man bei den Oppositionellen und Offiziellen nicht ganz
in ihrer allzu plötzlichen Entwicklung die Spuren jenes mit Ge- schmocklosigkeit gepaarten Größenwahns aufweisen, woran das Reich der Hohenzollern zugrunde gegangen ist. Fritz Stahl ist ein Liebhaber, dem kein noch so leiser Reiz der Geliebten verborgen bleibt. Nicht nur in der strengen Ge- schlossenheit der Fassaden, in dem Schwung eines Giebels oder Balkons, sondern selbst in dem bizarren Gewirr der Dachkamine entdeckt er künstlerische Vorzüge. Er schält die gotische Stadt aus der späteren florentmischen, zeigt den Einfluß Roms und weist nach, aus welchem Lebensgefühl heraus der jeweilige Stil erwachsen ist. Er, als Deutscher, ist vielleicht der beste Biograph von Paris ge- worden, wie es ja Gewohnheit der Deutschen ist, sich im Fremden heimisch zu fühlen. Hier offenbart sich ein Gesetz, dos sicherlich in der so fragwürdigen und zerrissenen deutschen Kultur seinen Ur- sprung hat. Die Schwärmerei für das Fremde ist in mancher Hin- ficht doch Heimotsliebe, eine Liebe, die in dem Wunsch nach Dervoll- kommnung ihren Ursprung hat. Welcher Berliner , wenn er noch so sehr das mancherlei Schöne seiner Stadt empfindet, wird nicht von Wehmut ergrissen, wenn er die architektonischen Sünden an dieser Stadt erkannt hat. Der einzigartige Vorzug seiner vielen und zum Teil breiten Wasserläuse ist nicht nur nicht ausgenützt, sondern zum Teil zur Verhäßlichung des Stadtbildes verwandt worden. Siehe die Gegend an der Weidendammerbrücke und weiter im Osten. Der Kapitalismus im Bund mit einer unkultuvierten Monarchie, mtt einem schnöselhaften Kasernengeist Hot Berlin Wunden geschlagen, die es nur schwer verwinden kann.
Russische Zensur in Berlin . In den nächsten Tagen— wenn nicht schon morgen erwarten wir, in der Presse den geharnischten Protest der 37 Prominenten— oder waren es 43— donnern zu hören, die dauernd die Freiheit der Kunst überwachen. In der P i s c a t o r- V ü h n e ist die Roll«, die Trotzt! in der russischen Revolution spielte, zensuriert worden. Natürlich! Was hat in einem kommunistischen Theater der Trotzki noch zu suchen? Zwar war er hier noch' vor einigen Wochen regelmäßig beklatscht worden. Aber die gefallene Größe ließ man zunächst unsichtbar werden, und jetzt nahm man ihr auch noch seine fulminanten Schlager. Russische Zensur? Gott bewahre! Freiwillige Liebesdienste von Leuten, die in Ehrfurcht und Unterwürfigkeit vor Moskau ersterben. Und die Prominenten schweigen. Wie beredt waren sie doch, als Piscators Volksbühneninszenierung den Dichter Welt vergewalligte und die Volksbühne ssch die kommunistische Propaganda verbot. Ab«r gegen Moskau darf man nicht lästern. Eine Stiftung zur Lebensoerlängeruna. D« frühere Präsident des Schiissamtes der Vereinlaten Staaten. Albert D- Laster, hat der Universiläi Chikagv eine Million Dollar gestiftet, zur Errichtung eines Instituts, das dem Studium der Lebensverlängerung gewidmet fein soll und l)auptsächlich die Krankheiten untersuchen und bekämpfen soll, an denen die Vienschen nach dem 50. Lebensjahr sterben. Di« meisten Todesfälle in diesen Jahren werden durch Herzkrankheit und Krebs und die Bright'sche Krankheit hervorgerufen.,
einer Meinung zu fein. Denn der„Volkswille" erlaubt sich die folgenden höchst bezeichnenden Bemerkungen: Daß die Diktatur des Proletariats darin bestehen soll, die W o r t- f ü h r e r des Proletariats an„nicht gar zu entfernte Plätze" zu verschicken, wie es in der zaristischen Sprache hieß, ist eine ort- ginelle Erfindung der scharfsinnigen Jünglinge in der„Roten Fahne". Wir dachten in unserer Naivität bisher, daß eigentlich die Diktatur des Proletariats sich gegen die Bourgeoisie als Klasse richten sollt«. Unserem Verstand geht nicht recht ein, daß die Genossen Sinowjew , Trotzki , Rakowsky, Smilga, Kamenew , Radek, Serebrjatow, Beloborodow, Sapronow, Muralow, Sasarow, So- snowski, um nur einige zu nennen, als Vertreter der bürger- lichen Klasse unterdrückt werden müssen, während der Korrespou- dent des„Berliner Tageblattes", Paul Echeffer. alles was ihm beliebt, an Rußland kritisieren tan» und Derserna grata(lies: bürgerlicher Liebling) bei Stalin ist, während der deutsch natio- nale Professor Hötzsch als„Freund Sowjetrußlonds" auf dem Posienkongreß dieser„Freunde" mit„Genosse" tituliert worden wäre, während eine Hohen zoller»Prinzessin Lust- reisen nach Rußland machen darf, während Clärenore Stinncs auf der Ehrentribüne bei einer Demonstration am 7. November mit einem Sowjet photogrophiert wird, während der Ideologe und Führer der russischen Bourgeoisie, der Professor Ustrjalow, glänzend bezahlter Angestellter der Sowjetrogierung ist. während „werktätige(!) P fassen" in Sowjets gelassen werden. Wir find der ZNeinung, daß dieser Liberalismus der Bourgeoisie gegenüber, verbunden mit der Polizeibrutalltät gegen die Wortführer des Proletariat» die proletarische Dil- tatur an ihren Wurzeln absägt. Der„Volkswille" meldet dann noch triumphierend, daß in einer großen Bersamnrlung in Suhl H ö l l e i n gegen Schalem elend unterlegen ist. Gec,en Höllein und seinen kleinen Anhang wurde fast einstimmig eine Resolutron an- genommen, die die Verbannung der russischen Altbolschewisten aufs schärfste verurteilt._ Llm Geßlers Nachfolge. Die Entscheidung wird hinausgezögert. lieber die Nachfolgerschaft des Reichswehrministers Dr. Keßler wird osfiziös erklärt, die Reichsregierung fei mit der gegen- wärtig tagenden Ländsrkonferenz und anderen Fragen derart beiastet, daß dies« Entscheidung nicht vor Ende der Woche ge- troffen werden könnte. Im übrigen hüllt man fich in Stillschweigen auch darüber, ob Hindenburg Geßler neuerdings gebeten höbe, im Amt zu bleiben und fich durch einen längeren Urlaub zu erholen, worauf Geßler jedoch ablehnend geantwortet haben soll. Oer Lutherbund. Oberbüfgermeister VeitnS zieht seine Unterschrift zurück. Der Magdeburger Oberbürgermeister, Genosse Belms, ver- dffentlicht folgende Erklärung: „Der Aufruf des Bundes zur Erneuerung des Reiches trägt auch meinen Namen. Oberbürgermeister Delius (Wesermünde ) hatte mir den Aufruf zur Unterschrift gesandt und dabei auf den Provinziallandtog zu Hannover verwiesen, der ganz ähnlich, wie die von mir im Provinziallandtog Sachsens herbei- geführten Beschlüsse, für den Einheitsstaat und für eine Verwaltungsreform eintrat. Dieser im übrigen ganz all- gemein, gehaltene Aufruf cnthieft nichts, was auf eine sogenannte überparteiliche, grotzpolttische Unternehmung schließen ließ. Erst aus dem Auftreten und doc Rede Dr. Luthers wurde mir offenbar, daß neu« Unklarheiten im Entstehen sind, die der Be- wegung für den Einhettsstaat nicht dienlich sein können. Ich habe deshalb meine Unterschrist zurückgezogen."
Das Slausenburger Kriegsgericht rerurtetttc fünf Lehrlinge. die sich an den Ausschreitungen in Großwardein beteiligt Hatten, zu Gefängnis zwischen zwei Wochen und jünf Monaten.
„Di« Wächter." Potsdamer Uraufführung. Ein einsamer Leuchtturm. Die beiden Wächter, lange über die Jugend hinaus, vom Leben da draußen enttäuscht, dämmern dahin, bis eines Tages«ine Frau die Situation ändert. Ein Schiff ist im Sturm gesunken, die Frau als einzig Ueb erleb ende rettet sich auf den Leuchtturm. Plötzlich erhält das Leben der beiden Männer Glanz, sie erwachen aus ihrer Starrhett, bewerben sich um die Frau? Wem soll sie gehören? Ihr Vorschlag, zu Dreien zu leben, wird von dem älteren abgelehnt. Gewaltsamkeiten drohen. Die Männer find nur noch Geschsechtswescn, die Frau,«ine Aus- gestoßene der Gesellschaft, will nicht mehr ans Land zurück. Wo liegt die Lösung dieses Problems? Als es zu einer neuen, wilden Auseinandersetzung zwischen den Männern komenk, stürzt sich die Frau von der Leuchtturmspitze ins Meer. Dies kurz skizziert der Inhalt des Schauspiels von Paul H c a g. Regisseur und Schauspieler, das am Sonnabend im Rahmen der Volksbühne im Potsdamer Schauspielhaus seine Uraufführung erlebte. Das alte Probien, von der Liebe zu Dreien, aber diesmal zwischen primitiv« Trieb wesen verpflanzt, ist dos Hauptmotiv des Stückes: dock Haag gibt«her Ansätze als Vollendung und Lösung. Dos ochrrnspiel setzt prachtvoll ein. Knapp und prägnant sind die ersten Szenen ausgebmit, mit wenigen Worten ist die Situation, sind die Charaktere umrissen, die Hand- lung entwickelt sich schnell, ist stark konzentriert, bis zum Ende des zweiten Aktes, wo sich zmn erstenmal die Männer unversähnbar gegenüberstehen, dann versandet das Schauspiel. Im dritten Akt erscheint der revidierend« Oberlotse, der bie Frau nicht sehen darf. Aber er erscheint nur, um die Spannung zu erhöhen, er ist jür den Verlauf der weiteren Handlung bedeutungslos. In den letzten Akten� wiederholt Haag nur das Thema der vorhergebenden, und der Schluß wirkt wie ein Derlegenheitsschluß, ist dem Ganzen un- organisch angehängt. Trotz dieser Mängel ist ein theaterwirksames Schauspiel ent- standen. Jede Szene ist mit Hinblick auf die Bühnenwirkung ge- schrieben. Es findet sich nichts Abstraktes, nichts Verstiegenes, leider cntgeleist die Sprach« manchmal zu sehr ms Triviale. Be- sonders unongenebm berührt die zitotenschwanger« Sprache der Frau, wie dies« Rolle überhaupt am wenigsten befriedigt und geoenüber dem fest gefügten, psychologisch fundierten, älteren Wächter verblaßt. Es ist Haags erstes Bühnendrama, und immer- hin ist dieser Auftakt verheißungsvoll, auch wenn der Derfasser mit dem Problem nicht fertig wurde. Di« Aufführung unter der Regle des Intendanten Kurt P« h l e» mann hielt Rivecm. Haag hat sein« Menschen in Holzschnittmonier entworfen und dem Schauspieler die feinere Ausarbeitung über« lassen. Die Darsteller begnügten sich in Potsdam mit der Zeichnung des Umrisses. Pauk Conrad! als älterer Wächter in Maske, Haltung und Dialekt überzeugend, ein erdverwachsener Kerl und stark in seinen Ausbrüchen. Der Beifall war groß. F. S.
Oer srevzäillche Schriftsteller Jol« Kornain» spricht Dienstag, 6 Uhr, im Herrenhaus e über da« Thema:.Aus dun Wege zur beutich-konzösische» Freuudschast". Jakob Wafferuuum hält«tuleitenll eine