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Morgenausgabe

Nr. 39

A 20

45. Jahrgang

Bochentti Biennis menetid 3 Reichsmart m voraus abiber. Unter Streifband 3 and us land 5.50 Reichsmart pre

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Monat

Der Borwärts mit bet tuftrier. ten Sonntagsbeilage Balf und Zeit fowie den Beilagen Unterhaltung und Biffen Aus der Filmwelt, Stadtbeilage Frauenftimme", Der Kinderfreund Jugend- Bor märts" Blid in bte Bücherwelt", Ruiturarbeit" από Lechni erscheint wochentäglich zweimal Sonntags und Montags einmal

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Dienstag 24. Januar 1928

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Der Luther Skandal wächst!

Berdunklungs- und Verschleppungsversuche der Bürgerblockregierung. Die Koalitionspresse hat auf Verabredung den Skandal| Das einfachste Mittel, das der Reichsregierung zur Verfügung um Luther tot geschwiegen. Gestern abend in später steht, um Preußen zu seinem Recht zu verhelfen und das Stunde verbreitete die Telegraphen- Union eine Auslassung, Urteil des Staatsgerichtshofes auszuführen, wäre, Herrn von der noch dahinsteht, wie weit sie die Ansichten des Ge Luther aufzufordern, seinen Siz im Verwaltungsrat der famttabinetts wiedergibt. Sie lautet: Reichsbahn freizugeben, damit ein preußischer Vertreter er­nannt werden kann. Nach dieser Auslassung wird die Reichs­regierung diesen Schritt nicht tun. Und warum nicht? Sie ist durch einen Vertrag an Herrn Luther gebunden.

In parlamentarischen Kreisen sind die Ausführungen des Reichskanzlers Dr. Marg über die Berücksichtigung der von der preußischen Regierung erhobenen Ansprüche auf einen Sitz im Berwaltungsrat der Deutschen Reichsbahngesell begründete Autononie der Deutschen Reichsbahngesellschaft der Reichsregierung feine Möglichkeit gibt, auf die Zusammensetzung des Verwaltungsrates außerhalb der geseßlich genau geregelten Fälle einen Einfluß zu nehmen, zumal den einmal bestellten Ver­

fchaft dahin verstanden worden, daß die durch die Dawes- Gefeßze

waltungsratsmitgliedern durch ihr Amt ja nicht nur Rechte, sondern

auch Pflichten erwachsen.

Dieser Bertrag ist zwar nicht, wie der Staatsvertrag mit Preußen, in feierlicher Form niedergelegt worden. Es ist eine Vereinbarung, die zwischen Ministern getroffen worden ist.

Als die Stellung des Herrn Luther als Reichskanzler in­folge der Flaggenverordnung unmöglich geworden war, haben ihm seine Kollegen, aus dem Kabinett nahegelegt, bis auf weiteres aus dem Reichsdienst auszuscheiden. Es ist ihm zugesagt worden, daß er für diesen Fall den Sitz im Verwal­tungsrat der Reichsbahn erhalten würde. Es ist ihm ferner aus Reichsmitteln jene Reise nach Südamerika be­zahlt worden, die er unmittelbar nach seiner Ernennung zum Verwaltungsratsmitglied der Reichsbahn angetreten hat. Diese Reise hat ein halbes Jahr gedauert. Ein halbes Jahr lang war also der Siz, auf den Preußen von Rechts megen Anspruch zu erheben hat, praktisch unbesetzt.

Die Bolemit, die sich um die Person des früheren Reichs­fanzlers Dr. Luther in dieser Frage entsponnen habe, sei schon deshalb unangebracht, weil Dr. Luther nach seiner ersten Er: nennung bekanntlich gleich wieder aus gelost worden sei, und zwar gleichzeitig mit Herrn von Siemens und dem früheren Staatssekretär Dr. Fischer. Durch die Wiederernennung dieser drei damals ausgelosten Mitglieder sei die Frage, welcher ber drei Size für die Berücksichtigung der preußischen Forderungen nun eigentlich in Betracht tomme, nicht mehr ohne weiteres zu beantworten. In parlamentarischen Streifen betont man, daß die Entscheidung des Staatsgerichtshofes vom 7. Mai 1927 lediglich ein Feststellungsurteil gewejen fel, das teinerlei Austragstreu allerdings nicht gegenüber Preußen. Sie halten führungsrichtlinien festgesetzt habe. Wie die Telegraphen- Union hört, famte Material dieser Ungelegenheit zu unterbreiten und gleichzeitig

mitzuteilen.

daß nach ihrer Ansicht eine erneute Anrufung des Staatsgerichts­hofs durch Preußen der geeignetste Weg sei,

um die notwendigen Richtlinien für die Ausführung der damaligen Entscheidung des Staatsgerichtshofes festlegen zu laffen.

Die ehemaligen Kollegen des Herrn Luther sind ver­nicht den rechtsgültigen Staatsvertrag, den sie mit der preu­Bifchen Regierung geschlossen haben, wohl aber halten sie jenen ungeschriebenen Vertrag, mit dessen Hilfe Herrn Luther sein Abschied erleichtert wurde, ein Bertrag, der gegen die guten Sitten verstößt.

Nach der Auslaffung der Telegraphen- Union scheut sich jedoch die Reichsregierung, den Vertrag mit Preußen offen

Der Eiterherd Makedonien .

Gendarmen und Geheimorganisationen.

Bon Hermann Wendel .

Wenn Zeitungen mit einer Nachricht aus Makedonien ausgerufen werden, weiß man von vornherein: wieder frach­ten Brownings und Bomben, wieder floß Blut, wieder liegen Leichen in einer Stadt dieses unglücklichen Landes. So hat eben in Skoplje die junge Maria Bunew den Justiz­referenten Welimir Prelitsch niedergeschossen und sich und Opfer hauchten im Krankenhaus ihr Leben aus. Seit gleich darauf selbst tödliche Verlegungen beigebracht; Täterin im Oktober v. J. General Kowatschewitsch in Schtip ,, umgelegt" wurde, hat kein makedonisches Attentat Europa mehr aufhorschen lassen als dieses, aber inzwischen liegen genug Anschläge auf Rafinos, Hotels und Bahnstrecken und dahinter wird das Totentopfwappen der JMRO ( Innere Makedonische Revolutionäre Organisation) sichtbar und erhebt sich das Medufenhaupt der maledonischen Frage. Worin besteht das Wesen der makedonischen Frage? Die Antwort der gerade im Ausland fanatisch tätigen make­donischen Propaganda ist: In der nationalen Unter drückung der Makedonier, die sich insgesamt als Bul­ garen fühlten und zu Gerben gemacht werden sollten! Der größte Teil der deutschen Bresse werkt durch seine Schilderun­gen die Vorstellung. als rolle in Makedonien ein nationales Trauerspiel ab wie in Südtirol . wo einer deutschen Bevölke­rung eine art- und sprachfremde Herrschaft die Sporen in die Weichen stößt. Aber wenn der kleine Makedoslawe in die serbische Schule geht, widerfährt ihm feinesmegs die nationale Vergewaltigung, der her fleine Südtiroler in der italienischen Schule ausgefeßt ist, sondern er mag fich vorkommen wie der oberbanerifche Bauernhub, der sich in der Schule hochdeutsch ausdrücken foll. Denn die viel ferner als dem Schriftbulgarischen. Ja, mehr! Das Bro­Mundart der Makedoslawen steht dem Schriftferbischen nicht blem arbeitet in feiner Schärfe nur heraus, wer sich fiets vor Augen hält, daß auch Serben und Bulgaren Nachbar­stämme ein und desfelben Südslawenvolks, Serbisch und Bulgarisch Dialette der gleichen füdslawi­fchen Sprache sind. Auch dem Loien macht es ein beliebiger Sak aus einem beliebigen Lefeftüd anschaulich: Der be­zu sagen. daß jener,

In parlamentarischen Kreisen ist man der Ansicht, daß diefer Weg du brechen. Sie wendet deshalb winkeladvokatorische Kniffe der früh zu Bett gehe und früh aufstehe. zu Reichtum, Ge­

auch schon deshalb notwendig sei, um flarzustellen, wie weit die von den übrigen Reichsbahnländern Württemberg, Bayern , Sachsen und Baden im Hinblick auf die preußischen Forderungen ge­äußerten Wünsche nach einer analogen Berücksichtigung ihrer Inter­effen im Verwaltungsrat mit der notwendigen Sicherstellung des ge­setzlich festgelegten Einflusses der Reichsregierung auf die Deutsche Reichsbahngesellschaft vereinbart werden fönnen. Wie verlautet, rechnet man in parlamentarischen Kreisen damit, baß in dieser ganzen von Preußen wieder aufgerollten Angelegenheit fein weiterer Schritt erfolgen wird, ehe der Reichstag das ihm von der Reichsregierung unterbreitete Material ge­prüft hat."

Aus dieser Auslassung geht die Absicht hervor, den Standal um Luther zu vertuschen und die Ausführung des Urteils des Staatsgerichtshofes zu verschleppen.

an, um die Rechtslage zu verdunkeln und die Ausführungen des Urteils des Staatsgerichtshofes zu verschleppen. Was sind das für faule Ausreden, die in dieser Auslassung wiedergegeben werden! Diese Ausreden sind durch das Urteil des Staats­gerichtshofes und seine Begründung längst widerlegt. Daß sie trotzdem noch angewandt werden, zeigt nur den Willen der Reichsregierung, die Angelegenheit bis zum Herbst hinaus­zuziehen. Dann werden nämlich einige Verwaltungsratsmit­glieder ausgelost, und dann kann man einen anderen gehen man laffen, damit Luther bleiben fann.

Die Reichsregierung ist die Gefangene eines früheren Ministerversprechens an Luther, sie ist die Gefangene der Schwerindustrie, die sich schüßend vor Herrn Luther, ihren vielbewährten Aufsichtsrat, gestellt hat.

Die fleine Entente hat Zeit.

Untersuchungsantrag in Genf noch nicht überreicht.

Genf , 23. Januar.

Die Demarche der kleinen Entente beim Bölkerbund in der Waffentransportaffäre in Szent Gotthard hat eine weitere Ber. 3ögerung erfahren. Die beim Bölkerbund akkreditierten Der trefer Jugoslawiens und der Tschechoslowakei find be reits im Befihz der Noten ihrer Regierungen. Jedoch ist die Note der rumänischen Regierung immer noch nicht eingetroffen. Die Berzögerung scheint auf den Beuch zurückzuführen zu sein, den der rumänische Delegierte beim Bölferbund, Comnen, der fürzlich zum zamanischen Gesandten in Berlin ernannt worden ist, dem rumänischen Außenminifter Titulescu in San Remo er­stattet hat.

Woldemaras in Berlin . Handels- und Schiedsvertrag mit Litauen . Amflich wird mitgeteilt: Am 25. Januar trifft der litauische Ministerpräsident und Außenminister, Prof. Woldemaras, zu mehrtägigen Besprechungen in Berlin ein. Gegenstand der her in Masjidht genommenen Befprechungen mich in erfler tinie eine

grandfähliche Berständigung über den Abschluß eines neuen Handelsvertrages und verschiedener damit im Zusammen­hang stehender Fragen zwischen Deutschland und Litauen bilden, Außerdem follen weitere deutsch - litauische Abkommen verhandelt werden, deren baldiger Abschluß durch den Uebergang der Staats­hoheit über das Memelgebiet auf Litauen nötig geworden iff; hierher gehören Abkommen über Grenzverkehr, Fischerei, Wasser­wirtschaft, Beamtenfragen, Pensionen und Militärrenten. Endlich wird, wie bereits bekannt, auch die Frage des Abschlusses eines Schieds- und Bergleichsvertrages Gegenstand der be­vorstehenden Besprechungen sein.

Litauen reißt Eisenbahnstrecke auf. Die Litauer hatten vor einiger Zeit den durch litauisches Gebiet führenden Teil der Eisenbahnlinie Libau - Romny abgeriffen, um mit dem Material eine neue Bahnlinie Telschi- Memel zu bauen. Die lettländische Presse fordert die lettische Regierung auf, Litauen gegenüber die strengsten Repressalien zu ergreifen und auch nicht vor einem Wirtschaftsfrieg zurückzuschreden. Die lett ländische Preffe ift der Ansicht, daß Litauen diese Bahnlinie zerstört, um ben polnischen Transit von Libau abzulenten und ebenso den Ber­tehr aus dem Gebiet von Sumalti nadh Memel zu leiten

fundheit und Klugheit gelange." Dieser Satz lautet:

bulgarisch: Znamenitijat Franklin imal navika, da kazva, ce tozi. koito rano.

serbisch: Znameniti Franklin imao naviku, da kaze, dasonaj, koii rano.

bulgarisch: lega i rano stava, ste bude bogat, zdrav i umen. serbisch: legne irano ustane, ce buditi bogat, drav i uman. Wahrhaftig, weit stärkere Unterschiede flaffen zwischen oberdeutscher und niederdeutscher Mundart als zwischen den Sprachen dieser feindlichen Balkanbrüder!

Dennoch ist die mafedonische Frage nicht aus der Welt zu reden. Nur trägt sie. obwohl die ganz dünne Bildungs­schicht in Makedonien sich überwiegend als Bulgaren fühlt, nicht in erster Reihe nationales Gepräge, sondern ist ein Kompler von ökonomischen und sozialen, fulturellen und poli tischen Problemen. Der chriftliche Makedonier, Jahrhunderte unter dem Türfen versflovt, zum Halbtier erniedrigt, hoffte, daß mit dem ersten Ballantrieg 1912 die Stunde feiner Befreiung geschlagen habe. Statt dessen rauften zu­nächst Serben und Bulgaren um feine Haut, und dann gingen die Schrecken des Weltkrieges über das geprüfte Land hin. Hätte nach 1918 Begrad den Wiederaufbau tatkräftig be­gonnen, eine gründliche und gerechte Agrarreform durch­geführt, Verkehrswege angelegt, das Wirtschaftsleben ge­fördert, das Unterrichtswesen entwickelt und vor allem den Makedonier die frische Luft politischer Freiheit atmen lassen, so wäre die makedonische Frage längst arg zu­fammengeschrumpft. Aber von allem geschah ungefähr das Gegenteil. Ins Land kamen Gendarmen. Gendarmen und abermals Gendarmen; es wurde zum Ausbeutungs­objett für gewissenlose und bestechliche Beamte und zum

erfer für seine verzweifelten Bewohner. Wenn unlängst im Finanzausichuß der Skupſchtina ein so glühender füd­flawischer Nationalist wie Swetosar Pribitsche mit sch die Zustände in Makedonien schlimmer als in Asien nannte, faat das genug.

Diese Zustände bieten den Nährboden für die Tätigkeit der revolutionären Komitees, die, in Bulgarien gebildet und ausgerüstet und mit den Sofioter Chauvinisten unter einer Dede stedend, den Kleinkrieg in Makedonien führen; in ihrer Art unseren völtischen" Geheimbünden durchaus verwandt, arbeiten sie mit Terror und for­dern damit den Terror der südslawischen Behörden heraus. Bon der völkischen" Bresse Deutschlands werden sie folge richtig als Freiheitskämpfer gefeiert, aber ein merkwürdiger Freiheitstampf, der auf das ungeheuchelte Wohlwollen Horthy - Ungarns rechnen fann unb fich der tatkräf tigen Unterstützung durch das faschistische Italien erfreut! Ein Stüd alter Tragit in neuer Auflage ist es, daß