Die Komödie geht weiter.
Beiterberatung des Schulgesetzes, aber Uneinigkeit des
Bürgerblocks.
Der Bildungsausschuß des Reichstages nimmt heute die Beratungen zum Schulgesez wieder auf. Die§§ 19 und. 20 find an die Reihe. Während sich der Bürgerblod über den§ 19 geeinigt hat, ist man mit dem§ 20 nicht weitergelommen. Er behandelt die Simultanfchulfrage. Während die Bollspartei unbedingt an der Berankerung der Simultanfchulen im Gesez festhält, wünscht das Zentrum, daß den Ländern, die das Simultanschulwesen in ihrer Gesetz gebung festgelegt haben, zwar eine gewisse Schonfrist gegeben wird, daß dann aber der Unterminierarbeit der Kleritalen freie Hand gelassen werden soll.
Alle Einigungsversuche in dieser Frage sind bisher gescheitert. Der Interfrattionelle Ausschuß, der gestern in legter Stunde noch eine Annäherung versuchte, mußte unverrichteter Dinge wieder auseinandergehen. Er soll angeblich die Absicht haben, heute zu einer weiteren Sigung zusammenzutreten. Ob sich das allerdings technisch ermög fichen läßt, ist bei der gleichzeitigen Tagung des Reichstagsplenums und des Bildungsausschusses eine andere Frage.
Angesichts dieser Sachlage ist es nicht erstaunlich, daß vom Zentrum und von der Volkspartei die Lage als ,, außerordentlich pessimistisch" bezeichnet wird. Während die D. 2. 3." noch für diese Woche eine große Aktion der Reichsregierung und speziell des Reichskanzlers Dr. Marg anfündigt, um endgültige Klarheit über das Schulgesetz zu schaffen, wird von deutschnationaler Seite offiziös erflärt, es jei nicht wahrscheinlich, daß für den§ 20 schon in der ersten Lesung eine allseitig befriedigende Faffung gefunden werde; diese Frage dürfte den Besprechungen zwischen der ersten und der zweiten Lesung vorbehalten bleiben.
Der Bürgerblod wird also auch in dieser Woche im Schulausschuß das Schauspiel einer Koalition bieten, die feine Roalition mehr ist.
Der Berfall zeigt sich auch an einem andern Objeft. Da die Deutsch nationalen nicht mehr an die Lebensfähigkeit des Befitbürgerblocks glauben, haben sie noch furz vor Toresschluß einen Raubzug inszeniert, der ihren Großgrundbesizeranhang die Taschen füllen foll. ,, Kredithilfe für die Landwirtschaft" nennen sie das. Auch mit diesem Thema hat sich der Jitterfraktionelle Ausschuß befaßt. Das Resultat ist folgende Beröffentlichung:
Es bestand Einigkeit über die Notwendigkeit dieser Hilfe, doch konnte bisher noch ein gangbarer Weg für die Auf bringung der erforderlichen Mittel gefunden werden." Es scheint so, daß es für den Besitbürgerblod überhaupt feine gangbaren Wege mehr gibt. Er hat abgewirtschaftet.
Evangelischer Bund gegen Papft. " Der fonfessionelle Friede empfindlich bedroht." Der Bapst hat Anfang des Jahres ein Rundschreiben an die Katholiken gerichtet, in dem er als den einzigen Weg zur Einigung der christlichen Kirchen die Rüdfehr aller DiffiDenfen zur römisch- katholischen Kirche bezeichnet. Dos ift nicht weiter aufehenerregend. Der Bapst tann gar feinen anHeren Standpuntt vertreten, menn er nicht die Grundpfeiler der fatholischen Glaubenslehre umstürzen will. Der Evangelische Bund regt sich trotzdem darüber auf. Er glaubt aus dem Rundschreiben eine halbe riegserflärung herauslesen zu müssen und erläßt eine Begenertlärung, in der es heißt:
Wir stellen mit Bebauern feft, daß durch diesen überaus foroffen Eingriff des Papstes in die ernsten Angelegenheiten des Glaubens und Lebens der gesamten nichtfatholischen Christenheit die tonfeffionelle Spaltung von römisch- katholischer Seite her erneut verihärft und damit der tonfessionelle Friede erheblich bedroht mird."
Das flingt beinahe nach Kulturtampf. Und in diesem Geiste gehen die Freunde der evangelischen und der fatholischen Kirche daran, den Einfluß der Kirche auf Die Schule gesetzlich festzulegen! Erziehung zum echten Christentum nennt man das wohl.
Ein Roßbach- Führer verhaftet. Unter dem Berdacht der Anftiftung zum Mord.
München , 23. Januar. ( Eigenbericht.) Auf Grund. eines Haftbefehls des Untersuchungsrichters beim Landgericht Stettin ist am Sonntag der ledige Kaufmann Ober= leutnant a. D. Heines, ein Truppführer des Bundes Roßbach, in der oberbayerischen Stadt Schongau durch Münche ner und Stettiner Kriminalbeamte festgenommen und am Montag früh nach Stettin abtransportiert worden.
Heines ist eines Verbrechens der Anstiftung zum Mord dringend verdächtig, der im Sommer 1920 auf einem pommerschen Gut an einem Angehörigen des Bundes Roßbach begangen worden ist. Oberleutnant Heines ist eine der übelsten Er scheinungen aus der Münchener Hitler - Zeit. Er war langjähriger Stoßtruppführer und hatte als solcher bis in die letzte Zeit hinein Raufhändel, Ueberfälle und Versammlungsstörungen provoziert und sich dabei immer einer sehr milden Polizei erfreut. Bor etlichen Monaten ist er ganz plötzlich aus der nationalsozialistischen Partei ausgeschlossen worden. Seitdem zog er nach echter Landsknechtsart mit einer Spielschar, bestehend aus Angehörigen der Schilljugend, im Lande herum und sang gegen Bezahlung an verschiedenen Orten religiöse und Kriegerlieder. In Schongau wollte er eben Borbe reitungen für ein neues Gastspiel treffen.
STAATS GERICHTS URTEIL
Luther II. ME
jouonslisdrotinis: 190 onnistul vi
الفقار
RWALTUNGSRA
EISENBAHNA
LUTHER
Und wenn die Welt voll Preußen wär, Und wollt ihr Recht erzwingen:
BRAUN
MARK
Mein Pöstchen gebe ich nicht her, Es muß mir doch gelingen!"
Das Ende eines Glücksritters.
✔
Zusammenbruch des tschechischen Faschismus.
Bor fnapp eineinhalb Jahren veröffentlichte der Führer der tschechischen Sozialdemokratie, Rudolf Bechyne , einen aussehen. erregenden Artikel unter dem Titel. ,, Ein General wird gesucht", in dem er den damals noch an der Spiße des Generalstabs der Armee des tschechoslowakischen Staates stehenden General Radola Gajda beschuldigte, in geheimer Berbindung mit der faschistischen Bewegung zu stehen. Dem Faschismus, aus reichen Geldquellen gespeist, strömten zahlreiche ehrgeizige und beutelüfterne Glemente, aber auch viele durch die verfälschte Demokratie Enttäuschte zu und er drohte eine Gefahr zu werden, da er überdies die offene Unterstügung ge= wiffer tschechischer politischer Parteien fand, die ihn als Droh mittel in Reserve zu halten suchten. Gajda wurde von der bürgerlichen Mehrheit der Regierungsparteien gestüßt und gedeckt, und als die sozialdemokratischen Abgeordneten im Bartament interpellierten, wie es das Heeresministerium verantworten tönne. daß der Chef des Generalstabs in allen faschistischen Versammlungen als Führer und fünftiger Dittator gefeiert werde, ohne daß sich diefer dagegen verwahre, antwortete der Minister für nationale Berteidigung, General Gajda sei
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nur Soldat, der jeder Politit fernstehe.
und der mit dem Faschismus nicht das geringste zu tun habe. Sturge Zeit darauf veröffentlichte General Gajda einen Artikel, in dem er das demokratische System befämpfte, fich offen zum& afhis mus befannte und diesem die Mission des Ordnungmachens im Staate zuschrieb. Der Herr Generalftabschef machte immer weniger Hehl aus seiner Neigung, einen Staatsstreich in Szene zu feßen, er warb unter den Offizeren und Generäfen für feine Pläne, und fo mußte fich die Armeeleitung, wohl unter dem Einfluß maarifs, bequemen, ihn von seinem Poften zu entfernen und ihn in Disziplinaruntersuchung zu ziehen, die für ihm aber recht glimpflich verlief, denn es wurden ihm drei Biertel feiner Pensions genüffe und sein militärischer Rang belaffen.
Gajba tonnte fich mun bei gesicherten Grundlagen seiner materiellen Existenz ungehindert der faschistischen Bewegung widmen, und da er bis in die letzten Tage in voller Generalsuniform und mit ordenbefäter Brust in den Berjammlungen auftrat, fo mar er für piele natürlich eine Attrattion. Auch umschmebte ihn der Glorien schein des Martyrers, denn die Gründe des Disziplinarerfenntnisses waren geheim gehalten morden und sein Anhang tonnte in dem Glauben erhalten werden, daß ihm bitteres Unrecht wider. fahren fei. Er erließ an feine Scharen Detrete und Befehle ganz im Stile Mussolinis, fegte sich ein„ Direttorium" zur Seite und fühlte fich schon ganz
als fünftiger diftatorischer Beherrscher des fichechoslowakischen Staates.
überdies noch ein anderes. Ungemach. Nach monatelangem Berfahren ist soeben das Urteil der gegen ihn neu eingeleiteten Disziplinarunterfuchung veröffentlicht worden. Er wurde schuldig erkannt, sich im Jahre 1920/210
um den Dienst in der Sowjefarmee beworben und im Jahre 1925/26 den General Schneidaret über die Absicht eines Staatsumfturzes informiert zu haben, wobei er dem General Schnejdarek für den Fall des Umsturzes ein wichtiges Kommando in Prag versprach. Neben einigen anderen militärischen De liften wurde er auch der Berlegung der Standespflichten deshalb schuldig ertannt, weil er zur Zeit, als ihn die Armeeleitning zur Ausbildung an die Kriegsschule in Paris schickte, sich dem russischen Obersten Kratomjedi erbötig machte, für Sowjetrußland wichtige mititärische Nachrichten zu liefern und weil er mit dem genannten, russischen Oberst und dessen Adjutanten fompromittierende Beziehungen unterhielt, Die Strafe lautet auf Entziehung des miltärischen Ranges..
Doch welche Milde noch immer! Gajda wird wohl zum Infanteristen degradiert, aber er behält weiterhin drei Viertel seiner General pension De Staat beffert Grundlagen crumaustürzen fucht, erfennt ihn feines militärischen Ranges für un würdig, aber er stellt ihm nach berühmtem Muster auch für die 3ufunft die Mittel bei, um feine Tätigkeit forgenlos bdreiben zu fönnen. Gajba tönnte also, da er, der mit fnapp 30 Jahren Chef des Generalftabs wurde und der heute erst 33 Jahre alt ist, wenn ihm die Umstände günstig wären, noch lange auf Staatstoften feine den Staat unterminierende Tätigkeit betreiben.
Seine Degradation, die Beröffentlichung der Urteilsgründe und mehr noch die fortschreitende äulnis der faschistischen Bewegung werden dies allerdings hindern. Am Abend der Berlindung des Urteils wurde ihm zwar von dem ihm verbliebenen Fähnlein von Aufrechten in einer Brager Berjammlung eine folenne Ber trauenstundgebung bereitet, aber ein General des Faschismus, der bereit mar, den Mostauer Diftatoren als Landsknecht zu dienen und ihnen Spionagedienste leistete, hat wenig Hoffnung, einen größeren Anhang bauernd um sich zu verfammeln. Da man, wenigstens auf dem Brager Hradschin, nicht den Ehrgeiz hat, die ichechoslowakei in die Reihe der Staaten einzugliedern, in benen eine Militärrevolte die andere ablöst, so tamu wohl gesagt werden, daß es mit der Rolle dieses militärisch- faschistischen Glüdsrifters ein für allemal vorbei ist. Ein ungelöfter Rest bleibt freilich zurück: wie dieser Gajda, der eigentlich Rudolf Geidl heißt aljo mie eine Theaterprinzessin einen anderen Namen trugBeruf Drogist und im Kriege Feldwebel in der österreichischen Armice, miner rien Bergangenheit
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im Leutnantsalter Chef des Generalstabs
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Die Staatsgemalt beobachtete ihm und dem Faschismus gegenüber werden konnte! Wie, genügt also auch eine Feldwebelbit. die wohlwollendste Duldung, die sie auch bewies, als im dung, um als befähigt angefehen zu werden, an der Spizze einer vorigen Sommer einige seiner Anhänger mit vorgehaltenem Re- Armee zu stehen? Manches mag an dem fabelhaften Aufstieg des volver einen Ministerialbeamten in seiner Billa überfielen, um fich dreißigjährigen Abenteurers durch die Wirrnisse der Nachkriegszeit wichtiger Aften aus dem neu gegen ihn eingeleiteten Disziplinar zu erklären sein, und es zählt offenbar zu den Kinderkrankheiten verfahren zu bemächtigen. Die faschistischen Räuber tamen mit eines jungen Staatswesens, bei Stellenbelegungen wenig wählerisch einigen wenigen Monaten Gefängnisstrafe davon, also vorzugehen, dennoch bleibt seine Betrauung mit dem wichtigsten und Strafen, wie sie oft härter wegen bloßer Versammlungsreden über verantwortungsvollsten inilitärischen Bosten eine dunkle AngelegenAngehörige sozialistischer Parteien verhängt werden. Dieses fozu heit. Noch dunkler dadurch, daß Gajda schon als Korpsfagen amtliche Wohlwollen nügte nichts, der tschechoslowakische tommandant der Stadt Kaschau seine faschistischen Neigungen Faschismus ging doch seiner 3erfegung entgegen. Zuerst rüdten zeigte, indem er bei der Gemeindewahlen mittels Militärbefehl die die tschechischbürgerlichen Parteien von ihm enttäuscht ab, Soldaten der Kaschauer Garnison zur Wahl einer militärischda er seine Selbständigkeit betonte und sich nicht als ihr partei faschistischen Kandidatenliste aufforderte und anfäßlich des Sokalpolitisches Werkzeug gebrauchen laffen wollte. Gajba wollte die tongresses in Preßburg zur felben Zeit einen Aufruf erfich, in dem Früchte eines Sieges des Faschismus selber ernten. Dann begann die ongresses in Preßburg zur selben Zeit einen Aufruf erfich, in dem er die Brüder, haranguierte, der so ungünstigen Entmidlung unserer Berhältnisse" nicht mehr länger tatenlos zuzusehen. Auch tauchten längst schon Gerüchte über Herkunft und, Vergangenheit Gajdas auf, doch die Regierung rührte fich nicht, und hätte Gajda nicht im Jahre 1926 gelegentlich des großen Brager Sofolfestes bei einer Rundgebung der Faschisten mitgetan und gegen die Burg " mit dem Knuppel gedroht, so daß Majaryt und fein Kreis das Einschreiten gegen ihn forderten, fo fäße er noch heute ungestört in Amt und Würden., Jedenfalls ist jetzt endlich das öffentliche Wirken dieses Mensojen, det eine Mischung von abenteuerlicher Romantit, maßloser Herrfch sucht und Eitelkeit ist, an seinem Ende angelangt und mit ihm wird bald auch der letzte Rest des fafchiffchen Sputs in der Bersentung verschwinden.
" Der brave Soldat Schwejf." mes
Mar Brod und Hans Reimann haben versucht, das moderne Simplizius Simpliziffimus Bud) des Jaroslaw Haschet Die Aben teuer des braven Soldaten Schwejt im Beltfrieg" zu dramatisieren. Es ist ihnen gelungen, aus der ungeheuer lebendigen Schilderung des tschechischen Dichters eine dürre, dürftige und leblose Anekdoten fammlung über einen Hansmurft von Dffiziersburschen zu machen. Piscator feinerseits stellt einige Bilderbuchszenen hin, in denen Ballenberg im Grunde nur Monologe hält. Das allerdings mit überwältigendem Humor. Als der Borhang fiel, glaubte alles, nun würde es erst richtig losgehen. Die Logenschließer belehrten uns aber, Daß es tatsächlich schon zu Ende sei. Trotzdem mar der Beifall recht herzlich, nur ein einsamer Pfiff ertönte. D94
Rivalität der faschistischen Führer untereinander,
die zur Bildung von Gruppen innerhalb der faschistischen Bewegung führte. Unter diesen Gruppen geht es jegt zu mie nach einer Kirmes auf dem Lande. Jeder dieser ehemaligen faschistischen Direttoren hat ein Häuslein aus der zufammengeschmolzenen Schar um sich versammelt, führt sie zum Angriff gegen die anderen und die faschistischen Zeitungen müssen schon Extraausgaben heraus geben, um den zur gegenseitigen Berunglimpfung und Berdächtigung dienenden Stoff bewältigen zu tönnen. Wirksamer noch als Argumente find die Fauste, die gegenwärtig die wichtigsten lleber zeugungsmittel im faschistischen Bruderkrieg bilden. Sie stürmen einander gegenseitig die Berjammlungen, bemerfen einander mit dem Schmutz, der früher zur Besudelung der Demokratie und ihrer Führer diente und vor einigen Tagen entging der frühere Gottsöberfte Gajda felber nur mit größter Mühe der Gefahr der Ber prügelung.
Wenn es dem ehemaligen Generalstabschef nicht einmal gelang, jich als Diftator in der eigenen Partei zu behaupten, so traf ihn
Thälmann aus Ociterreich ausgewiesen. Der zum Gründungsfest des österreichischen Roten Fronttämpferbundes erschienene fommu niftische Reichstagsabgeordnete Thälmann hielt in Bien eine politische Rede, in der er zur Gründung eines raditalen Roten Frontlämpferbimbes aufforderte. Nach dem Berlaffen des Lokals murde Thälmann zur Polizeidirektion gebracht und dann an die Grenze befördert.