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Rr. 41. 45. 3abrgang 1. Beilage des Vorwärts m1.

Das Rätsel der Landsberger Allee.

Es bleibt nur eine Gasexplosion übrig.

In der Landsberger Allee fand, wie seinerzeit mitgeteilt, am| 7. d. M. eine erste Besichtigung der Unglücksstelle statt. Die Sach­verständigen konnten damals zu einem bestimmten Ergebnis schon Deshalb nicht kommen, weil vieles, was für die Untersuchung wesent­lich war, noch unter den Trümmern lag. Unter Aufsicht der Kriminal­polizei und der Feuerwehr wurden seitdem die Aufräumungs arbeiten mit aller Vorsicht und Sorgfalt fortgesetzt und endlich abgeschlossen. So fonnte gestern die schon damals in Aus­ficht genommene zweite Besichtigung stattfinden. Daran nahmen wieder Staatsanwaltschaftsrat Keiler, Kriminalrat Gennat , Kriminalkommissar Bunge und der Chemiker Prof. Dr. Brüning vom Polizeipräsidium, außerdem Dr. Mathias vom Kaiser- Wilhelm: Institut, Geheimrat Ritter vom Chemischen Reichsinstitut, Baurat Busan von der Feuerwehr, Major Wüller von der Schutzpolizei , Gewerbe- und Bauräte des Magistrats und Sachverständige der

Gasmerke teil.

Festgestellt wurde zweierlei: Eine Benzinerplosion, von der neuerdings Gerüchte wissen wollten, ist nicht die Ur fache. Benzin als Triebfraft ist seit Jahren in dem Fleischerei betrieb im Keller nicht mehr verwendet worden. Der Benzintant hland seit Jahren leer und wurde ganz intakt vorgefunden. Auch die Ammoniatanlage ist intakt, bis auf einige Brüche, die durch herabfallende Trümmer verursacht worden sind. Hiernach blieb also nur eine Gaserplosion übrig. In den Gas­ösen, die zur Aufrechterhaltung einer Temperatur von 10 Grad in ten Kühl- und Bökelräumen dienten, fann eine Explosion sich ouch nicht ereignet haben, denn auch sie sind wenig beschädigt. Die Sähne standen nicht ganz auf. Das erklärt sich daraus, daß zur Aufrechterhaltung der gewünschten Temperatur mittlere oder fleine Flammen genügten. Noch Aussage der Arbeiter sind die Defen feit dem 23. Dezember über die Weihnachtsfeiertage hinweg bis zur Zeit der Explosion ununterbrochen im Betrieb gewesen. Auch während der Streiftage wurden fie von Beauftragten der Geschäfts­leitung fontrolliert. An der neuen Gaszufuhr von der Straße her ist der Wassersack auf der Straße voll Wasser gewesen, hätte also cine etwaige Bruchstelle gesperrt. Die Explosion fann nur in den Kellergängen erfolgt sein. Diese verschiedenen Gänge haben feine Verbindungstüren, so daß sie sich in der ganzen Aus dehnung mit Gas anfüllen fönnten.

Aus den beiden Gasöfen fann, auch wenn die Flammen er: Jojchen waren, nach Ansicht der Sachverständigen feine so große Menge ausgeströmt sein, wie sie norhanden gewesen sein muß, um die Verheerungen anrichten zu fönnen. Es muß also irgendwo eine größere Deffnung vorhanden ge mesen sein. An der Zuleitung von der Straße her ist der Verschlußkopf vorhanden gewesen. Von hier fann fein Gas in den Keller gelangt sein. Die Gasöfen hatten ein Abzugsrohr in Schornsteine hinein. Einer dieser Schornsteine war zmar abgedichtet, hatte aber trotzdem noch Zug. Entzündet fann sich das Gas an einer Flamme der Defen haben. Es muß dann in furzer Beit in so großer Menge ausgeströmt fein, daß die Flamme nur cinen ganz geringen Teil verzehren fonnte.

Baupolizei läßt Besselstraße 22 räumen.

Am 28. Juli 1927 berichteten wir an dieser Stelle über den be­drohlichen Zustand des Hauses Besselstr. 22. Die Baupoli­zei hat daraufhin die Fundamente des Hauses geprüft. Das Haus fteht ebenfalls auf Moorboden. Schon seit Jahren haben sich die Grundmauern gesenkt. Die dadurch entstehenden Riffe wurden immer größer, so daß gestern die Baupolizei bei einer erneuten Prüfung des Hauses die Räumung beschloß.

Das Haus Besselstr. 22 ist im Jahre 1895 neu erbaut worden, nachdem an dieser Stelle ein Wohnhaus gestanden hatte, und war von dem, den alten Berliner noch bekannten Restau rateur Sterneder aus Schloß Weißensee errichtet worden.

Menschen, Göttern

1]

Roman von Herbert George Wells . Erstes Buch. Der Einbruch der Erdlinge. Mr. Barnstaple geht auf Urlaub.

1.

Mr. Barnstaple fand, daß er dringend einen Urlaub brauchte; nur wußte er niemanden, mit dem oder zu dem er hätte gehen können. Er war überarbeitet und hielt es zu Hause nicht mehr aus.

Barnstaple hatte von Natur aus ein startes Tempera­ment. Seine Familie liebte er innig, so daß er sie durch und durch kannte und sie ihm entsetzlich auf die Nerven fiel, wenn er in so niedergedrückter Stimmung war. Seine drei heran­wachsenden Söhne schienen von einem Tag zum andern lang­beiniger und größer zu werden. Wollte er sich in einen Sessel setzten, so saß sicher schon einer von ihnen darin; sie verjagten ihn von seinem Pianola; sie erfüllten das Haus mit einem gellenden und nicht endenwollenden Gelächter über Wize, die nicht zu erzählen waren. Sie störten ihn bei den späten, harmlosen Liebeleien, die bis dahin sein bester Trost in diesem Jammertal gewesen waren; sie schlugen ihn im Tennis; fie rauften miteinander voll Uebermut auf den Treppenabfäßen und ſauſten zu zweit und dritt unter ge­maltigem Getöse die Stiegen hinunter. Ihre Hüte lagen überall umher. Sie famen zu spät zum Frühſtüd. Jeden Abend beim Zubettegehen erhoben sie ein Sturmgebrüll: llahu! uahu! uahu!... bums!" Und ihrer Mutter schien dies zu gefallen. Sie alle fofteten Geld und setzten sich heiter über die Tatsache hinweg, daß alles, mit Ausnahme von Barnstaples Arbeitskraft, teurer geworden war. Und menn er bei den Mahlzeiten einige schlichte Wahrheiten über Mr. Lloyd George äußerte, oder wenn er den leisesten Ber­fuch machte, den Ton des Tischgespräches über das Niveau des dümmsten Tratsches zu erheben, wandten sie ihre Auf­merksamkeit oftentativ ab..

...

Auf jeden Fall schien es ostentatio. Er hatte das starte Bedürfnis, von seiner Familie fort, irgendwohin zu gehen, wo er in Ruhe mit Stolz und Liebe an seine Angehörigen denken konnte, ohne andererseits von ihnen gestört zu werden.

..

Und ebenso wünschte er dringend, für einige Zeit von

Der

Schon beim Bau des Hauses entstanden große Schwierigkeiten, und Sterneder hat hier einen erheblichen Teil seines großen Vermögens eingebüßt, da man an dieser Stelle der südlichen Friedrichstadt feinen Baugrund finden konnte. Die ganze Gegend ist nämlich durch den im 18. Jahrhundert von der Charlottenstraße zum fleines schmutziges Gewässer, total versumpft worden. Kupfergraben führenden sogenannten hundegraben", ein Bau des bekannten großen Geschäftshauses in der Friedrichstraße , gegenüber der Besselstraße, hatte den Architekten ungeheure Schwie rigkeiten bereitet, und fast 20 Monate liefen dort ungeheure Kreiselpumpen, um den Grundwasserspiegel zu senten, bevor man riesige Holzpfähle durch den Morast in festen Kiesboden hinein­Inflation die ersten Zeichen von Senkungen der Grundmauern ge­treiben konnte. Das Haus in der Besselstraße hatte schon in der geben, doch wurden damals diese Warnungszeichen nicht genügend beachtet, zumal auch die Besizer nicht über die nötigen Mittel ver­fügten, um grundlegende Arbeiten vornehmen zu fönnen. Bor einigen Monaten entstanden jedoch große und sehr bedenkliche Risse im ganzen Hause. In der dritten Etage fiel eines Morgens der Stuck von den Decken in zwei Wohnzimmern herab und wenige Tage später zeigte sich hinter dem Ofen ein Riß, in den man be­quem die Faust hineinlegen fann. Bor wenigen Tagen traf nun eine neue bedenkliche Senkung ein, so daß im Erdgeschoß und in der ersten Etage sich die Fenster nicht mehr öffnen laffen und auch die Türen zum großen Teil flemmen. Nachdem sich im oberen Teil des Hauses noch weitere Risse gebildet hatten, verfügte die Baupolizei, daß die Mieter und Geschäftsleute bis zum 16. e br uar das Haus räumen müssen, da die Senfung nicht zum Stillstand gekommen ist, sondern Gefahr besteht, daß eines Tages das Gebäude in sich zusammenstürzt.

Er will sich nicht untersuchen laffen.

Wegen grober Beschimpfung der Republik war der Beitungshändler Eidhoff, ein Anhänger des Werwolfs, fürzlich vom Schöffengericht zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Der Angeklagte hatte sich, wie auch schon früher in anderen Verhandlungen gegen ihn, so auffällig benommen, daß der Straffammer, die sich mit der Berufung zu beschäftigen hatte, Bedenken aufgestiegen waren, ob Ę. ganz richtig im Kopfe sei. Das Gericht hatte ihm daher aufgegeben, sich von dem Gerichtsarzt Medi­zinalrat Dr. Störmer untersuchen zu lassen. Als gestern gegen E. die Berufungsverhandlung stattfinden sollte, stellte sich heraus, daß der Angeklagte sich dieser Untersuchung gefliffentlich entzogen hatte. Er verweigerte dem Gericht auch jede Auskunft, meshalb er seinerzeit aus dem Militärverhältnis entlassen worden mar. Auf das gütliche Zureden von Staatsanwaltschaftsrat Kirschner, sich in seinem eigenen Interesse zur Untersuchung zu dem Gerichtsarzt freiwillig zu begeben, hatte der Angeflagte eigensinnig mir die Ant­wort: Id lasse mich nicht untersuchen, lieber erschieße ich mich." Die Berhandlung mußte vertagt werden, und das Gericht wird jezi genötigt jein, entsprechende Zwangsmaßnahmen zu treffen.

Nochmals Wohnungsprozeß Kreuzberg.

Mittwoch, 25. Januar 1928

Gefängnis verurteilte Magistratsrat Dr. Herbert Haupt­mann, der damalige Dezernent des Wohnungsamts Kreuzberg , hielt seine Berufung aufrecht und dementsprechend auch der Anklage= vertreter, dem das Strafmaß zu niedrig erscheint. Infolgedessen wird die ganze Wohnungsgefchichte vor der Straffammer noch­mals aufgerollt werden, und es ist eine Verhandlungsdauer von drei Tagen in Aussicht genommen worden. Ueber den Ausgang werden wir berichten.

Wieder ein Todesurteil.

Der Abschluß des Caputher Mordprozesses. Nach zweieinhalbstündiger Beratung verkündete Landgerichtsrat Kaufmann das Urteil gegen den Mörder Schwarze der 20jährigen Martha John: der Angeklagte wird wegen Mordes zum Tode und zum dauernden Berlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt. Durch den überfüllten Gerichtssaal ging es wie eine Bewegung; die Braut des Verurteilten, Mutter seines ersten unehelichen Kindes und seine Schwester schuchzten laut auf, mit ihnen schluchzten verschiedene aus dem Publikum. Schwarze ließ sich mit gesenftem Haupie auf die Anklagebant nieder.

Gegen das Urteil ist rein juristisch nichts einzuwenden. Das Gericht hat unter all den vom Angeklagten gegebenen Darstellungen feiner Tat diejenige gewählt, die logisch wie psychologisch am annehm­barsten schien. Vom Kriminalkommissar Dräger , der die Unter­fuchung geleitet hat, ist auf Schwarze in feiner Weise ein Zwang ausgeübt worden. Im Bedürfnis, sein Gewissen zu erleichtern, hat er sich mit jeder Aussage der Wahrheit genähert, um schließlich ein vollkommenes Geständnis abzulegen. Kriminalrat Gennat hatte recht, als er nach Abschluß der Untersuchung sagte: Allein das Geständnis Schwarzes hat die Aufdedung seiner Iat ermöglicht" ja allein fein Geständnis hat seine Ver­urteilung zum Tode ermöglicht. Wäre er raffiniert genug gewesen, die Lat als Affekthandlung darzustellen, man märe nie imftande ge= wesen, ihm das Gegenteil nachzuweisen. Er hat aber selbst erzählt, wie er sein Opfer in der Absicht, es zu töten, nach Caputh gelodt, wie er sich auf dem Wege dahin, nachdem er die John auf dem Potsdamer Bahnhof ermartet hatte, den Plan in allen Einzel. heiten zurecht gelegt, wie er sich vor der Tat Mut angetrunken, mie er Beil und Spaten bereit gestellt, wie er sein Opfer durch Küssen in Sicherheit gewiegt, wie er unter dem Vorwand, austreten zu müssen, das Beil in greifbare Nähe" gerückt und dann an der Seite der Schlafenden liegend leise aufgestanden ist und ihr die beiden Hiebe, durch die die hintere Schädelkappe abgetrennt wurde, verseht hat. Alle diese Einzelheiten und noch andere mehr hatte Schwarze aus freien Stücken geschildert. Das war juristisch eine überlegte Tat, wie fie im Lehrbuche steht.

Schwarze hat die Tat begangen, weil er für sein zweites unehe liches Kind feine Alimente zahlen wollte; weil er sich des Kindes vor seiner Familie und seinen Caputher Bekannten schämte. Leichtlebig und leichtfertig hatte er die Konsequenzen seiner Tat nicht vorausgesehen.

Empfang im Städtehause.

Aniäßlich der gestrigen Vorstandssigung des Deuts einem ichen Städtetages hatte Präsident Mulert zu Empfang im Städtehaufe e in der Alsenstraße eingeladen, an dem außer den aus allen Teilen des Reiches erschienenen Mitgliedern des Vorstandes Vertreter der Reichsregierung, der preußischen Re­gierung, der Parlamente, der Behörden, der Wirtstaft und der Wissenschaft in großer Bahl teilnahmen. Als Ehrengast war Bürgermeister Kendrick Philadelphia mit seiner Gattin er schienen. Unter den erschienenen Gästen bemerkte man u. a. Staats­sekretär Dr. Abegg, Minister Hirtsiefer, den Vorsitzenden des ADGB . Leipart, die Oberbürgermeister Dr. Adenauer- Köln, Beims- Magde­

Bor der großen Straffammer des Landgerichts I begann gestern die Berufungsverhandlung in dem Wohnungsschiebungsprozeß beim Wohnungsamt Kreuzberg . Es handelt sich hierbei um die Schie bungen, die mit den sogenannten weißen 3umei fungstarten gemacht worden waren. Gegen das vom Schöffen gericht Mitte am 23. Mai v. J. gefällte Uricil hatten sowohl die Anburg, Bracht- Essen, Wagner- Breslau, Bürgermeister Hirsch- Dort­geflagten als auch der Antlagevertreter Berufung eingelegt. Bei Beginn der Berufungsverhandlung zogen sämtliche anderen Angeklagten, die verurteilt worden waren, ihre Berujung zurück und auch Staatsanwaltschaftsrat Dr. Seidenspinner nahm die Don ihm eingelegte Berufung zurück, so daß die Urteile rechts­träftig murden. Nur der megen Bestechung zu drei Monaten

Mr. Peeve loszukommen. Nie wieder wollte er eine Zeitung oder eine Zeitungsanfündigung sehen; jede Straße selbst wurde ihm zur Qual. Er war von der Furcht vor einem finanziellen und wirtschaftlichen Zusammenbruch be­sessen, gegen den der Weltkrieg bloß als ein geringfügiger Zwischenfall erschienen wäre. Und das nur aus dem Grunde, weil er zweiter Redakteur und Faktotum beim ,, Liberal " war, jenem bekannten Organ, melches die kleinmütigen Ansichten innerhalb der fortschrittlichen Meinung vertrat, und weil der unentwegte Pessimismus des Mr. Peeve, seines Chefs, ihn immer mehr ansteckte. Früher war es noch möglich gewesen, Mr. Peepe eine Art Widerstand entgegenzusehen, indem man sich mit den anderen Angehörigen der Redaktion über seinen Trübsinn verstohlen luftig machte, aber jetzt gab es teine an­deren Redaktionsmitglieder mehr; in einem Anfall finanzieller Berzagtheit hatte Mr. Peeve sie alle abgebaut. Tatsächlich schrieb jetzt außer Barnstaple und Mr. Peeve niemand mehr regelmäßig für den ,, Liberal ". So stand nun Mr. Barnstaple ganz unter Beeves Einfluß. Der fonnte manchmal zwei Stunden nacheinander zusammengekrümmt, die Hände tief in den Hosentaschen, und alle Dinge von der düstersten Seite betrachtend, auf seinem Redaktionsstuhl hocken. Die natür liche Beranlagung Barnstaples war auf bescheidene Hoffnun­gen und auf den Glauben an einen Fortschritt gerichtet, aber Mr. Beeve hielt hartnäckig daran fest, daß es um mindestens sechs Jahre zu spät sei, an einen Fortschritt zu glauben, und daß die Hoffnung auf den Liberalismus sich bestenfalls am Tage des Jüngsten Gerichts erfüllen werde. Und wenn Mr. Peeve den Leitartikel, den der Redaktionsstab, als es noch einen gab, dessen wöchentliche Magenverstimmung nannte, fertiggebracht hatte, ging er fort und überließ es Mr. Barn­staple, den restlichen Teil des Blattes für die nächste Woche zusammenzustellen.

Schon in normalen Zeiten wäre es schwer genug gewesen, mit Mr. Peeve zusammen zu arbeiten; aber die Zeiten waren nicht normal. Sie waren erfüllt von unangenehmen Be gebenheiten, die seine trübseligen Ahnungen nur zu berechtigt erscheinen ließen. Die große Grubenaussperrung dauerte be­reits einen Monat und ließ den kommerziellen Zusammen­bruch Englands vorausahnen; jeder Morgen brachte aus Jr land Nachricht von den neuen Beleidigungen, von unverzeih­lichen und unvergeßbaren Schmähungen: eine anhaltende Dürre bedrohte die Welternte; der Völkerbund , auf den Mr. Barnstople in den glorreichen Tagen des Präsidenten Wilson riesige Hoffnungen gefeßt hatte, war zu trauriger und selbstzufriedener Bedeutungslosigkeit herabgefunten; überall

mund, Scholz- Berlin, Reichstagspräsident 2öbe, Landtagspräsident Bartels, Oberbürgermeister a. D. Scheidemann, Frau Luise Schroeder , Dr. Hertz, Abg. Leinert, Stadtrat Reuter, Abg. Keil. Nach Be= grüßungsworten des Präsidenten Dr. Mulert gob Bürgermeister Kendrick seiner besonderen Freude darüber Ausdruck, im Kreise deutscher Berufskollegen weilen zu dürfen. Die amerikanischen

herrschte Streit, überall Unrecht; sieben Achtel der Welt schie­nen in chronische Unordnung und soziale Auflösung zu ver­fallen. Sogar ohne Mr. Peeve wäre es schwer genug ge= wesen, den Ereignissen die Stirne zu bieten.

Mr. Barnstaple gab nun auch wirklich die Hoffnung auf ,. aber für Menschen seiner Art ist Hoffnung eine wesent­liche Würze, ohne die das Leben unverdaulich wird. Er hatte seine Hoffnung stets auf den Liberalismus und auf eine großzügige, freiheitliche Bewegung gefeßt, jetzt aber begann er zu glauben, daß der Liberalismus niemals mehr erreichen würde, als gekrümmt, mit den Händen in den. Taschen da­zusigen, über die Rührigkeit tiefer stehender, aber energischer Männer zu grollen und darüber zu raunzen, daß ihre frabbelnde Emsigkeit die Welt zugrunde richten werde.

Tag und Nacht machte sich Mr. Barnstaple nun Sorgen um die ganze Welt; nachts noch mehr als tagsüber, da er feinen Schlaf finden konnte. Er war von der leidenschaft­lichen Begierde behert, eine Nummer des Liberal " heraus­zubringen, die sein ureigenstes Wert sein sollte, alles abzu­ändern, nachdem Mr. Peeve gegangen war, den ganzen galligen Unsinn, den elenden leeren Hohn über das Unrecht auszumerzen, dieses Anglogen von Grausamkeit und Un­glüd, die Aufregung über die belanglosen, natürlich mensch­lichen Fehlgriffe von Mr. Lloyd George unter Berufung auf Lord Grey, Lord Robert Cecil . Lord Lansdowne, den Bapst, die Königin Anna oder auf Kaiser Barbarossa( sie wechselten von Woche zu Woche); sich zu erheben, den jungen Bestrebungen einer neu geborenen Welt Stimine und Ge= ftalt zu geben und die Nummer zu füllen mit Utopien! Den verblüfften Lefern des Liberal " zu sagen: Seht her, das hat zu geschehen. Seht her, das wollen wir tun. Belch ein Schlag wäre das für Mr. Peeve bei seinem Sonntags­frühstüd! Bor Staunen würde er am Ende gar diese Mahl­zeit ausnahmsweise richtig verdauen.

Aber das waren höchst närrische Träume. Zu Hause faßen die drei jungen Barnstaples, und ihr Anspruch auf einen standesgemäßen Eintritt in die Lebensbahn war zu bedenken. Und so schön der Traum auch war, so hatte Mr. Barnstaple doch die sehr bedrückende Ueberzeugung. daß er in Wirklichkeit nicht geschickt genug sei, um so eine Sache richtig anzupacken. Irgendwie würde er sie doch ver­pfuschen.

Und dann könnte er vom Regen in die Traufe kommen. Der Liberal " war wohl ein ödes, entmutigendes und flein­liches Blatt, aber es war immerhin lein gemeines und ver ( Fortsegung folgt.) rufenes Blatt.