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der jezigen Regierung ebensowenig etwas zup fpüren wie in anderen Fragen. Der Reichsfinanzminister läßt fich vielmehr, statt selbst den Kurs zu bestimmen, von an­deren beliebig freiben. Daß eine solche Politik verderblich ist und zu schlimmen Konsequenzen führt, ist selbstverständlich. Sie zeigt aber vor allen Dingen auch, was in Wirklichkeit von dem Gerede der bürgerlichen Parteien über die Notwen digkeit der Einschränkung des Etatsrechts zu halten ist. Die­selben Herrschaften, die anderen Sparfamfeit predigen und durch ein Rotprogramm für die gefeßliche Einschränkung des Etatsrechts des Reichstags sorgen wollen, tun in der Praxis genau das Gegenteil. Sowohl bei den Forderungen der Landwirtschaft, als auch bei den Forderungen für die großen Liquidationsgeschädigten hat fidy dasselbe Spiel ereignet: die Regierungsparteien vereinigen fich untereinander und fämpfen gegen ihren eigenen Finanz­minister. Bei der Landwirtschaft genießen sie sogar die Unterstützung des Reichsernährungsministers. Und der Reichsfinanzminister, statt durch die Stellung der Vertrauens frage dieser verantwortungslosen Bolitit entgegenzutreten, beugt sich ihnen und vertritt am nächsten Tag das Gegenteil von dem, was er am Tage varher für richtig hielt. Bolf und Behörden im neuen Staat. Ein Bortrag des Preußischen Innenminiffers Grzefinsti. Bor den Sozialistischen Studenten spra) gestern im über­füllten Bürgerfaal des Stadthauses der preußische Innenminister Grzesinsti. Er führte aus: Er stehe gemiß außer dem Ver­dacht, das Parlament geringzuschäßen. Für die Wichtigkeit der Ver­maltung gebe es teinen geringeren Kronzeugen als Karl Marg, der in seiner berühmten Berteidigungsrede jagte, daß nach einer Revolution das wichtigste die Reform der Berwaltung fei. 1918 habe man in der Hoffnung auf Demokratisierung die Barla mente überschäßt; aber nicht die Legislative  , sondern die Erefutive regiert. Wenn die Barlamente noch fo gute Gefeße machten, jo läge die Bedeutung derselben in der schlechten oder guten Ausführung durch die Beamtenschaft. Damals feien wohl die Männer der Spitze der Verwaltung aus den demokratisch republikanischen Kreisen berufen, sonst aber habe sich schon deshalb wenig ändern fönnen, meil man nach der Fernhaltung aller demokratischen Gemente von der Verwaltung im Untertanenstaat 1919 gar nicht über genug vor­gebildete Kräfte verfügte. 100 Jahre lang sei die gesamte Bürokratie nur durch die Junker und ihnen ergebene Bolks. freije ergänzt worden. Welche Wichtigkeit die Berwaltung babe, das zeige fich ja in dem ständigen Streben der Deutschnationalen, die Regierung in Breußen und den anderen Ländern und damit Verwaltung und Macht wieder in die Hand zu bekommen. Die republikanischen Regierungen Preußens hätten Quadern her= ausreißen müssen aus dem Gebäude, ohne doch den Bau selbst zu zerstören, und Steinchen auf Steinchen heranschleppen müssen. Heute noch sei

der Kampf um die Demokratifierung in vollem Giange. Neben dem fachfundigen Bersonal brauche man an den leitenden Stellen, ohne zu schnüffeln und ohne Heuchelei großzuziehen, ver trauenswürdige Republikaner  . Vorbildung und Examina genügten nicht inumer. Gerade heute müsse der Beamte die Zusammenhänge des Lebens und die wirtschaftlich sozialen Verhältnisse fernen. Dem Beamten der Republik   müsse man aber auch Selbständigkeit zur Be­tätigung feiner Berantwortungsfreude gewähren. Beamte, die freudig handelten, bede er auch, wenn fie fich einmal verfägen, denn das Regieren vom grünen Tisch fei heute noch viel gefährlicher als früher: Ueber die Einzelheiten der Reformen führte Grzesinsti aus, daß das Wort Berwaltungsreform in manchem zu einem Schlagwort gemorden sei. Eine Reform der Berwaltung feien die tommunalen Gefeße über Groß- Berlin, Sossel und die Industriegroßstädte des Rheinlandes, fei das Gefeß über die Aufhebung der Gutsbezirte gewesen. Benn hier Herr v. Keudell fage, daß dieses Gesetz nur 3 wietracht unter der Landbevölkerung fäe, dann müsse er den Konservativen zurufen, daß niemand den Nachbar hinter einem Ofen vermutet, hinter dem et nicht schon selber gefeffen hätte. Biel   fei noch im Rahmen der heutigen Formen zu erreichen. Einst habe der Beamte den Fürsten   gedient, heute folle er der Bevölkerung dienen. Er soll das Publikum so behandeln, wie er selber behandelt zu werden münscht.

Die Ausführungen des Ministers fanden langanhaltende stürmische Zustimmung.

Sute Erfolge im Wohnungsbau. Aber Gefährdung der Neubautätigkeit durch Kapitalmangel.

Der Hauptausschuß des Preußischen Landtages  beriet am Mittwoch über den Etat des preußischen Ministeriums für Bolkswohlfahrt zu dem Kapitel Bohnungs- und Sied lungswefen". Staatsfefretär Scheidt machte dabei nähere Angaben über die Wohnungsbautätigkeit des Jahres 1927 und die Aussichten für das Jahr 1928.

Hergt verteidigt Claß.

Weber Artifel 48 fann er nichts sagen.

Daß der Minister des Aeußeren sich nicht äußern fann, Artifel verantwortlich gemacht und ihu als wahren Täter heftraff, fagt ein altes gereimtes Wigmort. Aber daß der Minister obwohl er in der Zeit des Erscheinens des Artikels im Aus­der Justiz es gleichfalls nicht fann, ist eine allerneueste und lande geweilt hat und in feiner Abwesenheit sein Name als fehr ungereimte Tatsache. Genosse Landsberg   hat gestern verantwortlicher Redakteur stehen geblieben war. in einer fraftvoll- fritischen Reichstagsrede über die Justiz Das Reichsgericht hat in seinem Urteil ausgeführt, daß er als Leiter den Fall Claß von neuem aufgerollt. Er hat von dem einer Beitung der Kommunistischen Bartei gar nicht anders hätte staatsstreichlerischen Vorhaben gesprochen, durch Mißhandeln fönnen, als den Artikel aufzunehmen, und weil er in brauch des Art. 48 die Reichsverfassung zu zerstören, übrigen auch sich selbst stets für die Bropagierung der hochperräte­und er hat in diesem Zusammenhang den Reichsjustizminister Ratsoz.: Das Urteil ist immer noch nicht so schlimm, wie das Berbot rischen Ziele der KPD  . mit Eifer eingesetzt habe.( Abg. Dr. Frid. Hergt aufgefordert, zu sagen, wie er über den Art. 48 der Natfoz.: Das Urteil ist immer noch nicht so schlimm, wie das Berbot: Berfassung dente. Auf diese Frage erteilte Herr Hergt erwidert dem Zwischenrufer: Wenn wir den Etat des Reichsinnen­folgende Antwort: ministers zu behandeln hätten, dann würde ich Ihnen darauf die Antwort gegeben haben.

Ich sehe gar nicht ein, warum ich mich vom Abg. Landsberg in dieser Weise stellen lassen und hier den Artikel 48 inter pretieren muß.

Jeder nicht deutschnationale Justizminister hätte an Stelle Hergts geantwortet, daß auch er selbstverständlich den verfassungswidrigen Mißbrauch eines Verfassungsartikels mißbillige. Herr Hergt fonnte sich zu dieser selbstverständ­lichen Antwort nicht aufschwingen denn dadurch hatte er fich das Mißfallen des Herrn Claß zugezogen, dem der extrem- nationalistische Flügel der Deutschnationalen  Bartei sehr nahe steht. Darum hat Hergt auch gestern das Treiben des Claß ausdrücklich in Schutz genommen. Man fann das Verhältnis des Herrn Hergt zu dem Herrn Clas ungefähr dem Verhältnis gleichstellen, das im Jahre 1923 zwischen Kahr und Hitler   bestand. Benn es etwas meniger gefährlich ist, so ist das nicht das Verdienst des Herrn Sergt. Der Unterschied zwischen damals und jetzt besteht nur darin, daß die Republif heute genug gefestigt ist, um einige Seit Seit aber nicht zu lange!- fogar einen Justizminister er tragen zu tönnen, der sich schüßend vor ihre unverföhnlichen aktiven Feinde stellt.

Der Reichstag beschäftigte sich gestern mit dem Justizetat. Justizminister ergt versuchte in seinen Ausführungen, die wir an anderer Stelle wiedergeben, das Bestehen einer Bertrauense trise der Justiz binmegzudisputieren. Genosse Landsberg  trise der Justiz hinwegzudisputieren. Genosse Landsberg  bewies an einer Reihe von Fällen und vor allem am Fall - das Gegenteil.

Claß

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führte aus:

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Abg. Landsberg( Soz.)

Die Anfündigung des Reichsjustizministers, daß er das Ziel einer weiteren Rechtsangleichung zwischen der deutschen   und der österreichischen   Republik   verfolgen würde, begrüßen mir. Ich mache in diesem Zusammenhange auf ein Gefeß aufmerksam, das besonderer. Beschleunigung bedarf, das ist das Reichs und Staats angehörigteitsgeseh. Ein solches Gesetz gehört zwar zu dem Reffort des Reichsinnenministeriums, hoffentlich ist aber die Autorität des Reichsjuftigministers start genug, uni Herrn von Keudell zur Beschleunigung zu veranlassen, damit auch hier die Rechtsgleichheit zwischen Deutschland   und Desterreich zum Ausdrud kommt. Den Deutschösterreichern muß das Recht zuerfannt werden, ebenso wie jeder banerische Bürger, jeder Sachse, jeder Breuße deutscher   Staatsbürger zu werden, wie auch umgelehrt jeder Reichs­beutiche das Staatsbürgerrecht in Deutschösterreich erwerben tönnte. Der Reichsjustizminister hätte sich den Vorwurf, den ihm mein Freund Rosenfeld gemacht hat, erfpart haben fönnen, denn dieser ift ihm erst auf Grund der Berheißungen gemacht worden, die er versprochen hat, als er noch nicht Minister war. Der Minister hat die Frage der

Beritauenstrife der Juffiz

erwähnt. Nichts liegt mir so fern, als immer wieder auf eine Ber­trauenstrije in der Justiz hinzumeijen. Ich wäre glüdlich, einen Etat zu erleben, bei dem ich mich auf die Besprechung von einzelnen Bofitionen beschränken könnte. Voraussetzung dazu ist aber, daß wir eine einwandfreie Rechtsprechung haben und nicht immer wieder Borgänge feststellen müssen, die deren Vorhandensein bezweifeln laffen. Daß von einer folchen einwandfreien Recht­sprechung nicht die Rede sein tann, beweisen immer wieder neue dann hätte er sich zunächst an die ihm näherstehende Bresse wenden Fälle. Benn dem Herrn Juftizminister diese Kritit nicht gefällt, müssen. Bei der Berurteilung der Fememorder hat die Deutsche Tageszeitung" von einem Bluturteil gesprochen, und von einer Robustheit des Gewissens bei den urteilenden Richtern. Der Redner berichtet dann über folgenden Fall: In dem ostpreußischen Städtchen Lieb stadt hatte ein jüdischer Ar­beiter an einer Festlichkeit des christlichen Landarbeiterverbandes teilgenommen, bei der jeder erscheinen fonnte, der fich eine Eintritts­farte gekauft hatte. Ein anderer Arbeiter verlangte, daß er den Saal verlasse, weil Juden an der Feier nicht teilnehmen dürften. Der jüdische Arbeiter wandte sich an den Borsigenden, der ihm das Verweilen im Saal gestattete. Darauf wurde er von dem anderen Arbeiter beleibigt und geschlagen.

Das Gericht verurteilte den Mann zu 20 Mart Geldstrafe wegen der Körperverlegung, und in der Begründung des Urteils führte es aus, daß der Kläger   sich alles hätte gefallen laffen müssen, weil er als Jude ein christliches Jest besucht habe!

Daß der Vorstand ihm das Berbleiben im Saale   gestattet habe, fei nicht erheblich, weil dieser ein einfacher Arbeiter und deshalb nicht imftande fei, die vom Gericht gebrauchten Gedanken zu ent­wideln.( hört, hört! linfs.)

Es feien so führte Scheibt aus in dem letzten Jahre rund 176000 Dauerwohnungen fertiggestellt worden gegen­über rund 130 000 im Borjahre. Rund 148 000 feien mit öffentlichen Mitteln gefördert, während nur etwa 28 000 23ohnungen ohne jeg­liche Unterstügung aus öffentlicher Hand errichtet worden seien. Außerdem wären noch rund 90 000 Wohnungen am 1. Januar 1928 im Bau begriffen. Das Jahr 1927 zeige gegenüber dem Jahre 1926 insofern einen sehr erfreulichen Fortschritt, als es nach den vor­liegenden Zahlen möglich gewesen sei, neben dem jährlichen Neu- In einem anderen Falle hat das Reichsgericht die Unbrauch­bedarf an Wohnungen in Breußen, der auf etwa 120 000 angenom barmachung von Maschinen in einer fommunistischen Druckerei men werden könne, den Fehlbedarf im Jahre 1927 um runb durch die Polizei für berechtigt erklärt, weil der Staat in Not­56 000 Bohnungen herabzumindern.( Gegenüber einer Berminde wehr handle und die Pflicht habe, fich gegen Angriffe auf ihn rung um rund 10 000 Wohnungen im Jahre 1926.) zu schüßen Es dürfte aber nicht übersehen werden, daß die überraschend Gewiß hat der Staat das Recht der Notwehr. Aber was zur Ab­günstige Bauleistung des verfloffenen Jahres nur möglich gewesen sei mehr rechtswidriger Angriffe erforderlich ist, das darf nicht der durch eine wesentliche Borwegnahme der für den Wohnungs. Willfür überlassen bleiben, sondern das ist genau bestimmt durch bau bestimmten auszinssteuererträgnisse des näch= die Gesetze. Die Notwehr des Staates ist geregelt im Breffegefeß. sten Jahres fomie durch eine sehr starte und schwerlich zu wieder Reihe anderer Gefeze. Das Recht der Notwehr gibt es nicht, wenn im Bereinsgefek, im Artikel 48 der Berfassung und einer ganzen holende Inanspruchnahme der namentlich für erfte Hypotheken in ein Eingriff einer Polizeibehörde fich nicht auf ein gegebenes Gejet Betracht kommenden Kreditquellen. Soll das nicht zu einem starten fügt. Seitdem das von mir erwähnte Urteil ergangen ist, mantt ein Rüdschlag in der Bautätigkeit des Jahres 1928 führen, der auf jedenfach der Rechtsboden unter unseren Füßen. Dann fann man aus Fall vermieden werden müsse, fo muß rechtzeitig für die Beschaf dem Gesichtspunkt der Notwehr jeden Berein auflösen, jede Ben fung der fehlenden Mittel gesorgt werden. Soweit sich fammlung unterdrüden. Der Zustand, den das Reichsgericht mit heute übersehen lasse, fönne der preußische Staat aus eigener Kraft feinem Urteil gutgeheißen hat, ist weit flimmer, als jede die erforderlichen Wohnungsbaumittel in vollem Umfange nicht Benfur, denn dadurch wird es dem Rebatteur unmöglich gemacht, aufbringen. Es bleibe nur übrig, das Reich, wie im Jahre seine Meinung überhaupt nur bruden lassen zu können. Ich frage 1926, an der Aufbringung durch Hergabe von Zwischenkrediten zu durch dieses Urteil des Reichsgerichts in hohem Maße bedrohten den Reichsjustizminister, was er zu tun gedenkt zum Schuße der beteiligen und außerdem zu versuchen, durch Erleichterung des Pfand- Grundrechte des deutschen   Bürgers. briefabsages im Ausland( Befreiung von der Rapitalertragssteuer und dergl.) Auslandsmittel für den Wohnungsbau herein zubekommen. Gleichzeitig aber müßte insbesondere von ben gelb­gebenden Gemeinden energisch versucht werben, bie Bautoften herabzumindern, wozu fie bei Brüfung der Anträge auf Haus­zinsfteuerhypotheken die Möglichkeit hätten.

In weit höherem Maße gilt das noch für das Gebiet des Strafrechts.

Der vierte Senat des Reichsgerichts unter dem Borjih von Corenz hat in einem Urteil vom Offober 1927 einen verant wortlich zeichnenden Redakteur der fommunistischen fächsischen Arbeiterzeitung für einen zum Hochnerrat auffordernden

A

Der Redner erwähnt dann einen Artikel eines völfia schen Blattes, in dem der Austritt Ehrhardts aus dem Stahl­helm als entschloffene Tat begrüßt wurde, meil Ehrhardt nicht gewillt sei, den Gedanken einer Revolutionierung natio naler Massen aufzugeben, und worin es meiter heißt: Wir betennen uns nach wie vor zur Revolution!" Auch Lenin   ist in derselben Nummer diejes nöllischen Blattes als Revolutionär ver herrlicht worden. Danach fräht aber fein Hahn.

Ich führe weiter den Fall des Oberleutnants Zelfin in Hamburg  an, der wegen angeblichen Hochverrats auf Beranlaffung des Reichsanwalts verhaftet worden ist, obwohl bereits ein Gericht benjenigen mit schwerer Strafe bedroht hatte, der Zelfin noch weiter des Hochverrats bezichtigen warde.

Anzuerkennen ist allerdings, daß der Oberreichsanwalt nach fünf Tagen felbft die Freilassung Zeltins veranlaßt gat. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß das höchste Gericht des Reichs fich eines so schweren Irrtums schuldig gemacht hat. Solche Fälle einer Justiz haben mit einer wirklichen Recht­sprechung nichts gemein., Gegen den Abgeordneten Höllein hat jahrelang ein Verfahren gefchwebt, weil er einen Barteifreund als Ernährungsminister bei einer in Mecklenburg  eventuell zu errichtenden Regierung vorgeschlagen haite. Erst durch die Amnestie im Jahre 1925 ist dieses Verfahren eingestellt worden. Immer wieder richtet sich die Juffiz gegen links, aber niemals gegen rechts, wie auch der Fall Claß beweist. 3m Mai 1926 leitete der Berliner   Polizeipräsident gegen Justizrat Claß, den Vorsitzenden des alldeutschen Verbandes, eine Untera suchung wegen Hochverrats ein. Der Oderreichsanwalt beantragte im Juni 1927 in einem 60 Seiten langen Gutachten beim Reichsgericht die Einstellung des Verfahrens und die Außerverfol gungsfegung. Das Reichsgericht hat im Ottober diesem Antrag stattgegeben, und zwar rein formularmäßig, ohne ein Wort der Begründung. Claß liegt die Weimarer   Berfassung nicht; nur zu feinem Artikel 48 ist er in heißer Liebe entbrannt.

Claß hat bei seiner Bernehmung zugegeben, fein Ziel sei der völtische Staat und die volfische Dittatur,

er molle das jedoch ausschließlich durch verfassungsmäßige Mittel berwirtlichen, entmeber durch propagandistische Beeinflussung des Boltes bei den Wahlen oder auch in der von ihm für verfassungs­mäßig gehaltenen Weise, daß der Reichspräsident, um der steigenden wirtschaftlichen Not Deutschlands   zu steuern, bei einer Kabinettstrije eine fogenannte Regierung der fachlichen Arbeit berufen solle. Wenn diefe Regierung das Bertrauen des Parlaments nicht habe, folle Der Reichstag   aufgelöst werden, und falls er dann die Maßnahmen nicht billige, wiederum aufgelöst merben. Sollien bann Inruhen.. fommen, jo folle der Reichspräsident auf Grund des Artifels 48 Maßregeln ergreifen und einer geeigneten Persönlichkeit die voll ziehende Gemalt übertragen. Der Reichstag tönne wieder holt aufgelöft merben, unb bie nom Reichspräsidenten eingefeßte Bersönlichkeit fönne bei etwaigen Unruhen als Inhaber der voll ziehenden Gewalt auf Zeit von einer Wahl des Parla­ments absehen. Das ist die Patentlösung des Herrn Claß. die uns herrlichen Zeiten entgegenführen soll Herr Claß macht sein politisches System, wie die Erfinder, die immer ganz dicht vor der Erfindung des perpeteum mobile stehen. Wer ist mun der Mann, der nach Meinung des Herrn Claß berufen sein würde?( 3wischen­ruf links: Luther  !) Nein, nicht Herr Luther, der ist schon wegen Locarno   nicht geeignet, sondern unser Kollege Herr Hugenberg ( Heiterkeit), der im Lotal- Anzeiger im politifchen Teil zur Hebung. hebung deutscher Zucht und Sitte.( Heiterkeit.) Claß schrieb da des Intellekts seiner Leser ebenso beiträgt, wie im Inseratenteil zur mals, Hugenberg gelte für einen staatsmännischen Kopf, er habe unbeugfame Tatkraft bewiesen, er sei in der schweren Zeit der beste Berater und könne die Fragen bemeistern.

Als Herr Höllein mal bei einem guten Mahle jemand sagte, er würde ihn zum Ernährungsminister von Medienburg­Schwerin machen wollen, da wurde ihm das als Hochverrat ausgelegt.( Heiterleit!)

Herr Clas veranlaßt fünfzehn Generale, dem Reichspräsidenten  eine Interpellation zu überreichen, die sogenannte Generalsinter pellation, worin der Reichspräsident beschworen wurde, die Pläne des Herrn Claß durchzuführen. Herr Clas arbeitete ein Exposé aus, aber der Reichspräsident lehnte selbstverständlich die Zumutung des Herrn Claß ab und erklärte, daß er Ratschläge von unzuständiger Seite nicht annehmen fönne, er verlasse fich ausschließlich auf seine verantwortlichen Berater.

Was Herr Claß dem Reichspräsidenten zumutete, lief auf einen traffen Staatsffreich hinaus, auf einen Putsch von oben.( Sehr wahr! links.)

Das Ziel des Herrn Claß, er leugnet es nicht, war der Sturz der Verfassung und die Wiederherstellung der Mon= archie. Er schrieb an den Kaiser in Holland  , Seine Majestät fönne nerfichett fein, daß die um ihn, Claß, gefcharten Getreuen mit un­erschütterlichem willen am Weite seien mit dem Ziel, in dem ge­heiligten und befreiten Vaterlande das Hohenzollerntum wieder ein­sufehen Und diefes Ziel glaubte Herr Claß auf Grund des Ar­titels 48 in legaler Weise erreichen zu fönner Der Artikel 48 ist zum Schuße der demokratischen Berfajfung ge­geben, aber nicht zu ihrer Bernichtung.( Sehr richtig! fints.) Nach Artitel 48 tann der Reichspräsident zur Wieder herstellung der Ordnung Maßnahmen erlaffen, aber niemals hat er das Recht, die ganze Reichsverfaffung zu beseitigen und den Reichs­tag zu verjagen und die Monarchie wiederherzustellen. Im Ab­8 3 steht ja ausdrücklich, daß jede Maßnahme des Reichspräfi denten auf Grund des Artikels 48 dem Reichstag under­üglich vorzulegen und wieder aufzuheben ist, wenn der Reichstag sie nicht billigt. Das beweist die Unmöglichkeit der juristi­chen Debuktion des Herrn Justizrats Claß. Der Reichspräfi= dent würde sich, wenn er die zum Schuße der Verfassung an der Justizminister diese meine Interpretation für richtig oder die des vertrauten Machtmittel unter Gewaltanwendung gegen die Ber faffung benußen würde, des Hochverrats schuldig machen. Hält Herrn Claß? Warum hängt sich Herr Claß überhaupt das Mäntel then der Begalität um und sagt nicht ehrlich, daß er die Gewalt wolle? Im Jahre 1912 ließ Herr Clas fein Kaiserbuch erscheinen, 1925 gab er es neu heraus. Dauin bezeichnet er den Staats­ftreid als ursprünglichste Notwehr eines jeden Staates; heute feien die Dinge so weit gediehen, daß nur die Diktatur bas Vaterland retien föune, und an die Spike werde der neue Kaijer