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43-45. 3b91. Beilage des Vorwärts

Nr. Jahrgang

Abstriche über Abflriche und dennoch Defizit

Die Haushaltrede des Stadtkämmerers ein Rotschrei.

Für Berlin wird durch die Ingerechtigkeit des Fi- schulen 16 Millionen gestrichen. Bei der Stadtentwässerung nanzausgleichs und durch die Erschwerung der An­leihebejmaffung der Haushaltsplan von Jahr zu Jahr un­günstiger beeinflußt. Wie schwer die Aufstellung für 1928 ge­

worden ist, davon gab bei der Einbringung des Haus. haltsplanes in der gestrigen Stadverordneten­sigung der Stadttämmerer Lange eine sehr eindringliche Schilderung. Den Betrag der Abstriche, durch die er das Gleich gewicht zwischen Ausgaben und Einnahmen zu erzwingen versucht hat, bezifferte er auf rund 150 Millionen Mart, das ist fast doppelt soviel wie im Jahre vorher und ziemlich dreimal soviel wie vor zwei Jahren. Trogbem bleibt noch ein Defizit von 50 millionen, zu dessen Deckung auf eine günstigere Regelung des Finanzausgleichs gehofft wird, durch die man dann um eine Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer herumfommen könnte. Des Stadttämmerers Rede war ein Notshrei über die Mißhandlung Berlins , die bei längerer Dauer zu den schwersten Mißständen in der Stadtverwaltung führen muß. Schulwesen, Gesundheitswesen, Hochbau, Straßen­bau und viele andere Berwaltungszweige leiden darunter, daß die notwendigen Anforderungen gekürzt werden müssen. Troß weit gehender Kürzungen ist übrigens die Gesamtausgabe wieder noch höher als im vorhergehenden Jahre geworden, weil manche seit Jahren zurückgestellte Arbeiten und Ausgaben sich nicht länger hinausschieben ließen. Wie die Fraktionen über diesen Haushalt plan benken, werden ihre Redner in der nächsten Sizung sagen. Bei der Einbringung des Voranschlages für den städtischen Haushaltsplan hörte die Bersammlung folgende

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Haushaltsrede des Stadtfämmerers.

Der Stadtfämmerer begann seine Ausführungen mit einem Dant an die Beamtenschaft, die feit Monaten unter An­Spannung aller Kräfte an der rechtzeitigen Fertigstellung des neuen Haushalts gearbeitet hat. Der Haushalt enthält alles in allem rund 50 000 Positionen und 170 000 bis 200 000 Zahlen, davon den größten Teil vier- bis sechsstellig. Der große Fehlbetrag von 50 000 000 m. ist nicht, wie gelegentlich ausgesprochen wurde, tünstlich herbeigeführt, um als Druckmitel beim Finanzausgleich zu bienen. Die

Bermögenslage der Stadt ist gefund;

find Ausgaben von 34% Millionen zurückgestellt, bei den Straßen bauten sind von 62 Millionen mur 11% Millionen übrig ge­blieben und bei den Brüdenbauten von 23% Millionen nur Millionen.

Freitag, 27. Januar 1928

Berteilung der Einkommensteuer durch Aufhebung oder wenigstens Aenderung der relativen Garantie.( Beifall.) Auf Vorschlag des Vorstehers, Genossen Haß, findet die Aus­sprache am 2. und 3. Februar statt.

Aus der Reihe der vor der Rede des Kämmerers geschäfts­ordnungsmäßig behandelten Beratungsgegenstände ist besonders die Borlage wegen der Zusammenlegung der städtischen Drudereien bruderei der Beret"( Berliner Reklame- Gesellschaft) und die zu erwähnen. Die leistungsfähigsten Druckereien waren die Blafat­städtische Druckerei in Neukölln; diese sind in neugemieteten Räumen im Zentrum der Stadt zusammengelegt. Die Heranziehung der bedeutend Heineren Betriebe in Spandau , Reinickendorf und Trogdem war eine Steigerung der Gesamtausgaben gegenüber durch seinen Berichterstatter, Genossen Haß die Zustimmung der Schöneberg foll später erfolgen. Der vorberatende Ausschuß ließ Teil darauf, daß bei den früheren Haushalten zwangsläufige oder und Gesellschaften sollen angewiesen werden, ihre Aufträge in erster dem Vorjahre nicht zu vermeiden. Sie beruht zum erheblichen Stadtverordnetenversammlung beantragen; die städtischen Betriebe unaufwendbare Ausgaben zu niedrig angefekt waren. So haben Linie der städtischen Druckerei zu geben. Die Deutschnation allein auf dem Gebiete der Bohlfahrt die Iftausgaben den nalen und die Wirtschaftsparteiler waren gegen die Haushaltsanjak im Jahre 1925 um 12 Millionen, 1926 um 19 Mil- Schaffung einer städtischen Druderei. Durch die Linke fionen überschritten. Die Gesamtausgaben der ordentlichen wurde jedoch die Borlage angenommen. Eine längere Aus­Verwaltung find 1925 über den Haushaltsvoranschlag um 61 mil- sprache entspann sich dann um die Vorlage wegen des lionen, 1926 um 71 Millionen hinausgegangen. Ein weiterer Grund der Steigerung beruht auf dem Anwachsen der Stadt selbst. ferner aber auch darin, daß manche seit Jahren immer wieder zurückgedrängten Ausgaben sich vielfach nicht mehr hinausschieben laffen. Auf vielen Gebieten ist auch die Steigerung zwangs­fäufig, das Anwachsen der Zahl der Unterstützungs­empfänger und die im letzten Jahr notwendig gewordene Er­höhung der Unterstützungsrichtsäge, dann im Gefundheitswesen die Geschlechtstrantenfürsorge u. a. m. Ein wichtiger Steigerungs­grund liegt naturgemäß auch in den Auswirkungen der Be­foldungsreform. Angesichts der erhöhten Kosten der Be­amtenbesoldung ist

Bereinfachung der Berwaltung

notwendig. Das allein genügt aber nicht, es muß durch Aenderung Der Arbeitsmethoden und durch Aenderung der Aufgaben selbst rationalisiert werden. An fich find zwar die Bere moltungstoften in Berlin im Bergleich zu anderen Städten feineswegs hoch. Sie bleiben vielmehr nach den statistischen Feststellungen des befannten Statistikers Dr. Seutemann in Hannover für 1925 nicht unerheblich hinter denen anderer Groß­städte zurück. Natürlich spielt auch das Gefeß Groß- Berlin hierbei eine Rolle. Das Zahlemmaterial des vorliegenden Haushalts zeigt, daß zur Verbilligung der Verwaltung eine Bergrößerung der Bezirke notwendig ist. Immerhin ist in den Bedürf­nissen der Bezirke im Laufe der Jahre fortschreitend eine An­näherung erfolgt. Daß dies in nicht noch stärkerem Maße möglich Rahmen für die Ausgaben stets außerordentlich eng gespannt hat. war, ist lediglich darauf zurückzuführen, daß die Finanzlage den Eine stärkere Annäherung und Berücksichtigung der besonders bedürftigen Bezirle des Nordens und Ostens ist auch dadurch erreicht worden, daß in den Ver­teilungsmaßstäben für die Einheitssäte bereits vielfach diesen Gefichtspunkten Rechnung getragen worden ist. Wie in der laufenden Verwaltung mußte auch bei der außerordentlichen Ber­waltung, die aus Anleihen gedeckt werden soll, weitgehende Ein­schränkung geübt werden. Der weitaus großte Teil der an geforderten Mittel wird für den Ausbau der Elettrizi­tätswerte und für die Fertigstellung der Untergrund. bahnbauten benötigt. Neu find in den Haushalt

bie Höhe der Schulden entspricht ungefähr der Hälfte des werbenden Bermögens. Dagegen ist die Finanzlage für den laufenden Haus halt schwierig und ernst, nicht zuleht durch die ungeheueren Kür zungen der Steuereinnahmen durch den ungün ftigen Finanzausgleich. Ein turzes Studium unseres Haushaltes wird jebem zeigen, wie die Einnahmen bis zur Grenze bes Möglichen hoch angesezt und die Ausgaben gebroffelt worden find. Was für diesen neuen Haushalt und die Finanzlage der Stadt Berlin befonbers charakteristisch ist, ist nicht bas, was im Haushalt steht, fondern das, was nicht darin enthalten ist. Während bie Abftriche im Jahre 1925 noch 39 Millionen, im Jahre 1926 57 Millionen und im Jahre 1927 77 Millionen betrugen, erreichen fie 1928 beinahe 150 millionen. Zurüdgestellt fimb u. a faft alle Anforderungen für Bermaftungsgebäude aller Art. 3urüdländischen Gelbmarties, zum anderen von der fünftigen Einstellung geftellt ist auch wieder die Fertigstellung des Krema toriums in der Diestelmenerstraße, ferner auf dem Gebiet des Gefundheitswesens die an fich brinnenden Umbauten ber Pavillons III und IV des tranfenhauses Friedrichshain , die Er. meiterungsbauten in Weißensee, Reinidendorf, Pantow, Schöne berg, Köpenid u. a.

Bon den einmaligen Anforderungen für die Bolksschulen mit 29% Millionen find nur 844 Millionen übrig geblieben, von denen für die Mittelschulen mit 5 Millionen mur 0,4 Millionen, bei den höheren Schulen find 11%, bei den Berufs- und Fach­

25 Millionen für den Wohnungsbau eingestellt. In welchem Umfange der Anleihebedarf in diesem Jahre tatsächlich befriedigt werden tann, ist noch nicht zu übersehen und hängt einmal von der Entwicklung des inländischen und aus.

ber Beratungsstelle ab. Jedenfalls muß erwartet werben, daß bie Beratungsstelle balbigst ihre Lätigteit wieder aufnimmt, nachdem die Gemeinden allen Forde rungen nach Feststellung der Höhe ihrer turzfristigen Schulden usw. entsprochen haben.

Ob die Deckung des Fehlbetrages von rund 50 Millionen ohne allzugroße Steuererhöhungen möglich sein wird, hängt davon ab, mie die schwebenden großen Fragen über die Neuregelung des Finanzausgleichs entschieden werden. Hier muß insbesondere die Berliner Bevölkerung und Wirtschaft mit der Stadtverwaltung einig fein in der Forderung und dem Ziel einer gerechteren

Grundstücksaustausches in der Bellevuestraße.

Die im Verkehrsintereffe liegende Umgestaltung des Pots­damer Plages erfordert die Beseitigung des Vorgartengeländes am Hause Bellevuestraße 1 und die Einebnung zu Straßenland. Die Besizerin des Geländes, die Canada- Land- Company, will es gegen Umtausch eines passenden Grundstücks, zu Bellevuestraße 2 gehörig, hergeben. Nach dem Ausschußbeschluß soll die Company 700 000 Mart zuzahlen. 700 000 Mart zuzahlen. Die sozialdemokratische Fraktion hatte dazu folgenden 3usatantrag eingebracht:

Die Stadtverordnetenversammlung stimmt der Vorlage unter folgenden Bedingungen zu: Der Betrag, welchen die Canada- Land­Company Aktiengesellschaft für Ueberlaffung ihrer Grundstücks teile im Tausch gegen das Haus Bellevuestraße 2 zuzuzahlen hat, wird von 700 000 m. auf 800 000 m. erhöht; die Canada­Land Company Attiengesellschaft übernimmt die bindende Verpflichtung, das Grundstüd bzw. den darauf zu era richtenden Neubau, fofern er für ein Warenhaus, gleichviel unter welcher Firma, Berwendung finden soll, nur an eine deutsche Aktiengesellschaft zu vermieten, zu verpachten oder zu verkaufen.

vertagt, um abzuwarten, welche Entwicklung die ganze Umgestaltung Auf Antrag des Demokraten Merten wurde die Angelegenheit ftücksbedarf nehmen wird. des Potsdamer Platzes und der damit zusammenhängende Grund­

schuffes angenommen. Mit der Verabschiedung vieler kleinen Vor­Eine ganze Reihe Grundstücksan und verkäufe wurden ohne Aussprache nach den Beschlüssen des Grundstücksaus­lagen und Anträge schloß die Sitzung.

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Die in der Dienstagsigung ausgefegten Abstim mungen ergaben die Annahme des Protestes gegen den Erlaß des Provinzialschulfollegiums wegen Hindenburgs Geburtstag( Borwärts" vom 25. d. m.). Die von den Kom­munisten beantragte Beseitigung des Brandenburger Tores wurde gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.

Rechtsfräftiges Urteil.

Die Berufungsverhandlung wegen der Bestechungsund Wohnungsschiebungsaffäre, die fich unter dem Dezernat des Magistratsrat Dr. Hauptmann beim Wohnungsamt Kreuz berg abgespielt hat, nahm ein überraschendes unb porzeitiges Ende Nachdem bereits bei Beginn der Berufungsverhandlung vor der Großen Straffammer des Landgerichts I alle übrigen Angeklagten die von ihnen gegen das Urteil des Schöffengerichts Mitte ihre eingelegte Berufung zurüda zunehmen für ratsam gefunden hatten, zog es gestern am dritten Ber­handlungstage auch Magistratsrat Dr. Hauptmann vor, als letzter An­geflagter feine Berufung zurückzunehmen. Da audy Staatsanwaltschaftsrat Dr. Seidenspinner daraufhin die von ihm eingelegte Berufung zurüdzog, ist nunmehr die gegen Dr. Haupt­mann erkannte Strafe von 3 Monaten Gefängnis wegen Beste chung ebenfalls rechtsträftig geworden.

London auf. Der Verkehr auf der Straße war bunt und| Weg dem Alltag entführen sollte. Es wäre schon ein nettes lebhaft, aber feineswegs störend, und die Gelbe Gefahr" fleines Erlebnis, jegt bei einem Wirtshaus zu halten und fuhr

Menschen, Göttern gleich... fubeffanft dahin, daß sie den Namen Goldene Hoffnung" ein wenig zu frühſtüden. Und wenn er fich bei der Abfahrt

3]

Roman von Herbert George Wells .

Mr. Barnstaple las diese Botschaft mit Resignation. Während er sein Abendbrot, schmeifte sein Auge über einen Artikel, den ihm ein Freund aus China gesandt hatte, um ihm zu zeigen, wie die Japaner absichtlich die Reste chine fischer Zivilisation und Erziehung zerstörten.

Erst als er nach dem Abendbrot in seinem fleinen Garten saß und seine Pfeife rauchte, tam es ihm voll zum Bewußt­fein, was es für ihn bedeutete, allein zu Hause zu sein.

Dann wurde er auf einmal sehr geschäftig. Er rief Mr. Peeve an, teilte ihm das Urteil des Arztes mit, erklärte ihm, daß die Dinge beim Liberal" gerade jetzt besonders günftig lägen, und erhielt Urlaub.

Danach ging er in sein Schlafzimmer und padie in bunter Auswahl Gegenstände in einen Dorfintflutlichen Koffer, der nicht so aussah, als ob man ihn gleich vermissen würde, und verstaute ihn unter dem Siz seines Wagens. Danach beschäftigte er sich einige Zeit damit, seiner Frau einen Brief zu schreiben, und steckte ihn sehr sorgfältig in seine Brusttasche.

Dann sperrte er den Wagenschuppen ab und setzte sich mit seiner Pfeife und einem guten, geistreichen Buch über den Bankrott Europas in einen Liegestuhl im Garten, um so unschuldig wie nur möglich auszusehen, und sich auch so zu fühlen, ehe seine Familie nach Hause läme,

Als seine Frau zurückkam, erzählte er ihr so beiläufig, daß er sich sehr nervös fühle und daß er sich vorgenommen habe, am nächsten Morgen nach London zu fahren, um einen Arzt deswegen zu befragen.

Mrs. Barnstaple schlug einen Arzt vor; er aber sagte, er habe in dieser Angelegenheit auf Beeve Rücksicht zu nehmen und Beepe fei gerade auf den Dr. Soundso ver feffen das war nämlich der Mann, den er in Wirklichkeit schon tonsultiert hatte. Und als Mrs. Barnstaple äußerte, ihrer Meinung nach hätten sie alle einmal richtige Ferien nötig, fnurrte er auf eine nicht gerade freundliche Art.

Auf diese Weise konnte Mr. Barnstaple mit dem ganzen Gepäck, das für mehrere Ferienwochen nötig war, glatt das Haus verlassen, ohne irgendeinem unüberwindlichen Wider tanb zu begegnen. Am nächsten Morgen brach er nach

verdient hätte. In Camberwell bog er in die Camberwell­New Road ein und nahm den Weg nach dem am Anfang der Baur- Bridge Road gelegenen Bostamt. Hier hielt er an. Sein Vorhaben erschreckte ihn, erfüllte ihn aber auch mit Stolz. Er begab sich ins Bostamt und fandte feiner Frau ein Telegramm: Dr. Pagan sagt, Einsamkeit und Ruhe dringend nötig, fahre daher nach Seen- Diftrift, habe dies vorausahnend Gepäck mitgenommen. Brief folgt. Dann tam er heraus, tramte in seiner Tasche, 30g den Brief hervor, den er am vorigen Abend geschrieben hatte, und steckte ihn in den Postkasten. Den Brief hatte er ab­fichtlich recht schlecht gefrigelt, um Neurasthenie in vorge­schrittenem Stadium vorzutäuschen. Er erklärte, Dr. Bagan habe einen sofortigen Urlaub verordnet und ihm empfohlen, ,, nordwärts zu wandern". Es sei besser, ihm während einiger Tage oder etwa einer Woche feinerlei Bost nachzu­senden. Er werde sich nicht der Mühe des Schreibens unter­ziehen, außer: es ginge etwas schief. Keine Nachricht sei gute Nachricht. Wenn seine Ruhe gesichert sei, würde alles gut werden. Sobald er eine feste Adresse für Briefe habe, werde er drahten, aber nur ganz dringende Sachen sollten ihm dann nachgeschickt werden.

Danach stieg er wieder in den Wagen, und das mit einem Gefühl der Freiheit, wie er es feit seinen ersten Schul­ferien nicht mehr empfunden hatte. So schlug er die Rich tung nach der Great North Road ein, ließ sich jedoch im Ge­dränge am Hyde Bart Corner von einem Polizisten nach der Knights Bridge abweisen und wurde später an der Ede, wo die Bath Road von der Orford Road abzweigt, durch einen Möbelwagen, der den Weg versperrte, in die erstere abgedrängt. Aber das machte nicht viel aus. Jeber Weg führt nach irgendwohin, und er konnte ja auch später nord­wärts steuern.

Es war einer jener Tage voll heiteren Sonnenscheins, die für die große Dürre von 1921 so charakteristisch waren. Es war nicht im geringsten schwül. Die Rühle ringsum und Mr. Barnstaples gute Laune vereinigten sich, um ihn recht angenehme Erlebnisse erwarten zu laffen. Die Hoffnung war wieder zurückgekehrt. Er wußte wohl, daß er auf dem Wege war, dem Alltag zu entfliehen, aber er hatte bis jetzt noch nicht die leisefte Ahnung, wie vollkommen ihn dieser

einfam fühlen sollte, würde er irgend jemanden aufnehmen und mit ihm plaudern. Er fonnte ganz ruhig jemanden mitnehmen, denn es war ihm ganz gleichgültig, nach welcher Richtung er fuhr, wenn er nur Sydenham und die Redaktion des Liberal " im Rüden hatte.

"

Ein turzes Stüd außerhalb von Slough wurde er von einem riesigen grauen Tourenwagen überholt, der ihn auf­schreckte und zum Ausweichen zwang. Er tauchte lautlos neben ihm auf und hatte ihn im Augenblick überholt, obwohl er selbst nach Angabe seines ziemlich genauen Geschwindig­teitsmeffers gut fiebenundzwanzig Meilen in der Stunde fuhr. Die Infassen waren, wie er feststellte, drei Herren und eine Dame; fie faßen alle hochaufgerichtet und sahen sich um, als ob sie sich für etwas interessierten, das hinterhertam. Da sie sehr schnell an ihm vorüberführen, fonnte er bloß be­merken, daß die Dame von einer strahlenden Lieblichkeit mar, die einen auf den ersten Blid gefangen nahm, und daß der ihm zunächst sigende Herr ein besonders boshaftes, schon ältliches Gesicht hatte.

Noch bevor er den Schreck über diese vorbeisaufende Era scheinung überwunden hatte, machte ihn ein andrer Wagen mit dem Ton eines prähistorischen Sauriers darauf auf merksam, daß schon wieder jemand an ihm vorbeiwollte. Auf solche Weise nämlich nach freundlicher Verständigung - ließ sich Mr. Barnstaple gern überholen. Er verringerte die Geschwindigkeit, ließ jeden Anspruch auf die Mitte der Straße fallen und machte mit der Hand aufmunternde Beichen. Eine große, glatte, schnelle Limousine machte von feiner Erlaubnis, die einige dreißig Fuß breite Straße zu paffieren, Gebrauch. Der Wagen führte eine tüchtige Menge Gepäd mit sich; aber, mit Ausnahme eines jungen Mannes mit einem Monofel, der neben dem Fahrer faß, jah Barn­staple nichts von den Insassen. Gleich vor ihm bog die Li­mousine um die Ede, hinter dem Tourenwagen her.

Nun, felbft eine fahrende Fußbadewanne" fann es nicht leiden, an einem hellen Morgen auf offener Straße in jo herrenmäßiger Weise überholt zu werden. Barnstaple drückte den Atzelerator hinunter und tam mit gut zehn Meilen per Stunde schneller um die Ede, als ihm jeine Vor­sicht sonst zu fahren gestattete. Er fand die Straße vor sich ganz leer.

( Fortfehung folgt.)