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Gonnabend

28. Januar 1928

Unterhaltung und Wissen

Die Häßlichen.

Bon Bela Rèvesz.

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In unserem Haufe herrschte große Aufregung. Die zerzausten Weiber trochen aus den Zimmern hervor und liefen den Mädchen nach, die sich im Stiegenhaus drängten. Bom dritten Stock aus flog die Sensation von Mund zu Mund. Rotbäckige Arbeitermädchen riefen oben: Sie fommen schon... Unruhige, laute Stimmen gaben es meiter: Sie fommen schon... sie tommen schon. Aus dem Stiegenhaus schlängelte sich ein feierlicher Zug hinab. Frauen und Mädchen in schönen, reinen Kleidern umgaben die blonde Braut. Auf dem Kopfe trug sie einen Myrtenkranz, man führte sie in die Kirche zur Trauung. Gerührt und mit zeremonieller Lang­famfeit schritten fie einher. Die Mädchen rauften sich um die guten Blätze und sie seufzten und flüsterten, aber sie jauchzten auch, als die Braut in ihrem schneeweißen Kleid an ihnen vorbeischwebte. Der Hochzeitszug schwamm langsam auf den ersten Stod hinunter. Hier war der Kampf noch heftiger; mit lächelndem Gesicht, strahlenden Augen stießen einander die Menschen, und nach vorne fam, wer ge­schickter war. Zwei Menschen wurden hinter die fröhlichen Mädchen gedrängt. Sie tamen nebeneinander zu stehen, und sie bemerkten einander. Auch sie packte die Aufregung, und in den Hintergrund gedrängt, betrachteten sie einander ganz sonderbar und mit weit auf geriffenen Augen: der bucklige junge Mann und das lahme Mädchen.

Sie wurden miteinander bekannt.

Es war der Monat Mai und unser Haus glich einem großen Käfig, in welchem Menschenpaare girrten. Um sie herum erwachten die Bäume des Stadtwäldchens in hochzeitlicher Bonne, Knofpen sprangen neben Knospen, und bei uns in den Stockwerken fanden sich verliebte Arbeiterpärchen. Milde, duftende Abende waren den jungen Leuten gnädig. Sobald die Dämmerung mit ihren Flügeln einhergezogen lam, feßten sich die verliebten Paare hinaus Dor die Tür, es wurde immer dunkler, die Korridore bargen gleich geheim­nisvollen Lauben flüsternde Menschen in sich, und das Geräusch von Küssen, Seufzern durchbrach die melancholische Stille.

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An den verliebten Abenden segten sich auch die beiden Krüppel zusammen, und wenn sie nicht sprachen, schauten sie in das Tal des Hauses hinab, beobachteten das Spiel der Dämmerung, ihre Blide suchten mit gierigen Zuckungen die sich ins Dunkel hüllenden Baare, und sie bewunderten starr die verworrenen, schleierhaften Um­armungen. Der bucklige junge Mann berührte eines Abends mit feiner langen nochigen Hand den Arm des lahmen Mädchens und sprach zu ihr:

,, Annusta, ihr vermietet ein Zimmer?"

geht mir durch den Kopf, wieviele Menschen um diese Zeit verliebt find..."

Im Jasminstrauch hinter den beiden Krüppeln rauschte es plößlich auf. Ein kurzes, heißes Lachen erflang, dann zitterte es weiter in winzigen Trillern, jauchzend, zu einem Seufzer erfterbend und versant in einem plötzlichen stummen Kuß. Es verschlang dem Buckligen die Rede, und er blickte verwirrt auf Annusta. Dann starrten sie beide zur Erde, und sie rückten auf der grünen Holz­bank langsam, mit heimlichen Bewegungen näher zusammen. Das Mädchen unterbrach als erstes das Schweigen, aber fie hob ihren Blid nicht von der Erde.

Ich bin nicht mit diesem Fuß zur Welt gekommen. Ich war frant, und da wurde ich so..."

Der Bucklige rutschte neben das Mädchen, sie fühlten schon die Hige ihrer Körper, er spann seine Worte leise, furchtsam in die Worte des Mädchens:

alt.

,, Mich hat die Amme fallen lassen, zwei Jahre war ich damals

"

..

,, Ach, wie habe ich mich geschämt..."

"

Ich wagte nicht, auf die Mädchen zu blicken... ,, Ich wollte immer lieben und habe es doch nicht gewagt." Sie verftummten, erfüllt von herrlichen Visionen, und sie warteten feige und auf irgendein blendendes Ereignis. Wieder er­scholl heißblütig ein Ruß hinter ihrem Rücken. Berliebte begannen ihre Hochzeitsspiele. Der Busch erzitterte, weiße Jasminblüten fielen auf die häßlichen Menschen. Das lahme Mädchen vergrub ihr Gesicht in beide Hände und schluchzte, der Budlige aber tappte nach ihrer Hand, löfte einzeln ihre Finger los und umfaßte sie mit seiner Hand, als sie aber einander anblidten, fielen sie sich in die Arme und ver­einten sich in einem fast noch findlichen Kuß. -

( Berechtigte Ueberfegung von M. Mezei.)

Beilage

des Vorwärts

Das Glüheisen als Heilfaktor.

In der legten Gigung der Berliner Medizinischen Gesellschaft hielt Prof. Bier, der bekannte Berliner Chirurg, einen Bortrag über die Bedeutung des Glüheisens als Heilfaftor. Seine Ausführungen riefen das allerregste Interesse hervor. Man ift in Aerztefreisen allgemein der Ansicht, daß die Mitteilungen Prof. Biers geeignet sind, die Behandlungsmethodik zahlreicher Erkrankungen, insbesondere die Heilung von Infektionskrankheiten, weitgehend umzugestalten.

Prof. Bier, der ein sehr genauer Kenner der Geschichte der Medizin ist, knüpft an die Jahrtausende alte Anschauung, die einst Hippokrates geäußert hat, an und vertritt die Ansicht, daß in vielen Fällen, in denen die medikamentöse Behandlung oder das Messer des Chirurgen feine Hilfe zu bringen in der Lage sind, das Glüh eisen Rettung zu bringen vermag. Im Anschluß an Berbrennungen bilben sich im Körper Stoffe, die verschiedenartigen Leiden, nament­lich infettiösen Krankheiten entgegenwirken. Prof. Bier hat nun nicht etwa, wie das in längst vergangener Zeit einmal geschal), Hautpartien bebrannt, sondern bei seinen Operationen Hautlappen abgehoben und das darunterliegende Gewebe mit einem besonders hierzu fonstruierten Glüheisen bei örtlicher Betäubung des Patienten bebrannt. Auf diese Weise fonnte er zahlreichen Kranken Hilfe bringen. Die Erfolge seiner Glüheisenbehandlung erstrecken sich auf eine Zeit von bisher drei Jahren. Verschiedene hervorragende Aerzte in Charlottenburg - Westend be­ftätigten ihm, daß eine Reihe von Batienten, die als hoffnungslose Fälle" angesehen werden mußten, mit Hilfe des Bierschen Glüh­

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eifens erfolgreich behandelt worden sind. Prof. Bier tannte ferner Blüheisen bebrannt waren, eine besonders günstige Wirkung aus­mitteilen, daß gewisse Arzneien bei Patienten, die zuvor mit dem

zuüben vermochten.

Es ist nicht das erstemal, daß Prof. Bier eine Umwälzung der Anschauungen in der Medizin hervorruft. Es sei nur an die 21. St. ,, Biersche Stauung" in diesem Zusammenhange erinnert.

Jubiläum der Schreibmaschine.

1828-1928.

Als der französischen Akademie zum ersten Male ein Pho 10­graph Edisons vorgeführt wurde, brach eines ihrer Mitglieder in Berwünschungen über den Taschenspieler aus, der sie mit Bauch radnerei narre. Und die erste Eisenbahn von Fürth nach Nürnberg zitäten, die von ihrer Geschwindigkeit den Irrfinn für die Mens hen Dorausjagten.

Das vertrüppelte Mädchen fuhr zusammen und erwiderte rasch, stieß befa intlich auf die erhebli hsten Bedenken medizinischer Sapa atemlos:

Ja... tommen Sie zu uns wohnen..."

Es war ein feierlicher Abend, als der Budlige bei Annustas Eltern einzog. Die beiden alten Leute empfingen lächelnd den neuen Mitbewohner, und Annusta führte ihn zu einem großen Käfig, in welchem Ranarienvögel hodten. Sie klopfte an den Käfig und die gelben Bögel flogen erschrocken zwitschernd auf. Das lahme Mädchen Tachte und deutete auf die Bögel:

Meine Freunde."

Der budlige Mann erfuhr alsbald, daß Annustas Bater ein Bogelhändler gewesen ist, der sich- als er auf seine alten Tage das Geschäft aufgab mit diesen Kanarienvögeln in den Ruhestand zu­aüdzog. Die Laufbahn, auf der man seinen Berdienst nachgeht, for miert nach sich den Charakter jedes einzelnen Menschen, und das inmitten der Singpögel verbrachte lange Leben ist die wahrschein Tichfte Erklärung dafür, daß Annustas Familie immer fanges­luftig war.

Ein Feiertagabend war das Einziehen des Budligen, der sich so rasch in die Familie hineinfand, wie in den Hof des Bollmondes die dorthin verirrten Sterne. Der neue Mitbewohner war Musiker in einem Theaterorchester, und mit seiner Violine ertönte in der fanges­Iuftigen Familie eine neue Stimme. Der alte Bogelhändler spielte auf der Zither, Annusta sang träumerisch, ihre meißhaarige Mutter begleitete fie mit warmer Altstimme, der Budlige aber frönte mit feinem Biolinspiel schön und harmonisch die sonderbare Musit. Ungarische traurige Liebeslieder famen aus dem Fenster der Eltern Annustas geftattert und ließen sich bei den auf den korridoren träumenden Brautpaaren nieder. Die vor Bonne erzitternden jungen Leute ließen die Lieder nicht mehr aus, leise woben sie auch ihren eigenen Gesang in diese ein, und Musik und Gesang flutete durch das Haus, auf welches sich mit frischem Blumenduft die Maiennacht fenfte.

Bon da ab gab es jeden Abend eine Serenade. Wenn sie zu Ende war, bewegten sich die jungen Leute auf den Korridoren und sie gingen Arm in Arm singend zum Stiegenhaus. Bankenden Schrittes brachen sie alle zum Maienspaziergang auf und der Barf vor dem Hause breitete feine Arme schon von weitem nach ihnen aus. Im Schatten der Flieder und Jasminbüsche gingen Brautpärchen spazieren, und allabendlich waren auch die beiden Krüppel hier, in­mitten der mit dem Herzen sprechenden Menschen. Irgendeine ge­heimnisvolle Freundschaft trieb sie zueinander. Im übrigen sprachen fie hier im Park fast gar nicht, fie faßen nur nebeneinander, mit tiefem Schweigen, auf der grünen Bant, hin und wieder aufeinander­blidend. Eines Abends war der Budlige etwas unruhig. Er hob fein hartes, gelbes Geficht zum Himmel empor, und auch das lahme Mädchen blickte in die Höhe. Der Himmel über ihren Köpfen glich einen märchenhaften Baldachin. Das lichtblaue Firmament war meich wie Samt, und wie schaumige Seide ballten sich die weißen Wollen auf ihm. Blößlich hub der Budlige zu sprechen an:

Ich habe ein so sonderbares Gefühl, menn der Mond scheint." Das lahme Mädchen hob den Blick zu ihrem Freunde, und ihr Gesicht drückte Neugierde aus. Sie wußte nicht, was sie darauf sagen follte, fie überlegte eine Weile und ließ dann den Kopf finken. ,, Auch ich."

Der Musiker gaffte wieder zum Himmel hinauf. Der Mond schien mit magnetischer Kraft auf seinen gnomenhaften Kopf. Sein hartes Geficht brudte große Aufregung aus, als er zu sprechen begann: Ich bin noch immer fein Großstädter. Um solche Zeit, wenn der Mond scheint, bin ich zu Hause in dem kleinen Städtchen, wo es feine Paläste gibt. Sier muß ich außerhalb der Stadt gehen, wenn ich den Mond sehen will, die Baläfte verbergen ihn, fangen seine Strahlen auf. Ich liebe aber den Mond, und ich weiß immer wann Bollmond ist. Dann schaue ich zwischen den Palästen immer zum Himmel hinauf und ich sehe .. unfere weiße Gaffe, in der feine Paterne brennt, die Donau , das Kloster mit der goldenen Rugel, aus welchem schneeweiß gefleidete Nonnen herausschauen... und es

Auch dem ersten deutschen Konstrukteur einer Schreibmaschine, über die eine Patentbeschreibung vorliegt, dem Erfinder des Fahr rabes Karl von Drais , blieb das Geschid nicht erspart, von einer hochweisen Behörde als Hampelmann behandelt zu werden. Das badische Patentamt nannte 1835 seine Erfindung eine mechanische Narrheit und alberne Erfindung" und lehnte die Erteilung eines Batentes ab..

Heute beherrscht die mechanische Narrheit" der Shreibmaschine Bureaus und Kontore, Reportersaal und Arbeitszimmer der Di hter und Gelehrten. Auf Ozeandampfern und in Luruszügen wie den großen transtontinentalen Flugzeugen beansprucht sie als Selbst perständlichkeit ihr Abbeil. Sie hat die Feder, das Attribut des geistigen Menschen, so sehr entthront, daß man sie mit Recht den vollendetsten Ausdruck der Mechanisierung unseres Zeitalters nennen dürfte. Erfordert sie doch in ihren modernsten Ausführungen feine andere förperliche Anstrengung mehr, als das Berühren der Buch stabentasten; der elektrische Strom, der dabei eingeschaltet wird, reißt sie donn nieder und druckt die Buchstaben auf das Papier. Bei den ersten überhaupt bekanntgewordenen Schreibmaschinen. modellen war das anders. Sie verlangten starte Kraftleistung zu ihrer Handhabung: fie follten nicht schreiben, sondern Zeichen prä gen, um blinden Mens hen die. Möglichkeit zu lesen und zu schreiben zu geben. Die Schreibmaschine, die heute der wichtigste Helfer der geschäftigen Lebenden ist, mar in ihren Anfängen gedacht als Stüze der Blinden. Ihre Idee war nicht vom Geschäftsgeist, sondern Dom Mitleid eingegeben. Und da damit kein Geschäft zu machen mar, blieb es bei Berju hen, die nicht über die ersten unsicher tastenden Schritte hinausgelangten. So meiß man qus einer Be­schreibung des Patentes, das 1714 dem Engländer Mill für ein mechanisches Shreibzeug erteilt wurde, daß es sich um einen Appa­rat handelte, der für Blinde fühlbare Zeichen ins Bapier stanzte. Die Maschine selbst ist nicht erhalten, so wenig wie ihre französische Nachfolgerin von 1784, die gleichfalls Blinden dienen sollte, ober die deutsche Konstruktion des Breslauer Blindenlehrers Knie von 1818. Alle diese Erfindungen waren zur Ermöglichung des Schrift. pertehrs von Blinden bestimmt, alle sind verlorengegangen, weil sie fein breites Interesse erweden konnten.

Der erste Apparat, der den Namen Schreib mashine im heutigen Sinne verdiente, wurde 1828 ton struiert. Dies Jahr ist daher als das eigentliche der Ge­burt des Instrumentes moderner Biel - und Massenschreiberei anzu­sehen. Im Frühjahr 1828 legte der Italiener Conti seine von ihm Tachigraph" genannte Taftens hreibmaschine der französischen Ata­demie vor, die sich dafür lebhaft interessierte. Sie erwarb die Kon­struktion, die sich aber nicht durchsehen konnte. Des Shicksales der Erfindung von Drais 1835 wurde schon gedacht. Das Modell wies schon ganz moderne Eigenschaften auf: das Papier lief über eine Art Balze und wurde automatisch weiterbewegt. Drais tonnte feine Erfindung denn auch mit gewissem Reft bereits Schnell­schreibmaschine" nennen.

1839 tonstruierte der französische Physiker Foucault , der in der Geschichte der Technit, besonders durch seine Erfindung des automatischen Dampfregulators, bekanntgeworden ist, gleichfalls eine Schreibmaschine, die er Schreibfugel nannte. Ihr 3wed sollte nicht Beschleunigung des Schreibens, sondern Hilfe gegen den Shreibtramps bei Bielschreibern sein. Sie hatte die Gestalt einer Halbfugel, in der radial Schreibtasten angeordnet waren. An ihrem unteren Ede jaßen die Schriftzeichen, die, wenn sie niedergedrückt wurden, in die Mitte der Halbfugel trafen. Das darunter liegende Papier mußte mit der Hand fortbewegt werden und war mit einem Kopierbogen überdeckt, damit sichtbare Buchstaben entstanden. Auch besaß Foucaults Mehanismus teine Type für jeden Buchstaben, sondern diese mußten immer aus den Zeichen mehrerer Taften zu fammengetippt werden. jammengetippt werben. Um ein A zu schreiben, maren gleichzeitig vier Lasten anzuschlagen. Auf diese freilich umständliche Weise

tam Foucaults Maschine mit 8 Taster für das ganze Alphabet lateinischer Großbuhstaben aus. Kleine Buchstaben fonnten, mie mit allen vorhergehenden Maschinen, nicht geschrieben werden. Die erste Schreibmashine mit großen und fleinen Buchstaben wurde nielmehr erst 1850 von dem Engländer Hughes unter Benutzung Foucaultscher Ideen gebaut, die übrigens noch bis in die achtziger Jahre immer wieder die Erfinder angeregt haben. So mar aud die erste Schreibmaschine mit Farbband, also mit der bewußten Einstellung auf den Dienst für die Sehenden, die von den Dänen Hansen und Malling 1878 vorgeführt wurde, nach dem Foucaults hen Kugelsystem gebout. Sie unterschied sich von der ursprünglichen Schreibtugel freilich noch durch die nerbesserte Bapierführung: der zu beshreibende Bogen spannte sich über einen Zylinderrahmen und lief automatisch weiter. Mit dem Tastenhebel wurde zugleich ein Amboß gegen die Rüdseite des Papieres ge­brudt, so daß die Type beim Aufschlag den notwendigen Druck­widerstand fand. widerstand fand. Die Schrift erjdyien fichtbar, ein Vorteil, der dann lange Jahre bei der weiteren Durchkonstruktion der Schreib­maschine bis zur modernen Vollendung wieder aufgegeben werden mußte.

Diese erhielt sie erst in dem größten Schmelztiegel praktischen Nußens unserer Zeit, in Amerifa. Hier wurde zuerst das noch heute gebräuchliche Typenhebelsystem angewandt, das neben der Erzielung größter Schreibgeschwindigkeit die Möglichkeit bot, alle notwendigen Buchstaben und Schriftzeichen bequem unterzubringen. Die Typenhebel selbst waren freisförmig angeordnet. Konstruffeur dieser Urform unserer modernen Schreibmaschinen war der deutsche Mechaniter Schwalba d), der sie 1867 in Milwaukee zum ersten­mal vorführte. Als die Maschine auf einer Ausstellung den ersten Preis errang, bildete sich eine Aktiengesellschaft für ihre Herstellung, an der auch Schwalbach beteiligt mar. Später wurde er abgehängt und soll insgesamt das fürstliche Honczar von 350 Dollar für seine Arbeit erhalten haben. Sein Patent ging dann bald an die bekannte Remington Gesellschaft über, die Schwalbachs Konstruktion weiter durchbildete und so als Borläufer ihrer Fabrikate anerkennen muß. Ale nach Schwalbachs Brinzipien gebauten Maschinen hatten neben dem großen Vorteil ihrer Schreibgeschwindigkeit starten Nachteil, daß ihre Schrift unsichtbar blieb, weil die Inpen von unten gegen den Papierwagen schlugen. Erst wenn man diesen hochtlappte, fonnte man das Geschriebene lesen. Jahrzehnte waren nötig, um bei den Schnellschreibmaschinen die Schreibgeschwindigkeit mit der direkten Sichtbarkeit der Schrift zu vereinigen.

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Auch das Färbproblem hat bis zur Lösung viel Schweiß gekostet. Die Anwendung des Farbbandes wie bei der Hansenschen Schreib­fugel von 1878 ist erst mit Beginn unseres Jahrhunderts allgemeint üblich geworden. Bis dahin begnügte man sich hauptsächlich mit der Einfärbung der Typen, die in der Ruhelage auf Stempelkissen auf­drückten. Auch ließ men, ehe die Typen auf das Papier schlugen, gefärbte Filzrollen darüber streichen. Heute gibt es kaum noch Ma fchinen, die des Farbbandes entbehrten.

Es ist ein langer Weg, den die Schreibmaschine im ersten Jahr­hundert ihres Bestehen von den Anfängen bis zur heutigen Voll­endung zurücklegen mußte. Ursprünglich als Hilfsgerät für Blinde gedacht, dann als Borbeugemittel gegen den Schreibkrampf, wurde sie zuletzt zum Beflügler des modernen Wirtschaftsausschwunges, der ihrer Hilfe gewiß wesentliches zu verbanken hat Auch die Wechsel­wirtung blieb nicht aus. Die Vielheit der Systeme, die um die Jahrhundertwende bis in unsere Tage gerade die Schreibmaschinen­industrie tennzeichnete, beginnt unter den Anforderungen der Braris allmählich zu schwinden. Immer mehr nähern sich die verschiedenen Typen von Schreibmaschinen einander. Und schon ist die Ueber­zeugung lebendig geworden, daß die Herstellung genormt werden müsse, um von den jegt noch unerträglich hohen Preisen für Qua­litätsmaschinen herunterzukommen. Schon vor zwei Jahren ver­öffentlichte der Normenausschuß der deutschen Industrie Normen für Schreibmaschinenerfaßteile, ein Beweis dafür, daß der verteuernde Unfug der vielzuvielen tonfurrierenden Systeme mit ihren doch nur in Einzelheiten abweichenden Konstruktionen erkannt ist. Vielleicht erlebt noch unsere Generation den Tag, da Schreibmaschinen so billig gemorden, daß sie Jedermannsfache sind. Dann würden in Wahrheit Tinte und Geberhalter jo der Bergangenheit angehören wie jetzt schon Pferdebahnen und Betroleumlampen.