Ernsthafter Konflikt— oder nur homerische Wortgefechte? Beim alten Homer halten die griechischen Helden vor ihren Kämpfen furchtbare Drohreden gegeneinander, bis endlich die Speere und die Schilde zusammenprallen. In diese Zeit des dröhnenden Wortgefechts und der kriegerischen Drohungen fühlt man sich zurückversetzt, wenn nian die Zluslasiungcn der Bürgerblockprcsse zum Reichsschulgesetz genießt. Seit langem ist kein so grausamer Schacher mit Grundsätzen getrieben morden als bei den Verhandlungen um die Verkirchlichung der Volksschule.„Unentwegt" halten die Volksparteiler an ihren „liberalen Grundsätzen" fest, aber so ein ganz klein wenig rücken sie topfer zurück. Schritt für Schritt, um„sich vom Feinde zu lösen", wie es in Ludendorffs Kriegsberichten hieß. Das Zentrum aber folgt dein biedern Achill auf seinen uer- wundbaren Fersen. Es stellt foft. daß die Volkspartei durch ihren Antrag, die S i m u l t a n s ch u l e in den sogenannten Simullan- schulländern unangetastet zu lassen,„eine ernste politische Lage" geschaffen habe und droht in der„Germania ", die Volks- Partei müsie„selbst die Folgen trogen", wenn dieser Beschluß— unabänderlich bleiben sollte. Aus dem Homerischen ins Deutsche übertragen, heißt das soviel: Wir wollen uns friedlich zusammensetzen und eine neue Fassung suchen. Den» wir haben Grundsätze, die unabänderlich sind, ihr Liberalen ober seid doch seit Bismarcks Zeiten gewohnt, die euren stückweise zu opfern. Also werden wir schon handelseins werden. Aber da steht die„Tägliche Rundschau", die zu 30 Proz. noch immer nationalliberal, will heißen deutsch -volksparteilich ist. Sie versichert: Man kannte die Haltung der Deutschen Vollspartei zu diesem Paragraphen seit Monaten, man wußte, daß ihre Vertreter im Ausschuß die feste Absicht hatten, die Aufrecht- erholtung der Simultanschule zu beantragen und man war in den letzten Tagen auch nicht mehr im Zweifel darüber, daß die Deutsche Bolkspartei damit im Ausschuß die Mehrheit hinter sich hatte. Die interfraktionellen Besprechungen hatten schon vor zwei Wochen vollkommene Klarheit über die Hallung der Parteien geschaffen. Es ist also gestern niemand durch die Entscheidung im Bildungsausschuß des Reichstages überrascht worden. Ist das nun die„ernste politische Lage", von der das Zentrum fpiicht? Mit Nichten! Dos Sprachrohr der Voltspartei gibt zu ver- stehen, daß keine Notwendigkeit besteht, aus der gestrigen 'Abstimmung f o f o rt Konsequenzen zu ziehen. Es ist ganz gewiß nicht zu verkennen, daß die Spannung innerhalb der Koalition sich durch die gestrige Abstimmung Im Bildungsausschuß des Reichstages sehr stark erhöht hat und es besteht ganz gewiß die Möglichkeit, daß sich aus der nunmehr ge- gebenen Lage die Gegensätze weiter bis zur vollen Schärfe ent- wickeln. Aber es dürste doch zunächst noch fraglich fein, ob die Anschauung, die ein ultimo tioes Voigehen des Zentrums für wahrscheinlich hält, das Richtige trifft. Sollte das Zentrum aber wirklich den Beschlutz fassen, in dieser Weise vorzugehen, so würde sich die Deutsche Volkspartei dadurch in ihren Entschließungen nicht beeinflussen lassen. Ihre Stellungnahine zu dem 8 M des Rejchsschulgesetzenlwurfs beruht auf innerster Ueberzeugung" und ist ein Bekenntnis zu ihrer liberalen Uebsrlieferung. Sic ist seit Monaten festgelegt und würde durch Forderungen oder Drohungen irgendwelcher Art nicht erschüttert werden. Die Deutschnationalen als Dritte im Buitde versichern •denn auch schon jedem; der hören will, daß von einem t t n ft h äst e n Konflikt keine Rede sein könne. Sie wetden in den nächsten Woönm die Sache Himer den verschlossenen Türen des„mtorfraktronellen Ausschusses" der Blockparteien einzurenken suchen. Und sie, die durch die Schrei-Schul« des Bundes der Landwirt« gegangen sind, wissen sehr genau, was man von den finsteren Mienen und de» drohend geballten Fäusten der homerischen Helden im Blocklager zu halten hat. 6 i c zeigen deshalb sehr beruhigte Gesichter. Denn die Wahle», die aus einem ernsten Konflikt sehr schnell hereinbrechen könnten, sind ihnen aufs tiesste verhaßt!
Oesterreichische Kunst in der Akademie. Von Or. Paul K. Schmidt. Die Akademie der Künste eröffnete heute eine Ausstellung österreichischer Zeichnung und Graphit, die vom östcrreichisch-deutschen Volksbund mit ihr gemeinsam veranstaltet ist. Auswahl und Organisation der 460 Blätter umsassenden Schau hat der Direktor ver Albertina in Wien , ProsessorDr. Stix, über- Nammen : sie umfaßt die Zeit von 1700 bis ,zur Gegenwart u»d gibt ei» deutliches Bild der Entwicklung österreichischer, d. h. im wesent- lichen Wiener Zeichenkunst vom Barock bis zu Kokoschka : die für Oesterreich so wichtige Baukunst ist in einem Raum« mit Architektur- Zeichnungen angedeutet(beginnend mit Fischer v. Erlach und Hilde- brandt, endigend bei Josef Hoffmann ), wozu noch Theaterdeko- rationen kommen, meist von italienischen Barockmeistern wie Galli- Bibiena und Burnacini . Die graphische Abteilung ist räumlich und wohl auch künstlerisch die bescheidenste. Die Radiertätigkeit der großen Barockmeister wie Troger und Maulpertsch ist doch nur Begleitmusik zu ihrem gewaltigen Freskowcrk und auch bei den Malern des neunzehnten Jahrhunderts, wie vor allem Schwind, Loder, Pctienkofer, führt Lithographie oder Holzschnitt nur die be- scheidene Existenz eines Ersatzes, einer llebertragung der ungleich werioolleren Originvlzeichnung in das populär« Mittel der Repro- duktion. Die österreichische Begabung scheint im wesentlichen eine malerische zu sein; was einerseits durch die Reihe bedeutender Maler- nomcn belegt wird, andererseits durch die Tatsache einer sehr stark malerisch orientierten Architektur und Skulptur: Daß man den süd- östlichen Stamm des Deutschtums überhaupt als eine gesonderte Kulturzone herausheben kann, liegt an feiner ungewöhnlichen Sensibilität, die ein Berschwistern mit südlicher, also italienischer Formklarheit und einen starken Einschlag des färben- und sinnen- frohen Slawentums begünstigt. Rur so sind Erscheinungen wie Makart , Romako und Ktimt zu erklären, die dem deutschen Schwer- blüterwefen eine gute Portion leichtflüssiger Sinnlichkeit und zugleich kaiholischer Mystik beigemischt hoben; nur so aber auch die Ent- stehung des überwältigenden großartigen Lirchensresko im achtzehnten Jahrhundert aus der Berührung mit dem italienischen Barock. Oesterreichische Kunst datiert ejgmtlick> erst seit dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts. Die ersten Namen, die auch in unserer Ausstellung den Reigen beginnen, sind Italiener : Alto- nionte, Galli-Bibieno, und erst die.zweite Generation setzt mit großen einheimischen greskenmalern ein, wie Daniel Gran , Paul Troger , Rottmoyr, denen in der zweite Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts Unterbsrger, Maulpertsch , Kremserschmidt u. a. folgen. Daß man sie nicht eben genau kennt, liegt daran, daß ihr« Tätigkeit fast ganz im roumschmückenden Deckenbild für Kirchen, Klöster, Schlösier aufginp, wo man sie in recht unzulänglichen Dörfern kennenlonren muß. Die Skizzen, welche die Ausstellung zeigt, bieten dafür einen schwachen, vor allem— farblosen Ersatz: doch erkennt man wohl daran» dte unbegreifliche Handfertigkeit und den feurigen Schwung der Komposition, die den Kern ihrer ungeheuer ausgedehnten Freskokunst bedeuten. Den Uebcxgang zu einer neu«, Zeit bildet HeinrichFsiger, desien Zeichnungen in erstaunlichem Maß« wahrer, echter, bestimmter
Zum Kall Kolomak. Die Kronzeugin nach Köln verzogen. Bremen , 28. Januar. (Eigenbericht.) Zu de » gestrigen Meldungen über die Flucht der Hauptbe- lastungszcugin im Kolomak-Prozeh teilt heute die Bremer Polizei- direltion mit, daß Gertrud Wolf mit ihrem Mann nicht, wie aus ihrem Familienkreis behauptet wurde, nach Hol- land, sondern mit polizeilicher Erlaubnis nach Köln oerzogen sei. Das Kölner Meldeamt bestätigt, daß am 19. Januar das Ehepaar Beetz-Wolf zugezogen sei. Auffällig ist immerhin, daß man ein« Meineidsoerdächtige ins Grenzland verziehen läßt und es auch »icht für nötig hält, die Berteidigung der Frau Kalo- inat über den Wohnungswechsel der entscheidenden Zeugin in Kenntnis zu setzen.
Die verhafieten Reichswehrfunker. Verletzung der Betriebsvorschristen. Von den verhafteten Reichswehrfun kern sitzen nur noch die in Gießen in Haft, während die in Fulda festgenommenen vom Gericht sosort wieder freigelassen worden sind. Festgestellt ist bis fetzt nur eine Verletzung der Betriebsvorschriften für die Reichswehrfunkstellen. Während aber die Fuldaer diese Ver- letzung zugegeben haben und daraufhin enthaftet wurden, bestreiten die Gießener diese an sich nicht bedeutende Verfehlung. und deshalb ist gegen sie der Verdacht entstanden, daß sie Schlim- meres begangen hoben könnten. Dafür liegen jedoch jetzt, so wird halbomllich erklärt, sonstige Anhaltsgründe nicht vor. In wenigen Tagen dürfte sich darüber Gewißheit ergeben.
Glückwunsch an Lttrich. Die preußische Regierung an den hessischen Staatspräsidenten Ministerpräsident Otto Broun hat an den hessischen Staats- und Ministerpräsidenten und Minister des Aeußeren Ulrich in Darmstadt das folgende Schreiben gerichet: Namens der preußischen Staatsregierung beehre ich mich, Ihnen zur Vollendung des 75. Lebensjahres die herzlichsten Glück- wünsche auszusprechen. Die preußische Staatsregierung ist sich wohl bewußt, wie groß Ihr Anteilan dem Wiederaufbau des Deutschen Reiches nach dem urtglllcklichen Kriege zu bewerten ist und bedauert auf das lebhafteste, daß Sie, verehrter Herr Staatspräsident, sich entschlossen haben, Ihr verantwortungsvolles Amt in jüngere Hände zu legen. Sir wünscht Ihnen' einen schönen Lebensabend, der es Ihnen vergönnen möge, die Desreiung des Rheinlandes und damit Ihres engeren Vaterlandes von fremder Besatzung, für deren Beseitigung Sir sich stets mit besonderer Wärme eingesetzt haben, zu erleben. Mit dem aufrichtigsten Wunsche, daß Sie den seltenen Festtag froh begehen, bin ich, sehr verehrter Herr Staatspräsident, Ihr Ihnen in aufrichtiger Verehrung ergebener Braun. Auch Reichspräsident von Hindenburg hat dem hessischen Staats- Präsidenten Ulrich zu seinem 75. Geburtstag telegraphisch sein« Glückwünsche übermittelt.
Rechisblock und Teuerung. Scharfe Kritik an der Wirffchastspolitik des Reiches. Di« Erhöhung der Eisenpreis«, gegen die neben der verarbeitenden Metallindustrie auch die deutschen(3«werk- schaften nachdrücklichen Protest erhoben haben, fand heute im Haushaltausschuß des Reichstags selbst di« Kritik des Reichswirt- schaftsministers E u r t i u s, der erklärte, daß gegen die eigenwilligen Praktiken der Kartelle ein Warnungssignal aufgerichtet werden müsse. Zu diesem Zweck hat er eine Verfügung erlassen,
sind als seine meist ganz unerquicklichen Gemälde. Gegen den Manierismus in seiner und seiner Zeitgenossen Malerei, gegen den „Zopf" der veralteten Akademien erhob sich die junge Generation. Sie wird hier repräsentiert durch den prachtvollen Landschafter I. A. Koch und durch Scheffer n. Leonhardshofs ol» Abgesandten der sogenannten Lutasbrüder, die 1810 der Akademie und ihrem Direktor Füger den Fehdehandschuh hinwarfen unter An- führung von Overbeck und Pforr. Die zarte, klare, auf die Meister der Spälgotik zurückgehende Kunst dieser Frühromantiker wird durch Schaffer und außerdem auch durch die Jugendwerk« von Schwind und Führich trefflich illustriert, die hier wichtiger als ihre späten Zeichnungen erscheinen und den Zusammenhang mit dem nazare- Nischen Landschafter O l i vi er klar erweisen(den man erstaunlicher- weise nnter dieser Schar vermißt, obwohl er Jahrzehnte in Wien gelebt und intensiven Einfluß ausgeübt Hot). In die Sentimentalität her Viedermeierei führen D a n- Häuser, Fendi und Schindler ein: aber man lernt diese Meister des tränenjÄigen Wiener Genrebildes doch von ihrer besten Seite kennen, die durch feines Detailstudium und anmutige Aquarell- färben ausgezichnet ist und sich fast gänzlich der unangenehmen Bürgerpathetik enthält. Ein großer Meister und ein Meistor von großdeutscher Art war Rudolf Alt , den man unter den spezifischen Wienern des neun- zehnten Jahrhunderts, Schwind und Führich abgerechnet, wohl den größten nennen kann. Wie kleinlich erscheint neben seiner Akku- ratesse der berühmten Meissonier, wie kalt auch Menzel neben der ganz liebeersüllten Sorgfalt und sinnlichen Feinheit von Alts unendlich differenzierten Aquarellen! Hier steigt das Miniatuvhafte in seiner Treue und Wahrheit zu monumemalcr Größe empor. lieber die Verfallserscheinungen der Gründerzeit, bezeichnet durch die Namen Makart, Canon und Romako , trösten nur einig« ausgezeichnet« realistische Beobachtungen des, als Maler auch nicht einwandfreien Petten koser hinweg. Und dann steht man vor der Gegenwart, in der die Namen Klimt , Schiele , Kokoschka (von dem Krasthuber Egger-Linz abzusehen) bald schon klassisch zu werden beginnen. Klimt kann man wiederum in seinen Zeichnungen am reinsten genießen: das Sublim« dieser gar nicht monumentalen, dafür im tieften Grund« kunstgewerblichen Be- gabung liegt in der nervösen Sensibilität des Umrisses, und wie er einen Akt, ein Porträt preziös in den Raum setzt. Schiele freilich ist ganz nur Wiener Kunstgcwerblichkeit, da wo sie ans„Gschmus" grenzt; eine penetrant diffizil« und perverse Begabung mit dem unangenehmen Beigeschmack der Sensation. Große Kunst ersteht den Wienern erst in Kokoschka — aber sie haben sie nicht gewollt, sie haben den einzigen, der sie heut« künstlerisch rehabilitieren könnte. ausgestoßen, und selbst in den dürftigen vier Zeichnungen, die da ausgestellt sind, und in dem beredten Schweigen der Kotaloaein- leitung liegt ein Bekenntnis der Nichtzugehörigkeit, das Kokoschka mindestens nicht Unehre macht. Der Nochwuchs scheint, von der Seite der Zeichnung(und der Graphik) angeschaut, nicht allzuviel Ermutigung zu geben. F a i st a u e r enttäuscht mit bunt banalen Entwürfen: Wingola gefällt sich in technischen Modellierungsspielereien: H. B ö ck l wiederholt sie in nervöserer und persönlicherer Gestalt. Carry Häuser, Laske, Ehrlich, Sterrer u. a. stich zu erkennen, die vielleicht manches erhoffen lassen.
wonach dem Reichswirtschastsnünister künftig Abschriften über alle Beschlüsse und Vereinbarungen der Eisenkartelle in Preisange- legcnheiten mitgeteilt werden müssen, damit gegebenenfalls dagegen Maßnahmen getroffen werden können. In der Diskussion nahm Genosse Robert Schmidt das Wort zu einer Kritik an der Haltung des Reichswirsschastsministerlums: er tadelte vor allem, daß die sogenannte Anleiheberatungs- st e l l e noch immer nicht ihre Arbeilen aufgenommen habe. Der Reichsbankprästdent Schacht habe mit seinen! Vorgehen gegen die Gemeinden die Wirtschaft aus das schwerste geschädigt und zur Steigerung der Arbeitslosigkeit beigetrogen. Ge- nasse Schmidt begrüßte die Verständigung zwischen Reich und Preußen in der Frage der Elektrizitätswirtschaft. Ueber die Erhöhung der Eisenpreise und die dagegen gerichteten Maß- nahmen verlangt« er weitere Auskünfte. Ebenso fordert« er Aus- kunft darüber, was das Wirtfchaftsministerium gegen die Steig«- rung für Mauer st eine, Kalk und Zement getan habe. Im Gegensah zu allen anderen Ländern find in Denlschland durch die ganze Rationalisierung die Preise auch nicht Im geringsten gesenkt worden. Das Ministerium habe auf diesem Gebiete viel zu wenig getan. Kampsberichi aus Mexiko . Allerdings von voriger Woche. Rogales(Arizona ). 28. Januar.(Reuter.) Der hier eingetrosfen» amerikanisch« Konsul in Mazatlan (Mexiko ) berichtet, i» der letzten Woche habe bei Ixtlan zwischen Bundestruppen und Aufständischen ein schwerer Kampf statlgefunden, an dem mehrere hundert Mann Truppen teilgenommen hätten. 37 Aufständische und 14 Bundessoldaten seien gefallen.
Die Wahlangst der Reaktion. Auch in England. London . 28. Jannnr. Xev parlamentarische Korrespondent deS„Xaili) Telegraph" glaubt, endgültig erklären zn können. daß die Regierung nicht beabsichtige, das Parlament auszulösen. Wenn nicht unvorhergesehene Zwischenfälle eintreten, würden die Wahlen teiuesfallö vor Janua'r 192A sein, und die Frage» mit der man sich befasse, sei nicht mehr die eines früheren Wahldatums. sondern die. ob die Wahlen vor oder nach Fertigirellung des Budgets für l82si sein sollen. Die Entscheidung hierüber sei wesentlich von dem Erfolg der Anstrengun- gen abhängig, die das Schabamt gegenwärtig für de» Budgetausgleich macht.
pariser Militärkoller. Scharfe Rationalistenhetze gegen deutsches Memorandum. Paris , 28. Januar(Eigenbericht). Die Prager Denkschrift Deutschlands in der Sicherheitsfrage findet in der Pariser Presse nur wenig Ge g« n l i e b e. Am vorsichtigsten äußert sich noch der offizöse„Petit Parisien", der sich kein abschließendes Urteil erlauben zu können glaubt, weil die Grund- tendenz der deutschen Rot« nur sehr unklar zum Vorschein kommt. Die Rechtspresse dagegen ist sich in ihrer glatten Ver- urteilung sämtlicher deutscher Vorschläge einig- Deutschland wolle nichts wissen von einem Sanktionskriege des Völkerbundes, weil es selbst kriegerisch« Absichten habe. Es zeigt Vorliebe für die ameri- konischen Pattvorschläge, well diese keine Bindung bedeuten, sondern jeder Macht das Recht geben, entgegen der Dölkerbundsverpflich turfgen neutral zu bleiben. Es verlangt allgemeine Zlbberufung, weil es wisse, daß es durch seine Reichswehr und feine ungeheuerliche Kriegspotenz dann eine Art Hegemonie über die übrigen Mächt« erhalte.(!) Das deutsche Memorandum sei also nichts anderes als Heuchelei.
Aach Sibirien muß ich jetzt reisen. (Lied des Verbannten). I. Räch Sibirien muß ich jetzt reisen, Mutz verlassen die blühende Welt, Schwer beladen mit sklavischem Eisen, Harren meiner nur Elend und Kalt'! O Sibirien, du eiskalte Zone, Wo kein Zephir die Fluren beglückt, Mo kein Funk« der Menschheit nur wohnet, Wo das Aug' keine Hoffnung erblickt. II. Bon den Meinen gewaltsam gerissen, Aon den Meinen gewaltsam getrennt, Kann im Leben sie nimmermehr küssen, Die mich Vater, mich Gatten genannt. Ach, wer trocknet den Meinen die Tränen, Die die Liebe der Unschuld geweiiü. Mit der Rache will ich mich versöhnen, Nenne nlir, o Geschick, solch einen Freund! (Dickes Lied, das in Berlin einst viel gelungen wurde, ist manchem Parleigenossen jetzt wieder in ikrtnnerung gelammen)
Portragsabende: Ludwig Hardt und Iren« Triesch. Ludwig Hardt gab auf Einladung der Volksbühne im Bürgersgal des Rathauses einen Dortrcrsabend. X>tr Künstler besitzt die seltene Fähigkeit durch seine Menschlichkeit, bisweilen sogar durch seine Menschlichkelten, den unmittelbaren Anschluß on dos Publikum zu finden, �ie Hörerschar dieses Abends war sehr groß: aber er wußte auch sie rasch zu einem einmütig versammelten Freundestreis um- zuformen und feiner Kunst einen fruchtbaren empfänglichen Boden zu bereiten. Sie entwickelte sich darin, wuchs und blühte. Hardt braucht ,m höchsten Maße die Resonanz des Publikums. Allen, oft gehörten Worten kann er dann immer neuen, eigenen Klang entlocken. Zwischendurch läßt er übermütig den ganzen Reichtum semer Sprech- technik glänzen; er kommentiert seine Dortroge, beantwortet Zuruf« aus dem Publikum. Dabei häll er oft stark die Grenze zwischen Scherz und Tragik, von der er bald nach der einen, bald nach der anderen Seite abbiegt, ohne je mißverstanden zu werden. Di« Vor- tragsabe nde Ludw ig Hardts können sehr reich sein. Dieser— im uberfullten Rathaussaal— war«s.— Irene Irtesch sprach vor Hörern der H u m b o k d t s ch u l e. die sich leider in nur geringer Zahl eingesunden hallen. Dies« Meisterin der Sprache hätte einen gefüllten Saal verdient. Ihr Programm wurde im wesentlichen von Goethe und Tolstoi bestritten. Außerdem las sie«in Kapitel aus der.Vlias". Sie formte die Werke lebendig, bunt- undgluwoll nach: unterstrich sie mit kleinen Gesten, mit einer leisen Mimik. Aber sie wußte sich weise zu begrenzen. Nie gtill sie in das Gebiet des Dramatischen hiimber. Ihr Vortrag blieb stets ganz innerlich, veine Kunst. Die Zuhörer dankten ihr lebhaft.<5— z.