Gchluß mit der Entschädigungskomödie!
Der Kriegsschädenausschuß arbeitsunfähig.
Was tommen mußte, ist gestern vormittag in 22. Ausschuß bei Beratung des Liquidations- und Kriegsschädenschlußgesetzes eingetreten: die Verhandlungen mußten abgebrochen werden. Tagelang haben die Bürgerblodparteien eine ernit hafte Beratung verzettelt, weil zwischen Regierung und Regierungsparteien feine Einigung über den Charakter des Gejeges zustande tam. Ob Schlußgefeg mit fofortiger Hilfe für bie kleinen, oder ob für das Dußend Groß. geschädigter, die Hunderte von Millionen Scha. den erseht haben wollen, auf lange Jahre hinaus staatliche Subventionsansprühe festgelegt wer= den sollen, darum geht der Streit. Anfangs schienen die Regierunggsvertreter festbleiben zu wollen und nicht bereit zu sein, Den Gebanken des Schlußgesetzes aufzugeben. Neuerdings mehren auch fie fich nicht mehr. Man diskutiert tagelang über nebensächliche theoretische Begriffe und kommt man schließlich an eine Stelle, die eine Entscheidung über den Charafter als Schlußgejek verlangt, dann wird die Abstimmung hinausgeschoben, bis die Einigung zwischen Regierungsparteien und Regierung fommt. Aber zu Be ginn jeder Sizung wartet man vergeblich auf diese Einigungserklärung, weil hinter den Kulissen über die Mittel des Finanzministers immer noch wütend geschachert wird und man nicht weiß, wieviel für die Liquidationsgeschädigten übrig bleibt.
Diesem unwürdigen Spiel haben am Freitag die Sozialdemokraten ein Ende gemacht. Sie erklärten, sich nun nicht eher an den Arbeiten beteiligen zu wollen, bis der Regierungsblock fich über seine eigene Gefehesvorlage geeinigt habe. Es blieb bei dieser Sachlage nichts anderes übrig, als die Beratungen des Ausschuffes bis Dienstag nächster Woche zu vertagen.
Die Verantwortung für diese neue Verschleppung eines wirklichen Notgeje se s trifft einzig und allein die Bürgerblodparteien, denen es auch bei diesem Gesez lediglich darum geht, in erster Linie Großunternehmungen mit Staatsmitteln zu fanieren und die darüber die Not der Kleinen und Geschädigten völlig vergessen.
Schrecks Verkehr mit den Polen . Die Spionage des polnischen Presseattachés Paciorkowski. Im Dokumentenfälscherprozeß Schred platzte gestern eine Bombe. Es wurde festgestellt, daß der Angeklagte Schulz in der Meinung, einen von Schred empfohlenen Heren Berger vor sich zu haben, mit dem polnischen Preffeattaché Paciortorsti zufammen gewesen ist und ihm gegenüber sich als Reichswehrsoldat auf Urlaub" aufspielen mußte. Er hatte dafür eine Entschädigung von 30 M. erhalten. Bis zum gestrigen Tage hatte Schulz nicht gewußt, wer dieser Berger war. Als der Vorfizende jedoch die Photographie vorlegte, die Paciorkowski darstellte, erklärte er jedoch mit aller Bestimmtheit und trotz wiederholten Borhaltens, baß diefes der Herr Berger" gewesen ist. Die Aussage ist von entscheidender Bedeutung für den Prozeß, ba Shred bis gulegt geleugnet hatte, irgendwie mit Pacior Lomiti in Berbindung gewesen zu sein.
Nach einer Auskunft des Polizeipräsidiums Berlin , die heute im Brozeß verlesen wurde, mohnte Paciorkonsti in den Jahren 1924-1926 in einer Berliner Bension in der Tauentzienstraße, hatte aber sein Bureau im ersten Stod der Kurfürstenstraße 136. Es ist das bie gleiche Adreffe, die Schred in seinem gefälschten Brief an einen Barcifomsti" angegeben hat.( K fürstenstraße 136 befindet sich die Polnische Gesandtschaft. D. Red.)
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3m weiteren Verlauf der heutigen Sigung erstattete der Sachverständige des Reichswehrministeriums, Major Hartmann, fein Gutachten. Für den Nachmittag ist die Bernehmung des aus Genf geladenen Pazififten Mertens vorgesehen. Dann soll die Beweisaufnahme gefchloffen werden.
Blasco Jbanez, einer der berühmtesten spanischen Schriftsteller Der Neuzeit, ist, 6ljährig, in Mentone, an der französchen Riviera, gestorben. Er war der Verfasser einer ganzen Reihe von Romanen, die ihn weit über die Grenzen feines Baterlandes befannt machten, vor allem in Frankreich , wo die Uebersezungen seiner Werte starten Anklang fanden. Bon diesen seien u. a. genannt:„ Im Schatten der Kathedrale",„ Die vier Reiter der Apofalypse"," Blut und Land", May Nortmann"," Die Maiblume". Während des Krieges be fundete er starfe Sympathien für Frankreich , was seine Bopularität in diesem Lande wesentlich erhöhte. Ibanez' Stellungnahme gegen die Zentralmächte entsprang nicht nur dem Gefühl geistiger Solidarität zwischen den lateinischen Bölfern, sondern auch seiner innerpolitischen Einstellung: Ibanez war Republikaner und Atheist, und nahm, wie übrigens die meisten seiner Gesinnungsgenossen im Gegensatz zu den tatholisch- tonservativen Hoffreifen, die mit Wien und mit München sympathisierten Partei für die franzöfifche Demokratie. Nach dem Staatsstreich Brimo de Riveras und der Einsegung des Direktoriums nahm Ibanez zufammen mit Unamono und einigen anderen führenden spanischen Schriftstellern den Kampf gegen die Diftatur und besonders gegen den König Alfons XIII. , dem er wahl mit Recht Förderung des Staatsstreiches und Berfassungsbruch vorwarf, auf. Er begab sich nach Frankreich und schrieb ein pamphletartiges Büchlein über den„ mahren Alfons XIII . Bon diesem Augenblick an mußte er als poli tischer Flüchtling dauernd in Frankreich leben. Mit seinem Tobe verliert die spanische Emigration einen ihrer bedeutendsten Köpfe.
BP
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Erstaufführungen der Woche. Dienst. Städtische Dper: Ezio. Mittw. Komödie: Marcel Fradelin. Donnerst. Wallner Theater: Der saturnische Liebhaber. Freit. Deutsches Theater: Robert Emmet Sonnab. Staatsoper: rat wider Willen". Staatstheater: Die Beber. Mont. Theater in der Kommandanten straße: Der Dornenweg.
Piscator im Leffingtheater. Das Leffing Theater beendet seine dies jährige Spielzeit am 1. März und eröffnet die fommende Winterspielzeit am 1. September mit einer Neu- nizenierung von Faust I. und II. Zeil ( an einem Abend). Am 1. März beginnt ein Gaffspiel der Biscator Bühne mit der Uraufführung von Ronjunttur von Leo Lania in der Inszenierung von Erwin Piscator . Die weibliche Hauptrolle spielt
Tilla Durieug
Das Theater am Kurfürstendamm hat die angekündigte Nachtvorstellung auf den 30. Januar, abends 11, Uhr, berjhoben.
Die bilderde kunst in der italienischen Gofit ist das Thema stoeier Lichtbildervorträge, die Dr. Fris Shiff für die Bollsbühne am 4. und 18. Februar( nicht am 7. und 21.), abends 8 Uhr, im örfaal ber Stunft gewerbeidjule, Bring Albrecht Str. 7a, halten wird. Einlaßkarten zum Preise von 0,70 Mart für jeden Vortrag.
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Die Deutsche Kunstgemeinschaft veranstaltet am Mittwoch, dem 1. Februar, abends 8 Uhr, im Brüdervereinsbaus, Berlin W., Kurfürstenstr. 115/116, einen Vortragsabend mit Lichtbildern, an dem Balter Gropius, der bekannte Begründer und Leiter des Bauhaufes m Dessau , über das Thema: Modernes Bauen spricht. Eintrittsfarten für Mitglieber 2 M., für Richtmitglieder 4 2. find in der Geschäftsstelle der Deutschen unitgemeinfchaft, Berlin 2, Schloß, 2 of, und an der Abenblaffe zu haben.
Gnal Statistik des Elends.m
Eine Erhebung in der Krisenfürsorge.
Das Reichsarbeitsblatt hat in zwei Aujjäßen die bisherigen Ergebnisse der Erhebung in der Krisenfürsorge vom 15. Juli vorigen Jahres veröffentlicht. Die Zahlen reden eine erschütternde Sprache. Sie sind ein Rotschrei aus den Liefen des sozialen Elends. Wer zu lesen versteht, hört es in den Dhren flinger: Wehe dem Staat, der sich seiner sozialen Berantwortung entzieht! Die joziale Berantwortung geht nach zwei Richtungen: Bortehrungen zur Verhütung des sozialen Notftandes zu treffen, ihn durch ausreichenden Schutz zu heilen, wenn er eingetreten ist. Das ist der tiefe Sinn jenes Teils der Reichsverfassung, der u. a. die Arbeiterschaft unter den besonderen Shuz des Reiches stellt und ein umfassendes Bersicherungswesen gegen alle Wechselfälle des Lebens verheißt. Wie weit entfernt wir von dieser dem Staat durch die Verfassung auferlegten Berpflichtung find, zeigt wieder einmal die Erhebung in der Krisenfürsorge. Ein Durchdenken der hier zutage tretenden sozialen Aufgaben läßt feinen 3weifel darüber, daß Schaden verhüten richtiger und billiget ist als eingetretenen Schaden nachträglich zu heilen. Das mag privatwirtschaftlich nicht so rentabel fein, vom Standpunkt volkswirtschaftlicher Produktivität ist ein jol hes Verhalten Voraussetzung wirklicher Reichtumssteigerung. Die übliche Argumentation von der sozialen Belastung ist deshalb grundsätzlich falsch. Was für den einzelnen Kapitalisten Entlastung heißt, wird zur Belastung für die Gesamtheit. Mit dieser Verschie bung ist es jedoch nicht einmal getan. Durch die fall he Entlastung wird die Arbeitskraft volkswirtschaftlich viel zu schnell verbraucht und in ihrer Qualität start beeinträchtigt, im Grunde genommen also ein dauernder Schaden angerichtet. Aus solcher Einsist erwächst deshalb auch aus ökonomischen Gründen die Forderung nach Berkürzung der Arbeitszeit und Erhöhung des Realeinkommens. Das ist glei hzeitig im besten Sinne Schadenverhütung, die im Gefamthaushalt einer Boltswirtschaft teine Belastung, sondern eine Entlastung bedeutet.
Die bisherigen Ergebnisse der Erhebung in der Krisenfürsorge lenken die Aufmerksamkeit nicht nur auf diesen Zusammenhang, in noch stärkerem Maße beleuchten sie Mängel in unserer sozialen Gesetzgebung.
Bon der Erhebung wurden am Stichtage( 15. Juli 1927) 174 391 Unterstützungsempfänger erfaßt. Davon bezogen 26.371 Bersonen Renten. Die Zahl der Rentenfälle ist etwas höher, nämlidh 28 006, weil einzelne Personen aus verschiedenen Zweigen der Sozialversi herung Kenten beziehen tömmen, beispielsweise aus der Invaliden- und Unfallversicherung. Die Erhebung ergibt im einzelnen folgendes:
Rentenarten:
a) Invalidenrente auf Grund der Inpa fidenversicherung.
b) Ruhegeld nach dem Angestellten- Ber
Krisen- Unterstützte im Alter
bis 21 Jahr
über über über 21-30 30-50 50 Jahre Jahre Jahre
insgesamt
verbliebene Arbeitsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt anbieten, u. nicht zu verhungern. Die Arbeitsvermittlung wird jedoch imme mehr zu einer Unmöglichkeit, weil die Anforderungen an die Ar beitsfraft ständig wachsen.
Ebenso aufschlußreich und sozial verpflichtend sind die Zahler über die Altersgliederung der von der Erhebung erfaßten 174 391 Unterstüßungsempfänger in der Krisenfürsorge. Es ergibt sich fol
gendes:
bis 21 Jahre über 21 bis 25 Jahre
männlich
weiblich
abfolut| Broz. abfolut Broz
insgesamt absolut Pro3.
4 850 3,49 1577 4,45
6427
3,69
14 139
10,18
5537 15,62
19 676
11,28
25 30
18 182
13,08
6 165
17,40
24 347
13,96
"
"
"
30 40
24 919
17,93
9 296
26,22
34 215
19,62
PP
"
"
40 50
22 108
15,91
6 515
18,38
28 623
16,41
"
"
50 60
29 225
21,04
"
17
" P
4 522
12,76
33 747
19,35
60 70
22 150
15,94
"
"
1658 4,67
23 808
13,65
"
70 Jahre
3 371
2,43
177 0,50
3 548
2,04
"
Insgesamt 138 944 100,00 35 447 100,00 174 391 100,00
Von den männlichen Unterstügungsempfängern sind nicht weniger als 54 746 über 50 Jahre alt. Bei einem Vergleich mit der Altersgliederung in der Erwerbslosenfürsorge ergibt sich, daß die höheren Jahresklassen in der Krisenfürsorge weit stärker vertreten find. Nach der amtlichen Darstellung sind von den männlichen Krisenunterstützten 55 Pro3. über 40 Jahre alt, etwa 18 Proz. jogar über 60 Jahre, während unter den Erwerbslosen vom 2. Juli 1926 nur ein fnappes Drittel über 40 Jahre und etwa 6 Proz. über 60 Jahre alt waren.
Und noch ein zweites beleuchtet die amtliche Erhebung: bas
Problem des älteren Arbeiters. Die Altersverteilung in den Berufsgruppen gibt darüber wichtigen Aufschluß. In der Landwirtschaft und Gärtnerei gehören mehr als ein Drittel den Jahrgängen von über 50 bis 65 Jahren an; im Bergbau, Hütten- und Salinenwefen sind es mehr als die Hälfte. Im Spinnstoffgewerbe ist es ein Drittel, im Holz- und Schnißstoffgewerbe ist fast die Hälfte über 50 Jahre alt, im Baugewerbe und bei den Maschinisten und Heizern sind sogar über die Hälfte über 50 Jahre alt. Bei den ungelernten Arbeitern find fnapp 40 Pro3. über 50 Jahre alt.
Nach der Erhebung sind nicht mir die höheren Jahresflassen in, Der Krifenfürsorge stärter vertreten, es ergibt sich auch, daß ihre Zugehörigkeit zur Krisenfürsorge länger dauert, weil die Arbeitsvermittlung immer schwieriger wird. Mit 50 Jahren ist ein äußerst fritisches Alter erreicht. Das geht auch deutlich aus der Beteiligung der einzelnen Altersgruppen der Krisenunterstüßten an den Unterbrechungen der Unterstützungsperiode durch freie oder Notstandsarbeiten hervor. Nur ein kleiner Teil fonnte überhaupt in Arbeit vermittelt werden, die Bermittlung in freie Arbeitsgelegenbeit war, was ebenfalls tennzeichnend ist, verhältnismäßig ge44,5 ringer als die Bermittlung zu Rotstandsarbeiten.
abjoint Bros.
3
130
815 11 509 12 457
ficherungsgeleg 1157 290
358
43 1028 4 459
5530
19,7
11
254
891 1 430
2586
c) Invalidenpension nach dem Snapp schaftsgeleg
d) Unfallrente auf
Grund der Unfallnersicherung
e) Rente nach dem Reichsversorgungs
gejez
f) sonstige.
1
11
329
Zahl der Fälle.. 19 Zahl der Personen, bie Rente beziehen.
Proz. der Gesamtzahl d. Krisenunterstüßten beziehen Rente..
19
19
4253
Diese amtlichen Feststellungen bemeijet, daß der Berbrauch der menschlichen Arbeitskraft ein piel zu rascher, also unökonomisch ist. 1,3 Das ist die wirtliche Ursache für die soziale Belaftung. Sie tritt bei folhen Einzeluntersuchungen nicht so deutlich in die Erscheinung, meil biefe Belastung in peit stärkerem Maße bei den verschiedenen 3meigen der Sozialversicherung und in der Wohlfahrtspflege zum Ausbrud tommt. Dieser Zusammenhang mird häufig objektiv per9,2 schleiert. Für die Aufhellung des wirklichen Sachverhalts wäre es beispielsweise sehr wichtig, zu wissen, was aus den Erwerbslosen wurde, die nicht in die Krisenfürsorge tamen, was aus den Krisenunterſtüßten wurde, die aus der Krisenfürsorge zwangsweise ausgeschieden wurden, insbesondere wegen mangelnder Arbeitsfähigkeit, und in welchem Umfange durch solche Vorgänge wie durch unzureichende Unterstützung eine Verschiebung der Lasten auf die allgemeine Fürsorge erfolgte. Vielfach wird man diese Bedauernsmerten ihrem Schicksal überlassen, weil auch die allgemeine Fürforge ihre Zuständigkeit verneint.
376 3 189 685 15,2 96 724 2 000 2822 10,1 910 6 704 20 373 28 006 100,00 874 6 342 19 136 26 371
0,3
2,0 10,1 31,3
15,1
Zahl der Krisenunterftüßten insgesamt.. 16 427 44 023 62 838 61 103 174 391
Die Aufstellung beweist, daß die Zahl der Rentenbezieher in der Krisenfürsorge nicht so hoch ist, wie vielfach von amtlicher Seite der Eindruck zu erwecken versucht wurde. Noch weniger farm die Rede davon sein, daß sich die Krisenfürsorge zu einer Reihswohl. fahrtspflege entwidelt, wie der Reichsarbeitsminister meinte. Schließlich muß bei einer Würdigung dieser Zahlen berücksichtigt werden, daß ein großer Teil dieser Rentenbezieher felbst nach dem neuen Arbeitslosenversicherungsreht noch als arbeitsfähig gilt.
Für die sozialpolitische Auswertung der amtlichen Feststellungen ist von großer Bedeutung die Tatsache, daß 72 Broz. aller Renbenbezieher in der Krisenfürsorge über 50 Jahre alt sind. Soweit es bezieher in der Krisenfürsorge über 50 Jahre alt sind. Soweit es sich nur um die Invalidenrentner handelt, waren fogar etma 80 Broz. über 60 Jahre alt. Deutlicher fann der Jammer unzufänglicher Renten niht zum Ausdrud fommen. Selbst in diefem borgerüdten Lebensalter müssen die Rentenempfänger die ihnen
Ein deutschnationaler Scherz".
Schlange- Schöningen und der Dawes Paft. Gräfe, der völkische Held, war von einem politischen Gegner zu einer Beleidigungsklage herausgefordert worden. Er hatte in einer Bersammlung über den Führer der Deutschnationalen, Schlange Schöningen, Interessantes zu berichten gewußt. SchlangeSchöningen follte danach über die Abstimmung zum Dawes Gut achten im Reichstag gesagt haben, er hätte es fich leisten tönnen, mit Nein zu stimmen, da genug Jasager" dagewesen feien. Gräfes Gegner hatte diese Aeußerung als eine haltlose Berdächtigung bezeichnet.
In dem Prozeß, der in Neustrelitz ausgetragen wurde, mußte mun Schlange- Schöningen vor dem Radi und sagte unter seiner Eidespflicht folgendes aus:
Er habe einmal scherzhaft eine Rebensart gebraucht, in der es unter anderem hieß:
Ich bin nur froh, daß genügend Jafager da waren; da konnte ich mit Rein ftimmen."
Abgeordneter Schlange fügte hinzu, da seine ablehnende Stel lung gegenüber dem Dawes- Gutachten bekannt gewesen sei, würde es sich in dem Falle, daß er wirklich so etwas gefagt hätte, natürlich nur um einen Serz gehandelt haben.
Rach biefer überraschenden Aussage mußte mm ber bene
Das glei te troftlose Bild entrollt sich bei den 16 750 Krisenunterstützten, die auf ihre Arbeitsfähigkeit hin untersucht worden find. Boll arbeitsfähig maren nur 3550, als arbeitsbeschränkt wur den 12 700 bezeichnet, der Rest galt als arbeitsunfähig. Es fehlen nähere Angaben, wieviele auf Grund ärztlicher Untersuchungen aus. der Krisenfürsorge ausgeschieden wurden und welche Stelle ihre Betreuung übernahm. treuung übernahm. Mit der Feststellung der Arbeitsbeschränktung oder Arbeitsunfähigkeit ist es nicht getan. Für die Arbeitsbeschränk ten ergibt sich eine besondere arbeitsmarktpolitische Aufgabe, die von einzelnen Gemeinden bereits verheißungsvoll in Angriff genommen worden ist. Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit muß eine Leiftungspflicht der dafür zuständigen Zweige der Sozialversicherung zur Folge haben. Ausbau ihrer Leistungen und zweckmäßige Abftimmung aufeinander, die der Arbeitskraft in allen Stadien einen ausreichenden Schuß gewährt, ist ein weiteres Erfordernis. Eine vorausschauende Sozialpolitik wird vor allen Dingen aber darauf gerichtet sein, dem hier zutage tretenden Raubbau mit der Arbeitsfraft rechtzeitig Einhalt zu gebieten.
Rächer Schlanges den gegen Gräfe gerichteten Borwurf der haltlofen Berdächtigung zurüdnehmen.
Schlange hatte gut scherzen. Wie aber, wenn nun nicht genug deutschnationale Jasager dem Dawes- Plan zur Annahme verhoufen hätten? Und überhaupt, ist es nicht ein Standal, wie sich später Deutschnationale darüber belustigen, daß sie, im Gegensatz zu ihren abfommandierten Fraktionsfreunden, nicht für einen Bertrag zu stimmen brauchten, den sie heute als die Ursa che aller Schäden und Mißstände und als„ Machwerk des Marrismus" bekämpfen.
Der fatholische Dizebischof Stalfti ist wegen gegenrevolutio närer Tätigkeit zu zehn Jahren Gefängnis und fünfjährigem hrverlust verurteilt, aber von der Anklage der Spionage freigesprochen worden.
Theatersfandal in Wien . Bei der gestrigen Aufführung von Joung spielt auf" in der Staatsoper versuchten einige Theaterbefucher durch das Niederlegen von Stinkhomben und das Ausstreuen von Nießpulver gegen die Aufführung zu demonstrieren. Achyt Personen wurden von der Polizei verhaftet. Während der Borftellung fammelten sich in der Umgebung der Staatsoper wiederholt Arbeiterpartet, an, die von der Polizei zerstreut wurden. His eine Heine Gruppen, hauptsächlich Anhänger der Nationalsozialistischen Gruppe in eine Nebenstraße gedrängt wurde, versuchten die Demonftranten auf einen Straßenbahnwagen aufzufpringen, um einen Fahrgast zu beleidigen. Auch hier schritt die Polizei ein, zerstreute die Menge und hielt fünf Bersonen an.