?!r. 54» 4S. Zahrgang Dienstag, 31. Ianuar 1928
Das Werk auf der Schleuseninsel.
DiePreubischeBersuchsanstaltfürWasser- b a u und Schiffbau, die auf der Schleuseninfel im Tiergarten vom Staate als Forschungsstätte eingerichtet und 1913 in Betrieb genommen wurde, steht neuerdings im Zeichen umfasiender, baulicher Veränderungen. Den Anlaß hierzu gab eigentlich die von der Reichsbahn durchgeführte Verstärkung der Stadtbahnbögen, in denen die Werkstätten der Versuchsanstalt untergebracht waren. Die Reichsbahn zahlte für die aus Räumung und mehrfachen Umzug er- wachfencn Schwierigkeiten ein« Entschädigung, die nun zu- sammen und einem Kostenzuschuß des preußischen Staates dir längst geplante Erweiterung ermöglicht. In der Haupt-
gangen, nur in Hamburg befindet sich noch die »Rheinische Schiffsbaunersuchsonstalt", die von einem Konsortium von Reederelen und Schiffs- baugesellschaften betrieben wird. Versuche, die in der Natur sehr kostspielig und langwierig wären, werden hier mit kleinen Modellen Verhältnis- mäßig billig und rasch durchgeführt. Aus der Schlepprinne zieht der elektrisch betriebene Schleppwagen kleine Parafsinboote in allen mög- lichen Formen. Bequem lassen sich da die Messungen
fache handelt es sich um die Verlängerung der, Schlepprinne um 49 Meter auf insgesamt 159 Meter, um den gestiegenen Anforderun- gen, die man heute an die Schleppgeschwindigkeit stellt, genügen zu können. Rechts und links der die Schlepprinne umschließenden Holle , werden die Gebäude der Wafserbauversuchsanstalt auf 79 Meter verlängert. Werkstatthalle» von derselben Länge, mit Einrichtungen für Metall- und Holzbearbeitung, werden an die Stelle der früher in den Stadtbahnbögen untergebrachten primitiven Werkstätten treten. Di« Bögen werden nur als Lager Verwendung finden. Durch den Ausbau wird die Schleuseninfel ein« ganz erheblich« Verlängerung nach der Charlottenburger Brücke zu erfahre». Eine gleiche Anstalt, die sich bei Dresden befand, ist singe-
durchführen. Veränderungen einbauen und die Ergebnisse wieder aus die Wirklichkeit übertragen. Beim Bau einer gewaltigen See- schiffsschleuse konnten auf Grund der Versuchsergeb- nisse rund 2 Millionen Mark erspart werden. Dieser Ersparnis gegenüber bleiben die Versuchskosten fast verschwindend gering. Eine dritte Abteilung, die sich mit Erdbaufrage» beschäftigt, ist im Entstehen begriffen. Dadurch, daß die staatliche Versuchs- anstalt ihre Einrichtungen auch nichtstaatlichen Behörden und Privaten zur Verfügung stellt, wobei nur die wirklich entstehenden Versuchskosten berechnet werden, bewahrt sie ihren gemeinnützigen Charakter und ist mit Recht auch außerhalb Deutschland » al» ein hervorragendes wiffsnfchafLiches Institut geschätzt.
Modeabenöe der Haarkünstler. Am Sonntag abend hatte die rührige Fachabtellung des Ar- beitnehmerverbanbes für da» Friseurgewerbe ihren zweiten Modeabend in dieser Saison im großen Saal der Schlarafsia Zwei Reihen Frisierender, worunter auch Gehilfinnen, traten vor die Spiegel, um ihren lebenden Modellen binnen vierzig Minuten die schönsten Bubiköpfe aufzusetzen. Zugelassen war nur Eisenondulatian und jede Vorarbeit verbaten. Run gilt bei den Leuten, die e« wissen müssen, auch der reizendste Bubikopf nur als Tagesfrisur. Der Abend aber erfordert eine Gesell- s ch a s t s s r i s u r, die zum Ballkleid passend ist. Seitdem die Domen den Zopf preisgegeben haben, wollen sie von Perücken, die sonst über den Bubikops als„Gescllschoftssrisur" gestülpt wurden, nichts mehr wissen. Es muß also Ersatz geschaffen werden, in der Fachlproche„Postiche". Die Wettbewerler hatten weitere zwanzig Minuten Zeit, um unter Zuhilfenahme von Ersatzteilen die Bubi- köpfe in Gesellschaftssrisuren zu verwandeln. Die Mode begnügt
Menschen.Göttern gleich.- gs Loman von Herbert George Wells . „Er" war ein großer und wunderbar gezeichneter Leo- pard', der ganz leise aus den Blumen aufgetaucht war und sich wie eine gewaltige Katze mitten auf die gläserne Straße neben den großen Wagen gesetzt hatte. Er blinzelte und be- wegte den Kopf rhythmisch von einer Seite auf die andere mit einem erstaunten und inUressierten Ausdruck, weil die Dame, wie es für solche Anlässe der Tradition entspricht, ihren Schirm, so schnell sie nur konnte, gegen ihn auf- und zu- klappte. Der Chauffeur hatte hinter dem Wagen Deckung genommen. Mr. Rupert Catskill, der offenbar erst durch den gleichen Schrei, welcher die Aufmerksamkeit Mr. Bur- leighs und seiner Gefährten erregt hatte, die Existenz jenes Wagens bemerkte, stand, knietief in den Blumen, verblüfft da. Mr. Catskill war der erste, der handelte, und seine .Handlungsweise zeigte seine Fähigkeit-, sie war zugleich vor- sichtig und kühn. .�Hören Sie doch auf, mit dem Schirm zu flattern, Lady Stella!" rief er.„Lassen Sie mich... ich will... seinen Blick auffangen!" Er machte einen Bogen um den Wagen herum, um dem Tier von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten. Dann stand er einen Augenblick so da, als ob er sich bewundern lassen wollte, eine beherzte kleine Gestalt im grauen Gehrock und fchwarzbebänderten Zylinder. Er streckte vorsichtig die Hand aus, nicht zu plötzlich, aus Angst, er könnte das Tier erschrecken:„Mieze!" lockte er. Der Leopard, beruhigt durch das Verschwinden von Lady Stellas Sonnenschirm, betrachtete ihn mit Interesse und Neu- gier. Catskill rückte weiter vor. Der Leopard streckte sein Maul vor und schnupperte. ..Wenn er sich nur streicheln ließe!" sagte Mr. Catskill und kam auf Armeslänge heran. Das Tier beschnupperte mit ungläubiger Miene die aus- gestreckte Hand. Dann, mit einer Plötzlichkeit, die Mr. Catskill mehrere Schritte zurückweichen ließ... nieste es. Es nieste noch einmal viel yeftiger, schaute Mr. Catskill einen Augen- blick vorwurfsvoll an, und sprang dann leichtfüßig nach der weiß-goldenen Säulenhalle davon. Mr. Barnstaple beob- t
sich sedach nicht mehr mit der dem Etikleid cmqepaßte« Gesellschaft»- frisur, sie erfordert darüber hinaus auch eine gewisse Anpasiung an die Farbe des Kleide». Hier setzt die Plastik-Frisur ein. die entweder kompakt mit einer Paste gesonnt wird, oder leicht und duftig onduliert wstd. Die Frisur wird dann in beiden Fällen mit der gewünschten Farbe bespritzt. Die Kollegen Erich Iahnke und Schütze führten zwei solche Frisuren in Silber mit Lila und in Gold mit Rot vor und erzielten damit großen Beifall. Diese Plastik- Frisuren erweisen sich für die Dauer der Ballnacht als recht haltbor. Die Preisrichter gaben ihr fachmännisches Urteil darüber ab, daß im allgemeinen sehr gut gearbeitet wurde. Sie er- kannten die ersten Bewertungen in der ZAasie A den Gehilfen Weißlog el, Rauh und Sailer ,zu. in Klasse K den Gehilfinnen Steyrer, Backaus, Rößl und Sander und in Klasse C den Gehilsen Fleischer, Rothe und Wohler. -» Unter der Devise„Bon morgens bis abends Vubentopf" venm- staltete die Barbier-, Friseur- und Perückenmacher-
achtete, wie das auf der Weise grasende Vieh den Leoparden vorbeispriegen sah, ohne die geringste Furcht zu zeigen. Mr. Catskill blieb mit einer gewissen Erleichterung mitten auf der Straße stehen. „Kein Tier," bemerkte er,..kann dem festen, durchbohren- den Blick des Menschen widerstehen! Keines! Für euch Ma- terialiften ist das natürlich ein Rätsel! Wollen wir Mr. Cecil folgen, Lady Stella? Es scheint, daß«r dort unten etwas Sehenswertes gefunden hat. Der Mann in dem kleinen Wagen wird vielleicht wissen, wo wir sind. Ja?" Er half der Dame aus dem Wagen, und die beiden kamen auf Mr. Barnstaples Gruppe zu, die sich null wieder dem brennenden Hause näherte. Der Chauffeur, der offenbar nicht wünschte, in dieser Welt unglaublicher Möglichkeiten mit der Limousine allein gelassen zu werden, folgte so dicht, als es ihm der Respekt erlaubte. Dos wunderschöne Volk. 1. Das Feuer in dem Häuschen schien keine weiteren Fort- schritte zu machen. Der daraus aufsteigende Rauch war jetzt viel schwächer, als da ihn Mr. Barnstaple entdeckt hatte. Nahe herangekommen, fanden sie eine Menge verdrehter Stücke glänzenden Metalls und Splitter zerbrochenen Glases zwischen den Mauertrümmern. Sehr stark drängte sich die Bermutung auf, daß wissenschaftliche Apparate explodiert seien. Dann wurde die ganze Gesellschaft fast gleichzeitig eines Körpers gewahr der auf dem Grasabhang hinter der Ruine lag. Es ivar der Leib eines Mannes in der Blüte der Jahr«, nackt bis auf ein paar Armbänder, einen Halsschmuck und Gürtel; aus Mund und Nasenlöchern sickerte Blut. Mit einer ge- wissest Scheu kniete Mr. Barnstaple neben dieser hingestreck- ten Gestalt nieder und befühlte das Herz. Niemals zuvor hatte er ein so schönes Gesicht und einen so edlen Korper gesehen. „Tot." flüsterte er. „Seht," ertönte die schrille Stimme des Herrn mit dem Monokel,„noch einer!" Er deutete auf etwas, das Mr. Barnstaple durch ein Stück Mauer verborgen war. Mr. Barnstaple mußte auf- stehen und über einen Haiifen Geröll klettern, um diesen zweiten Fund sehen zu können. Es war ein schlankes Mäd- chen, ebensowenig bekleidet wie der Mann. Sie war au-
Innung Berlin im Zoologischen Garten(Marmorsaal) ein Werbefest der Modesrisuren. Im Rahmen einer Modenschau wurden in vier Abteilungen die verschiedenartigsten Tages- und Gesellschaftsfrssuren gezeigt. Der Phantasie des Haarkünstlers und seines Modells sind hierbei vielseitigste Entwicklungsmöglichkelten geboten. Speziell die Gesellschaftssrisuren boten eine bunte Fülle origineller Ideen. Der leitende Grundgedanke bei all den Neuheiten ist: volle, lockige Frisur unter reichlicher Zuhilsenahme von künst- lichem Material. Sehr hübsch wirken Perückensrisuren, abgestimmt in der Farbe des Kleides, hauptsächlich in hellen, zarten Farbtönen In die kunstvolle Lockenpracht werden dann noch funkelnde Diadem«, Reiher- und Phantasiegestecke gebracht. Sehr pikant in diskreter Eleganz wirkte eine Kappe aus geflochtenem Silberbrokat mit Steinen besetzt. Die Friseure Adolf Henkel, Emil Schwiddcr, Otto Albrecht und Oswald Dirschta, die diese kunstvollen Baute,, ausführten, behaupten siegreich ihre Stellung neben den französischen Kollegen. Rene Rambaud von der Hochschule für Haarkunst, Fach- schulleiter der Pariser Gehilfenorgantsation, zeigte in Postiche-Neu- Helten und historischen Frisuren ebenfalls sehr gute Leistungen. --\ presse und Angeklagter. Pickel, der beleidigte„Fürst v. Efchnapur". Die Angelegenheit ist noch in aller Erinnerung. Ein Nürnber- ger Kind von 21 Jahren stand eines Tages vor Gericht, nannte sich „Fürst von Efchnapur", mußte schließlich kleinlaut zügeben, daß es das Gericht zum Narren halte, verlegte sich aufs Weinen und wurde wegen Betruges in fünf Fällen und Urkunden- fälschung in zwei Fällen zu 1 Jahr Gefängnis und 2 Wochen Haft verurteilt. Eine Berliner Tageszeitung nannte den Angeklagten wegen seines Betragens in der Gerichtsverhandlung u. a. einen„dummen Jungen, wie er im Buche steht", einen„Bengel aus Nürnberg "; seinen Namen hatte die Zeitung jedoch nicht genannt. P. fühlte sich aber durch diese Bezeichnung beleidigt und strengte gegen den ver- antwortlichen Redakteur eine Privatklage an. Der erste VerHand- lungstermin mußte vertagt werden, u. a., weil Landgerichtsdirektor Brennhausen, der jene Verhandlungen leitete vernommen werden sollte. Gestern fand der zweite Termin statt. Landgerichksdirektor Brennhausen war zur Stelle. Er sollte bekunden, ob das Betragen des Angeklagten in der Gerichtsverhandlung die vom Bericht« er st alter gebrauchten Ausdrücke rechtferttge. Landgerichts- direkt or Brennhausen gab eine ausführliche Schilderung seiner Bekanntschaft mit dem jungen Manschen. Als er erfuhr, daß er über einen„Fürst v. Efchnapur" würde zu Gericht sitzen müssen. und daß dies in Wirklichkeit ein Nürnberger Junge sei. da stellte er sich die Frage, ob es sich um einen Geisteskranken oder einen Dummenjungenstreich handele. Schon beim Haftprüfungstermin hatte er Gelegenheit, sich davon zu überzeugen, daß es P. darauf abgesehen habe, das Gericht zum Narren zu holten. Es half kein Gutzureden. Er blieb dabei, der„Fürst von Eschnapur" zu sein. In Wirklichkeit hatte er aber von seiner Mutter aus Nürnberg einen Brief erhatten, In dem sie ihn ermahnte, vernünftig zu sein und die Familie durch seine Dummheiten nicht-u blamieren. Die Ablehnung des Antrages aus Haftentlassung hatte ein« Le- schwerde an den Landgerichtspräsidenten zur Folge, in der er die unverschämtesten Angriste gegen den Zeugen vorbrachte. Auch in der Gerichtsverhandlung benahm sich der Angeklagte geradezu albern. Nach der Gerichtsverhandlung schrieb er aber einen ganz ver- nünfttgen Brief, in dem er selbst zugab, daß er„Takt. Anstand und Vernunft während der Verhandlung" habe vermissen lassen. Das Gericht sprach den angeklagten Redakteur frei und führte in der Begründung aus: Es liege zwar objektiv ein« Beleidigung vor, aus subjektiven Gründen mußte jedoch das Gericht zu einem Freispruch gelangen: der Beklagte hatte weder Vorsatz noch Absicht zu beleidigen. Auch wenn das nicht der Fall gewesen wäre, so hätte das Gericht ihm Wahrung berechtigter Interessen zusprechen müssen: die hätte die Bedeutung der Gerichtsberichterstattung erfordert. Hoffentlich beruhigt sich der hossnungsvolle Jüngling bei diesem Urteil. Der Kuriosität halber sei bei dieser Gelegenheit mitgeteill, daß Herr Pickel auch den für den Gerichtsteil verantwortlichen Redakteur des„Vorwärts" wegen Beleidigung verklagt hat.
scheinend mit riesiger Wucht gegen die Mauer geschleudert und augenblicklich getötet worden. Das Gesicht war ganz unverletzt, obwohl der Schädel hinten eingedrückt war. Ihr vollendet schöner Mund und die grüngrauen Augen waren ein wenig geöffnet, und sie hatte den Ausdruck eines Men- schen, der noch über irgendeine schwierige, aber interessante Aufgabe nachdenkt. Das Antlitz machte gar nicht den Ein- druck einer Toten, sondern sah nur wie geistesabwesend aus. Eine Hand umkrampfte noch ein kupfernes Gefäß mit einem gläsernen Griff, die andere hing schlaff herunter. Einige Sekunden lang sprach niemand. Es war, als ob jeder fürchtete, den Gedankengang des Mädchens zu unter- brechen. Dann hörte Mr. Barnstaple hinter sich den geistlichen Herrn mit leiser Stimme sagen:„Welch vollendete Gestalt!" »Ich gebe zu. ich hatte unrecht," sagte Mr. Burleigh mit Bedacht.„Ich war im Unrecht... Das ist kein irdisches Volk, wahrhaftig! Und folglich sind wir auch nicht auf der Erde. Ich kann mir nickt vorstellen, was geschehen ist, noch, wo wir uns befinden. Angesichts genügender Beweise habe ich nie gezögert, eine Meinung zurückzuziehen. Diese Welt. in der wir jetzt sind, ist nicht unsere Welt. Es ist etwas.. er machte eine Pause...„es ist etwas sehr Wunderbares!" „Und unsere Freunde in Windsor," sagte Mr. Catskill ohne sichtliches Bedauern,„müssen ohne uns frühstücken." „Aber," sagte der geistliche Herr,„in was für einer Welt sind wir denn und wie sind wir hierher gekommen?" „Ahl was das anbelangt," sagte Mr. Burleigh sanft, „fragen Sie mich mehr, als ich mit meinen schwachen Kräften aufklären kann. Wir sind hier in einer Well, die in gewisser Beziehung der unseren ähnlich ist und in gewisser Beziehung nicht. Auf irgendeine Weise muß sie mtt unserer Welt im Zusammenhang stehen, sonst wären wir nicht hier. Aber was für eine Verknüpfung das lein kann, ist für mich, ich gestehe es, ein unenthüllbares Geheimnis. Es mag fein, daß wir uns in irgendeiner anderen räumlichen Dimension be- sinden, als in jener, die wir kennen. Aber in meinem armen Kopf wirbelt es, wenn ich an diese Dimensionen denke. Ich bin... ich bin verwirrt... total verwirrt!..." „Einstein?" warf der Herr mit dem Monokel mit Nach» druck und mit deutlicher Selbstzufriedenheit ein. (Fortsetzung folgt.)'