Morgenausgabe 150 mm
Nr. 53 A 27
45. Jahrgang
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Vorwärts
Beeliner Bolksblatt
Mittwoch 1. Februar 1928
Groß- Berlin 10 Pt. Auswärts 15 Pf.
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Stresemann! Stresemann!"
„ Wo ist die Führung der deutschen Außenpolitik?"
Herr Stresemann hat sich in der außenpolitischen| politik als zweideutig, verlogen und hinter Debatte des Reichstags zum zweitenmal zum Wort gemeldet. fi ftig anzuprangern und einen moralischen Feldzug gegen Er wird heute als erster sprechen. Man erwartet von ihm Deutschland zu führen, zu dem die deutschen Nationalisten nicht nur eine Rede, sondern eine Entscheidung. die Waffen liefern? Am Montag hat Freytagh Loringhoven das außenpolitische Brogramm der größten deutschen Regierungspartei verkündet. Es heißt Abfehr von der deutsch - franzöfischen Verständigung, Annäherung an Mussolini , Bil dung eines antifranzösischen Blocks.
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Gestern hat das Zentrum durch Uligfa die Unvereinbarkeit dieser deutschnationalen Programmrede mit den Richtlinien der gegenwärtigen Regierungsfoalition nachgewiesen und eine Erklärung der deutschnationalen Fraktion verlangt, wie sie sich zu dieser Rede stelle.
Darauf hat die deutschnationale Fraktion durch Lin deiner Wildau eine Erklärung abgegeben, in der Sie sich mit ihrem Fraktionsredner solidarisiert. Der Bersuch Lindeiner- Wildaus, nachzuweisen, daß die Rede Freytaghs mit den Richtlinien vereinbar sei, ja eine Unterstüßung der Regierungspolitit darstelle, ging im allge meinen Gelächter unter.
Wieder erlebte man das Schauspiel, daß der Minister auf der Regierungsbanf sein Nichteinverständnis mit einer Erklärung der stärksten Regierungspartei in lebhaften Geften fundgab. Aber mit Bantomimen, so eindrucksvoll sie auch
auf den Zuschauer wirken, fann man teine Außenpolitit machen. Darum erscholl nach den Ausführungen LindeinerBildaus von den sozialdemokratischen Bänken immer mieder der Ruf:„ Stresemann ! Stresemann soll Iprechen! Wo ist die Führung der auswar tigen Bolitit?"
Wahrhaftig, es ist Zeit zu zeigen, ob die deutsche Außen. politik noch eine Führung befißt. Es ist Zeit, Worte zu fprechen, die Klarheit schaffen. Soll es erlaubt sein zu glauben, daß die Rede des Herrn v. Freytagh in der Rich tung der deutschen Außenpolitik liegt oder mit ihr auch nur irgendwie vereinbar ist? Diese Frage schließt eine andere in fich: Soll es wieder, wie in der Kaiserzeit, den Feinden Deutschlands möglich gemacht werden, die deutsche Außens
Die Außenpolitik der Kaiserzeit schien verlogen und hinterliftig, weil sie direktionslos mar. Bon den ver fchiedensten Strömungen umbergetrieben, taumelte fie im Bidzadfurs dahin. Die Welt fonnte an soviel Unfähigkeit nicht glauben, suchte hinter dem Unsinn einen Sinn und vermutete hinter offenbaren Widersprüchen ein wohlüberlegtes Doppelspiel.
Soll das jeßt wieder so sein?
Benn es möglich ist, daß die Regierung sich zur Verftändigung mit Frankreich , die stärkste Regierungspartei aber zur Verständigung gegen Frankreich bekennt, und wenn es möglich ist, daß nachher diese beiden Standpunkte für miteinander übereinstimmend oder vereinbar erklärt werden, dann fann man von einem Menschen in der Welt mehr verlangen, daß er an die Ehrlichkeit der deutschen Bolitik glaubt.
Darum erwarten wir heute von Herrn Stresemann nicht nur eine Rede, sondern eine Entscheidung. Wir er warten eine Tat, die geeignet ist, den Glauben an die Chr lichkeit der deutschen Politik in der Welt wiederherzustellen.
Es geht nicht um Bestand oder Zerfall einer ohnehin längst brüchigen Regierungskonstellation. Das sind Fragen zmeiten Ranges. Es geht darum, ob Deutschland seinen Auf ftleg meiter fortseßen oder noch einmal dem Abgrund zu getrieben werden soll. Die deutsch - französische Verständigung ist der Grundpfeiler des europäischen Friedens. Hinter den Plänen einer antifranzösischen Koalition steht die Spaltung Europas in zwei Lager und der zweite Weltfrieg. Herr Stresemann und die Mittelparteien stehen heute vor der Entscheidung, ob sie in Uebereinstimmung mit der un geheuren Mehrheit des deutschen Voltes eine ehrliche Friebenspolitik treiben oder den Bürgerblod retten und damit ben Glauben der Welt an deutsche Ehrlich feit zerstören wollen. Es ist eine wahre Schidials st unde, die heute für sie schlägt.
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fei feine Sicherheit und ohne Sicherheit keine Abrüffung möglich. Stresemann sagte, daß Deutschland abgerüftet habe, aber die
bar geblieben.
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Bar zehn Jahren, am 1. Februar 1918, erlebte die Bucht von Cattaro, der große natürliche füddalmatinische Kriegshafen Desterreich- Ungarns , ein seltenes Schauspiel. An diesem schönen, sonnigen Borfrühlingsmorgen lag die f. und f. Schlachtflottille in gemohnter träger Ruhe vor Anfer, aber genau um die Mittagsstunde rollte vom Admiralsschiff ,, St. Georg" ein Kanonenschuß über die Bai, und am Großtopp stieg die rote Flagge hoch. Die Antwort war ein bie Ohren zerschneidendes Getöse und Geheule sämtlicher Dampfpfeifen und Sirenen zu Wasser und zu Lande, und während allenthalben die Mannschaft auf Deck stürzte und unter stürmischen Rufen: Es lebe der Friede! Schüsse in die Luft abgab, hißten auch die anderen Einheiten, die Panzerfreuzer Karl VI. ", Raiser Franz Josef L ", das Wachschiff Kronprinz Erzherzog Rudolf" und die Menge der Zerstörer, Hochfeeboote und Torpedoboote die Fahne der Revolution.
Damals erfuhr im Bereich der Mittelmächte der gewöhn liche Sterbliche von dieser Marinerevolte nichts, aber auch heute noch sind die Ereignisse von Cattero den Wenigsten der Donaumonarchie die Legende um die Meuterei, die als zuverlässig bekannt. Dafür rantt sich in den Nachfolgeftaaten Ausbruch der vom Hause Habsburg vergewaltigten Natio nalitäten gefeiert wird. Als 1923 die Gebeine eines der Matrosen, die im Februar 1918 als Opfer des Standrechtes fielen, nach seiner Heimatgemeinde bel Split( Spalato) über geführt wurden, verherrlichten ihn alle Redner als Martyrer des südslawischen Gedankens, so daß die Auflehnung der Matrosen als ein Stüd des füdflawischen Freiheits- und ein unterirdisches Revolutionskomitee unter den füdslawischen Einheitstampfes erscheinen mußte. Nun arbeitete zweifellos Angehörigen der l. und l. Kriegsmarine, und Südflamen, deren die Flotte fehr viele zählte, hatten an den Geschehnissen von Cattaro ihren wichtigen Anteil. Aber deshalb trugen, die Dinge bei weitem nicht das Gepräge eines südslawischnationalen Aufruhrs. Einer der Köpfe der serbisch- kroatisch flowenischen Unabhängigkeitsbewegung, der frühere Reichsratsabgeordnete Dr. Tressitsch Bawitschitsch, hat schon im Mai 1919 befannt, daß die Revolte von Cattaro ohne Weisung, ja, gegen den Willen des RevolutionsausDie roten Matrofen von Cattaro ", die Genosse schuffes ausgebrochen sei, und in der lichtvollen Darstellung Bruno Frei unlängst im Verlag der Wiener Volfsbuch handlung herausgab, werden die Zusammenhänge und Hintergründe der Attion vollends flar.
Aehnlich wie bei der deutschen Marine in Kief und Wilhelmshaven hatte sich bei dem Teil der österreichischungarischen Flotte, der in der Bucht von Cattaro tatenlos var Langeweile umtam, die Spannung zwischen Offizier forps und Mannschaft bis zur Unerträglichkeit verschärft. Während die Herren" in ihren Messen nicht nur selbst in einer der Not der Zeit Hohn sprechenden Weise schwelgten, sondern auch ihre Frauen an Bord aus den ärarischen Beständen herausfütterten, wurde an die Kerls" verwestes Gefrierfleisch ausgegeben; als einmal der Küchenunteroffizier eines Linienschiffes dem Arzt den Mannschaftstochteffel wies, in dem mehr Käfer als Erbsen herumschwammen, meinte der Sanitätsoffizier lächelnd, der Roch sollte die Erbsen nur auswaschen und die Käfer herausfischen, die so effen hätten
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ganz
im Senat wurde am Dienstag durch ein Exposé des Bor. potenzielle Rüstungskraft der deutschen Industrie feifur ht wie auf dem Potemtin"! Dazu trat eine hochfahrend nichtsDie mit Spannung erwartete außenpolitische Debatte fizenden der Auswärtigen Kommiffion Lucien Hubert eingeleitet. Troß der Friedensversicherungen fei der Geist des Nationalismus immer noch lebendig, der politische Horizont Europas von Wolken bedeckt.
Der deuthe Außenminister, der seinem Lande die polle Freiheit mieherneben wolle, hohe am Montag erflärt, daß er die Räumung des bejetten Gebietes nicht durch neue, über den Bersailler Vertrag hinausgehende Verpflichtungen erfaufen werde. Es sei neu, daß Frankreich über den Friedensvertrag hinausgehen wolle, da es doch immer in feinen Berträgen geblieben wäre. Hubert glaubt nicht, daß Locarno den Friedensvertrag aufgehoben babe. Man müsse ihn vielmehr im Geiste der Locarno Ablommen zur Anwendung bringen. Aber auch unte: den Siegern feien Schwierigkeiten aufgetaucht. Die Friedensverträge hätten wohl eine Nation befriedigt. 3wischen Frankreich und Italien feien Mißverständnisse entstanden, die beseitigt werden müßten. Ein gutes Uebereinkommen zwischen vier Staaten sei immer je zwei Verträgen zwischen zwei Ländern vorzugtelen
Der nächste Interpellant, der zur Rechten zählende elfäffische Senator Eccard , bemühte sich um den Nachweis, daß die Politik in Deutschland in diametralem Gegensatz zu den von Stresemann in Genf und Locarno gegebenen Friedensversicherungen stehe. Er führte zum Beweis dafür lange Zitate aus den Reden deutsch nationaler Minister und aus Hindenburgs Rönigsberger Rebe an. Auch die Aufwendungen, die Deutschland für seine Armee madhe, zeigten deutlich, daß es nach es wie vor, wenn nicht auf die Revanche, fo doch zumindest auf einen Umstura der durch den Friedensvertrag geschaffenen politis hen Neuordnung Europas abziele.
Notruf des Saargebiets.
Taufende Bergs und Hüttenarbeiter vor der Entlaffung.
würdige Behandlung der Matrofen, die für jedes geringe Bergehen mit Bord- und Dunkelarrest und In- Eisen- Legen bestraft wurden, und blies die allgemeine Sehnsucht nach Frieden zu heller Flamme an.
bewegung, die im Januar 1918 unter der Losung: Den unmittelbaren Anstoß aber gab die Streit. Friede, Demokratie und Brot! durch ganz Desterreich flacerte, angefacht durch die Sorge, daß der bei den Berhandlungen von Brest - Litomst enthüllte Imperialismus der Habsburger den Krieg bis ins Endlose verlängern werde. Als Wien schon wieder zur grollenden Ruhe zurückgekehrt war, griff die politisch- revolutionäre Streifbewegung über Wiener Neustadt und Graz zu den Arsenalarbeitern von Triest und Pola hinüber und lief von dort die dalmatinische Rüfte herunter. Da am 1. Februar auch die Arbeiter der Marinewerfstätten an der Bucht von Cattaro in den Ausstand zu treten gedachten, beschlossen die erbitterten Manu schaften der Flotte ihm durch eine mächtige Kundgebung Nachdrud zu verleihen.
In bezug auf die Antikriegspaftverhandlungen mit Amerita Saarbrüden, 31. Januar.( Eigenbericht.) bemerfte Hubert, daß die Tatsache, daß der Krieg dem Sieger mie Die Sozialdemokratische Partei hat an Reichskanzler dem Besiegten unermeßlichen Schaden zufüpe, nicht ausreiche, die Dr. Marg ein Telegramm gerichtet, in dem aus Anlas Franz Rasch, ein Deutschösterreicher, der als attiver UnterDer Bewegung die Richtung gab der Geschüzmeister Möglichkeit von Kriegen für immer auszufcheiden. Das B51ker der angedrohten Gatlassung von 4000@aaroffizier überzeugter Sozialdemokrat war und den geplanten bundsstatut habe diele Frage auch nicht geföft, denn es berglenten, die die Entlassung von Süttenarbeitern Protest gegen schlechtes Effen und schlechte Behandlung zu laffe bem Krieg eine Tür offen Das Protofell non zur Folge haben soll, die sofortige Einberufung des steigern wußte. Aber daß es sich nur um eine Stundgebung einer politischen Rundgebung für den Frieden zu 1924 wäre hingegen befriedigend gewefen: es lei aber durch den Biberftanb ber fonservativen Regierung Englands zu Fall ge Saarausschusses gefordert wird. Außerdem wird ohne Kampfgiel und Schlachtplan, um das Gegenteil eines tommen. Für Grantreich fei ble These Baul Bonerfucht, burch Abnahme größerer Kohlenmen. Dorbedachten und angelegten Aufstandes handelte, wurde den cours maßgebend. Ohue oarganiflerie Schiedsgerichtsbarkeit gen der Rohienkrise an der Saar steuern zu helfen. Matrofen von Cattaro zum Berhängnis. Der einzige Offizier,