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werden. Sie Polizei machte mehrfach von der Waffe Gebrauch, während die Denronstranten mit Steinen gegen die Hüter der eng- lischen Staatsautorität in Indien vorgingen. * Die von einem Teil der indischen Bevölkerung feindselig be- grüßte Vcrfossungskommission wurde vom Londoner Parlament im November eingesetzt, um die bisherige Wirkung der letzten Vor- fasfungsreformen zu studieren und Vorschläge für eine stärkere Hin» Zuziehung der Inder in die Verwaltung Indiens zu machen. Der Kommission gehören je zwei Abgeordnete der drei Parteien, also auch zwei Arbeiterabgeordnete, an. Sollte die Kom- Mission während der nächsten Wahlen noch in Indien weilen, so hat man untereinander ausgemacht, daß die Sitze ihrer Mitglieder aus dem Wahlkampf herausgelassen und ihren bisherigen Inhabern wieder kampflos zufallen. Die Opposition in Indien richtet sich nicht dagegen, daß sich überhaupt eine Kommission ans England nach Indien begibt und die indische Verfassung untersucht. Die Feindseligkeit ist nur des- halb entstanden, weil keine Inder in d!« Kommission berufen worden sind. Das hat die nationale Bewegung als eine beab- fichügte Brüskierung aufgesaßt. Vielfach haben die indischen politischen Körperschaften Provinz- und Stadtvertretungen erklärt, der Kommission keinerlei Auskünfte geben zu wollen. Die blutigen Zwischenfälle, Protestversammlungen und Demonstrations- streik? anläßlich der Ankunft der Kommisston in Bombay zeigen, daß auch die Mahnungen und Aufklärungsversuche von englischen Arbeiterführern auf einen Teil der indischen Bevölkerung keinerlei Eindruck gemachr haben. Die einseitige Zusammensetzung des Verfassungsausschusses nur aus Londoner Parlamentariern an Stelle der gleichberechtigten Zusammenarbeit zwischen Engländern und Indern hat also zu blutigen Opfern geführt und die Gegen. sähe zwischen der herrschenden und den beherrschten Rassen verschärft

Die deutsche Sprache muß gelten! Zhre Einführung im IAA. beantragt. Genf , 4. Februar.(Eigenbericht.) Genosse h u e b e r- Oeslerreich brachte heute im verwallungsrol des Znternalionolen Arbeitsamtes den A n k r a g ein, d i e d e u I s ch e Sprache als Verhandlungssprache im Verwallungsrat und aus der Internationalen Arbeilekonserenz noch in diesem Jahre ein- zuführen. Der Antrag wird damit begründet, daß d i e vt e h r- hell der europäischen Arbeiter die deutsche Sprache ver­stünde. Genosse Iouhaux- Frankreich unterstrich die e i n sti m m i g e Befürwortung de« Antrages durch dt« Arbeit- nehmergruppe und stellte fest, daß h i n t o r d( e s e m A n t r a g der Z G B. in setner Gesamtheit stehe. Der Antrag wurde geschäslsordnvngsmäßig der Statuten- kommisslon überwiesen und wird ans der A p r i l t o g u n g des Verwaltunzsrales zur Entscheidung gebracht werden.

Tteucr Militärputsch in Griechenland ? Reuter berichtet aus Athen von, Freitag: Die w i l d e st e n Gerüchte sind heute abend Im Umlauf über eine Gärung in Heereskreisen. Di« Garnison wird In den Kasernen zurück- gehalten: dies mag jedoch nur eine Vorsichtsmaßregel sein. Vorläufig müssen die beunruhigenden Gerüchte mit der größten Vorsicht aufgenommen werden. Es ist zu hoffen, daß die V«- sprechung der politischen Führer zu einer raschen Lösung der Krise führen wird. Das Kabinett ist zurückgetreten.

Dr. Raschig gestorben. Der demokratisch« Reichsiagsabgeordnete Dr. Raschig-Ludwigshosen ist an den Folgen des Schlagansalls, der ihn gestern abend in Duisburg ereilte, heute früh verstorben, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben. Er war 64 Jahre alt, Fabrikant und hol zuletzt bei der Beratung des Postetats gegen die Postbureaukrotis wiederholt angekämpft. Auf der demokratischen Neichsliste ist sein Nachfolger Rechtsanwalt Dr. grantfurter-Berlin.

Die Kirche in

Gegen die seinerzeit vomVorwärts" ausführlich behandelte Beschlagnahme des bekannten BuchesDie Kirche in der Karikatur" von Friedrich Wendel hatte der Freidenkcr-Verlag Beschwerde erhoben. Diese Beschwerde ist am 19. Januar von der 1. großen Strafkammer des Landgerichts II in Berlin in nichtöffent- licher Sitzung verhandelt worden. Die Strafkammer hat die Be- gründung der Beschlagnohmeverfllgung des Amtsgerichts Berlin- Tempelhof in breiten Partien preisgegeben, die Beschlagnahme nichtsdestoweniger aufrechterhalten, weil das Buch als ein lendenzwerk angesprochen werden müste. das die Absicht verfolge.Anhänger der Kirchen zum Absall von diesen zu bewegen"! Der völlig neue und in höchstem Maße überraschende Rechtsstand- punkt, der in dieser Begründung zum Ausdruck kommt, wird in der Entscheidung der Strafkammer sogar doppest unterstrichen, heißt es doch an anderer Stell«:Der ganze Ton des Buches ist grundsötz- lich daraus abgestimmt, Darstellungen und Aeutzerungen über die Kirche nicht etwa als Zeiterscheinungen zu betrachten und abzu- handeln, sondern antikirchliche Bildwerke, Sprichworte, Anekdoten, Volkslieder und dergleichen zusammenzutragen, um sie noch gegen- wärtig gegen die Kirche auszuspielen, und in ihnen zum Ausdruck gekommene Beschimpsungen auch in der Gegenwart fortwirken zu lassen, um mit ihrer Hilfe einer Abkehr von der Kirche den Boden zu bereiten." Es kommt zunächst nicht darauf an, zu untersuchen, ob Friedrich Wendel wirklich früher« Beschimpfungen" der Kircheauch in der Gegenwart hat fortwirken lassen wollen" unseres Wissens hat er bei jeder Karitatur, bei jedem Volkslied usw. mit peinlicher Treue das Jahr der Entstehung angegeben und dadurch die historische Bedingtheit der Anwürfe gegen die Kirche einwandfrei hervorgehoben, was die breite Oeffentlichkeit angeht, ist der hier verkündete unerhörte Grundsatz, daß eine Aufforderung, von der Kirche abzufallen, sorlan strafbar sein soll. oder doch mindestens bei einem Delikt auf Grund des Z 166 straf» schärfend in Erscheinung treten soll. Was soll denn das heißen? Aufforderung, von der Kirche abzufallen dafür sagt man nüchterner und präziser: Propaganda für den Austritt aus der Kirche. Eins solche Propaganda ist verfassungsrechtlich gewähr» leistet und unter den Schutz der Gesetze gestellt. Soll sich das jetzt ändern? Di« reizvolle Konsequenz wäre: wenn schon die Auf- forderung, von der Kirche abzufallen, strafbar ist, dann ich der, der den Abfall von der Kirche vollzogen hat, also aus der Kirche aus- getreten ist, erst recht strafbar: Auch sonst zeichnet sich die Eni- scheidung der Strafkammer nicht gerade durch übermäßige Schärfe der Logik aus. Aus der breiten Reihe von Karikaturen, deren Be- schlagnahme die Strafkammer aufgehoben hat, greifen wir einig« heraus. Von zwei Karikaturen, die sich auf den Wunderbetrieb von Lourdes beziehen, sagt die Strafkammer:Sie beziehen sich zwar aus die von dem Papst gebilligten Wallfahrten nach Lourdes und demnach auf einen Gebrauch der katholischen Kirche , sie enthalten jedoch keine Beschimpfung, sondern bespotten lediglich die Leicht- glüubigkeit der Wallfahrer. Ein« rohe Mißachtung ist weder aus den Abbildungen noch den Texten zu entnehmen." Eine andere Karikatur aus der Zeit, in der in C h a r t r e u s e und Föcamp die bekannten klösterlichen Schnapsfabriken gegründet wur- den, zeigt einen Mönch, der gierig ein Weinfaß leert mit den Worten: Dies tu ich für euch alle!" Die Strafkammer dazu:Die Ab- bildung verstößt nicht gegen sj 166. Wenn auch der Text den Worten des Abendmahls entnommen ist. so ist doch das Abendmahl selbst nicht chr Gegenstand. Sie behandelt vielmehr lediglich die Trinklust der katholischen Geistlichen und läßt ihren Spott daran aus." Eine andere Karikatur, demWahren Jacob" entnommen, zeigt ein groteskes Ungeheuer, auf dessen Rücken das WortV o l t s d u m m-

der Karikatur." i,e.- Die Justiz karikiert sich selbst. h e i t" geschrieben steht, wie es von einem Mönch mit einer Saug» flasche gepäppelt wird. Text:Früher fraß es besser, es wird doch nicht eingehen?" Die Strafkammer gibt auch diese Karikatur frei mit der Begründung:Der Abbildung ist eine Beschimpfung nicht zu entnehmen. Es wird hierdurch nicht etwa zum Ausdruck gebracht. daß die Kirche ihrerseits das Volk dumm mache, sondern lediglich. daß sie Interesse daran habe, daß das Boll dumm bleibe Die Kundgebung einer rohen Mißachtung gegenüber den Kirchen ist nicht zu erblicken." Auch zwei bisher beschlagnahmte Karikaturen des großen englische » Sitten- schilderers William Hogarth werden von der Strafkammer wieder freigegeben, ausdrücklich er» klärt sie:Zu der gegenwärtigen protestantischen Kirche sind die Ab- btldungen weder in der Form der Darstellung noch durch den Inhalt des Textes in eine erkennbare Beziehung gebracht, eine Scsch'mpfung der jetzigen Kirche liegt daher nicht vor." Auffällig ist, daß de? Beschluß der Strafkammer mit keiner Silbe auf die aufsehen» erregende Beschlagnahme der bekannten Gulbranssonsche» Christus-Zeichnung aus dem Jahre 1968(Triff ihn nur gut, Gottliebchen, er hat die Ehebrecherin in Schutz genommen!") eingeht. Die Wiedergabe dieser Karikatur wird Wendel bekanntlich als Gotteslästerung angekreidet, obwohl sür jeden, der einen witzigen Einfall oerstehen kann, das Gegenteil einer Gotteslästerung ersichtlich ist, und obwohl die im Jahre 1968 imSimplicissimus " erschienene Karikatur nie Gegenstand einer Beschlagnahme oder eines Gotteslästerungsvcrfahrens gewesen ist. Diese ganze Beschlagnahmeassäre artet mehr und mehr zu einer juridischen und kulturellen Groteske aus.

Verkehrs- und Siedlungsnot. Klogen und Wünsche Niederschlesiens . Es ist ein« unbestreitbare Tatsache, daß die Provinz Schlesien noch der neuen Grenzziehung besonders schwer zu leiden hat. Seit der Abtrennung Posens streckt sich die ganze Provinz wie eine Landzunge zwischen den Nachbarstaaten Polen und Tscheckzo- slowakel hin, ein Zustand, der belanglos wäre, wenn wir eine» freien Waren- und Menschenverkehr zwischen den aufeinander an- gewiesenen Ländern hätten. Die Nachteil« der neuen Grenzziehung werden jedoch durch schwer übersteigbare Zollmauern wir haben ja noch immer keinen Handelsvertrag mit Polen und durch Postschitanen außerordentlich erhöht. Jetzt haben die amtlichen und privaten Vertretungen der Wirt- schast und die kommunalen Spitzenoerbände Niederschlesien » mit Unterstützung der sve: gewerkschaftlichen Organisationen Rat­schläge zur Untersuchung und Behebung der?totständ« Nied«?» schlesiens ausgearbeitet. Sie zielen dahin, durch Ausbau des Verkehrswesens. Straßen, Bahnen und Wasserwege, sowie durch eine Reform der Eisenbahntarifs de» Warentransport nach dem übrigen Deutschland zu erleichtern, umsassend« Flußregutie- rungen und landwirtschaftliche Meliorationen vorzunehmen, sowie durch verstärkt« Siedlung die Eigenwirtschaft de» Bandes zu ver» stärken. Zur Durchführung des Programm, wird Reichshllf« t» großem Umfange nötig sein, teils in Form von Zuschüssen, teils in sehr niedrig verzinslichen Darlehen Das Programm entspricht in vielen Punkten ohne daß dos jedoch ausgesprochen ist den Wünschen des preußischen Innen- Ministers Grzesinskl. der seinerzeit Borschläge sür ein Ost. programn, imVorwärts" entwickelt hat. Die deutschnationalen Reichsmimsterreiten" freilich lieber im Ostlond mit hochtönenden Reben. D!« Geldmittel, die der Osten so dringend braucht, ver- pulvern sie aber in Liebesgaben zur Förderung süddeutscher Eigen- ort...

Goetz:Robert Emmet ". Deutsches Theater. Die Engländer pflegen seit Jahrhunderten die irländischen Rebellen zu Hongen, zu köpfen oder zu erschießen. Sie rächten sich während unseres Weltkrieges an dem braven Roger Casement , der seinen Idealismus mit dem Leben bezahlt«. Sie exekuliertcn 1868 den Jüngling Robert Emmet , der mit Napoleon gegen die Briten anbändelt« und damals ebenso sicher, heldenhaft und herrliche Phra­sen redend, in den Tod rannte, wie der begeistert« Bertrammsmann Ludendorffs und des Herrn von Tirpitz. Da» Schicksal tteser Männer fft tragisch genug. Der Drama- flker findet in den politischen Akten einen Stoff, der Phantasie und Herz anwärmt. Em ganzes Kulturvolk im Aufruhr gegen unwill- kommen« Herren, und an der Spitze des Aufftandes das Häuflein der herrlichen Jungen, die das Äutabenteuer einfädeln. Aber das Trauerspiel sollte von der großen, nationalen Idee erfüllt sein. Klingen und jammern müßte die Not des unterdrückten Volkes. Es würde auch-nicht überflüssig sein, wenn neben den noblen Führern die kleinen Leute auch erschienen, die geschunden und voller Abscheu gegen das fremde Joch scheuern. Wolsgang Goetz stellt alles dramatische Geschehen ans den Helden Robert Ennnet. Er sieht nur den Helden, kaum das Volk. Er spürt keine Landesatmosphäre, auch nicht die Pestilenz des Leidens. Er schwärmt nur. In diesem liebenswürdigen Knabenkopf spiegelt sich der Britenhaß nur wie eine Prioatmisere. Das Trauerspiel wird nicht sozial und politisch aufgerollt, e» wird nur individuell begründet. Robert liebt ein Mädchen, ein anderes Mädchen liebt Robert, ohne daß Robert dieses schön« Gefühl erwidern will. Robert flüchtet sich zu dem geligbtm Mädchen, und es wohnt dort, wo die englischen Soldaten ihn sassen können. Würde Robert die vorhandene Möglichkeit ausgenutzt und zu Napoleon geflüchtet sein, vielleicht würde er mächtige Unterstützung und die Erfüllung seines Wunsches erreicht haben. Cr nutzt die Möglichkeit nicht aus und läuft, von Liebe verbrannt, geradeaus in die Mausefalle. Goetz bindet sich an die Akten. Sie liefern ihm nur ein Theaterstück mit Gesühlskolportage und einigen Feuilletonspritzern gegen die kaltschnäuzige Kaoalicrsmethod« der Englander im Be- seitigen ihrer Feind«. Di« Intrige soll gedämpst und ins Inner« der Mitspieler verlegt werden. Die Dichterkraft des Dramatikers reicht nicht aus. Hierfür wäre lyrisch« Dramatik notwendig, die nicht durch ausgeklügelte Psychologie und Stubenliteratur ersetzt werden kann. Es entsteht nur etwa, Derschrobenes. das niemals ergreift. Ein halber Mann schreit nach Freiheit. Zwei nette Mädels schreien nach dam halben Mann. Die Worte des Dichters torkeln um den Theaterstoff. ohne daß etwas Blühendes und

Bleibendes aus ihm herausströmt. Fünf Akt« und keine tragische Aktivität. Regisseur und Schauspieler werden bald lustlos, schließlich ge- lähmt. Hans Reh mann oersucht jungenhafte Innigkeit, nicht pst erfolgreich. Toai van E y ck beweist, daß sie weiter kommt und schon eine Dirtuosin in der Darstellung halluzmierter Backfische ist. Iessie V i h r o g entzückt durch ihr Aussehen, sie erschreckt das Ohr durch die Winzigkeit ihrer Stimme, die in gurgelnder Hilflosigkeit erstickt, sobald ein heißerer, dramatischer Ton angeschlagen werden soll._ Max H o ch d o r s.

Oie schöne lau." Opernuraufführung im Rundfunk. Der Berliner Rundfunk, dessen musitalische Darbietungen uns gemeinhin nicht viel Freude bereiten, versucht von Zeit zu Zeit, durch eine besondere Anstrengung das Vertrauen auch der Anspruchs- volleren zu gewinnen: gestern durch eine Opernuraussührung:Die schöne Lau". Märchenoper in sechs Bildern nach Eduard Mörickes Dichtung von Aenne o. B e l o w. Musik von Julia K e r w e y. Wer ist Julia Kerwey? Eine junge, aber wie sich zeigt, technisch erfahrene, in der Beherrschung der Mittel sichere Musikerin. Bisher war sie nur, unter anderem Namen übrigens, mit begabten Klavier- liedern öffentlich hervorgetreten. Nun tritt sie in die Reihe der modernen Komponisten, die für die Regenlerung unserer Opern- Produktion ernstlich in Frag« kommen.Die schöne Lau", es kann nichtsRomantischeres" geben als diesen demUndine". undHans- Herling"-Stoff nahe oerwandten Märchenstoss. In der Oper, die daraus entstanden ist, wechselt Zart-Poetisches mit Ärästig-Volks- tümlichem, aber die Gegensätze des Zarten und des Srästigen über­flutet die sprühende Ditalität einer Musik, die echt empsunden, gesund und natürlich, von ersrischcnder Ungemachthett ist bei allen Bor- zügen einer durchaus gekonnten Arbeit. Das Orchester klingt aus- gezeichnet, aber vor allem, es wird gesungen in dieser Oper, es gibt Duette. Ensembles, geschlossene Sätze. Bon ganz anderer Seit« her als die um Hindemith. unmittelbar im Laden der allen romantischen Oper wurzelnd, findet die junge Instinktmusikerin den gleichen Weg der Opernerneueruna durch Neubelebung der rein musikalischen Form. Fast alle Partien, insbesondere die weiblichen, sind dankbar für die Singenden, und nach dieser schönen Lau«erden unser» Koloratursoprane greisen wie«inst nach Massenets Manon. In der Rundsunkaufführung sang Tilly de G a rm o die an- spruchsvolle Ioogün-Partie. daß es ein« Freude war. Ueberhaupt macht« die Wiedergabe de» Werkes unter Selmar Mevrowig den besten Eindruck. Die Wiedergabe leider nicht die lieber- mittlung. die unter manchen Trübungen litt. Die Technik ist noch immer nicht so weit, daß von einem komplizierten Klangapparat, wie dem einer modernen Oper, unterwegs nichts verloren ginge. Auch rächt sich die gedrückte Eng« des Raumes, aus dem gesandt wird. Also, der Eindruck für den Rundfunkhörer keineswegs voll- kommen. Man wird dies« Oper im Theater hören und sehen (nüssen, Klaus Priugsheim.

Marcel Kradelm" in derKomödie". Sin französischer Hinkemann. Was Ernst Toller imHinkemann" Anlaß gibt zu anklagendem Aufschrei gegen den Wohnsinn des Krieges und die Lieblosigkeit der Menschen, das rücken die Franzosen Duvernots und B i r a- beau in den Mittelpunkt einer stillen, in sich gekehrten menschlichen Tragödie: das Schicksal des geschlcchswsen Mannes. Marcel Fradelin versucht, den körperlichen Mangel durch«inen in» Ungemessene gesteigerten Ehrgeiz wettzumachen. Mit ungcheurer WUensslärke arbellet er sich zu einem mächtigen Industriekapitän empor. Mit dem körperlichen Unglück würde er schon fertig werden. Sein Kampf richtet sich gegen«inen neuen Widersacher, der ihn heimtückisch von allen Seiten verfügt, gegen den Fluch der Lacher» lichkeit, der seinem Gebrechen anhaftet. Das wird schließlich bei ihm zur fixen Idee und bestimmt sein ganzes Handeln. Mit allen Mitteln will er die Welt täuschen und dem quälenden Gemunkel ein Ende machen. Er heiratet Frongoise, die Tochter seines Werkführers. Aber er zerfleischt sich selbst und sie mit seinen Zweifeln. Die Ehe wird für die arm« Fronxoise zum dornenvollen Leidensweg. Eine Zeitlang hat Marcel Fradelin durch die Tatsache der Heirat dein Gerede den Boden entzogen. Dann plötzlich grinst ihn das Gespenst der Lächerlichkeit wieder an. Warum bleibt die Ehe kinderlos? Dies« Frage liest er von spöttischen Gesichtern. Da verlangt er von Frangois« etwas Uebermenschliches: Er wird verreisen, und sie soll sich einem Mann hingeben. Das Kind wird jedes Gerücht über ch» Lügen strafen. Seinen Zweck hat er erreicht, aber neue Qualen finden sich ein. Eifersüchtig mustert er seine Bekannten nach dem Geliebten seiner Fronqoise durch. So lange ist sie die stille Dulderin gewesen und hat sich seinem maßlosen Willen stumm gebeugt. Ie�r lehnt sie sich zum erstenmal gegen ihn auf. Cr sieht ein. daß er sich und seine Umgebung zugrunde richtet und unterwirst sich ihr be- dingungslo». Vor kurzem hat dieKomödie" in einem erfolgreichen Drams die lesbisch« Liebe abgervondelt. Jetzt bringt sie das Eunuchen- Problem auf die Bühne. Es erhebt sich die Frag«, od die Dramati- sierung pathologischer Fälle für«in ernstes, nicht sensatioirslüste."»« Publikum künstlerische Bedeutung hat. Dazu ist zweierlei zu sagen: die Autoren Duoernois und Dirabeau verzichten gewiß nicht auf wohlberechnete Bühnenwirkung. Sie behaTdeln aber da» heikle Thema mit soviel Takt, sie gestatten«in Schicksal mit soviel Lebens- nähe und hotten sich von äußerlichen Effekten so fern, daß sich das Unglück des Einzelfalles zu ollgemeinmenschlicher Tragik erhebt. Marcel Fradelin sehnt sich zwar nach Freuden, die eine miß- günstig« Statur ihm versagt. Seine Qualen entspringen aber aus der Herzlosigkeit der Menschen. Es fällt schwer, aus dem Ensemble der Komödie" den«ine» oder anderen Darsteller herauszuheben. Der Regisseur Förster La?»