Rr. 62 45. Jahrgang
Beilage des Vorwärts
Auch ein Reford!
Der Mann mit 296 Jahren Zuchthaus. - Er will seine Ruhe haben“!
Seit dem Jahre 1923 wandert der Artist Wilhelm Buchmann non Gericht zu Gericht, um megen seiner faum zählbaren Einbrüche abgeurteilt zu werden. Gestern wurde er aus dem Zuchthaus in Gollnow wieder dem Großen Schöffengericht vorgeführt, um nun endlich seine legte Straftat auszugleichen. Er behauptete, daß er bereits an Einzelstrafen 296 Jahre Zuchthaus zudiftiert bekommen habe. Landgerichtsdirektor Marcard meinte allerdings, daß Buchmann etwas zu viel gerechnet habe ,,, a ber auf hundert Jahre mehr oder weniger fommt es bei Ihnen ja nicht mehr an; Sie haben schon Ihre Gejamistrafe von 15 Jahren Zuchthaus erhalten und brauchen mehr nicht verbüßen.
Der Ruhm als Refordmann des Einbruchs bleibt Ihnen auf alle Fälle."
In dem vorliegenden Falle handelte es sich um einen Einbruch in eine Villa in der Tiergartenstraße, der für das Borgehen dieses Meistereinbrechers, der einen Wald, Spang, Raßner und Bernotat und andere berühmte Einbrecher weit in den Schatten stellt, charatteristisch ist. Nach seiner Schilderung hatte er im Borbeigehen den Eindruck gewonnen, daß in der Billa etwas zu machen sei. Kurz entschlossen flingelte er an der Tür; diese wurde aber nur mit einer Sicherheitstette geöffnet. Er stellte sich als ein Graf Herbert v. Bitt vor, der bie gnädige Frau megen eines Beinangebots sprechen wolle. Die Dame an der Tür mußte aber wohl Mißtrauen geschöpft haben, denn fie rief hinter sich: Harro, Nero, fusch. Johann, halten Sie die Hunde zurüd." ,, Ich merfte, jo erzählte Buchmann weiter, natürlich gleich, bas teine Hunde da waren, sah aber ein, daß dort nichts auszubaldomern sei. Gleichzeitig aber dachte ich mir, daß in der Billa etwas zu holen sein müsse. Ich wartete, bis es dunkel wurde, fletterte dann an der Nebenvilla am Spalier hoch und warf von dort einen Draht zur Brandstange der anderen Billa . Nachdem der Draht befestigt mar, rutschte ist an ihm hinüber und stieg ein. Ich fand die ganze Billa voll Alarmvorrichtungen, die ich erst sorgfältig abschneiden mußte. Dann tam ich in ein Zimmer, in dem alte Möbel waren. Da stand auch ein alter ganz verstaubter Sekretär, ben ich öffnete. Als ich eine Schraube bearbeitete, öffnete sich
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ein Geheimfach,
und in diesem waren vergilbte Papiere und eine Kassette, in der fich zehn Perlenketten und drei Halsbänder aus Platin befanden." besteden, die er in mehreren Rudfäden fortschaffte. Morgens früh Der Einbrecher machte außerdent noch eine reiche Beute an Silbererschien er in der Goldauftaufstelle von Kruby in der Wilniersdorfer Straße, um das Silber zu verkaufen. Dieser vermies ihn aber an feinen Schwager Rutkowski, der wenige Häuser weiter in der Kantstraße wohnte. Dort wurde auch das Silber gleich eingeschmolzen. Infolge des Geständnisses von Buchmann hatten sich Kruby und Rutkowski gestern wegen Hehlerei mit zu nerantworten. Buchmann behauptete, daß Kruby von ihm mindestens für 90 000 Mart Sachen erworben habe. Die beiden Mitangeklagten bestritten eine Hehlerei, und behaupteten, daß Buchmann sich ihnen gegenüber mit einem gefälschten Ausweis als ein Buchmann, ob er sich nicht einer Reihe von Einbrüchen beschuldigt Bolizeiwachtmeister ausgegeben hätte. Rechtsanwalt Themal fragte habe, die er gar nicht begangen hätte? Angell. Buchmann:„ Da wäre ich ja schön dumm,
denten Sie, daß 15 Jahre Zuchthaus ein Pappenffiel find?
Ich habe bisher keinen Komplicen angegeben und es bei Kruby und Ruttomsti nur getan, weil ich mußte, daß bei ihnen doch die Sache herauskommt. Da wollte ich endlich aufräumen. 2% Jahre saß ich auf dem Präsidium und wurde Tag und Nacht wegen neuer Fälle verhört. Jetzt habe ich meine Höchststrafe von 15 Jahren Zuchthaus und will nun endlich meine Ruhe im Zuchthaus haben." Interessant war es auch noch, daß festgestellt wurde, daß Kruby seine Goldantaufstelle von dem Juwelier Blück hahn erworben hat, der vor einiger Zeit als einer der Haupthehler des Einbrecherfönigs Wald zu längerer Zuchthausstrafe verurteilt worden ist. Auf die Beschuldigung Buchmanns fonnte den Mitangeklagten allein nicht nachgewiesen werden, daß sie gewerbsmäßige Hehler seien. Kruby wurde gänzlich freigesprochen und Rutkowiti erhielt wegen einfacher Hehlerei 3 Monate Gefängnis mit Bewährungsfrist. Gegen Buchmann wurde das Verfahren auf Grund des§ 154 eingestellt, da er zu einer höheren Strafe als 15 Jahre Zuchthaus nicht verurteilt werden fann.
Montag, 6. Februar 1928
vereins zugelassen. Katholische Gemeindemitglieder, die auch einst Anhänger der Zentrumspartei waren und nun Auskunft von ihrem Reichstagsabgeordneten, den sie mitgewählt haben, verlangten, wurden furzerhand mundtot gemacht. So wird im Zentrumslager die Harmonie" hergestellt! Das Ratholische Kirchenblatt" gibt offen seine parteipolitische Neutralität auf und stellt sich eindeutig in den Dienst der Zentrumspartei ! Römisch katholisch wird ohne weiteres gleich 3entrumstatholisc gesetzt!
Königsberger Studenten!
Gie beweisen ihre geistige Reife!
Bekanntlich wurden in Königsberg vor turzem die Ermeilerungsbauten der Universität unter Anwesenheit des preußischen Unterrichtsministers feierlich eingeweiht. Der Rektor der Universität hatte durch Anschlag am schwarzen Brett am 28. Januar mitgeteilt, daß er anfäßlich der Einweihungsfeier auf die Beteiligung aller studentischen Verbindungen und Vereine mit Bannern verzichte, da diese das Chargieren bei der Feier von Bedingungen abhängig Bestplanes in letzter Stunde überbracht worden seien. Der feiergemacht hätten, die dem Rektor erst nach endgültiger Ordnung des liche Einzug der Studierenden in die Aula zum Feſtatte mußte daher wegfallen.
Wie wir hierzu zuverlässig erfahren, soll die Studentenge: meinschaft" Königsberg die Bedingung" gestellt haben, daß der Kultusminiffer Dr. Beder nicht an der Beranstaltung teilnehme; es wurde zumindest für den Fall der Teilnahme des Ministers von der Studentengemeinschaft erklärt, man werde unverzüglich abrüden, sofern der Herr Minister etwas ungelegenes über den Berfassungsstreit sagen würde(!).
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hinter dieser Erklärung der Studentengemeinschaft". Erfreulicherweise stehen nicht alle Königsberger Studenten So hat
3. B. sofort nach dem Anschlage am schwarzen Brett die Berbindung " Friburgia"( im Kartell- Convent der Berbindung deutscher Studenzum Ausdrud gebracht, daß sie dem Herrn Minister, der die großten jüdischen Glaubens, K.-C.) dem Reftor ihr Bedauern darüber artige Förderung der Albertina in dieser schweren Zeit kraftvoll ins Werk gesetzt habe, nicht in hergebrachter studentischer Weise ihre dankbare Ehrerbietung bezeugen fönne. Diese Berbindung betont dann noch ausdrücklich, daß sie an das vom Rektorat gestattete Chargieren teine Bedingung" gefnüpft habe.
Des Schicksals Tücke und der eigene Leichtsinn kennen oft feine Grenzen. Beweis: der Fall des jungen 5. Ueber seine 21tägige Irrfahrt im Gefangenentransport von Lindau nach Berlin hat der Borwärts" erst por furzem berichtet eine standalöse Angelegenheit, die demnächst auch im Reichstag zur Sprache gebracht werden soll. Gestern stand er vor Gericht. Er hatte sich wegen in 3ürich begangener Straftaten, geringfügiger Betrügereien und einer Unterschlagung zu verantworten.
Ein Deutscher tann nicht zur Aburteilung dem Ausland ausgeliefert werden. In diesem Falle wäre aber die Auslieferung für ihn vielleicht weit porteilhafter gewesen. Denn hier galt er als rüdfälliger Betrüger, in der Schweiz wäre er mohl mit einer geringeren Strafe davongefommen. 5. ist der Sohn eines wohlhabenden Bierbrauereibejizers. Er mar durch falsche Erziehung und ungünstige häusliche Berhältnisse aus der Bahn des geordneten Lebens geworfen worden. Hinzu fonumen eine schlimme Bererbung und ein unseliges Temperament. Als er auf den Rest seiner legten Strafe eine Be mährungsfrist erhielt, fuhr er nach Salzburg . Sein Vater wor inzwischen gestorben, das Erbe hatten seine Stiefgeschwister angetreten. 5. hatte auf sein Erbleil Berzicht geleistet, als der Bater nor feiner letzten Straftat seine Schulden beglichen hatte. Nun mollte er feinen Berzicht anfechten. In Salzburg erfuhr er aber, daß er in Defterreich des Landes verwiesen sei. Er begab sich nach Zürich . Hier hoffte er bei einer alten Bekannten Geld aufzutreiben. Sie versprach ihm eine fleine Geldsumme, fonnte sie aber nicht herbeischaffen 5. war ohne einen Pfennig Geld. Er suchte einige Brauereien auf, deren Besizer mit seinem Bater eng befreundet gewesen waren, traf aber niemand an. Da
beging er einige Unvorsichtigkeiten. Von einer Bekannten erhielt
er eine Uhr zur Reparatur. Er verfekte fie für 85 Mart; er uiffe Kein Wunder" mehr in Konnersreuth .
feine Sachen auf dem Zollamt auslösen, sagte er. Bei seinem Hotelwirt lieh er zweimal je 50 Franken und ließ ihm seinen Baletot. Dann fuhr er nach Mailand . Hier verschaffte er sich bei einem Braumeister eine größere Geldsumme und lehrte nach Zürich zurück. Von der Bekannten, deren Uhr er verpfändet hatte, erfuhr er, daß gegen ihn Strafanzeige erstattet worden sei. Er gab ihr 100 Franfen, um die Uhr einzulösen, und fuhr nach Duisburg . Sier trieb er wieder Geld auf und löfte eine Fahrkarte nach Zürich , um auch die anderen Schulden zu bezahlen. Als er sich im Hotel in Lindau unter feinem Namen eintrug, wurde er verhaftet. Der Untersuchungsrichter war bereit, ihn nach Zürich zu schaffen, damit er dort die Angelegenheiten regele. Das Gesez, nach dem ein Deutscher an einen fremden Staat nicht ausgeliefert werden dürfe, stand aber dem entgegen. So mußte er die bekannte 21tägige Reise nach Berlin antreten. Der Berteidiger gab zu bedenken, daß der Angeflagie in Zürich nur wegen einfachen Diebstahls bestraft worden wäre, und daß man es hier mit einem mit unverschulbeter Psychopathie schmer belasteten Menschen zu tun habe. Das Gericht verurteilte S. in Berbindung mit seinen anderen Straftaten zu einer Gesamtstrafe von zehn Monaten Gefängnis.
Der Kampf im Zentrum.
Aus fatholischen Kreisen wird uns geschrieben:
Vor einigen Tagen fand in Tempelhof eine Zentrumisperfamunlung statt, in der der Reichstagsabgeordnete Schönborn auf verschiedene Fragen, die an ihn gerichtet werden sollten, antworten mollte. Obwohl durch das„ Katholische Kirchenblatt" alle Gemeindemitglieder herzlich eingeladen" worden waren, wurden als Debatteredner jedoch nur Mitglieder des Zentrums
Therese wird gesund!
Die Entwicklung der Dinge in Ronnersreuth hat eine sensatio nelle Wendung genommen. Die Freitagsvisionen und Blubingen der Therese Neumann haben sich an den Freitagen der letzten Wochen nicht mehr wiederholt. Therese ist frisch und gesund und hilft im elterlichen Hause und in der Wirtschaft mit. Die äußerlichen Wunderscheinungen sind bis auf die Stigmata verschwunden. Hoffentlih nehmen ihr das die Konnersreuther nicht übel. Die gefunde Therese hat keine Anziehungskraft mehr für wundergläubige Leute. So wird denn Konnersreuths Fremdenverkehr wieder verebben und feine Berühmtheit" wird der Geschichte angehören.
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Die Stadtverordneten haben in dieser Moche ihre Sigung am Donnerstag um 16% Uhr. Auf der Tagesordnung steht unter anderem eine Anfrage wegen der Vorkommisse im Krematorium. Wilmersdorf . Der Haushaltausschuß ist bereits heute zusammengetreten und hat mit der Prüfung des Haushaltplans begonnen.
23. Abt. Heute, Montag, 6. Februar, 19, Uhr, bei Gruwaldt, Kameruner Str. 19, wichtige Funktionärsizung. Wiemand darf fehlen.
( Schluß des redaktionellen Zeils.)
Bom 7. bis 10. Februar, nachmittags 4 bis 7 Uhr, findet in den Ausstellungsräumen der Firma B. Radbag u. Co., Berlin , Leinziger Str, 122/128, Vorträgen, Vorführungen und Rostproben statt. ein Probefochen, braten und-baden auf dem neuesten Arefft Gasherd mit
EINE
NEUIGKEIT! Kennen Sie schon die neueste Cigarette? Sie heisst:
KALIE
4as
Jumild
GARBÁTY
Runds
KALIF
Turkish
mild
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