föderativer Formt vorzustellen vermochten, fürchteten sie mit Recht, daß das unifarische Deutschland jener Tage lediglich auf ein Großpreußen der Hohenzollern herauskommen werde. Aber die anderen sahen weiter, die vom Einheitsstaat auch das demokratische Heil Deutschlands
Wie unter dem Zarismus.
erwarteten. Dazu gehörte Ludwig Bamberger , der Die Arbeiterinternationale geißelt die politischen Verfolgungen in Sowjetrußland.
1861 scharf formulierte: Der Föderalismus hat nirgends die Probe bestanden von Hellas bis Nordamerita. Es ist die letzte, aber vergebliche Transattion des Familiengeistes mit dem politischen Beruf. Natürliche Grenzen hat nur die Gemeinde. Zwischen ihr und dem Staat soll es nichts Drittes geben." Dazu gehörte vor allem Ferdinand Lassalle , der im Dienst der Demokratie glühenber, leiben schaftlicher Unitarist war. Seinen Franz von Sidingen ließ er aus der Vorausschau des sechzehnten Jahrhunderts von den deutschen Kleinstaaten späterer Zeit fagen:
Es streicht nicht mehr die Zugluft der Geschichte Durch solche Landparzellen,
und neben dem großen Gegensatz von Föderation und Volkseinheit fant ihm fogar der Gegensatz zwischen Monarchie und Republik zu minderer Bedeutung herab; er glaubte ernsthaft, daß selbst die Politiker, die ein erbliches einiges Kaifertum mit gänzlicher Kaffierung der 35 Untersouveränitäten wollten, und sei es auch mit allen Schwächen, Quasten und Sentimentalitäten der Burschenschaftszeit", auf einer viel höheren Stufe politischer Einsicht und Wahrheit stünden als die deutschen FöderativRepublikaner!
Jahren Hunderte und aber Hunderte überzeugungstreue, ehrliche Sozialisten in die Berbannung geschickt und in die Gefängnisse gemorfen, und wenn Sie zur Rede gestellt wurden, dann haben Sie die Berfolgungen durch alle möglichen Fabeln, daß es sich um Ronterrevolutionäre handle, zu rechtfertigen gesucht. Die Beschuldigung war, wie Ihnen an Hunderten von Fällen nachge= miesen wurde,
Die beiden Borsigenden der Kommiffion der Sozialistischen Ar-| jedermann deutlicher als jemals zuvor. Sie haben in allen diesen beiterinternationale zur Untersuchung der Lage der politischen Ge. fangenen, Genoffe de Broudère( Brüssel) und Genoffe Arthur Crispien ( Berlin ), sandten am 2. Februar folgendes Schreiben an den Borfizenden des Zentralegekutivkomitees der Sowjetunion , M. Kalinin: Zürich , 2. Februar 1928. An den Borfizenden des Zentraleretutivlomitees ber Sowjetunion , M. Kalinin
Mostau.
Am 1. Dezember 1927 haben wir ein Schreiben an Sie gerichtet, um dem Bunsche des internationalen Proletariats Ausdruck zu geben, daß die Amnestie aus Anlaß des zehnjährigen Bestehens der Sowjetunion auch eine allgemeine politische Amnestie in sich schließe. Unser Schreiben blieb unbeantwortet. Aber dennoch ist inzwischen von Ihnen eine Antwort, wie sie nicht aufklärender fein fonnte, erfolgt. Sie haben nicht nur teine politische Amnestie gegeben, sondern Sie haben
neue politische Verfolgungen verhängt. Dutzende der Führer der Opposition in Ihrer eigenen Partei wurden in die Verbannung geschickt. So soll Leo Trotti im fernen Ajien, in Turkestan , hunderte Kilometer von allem politischen und tulturellen Leben entfernt, sein Dasein fristen. Die Berbannungsorte Ratowffis, Radets und anderer wurden noch nicht befanntgegeben. Die Ausrede aber, mit der Sie bisher das Beltproletariat über Ihr Verfolgungssystem zu täuschen suchten, enthüllt sich diesmal für
eine direkte Verleumbung von Männern und Frauen, die ihr Leben im Dienste der Arbeiterklasse opfer bereit hingegeben haben.
Im Falle Ihrer jetzigen Parteioppofition fönnen Sie diese gewöhnliche Verleumdung, es handle sich um„ Konterrevolutionäre ", nicht eimnal in den Reihen Ihrer eigenen Partei vorbringen. Denn soweit wir entfernt davon find, die Auffassungen und Taten elma Les Trogfis in den letzten zehn Jahren als jegensreich für die Arbeiterclasse zu betrachten, daß er ein überzeugter Revolutionär gewesen, werden wir niemals bestreiten, und das können auch Sie nicht leugnen. Und daher wird die Verfolgung Ihrer Parteiopposition und insbesondere der Fall Trogki zum Schulbeispiel für Ihr System, das teinerlei Meinungsfreiheit duldet, das alles unterordnet dem Dittat Ihrer absolutistischen Regierung.
Die Borfizenden
der von der Sozialistischen Arbeiter- Internationale eingesetzten Stommiffion zur Untersuchung der Lage der politischen Gefangenen, Arthur Crisplen.
Louis de Broudère.
...
Das Kaiserreich aber, das 1871 unter Aufrechterhaltung aller Untersouveränitäten als ein Bund der Fürsten erstand, glich nur außenpolitisch das Defizit aus, daß der Wille von vierzig Millionen Deutscher dank ihrer staatlichen Bersplitterung feinen Ausdrud fand; innerpolitisch gab es auch jetzt feinen Willen der deutschen Nation, und immer wieder ermies sich in diesen achtundvierzig Jahren die Einzelstaaterei als der Mist, auf dem jede reaktionäre Mufferei gedieh. War Deutschland gewissermaßen durch 24 Schotten gegen die Flut der Revolution abgedichtet, fo taten sie wirklich im November 1918 insofern ihre Schuldig feit, als trotz der Flucht der Dynastien wieder die ein= heitlich deutsche Revolution ausblieb. Da Bayern , und zwar unter Ausnutzung partikularistischer Gefühlswallungen, zuerst die Republik ausrief, nahmen, statt daß die innerdeutschen Grenzpfähle auf den Komposthaufen flogen, die Einzelstaaten einfach die Krone aus ihrem Landeswappen und ließen das Wappen selbst hängen. Bald zeigte sich auch, welche für die Republik lebensgefährlichen Lücken in der deutschen Einheit die Weimarer Verfassung nicht zugebaut hatte. Das Zentrum wurde zu einer wefentlich republikanischen Partei, aber die Eigenstaatlichkeit Bayerns erlaubte ihre Schwächung durch das Sonderdajein der Bayerischen Volkspartei , und vollends brenzlich roch es im November 1923, als hinter der blaumeißen Kulisse nicht nur von Hitler und Kumpañei, fondern auch von Kahr und Konforten der finifterfte Hoch- und Landesverrat gegen bie schwarzrotgoldene Republik geschmiedet ward. All diesen schwarzrotgoldene Republik geschmiedet marh. All diesen Bettelungen und Hoffnungen der Ewiggestrigen, die wohl noch zeitweilig eine fleine zurüd gebliebene Landparzelle zu beherrschen, aber nimmer das Reich zu erobern vermögen, fchaffen. Der Bater der Idee ift ein Ameritaner, White ihm ohnedies als läftig empfundene viermalige Reise im Jahr zum wäre mit einem Schlag ein Ende gemacht, wenn Demy- williams, berzeitiger. Borfizender der Bereinigung der Böller fratie und Sozialismus ihre Stoßtraff in breiter Hundsjournalisten, der fich in Genf langweilt. Er hat vor Jahres. froh, daß Genf nur 10 Stunden von Baris entfernt ist und über Front in einem einheitlichen Deutschland en frift Bien kennen gelernt und war von der Donaustadt, ihrer Lage, falteten. Die Einheitsrepublit ft fparfamer? Gewiß, aber vor allem ift fie republifanifcher!
Darum fann es für uns bei den kommenden Wahlen neben der Parole: Für den europäischen Frieden! feine andere Losung geben als: Für den beutschen Einheitsstaat!
Weimarer Koalition in Heffen.
Das neue Kabinett.
Die Bildung der neuen Regierung in Heffen ist heute vollzogen worden. Es wurde folgende Berteilung der Minifterfige beschlossen: Staatspräsident und Kultusminifterium: Adelung( Sog.); Innerés Leuschner( Soz.); Finanzen Kirnberger( 3); Arbeit und Wirtschaft: Korell( Dem.); bas Juftigministerium wird wie bisher durch den Ministerialdirektor Dr. Schwarz verfehen merden. Das neue Kabinett wird sich dem Landtag in einer Sonderfizung am 14. Februar vorstellen.
Der Separatist als Parlamentarier. Eintageminifter Müller- Bonn taucht wieder auf.
Die Beröffentlichung eines Artikels in der Pariser Zeitung Ercelfior", in dem für die Verlegung des Völkerbunds sizes von Genf nach Wien Stimmung gemacht wird, hat in einem Teil der deutschen Bresse aufgeregte Rommentare ausgelöst. Man erblickt in diesem Artifel eine französische Propaganda gegen den Anschluß", weil von dem Augenblid an, wo Defterreich den Siz des Bölkerbundes beherbergen würde, der Neutralitätscharakter des Landes automatisch und auf unabsehbare Zeit janttioniert wäre.
Tatbestand. Die Bahrheit ist, daß einige angelsächsische Diese Aufregung steht in feinem Berhältnis zu dem wirklichen Journalisten por längerer Zeit einen Feldzug im Sinne der Berlegung des Bölkerbundssekretariats non Genf nach Wien inszeniert haben, nicht etwa, um dunklen, hochpolitischen Zielen zu dienen, sondern lediglich, um fich Stoff für fenfationelle Reportageartifel zu Der
ihrem Aeußeren, ihrem Leben und Treiben bei Tag und bei Nacht den„ New York Times ", für den Gedanken per Berlegung mächtig begeistert. Von diesem Augenblick an feite er sich in seinem Blatt, ins 3eug. Diese in feinem Kopfe entstandene Idee bot ihm auch zu gleich den Bormand für eine ganze Anzahl von Interviews mit öfterreichischen Bersönlichkeiten über die Frage: Wie denten Sie über
Da Mr. Williams ein unter den Bertretern der internatio nalen Presse sehr beliebter Kollege ist und da er nicht der einzige Journalist ist, der sich in der prüden Calvin- Stadt langmeilt, ist es ihm gelungen, verschiebene Breffepertreter für seinen Feldzug zu inter
Bewersdorff.
Wieder Vorsitzender einer Straffammer.
Der Landgerichtsdirektor Bewersdorff ist vom Präsidium des Landgerichts Magdeburg wieder mit dem Borsiz einer Straffammer beauftragt worden. Bom 1. Ja nuar 1926 bis zum 31. Dezember 1927 hat Bemersdorff den Borsiz in einer Ziviltammer geführt.
Bemersdorff war der Vorfizende im Rothard- Prozeß. Seine Prozeßführung und seine Urteilsbegründung war politischer Mißbrauch des Richteramtes für rechtsradikale Wie der Rheinischen Zeitung " aus durchaus zuver- 3wede, ein Stüd Juftizfronde. Nach dem Brozeß richtete läffiger Quelle mitgeteilt wird, find einflußreiche Zentrums Genosse Landsberg heftige Angriffe in der Juftiz gegen freise bemüht, den Eintageminister Müller- Bonn, der Ge- Bewersdorff. Er hat sein Bild gezeichnet das Bild eines neralsekretär der Rheinischen Landwirtschaftskammer ist, als Bar- poreingenommenen politischen Richters. Troß der unbarmlamentsfandidat aufzustellen. Müller- Bonn war im Naherzigen Bloßstellung durch den Genossen Landsberg vember 1922 als Reichsernährungsminister in das Kabinett Cuno magte Herr Bewersdorff nicht zu flagen. berufen worden, wurde aber noch am gleichen Tage durch die Sozialdemokratie, die ihn als Separatisten und Reaktionär enthüllte,
gestürzt.
Auf Grund der Anschuldigungen gegen Bewers borff murde ein Disziplinarnerfahren gegen ihn eingeleitet. Wegen der Aeußerung gegen den Reichspräsidenten Ebert : Der Sattlergefelle da oben muß verschwinden" wurde er mit einer Berwarnung bestraft
Dieser nachweislich voreingenommene Richter ist vom 1. Januar 1928 an wieder Strafrichter. Gegen den Beschluß des Magdeburger Landgerichtspräsidiums stehen formelle Handhaben nicht zur Verfügung, da die Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgefeges eingehalten worden sind. preußische Juftizministerium erklärt deshalb, daß es nicht einschreiten tönne.
Das
effieren. Der Außenpolitiker des Excelsior", der zugleich Vertreter der anglo- amerikanischen Nachrichtenagentur Erchange Telegraph" ist, hat nun den Gedanken Williams' zum Gegenstand eines Artikels gemacht. Da aber dieser franto- englische Journalist ein durchaus vernünftiger, feineswegs deutschfeindlicher Mann ist, hat er ausdrücklich unterstrichen, daß der Plan gar nicht gegen den Gedanken des Anschlusses gerichtet sei. Gerade das aber macht die deutschnationale Presse mißtrauisch und schon wird von ihr gegen diefe, neue französische Intrige" Alarm geblajen.
ernst zu nehmen, weil außer den betreffenden Journalisten und In Wirklichkeit ist die ganze Angelegenheit schon deshalb nicht ernst zu nehmen, weil außer den betreffenden Journalisten und Recht spimpathischer find als die Genferinnen, niemand ernsthaft die Berlegung wünscht. Chamberlain denkt nicht daran, die non einigen Beamten des Sekretariats, denen die Wiener Mädel mit
öfferbundsfit um etliche 15 Stunden zu perlängern; Briand it neues überflüffiges Hindernis gegen den Anschluß mutwillig aufzu richten; Scialsja würde sich im roten Wien mit seiner Matteotti straße als Bertreter der faschistischen Regierung nicht übermäßig mohl richten; Scialsja würde sich im roten Wien mit seiner Matteottifühlen furz, alle maßgebenden Ratsmächte find fich darin einig, des Bundessizes verhindern. Außerdem wird denmächst die Entschei an Genf festzuhalten. Eine einzige von ihnen fann eine Berlegung bung über den Entwurf eines neuen Bölterbundspalais am Ufer des Genfer Sees fallen und mit dieser Millionenausgabe wird zugleich das Problem, ab Genf oder Wien , endgültig gelöst sein( sofern es überhaupt jemals ein solches Problem gegeben hat). Dann wird auch Mr. White Williams sich nach einem anderen Stoff für seine Senfationsreportagen umsehen müssen.
Ungarischer Menschenraub.
Ein Emigrant aus Deutschösterreich verschleppt. Wien , 6. Februar.( Eigenbericht.)
Erst jetzt wird bekannt, daß am 24. n. M. zmei um garische Gendarmen in das nahe der Grenze, auf burgenländischem Boden liegende Kohlenbergwerk Rising gekommen sind und einen dort arbeitenden ungarischen politischen Flüchtling namens Raab zu sprechen ver langten. Als Raab geholt wurde und ahnungslos vor den Besuchern" erschien, legten sie ihm sofort Ketten an und schleppten ihn über die Grenze auf ungarisches Gebiet! Seither weiß man nichts von dem Unglücklichen. Der Landeshauptmann des Burgenlandes hat diesen schweren Rechts- und Friedensbruch Friedensbruch alsbald dem Bundeskanzleramt gemeldet, es ist jedoch bisher nichts babon bekanntgeworden, daß das Bundeskanzleramt irgend etwas zur Erlangung von Sühne und Wiedergut. machung unternommen hätte.
Ein Nachspiel zu Arensdorf. Die bekannten Arensdorfer Borgänge, die erft unlängst das Frankfurter Schwurgericht so ausführlich beschäftigten, werden jetzt noch ein Nachspiel haben. Am tommenden Mittwoch hat sich der Borsitzende der Ortsgruppe des Stahlhelms in Arensdorf, der Sandwirt Hoffmann, vor dem Amtsgericht Fürstenwalde wegen Beleidigung der Reichsfarben zu verantworten. London , 6. Februar.( Eigestbericht.) Um so schärfer muß öffentlich festgestellt werden, was Wie aus Nanting gemeldet wird, firib bas bortige britische In der Nacht nach den bekannten Borgängen hatte Hoffmann geift. Die Betrauung Bewersdorffs mit dem Strafrichteramt Ronfulat und verschiedene britische Gebäude von Solbaten ber legentlich eines Gesprächs mit Breffevertretern über den Stahlhelm ift ein Hohn auf die Objektivität der Justiz, ein Ati des Miß- 21 chinesischen Armee besetzt worden. Die britischen Behörden tag die Aeußerung getan: Gott sei Dant, an diefem Tage hat man in Berlin wenigstens keine Mostrichfahnen gesehen." Wegen dieser brauchs der richterlichen Unabhängigkeit, cine Provotation haben daraufhin einen schriftlichen Protest an den obersten Stom Aeußerung ist nunmehr gegen Hoffmann Anklage erhoben worden. mandierenden der chinesischen Nationalarmee, Ischiantaischet, gerichtet.
Stresemann in Urlaub gefahren.
Der Reichsminister des Auswärtigen Dr. Stresemann ist gestern abend vom Anhalter Bahnhof abgereist. Zum Abschied hatten fich der hiesige französische Botschafter, Reichsinnen minister Dr. v. Keubell, und Staatssekretäre und Mitglieder des Auswärtigen Amtes auf dem Bahnfteig eingefunden.
Gegenüber folcher Justizfronde, die die Vertrauenstrije der Justiz verschärft, hilft nur strafffte und rücksichtsloseste Führung der Personalpolitik der Justizverwaltung.
Urteil des Alltonaer Schöffengerichts in Brozeß gegen den Reichs: Berufung im Sieveting- Prozeß. Gegen das freisprechende führer der Bismardjugend, H. D/ Siepeting, wegen Berstoßes gegen bas Republitschuhgesek hat ber Staatsanwalt Berufung ein
gelegt.
In den letzten Tagen haben Besprechungen innerhalb der chine Fischen Nationalpartei mit dem Ziel stattgefunden, eine Reorgani sation der bestehenden nationalistischen Regie einzuberufen. Ferner wurde beschloffen, den Kampf gegen die komng vorzunehmen und einen Parteitag der Kuomintang munistische Bewegung in den eigenen Reiben zu verschärfen und die bestehende chinesische Arbeiterbewegung in die Kuomintangbewegung einzugliebern,