3ft Preußen bauernfeindlich?
Eine Landbundbüberei.
Die Hege der Großagrarier gegen die republikanische preußische Regierung nimmt immer grotestere Formen an. Wollte man dem Organ der Landbündler, der Deutschen Tageszeitung" glauben, dann wäre es bereits so weit, daß die Preußenregierung nicht einmal Bauerndeputationen empfangen will. Mit großer Schlagzeile verkündete sie am Sonntag das ihren gläubigen Anhängern, nur um dem Staatssekretär des Landwirtschaftsminifteriums, Genossen Krüger, eins auswischen zu können.
Was ist geschehen? Eine Deputation märkischer Bandbündler hatte sich beim Landwirtschaftsminister Steiger angemeldet und war für Sonnabend, den 4. Februar, 10 Uhr, vorgeladen worden. Der Bandwirtschaftsminister mußte aber in dringlichen Dienstangelegenheiten nerreifen und beauftragte feinen Staatsfefretär mit dem Empfang. Jezt mußte die Bauerndelegation aber einige Zeit warten, weil zur gleichen Stunde die Deutsche Landwirtschaftsgesell. fchaft, also die wirtschaftliche Spikenorganisation der Landwirtschaft, ihre Haupttagung hatte, an deren Eröffnung Genosse Krüger teilnahm. Darob große Entrüstung! Die angeblichen Bauernführer, in Wirklichkeit vom Landbund aufgeputschte, ohnedies der Demofratie feindlich gesinnte Kreise, benahmen sich nun in dem Warteraum fo rüpelhaft wie möglich. Obwohl sie wußten, daß der Minister und sein Vertreter dienstlich verhindert waren, fragten sie die anwesenden Beamten, wann denn überhaupt der Staatssekretär Dienst tue, und einer erklärte sogar, ber Demofrottut seine Pflicht von 10-1, darüber nicht". Das ist bereits fennzeichnend für den Geist der„ ,, Bittsteller".
Trozdem wurden fie empfangen und konnten ihre Klagen vortragen. Einen 3wischenfall gab es jedoch, als Herr Hampe aus Königsberg ( Neumarf) einen Landtagsbericht des Borwärts" bem Staatssekretär vorhielt, in dem wahrheitsgemäß berichtet war, daß der Landtag einen Antrag zugunsten der Bauernschaft angenommen hatte. Der Antrag ging dahin, daß ebenso wie in Westfalen auch in anderen Landesteilen notleidende Bauerngüter aufgekauft und zu Mustergütern gemacht werden sollten, um den benachbarten Bauernwirtschaften den Borteil moderner Broduktionsmethoden zu zeigen. Diese Maßnahme, die sonst den Beifall Der Bauernschaft gefunden hat, mar, wie gesagt, vom Landtag beschlossen worden. Der wildgewordene Herr aus der Neumark aber fah wohl in dem Antrag, für den die preußische Regierung ja selbst gar nicht verantwortlich ist, einen Beginn der Soziali fierung und fragte den Genossen Krüger, ob das etwa die Antwort Preußens auf die Notschreie der Landwirtschaft ſei. Daß der Staatssekretär eine solche hysterische Unterstellung auf das schrofffte zurückwies, ist selbstverständlich. Die Landbündler verstiegen sich übrigens soweit, daß fie mit angeblichen Fortschritten der Kommunisten auf dem Lande drohten, um der preußischen Regierung bange zu machen. Die deutschnationalen Agrarier fennen ihre tommunistischen Pappenheimer, wenn sie von ihnen Hilfe erwarten. Ueber ihre Erfolge" aber sind sie, wie die medlenburgischen Wahlen beweisen, offenbar recht schlecht unter
richtet.
Die ,, Deutsche Tageszeitung" ftellt die ganze Sache vollkommen verzerrt bar, nur um zu zeigen so beißt es in der Schlagzeile. so heißt es in der Schlagzeile Ueberschrift ,, wie Preußen seine Bauern be= handelt". Unsere Leser werben sich an Hand des geschilderten Tatbestandes ein anderes Bild von diesen Borgängen machen; von Dem Agrarierorgan jedoch erwarten wir nicht genug Anstandsgefühl, um hoffen zu können, daß es feine unfinnigen Anfchuldigungen Burüdnimmt.
Jungdeutsche untereinander.
Mahroun und Bornemann gegen Matternus.
Bor dem Amtsgericht Berlin- Mitte standen gestern als Be Flagter das ehemalige Mitglied des Jungbeutschen Drbens Matternus und als Kläger der Großmeister des Jungdeutschen Ordens Mahraun und dessen Ordensfangler Bornemann.
Matternus hatte in einer Broschüre Mahraun und sein Wert" gegen Mahraun und Bornemann eine Reihe schwerer Beschuldigungen erhoben. II. a. hatte er Mahraun vorgeworfen, daß er Berbandsgelder für seine eigenen 3mede verwandt habe, daß er Hugenberg einen Brief geschrieben habe, in dem er unter Vortäuschung falscher Tatsachen um Unterstüßung für den Orden gebeten habe; daß er Mitglieder, die mit seiner Tattit nicht einver standen sind, unter Beschuldigungen falscher Raffenführung aus dem Jungdeutschen Orden hinausgegrault habe, und dergleichen mehr.
Die Parteien lehnten jeden Vergleich ab. Mahraun erflärte, Daß sämtliche Behauptungen des Beklagten erlogen seien. Dieser mor dagegen bereit, den wahrheitsbemeis für seine fämt lichen Behauptungen anzutreten. Sein Berteidiger benannte etwa 30 Zeugen, darunter auch Escherich, Lubendorff, Hitler und Bring Josias v. Balbed.
Das Gericht gab der Klägerischen Bartei eine Frist, damit fie die Stellen der Broschüre angebe, die als Beleidigung aufzufaffen feien, und eine weitere Frift dem Beflagten, damit er dem Gericht schriftlich seine Beweise vorlegen tönne.
Es dürfte ein sensationeller Prozeß werden.
Nach 150 Jahren... Der neue Schiedsvertrag Paris - Washington unterzeichnet. Washington , 6. Februar. Der neue französisch- amerikanische Schiebsver trag ist heute durch Unterstaatssekretär Olds und dem französischen Botschafter Claudel unterzeichnet worden.
Beröffentlichung durch den Genat.
Der Text des heute unterzeichneten französisch- amerikanischen Schiedsvertrages wird vom Staatsdepartement nicht veröffent licht, da die Veröffentlichung internationaler Berträge ein Borrecht des Senats ist. Nach der Unterzeichnung hielt Botschafter Claudel eine kurze Ansprache, in der er betonte, wie Frankreichs Unterzeichnung des Bündnisvertrages mit den Bereinigten Staaten vor genau 150 Jahren
die diplomatische Anerkennung einer neuen Ration einleitete, so leite der heutige Bertrag eine neue era der Aechtung von Rriegen ein. Frankreich fei Kellogg bantbar für die Initiative zu diesem Schiedsvertrag, der einen gewaltigen Schritt vorwärts auf dem Wege zur Bermeidung friegerischer Konflikte bedeute. ( Am 6. Februar 1778 hatten König Ludwig XVI , und Beniamin Franklin den gegen England gerichteten Bündnis. vertrag zwischen Frankreich und den Bereinigten Staaten unterzeichnet. Red. d.„ B" J
50
Beförderungsaussicht.
51
40
101-200
201
300
ALLE
Burra, meine janzen Aften find jeflaut! Jeht werd' ich bald Jeneral!"
Die von der Sowjetregierung für die Wirtschaftsbesprechungen mit der deutschen Regierung in Aussicht genommenen Delegierten Schleifer, Mitglied des Kol legiums des Handelskommissariats, Kaufmann, Direktor der Abteilung für Vertrags- und Rechtsfragen im Handelskommissariat, und Rosenblum, Direktor der handelspolitischen AbteiTung des Außenkommissariats, find nach Berlin abgereist.
*
Die Handelsbeziehungen mit Rußland haben sich nicht so günstig entwidelt, wie man im Oftober 1925 erhoffte, als beide Mächte bie Form bes rechtlichen und wirtschaftlichen Bertehrs mit einander festlegten. Im März werben zwei Jahre seit dem Jn. trafttreten dieses Bertragswertes Derftrichen sein Der Birt schaftsverkehr Deutschlands mit der Sowjetunion läßt sich am besten mit dem Wirtschaftsverfehr der Sowjetunion mit anderen Ländern Dergleichen.
schadhaft angekommen sei oder den Anforderungen in dieser oder jener Hinsicht nicht entsprochen habe. Aber es ist dem deutschen Lieferanten nicht möglich, an Ort und Stelle die Beschwerden nachzuprüfen, festzustellen, wen die Schuld trifft und durch Eingreifen am Bestimmungsort die Sache wieder in Ordnung zu bringen. Da der deutsche Lieferant nicht direkt mit seinem Abnehmer verfehren darf, ist er der Willkür der Sowjetbureaukratie ausgeliefert. Deutsche Wertmeister und Arbeiter, die z. B. das Schulgeld ihrer Kinder in Deutschland bezahlen wollen, haben lächerliche Schikanen zu überstehen, bis es ihnen gelingt, die Zahlungen nach Deutschland zu leisten. Selbst fie dürfen nicht mehr als 25 Rubel monatlich nach der verpflichtet, da es ihnen gelingt, die Zahlungen nach Deutschland zu Leiften. Selbst fie dürfen nicht mehr als 25 Rubel monatlich nach der Seimat fenden. Dieser Geist der fleinlichen Scherereien widerspricht. dem Sinn der Abmachungen, die formell zwischen den beiben Ländern bestehen. Daß die Sowjetunion darauf eingegangen ist, Delegierte nach Deutschland zu senden, deutet darauf hin, daß man sich auch in Mostau innerlich nicht dem Zugeständnis verschließt,
Die wichtigsten Abnehmer der russischen Export daß an den Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland sehr viel nicht maren waren folgende Länder:
9
Wirtschaftsjahr 1925/2
Wirtschaftsjahr 1826/27
in M I Rubel
197,5
in Mill Rubel 187,1
167,3
111,0
57,4
63,5
54,1
39,8
37,7
33,5
19,5
3,1
Bereinigte Staaten.
17,3
25,1
10,5
4,5
•
6,9
17,0
O
03
0,02
•
9
•
so ist, mie es sein sollte. Es mag nicht leicht sein, eine vertrag. liche Form für eine Zusage der Sowjetunion zu finden, in Zu funft dem Geist des Vertrages von 1925 besser als bisher nach zuleben. Das Ziel der in den nächsten Tagen beginnenden Berhandlungen muß daher sein, in Moskau Berständnis für die deutschen Beschwerden zu schaffen.
Die bisherigen Schäden wirken sich unmittelbar auf den Auftragsbestand der deutschen Industrie und damit auf den Arbeitsmartt aus. Sie abzustellen, hat die
Industriearbeiterschaft Deutschlands ein unmittelbares, ffartes, materielles und ideelles Intereffe.
In diesem Sinne begrüßen wir dic Berliner Besprechungen. Sie
Der Anteil der wichtigsten Länder am russischen werden im Ausland aufmerksam verfolgt werden; von ihrem Aus3mport ist nach vorläufigen Daten folgender:
O
Wirtschaftsjahr 1925/26
Wirtschaftsjahr 1926/27
in Mill Rubel
in Mill Rubel
•
157,7
172,2
143,4
119,9
97,1
125.4
21,7
19,0
20,8
26,6
9
17,7
14,7
..
13,1
9,2
3,6
6,4
1,6
4,4
0,2
0,1
gang wird nicht nur gegenüber Deutschland , sondern auch gegenüber anderen Ländern, die russische Güter ein- und nach Rußland eigene Güter ausführen, viel für die wirtschaftliche Stellung der Sowjet union in der Welt abhängen.
Metallarbeiterfonferenz im Ruhrgebiet . Sympathie mit den Streifenden in Mitteldeutschland . Bochum , 6. Jebruar.
Die Ruhrbezirkskonferenz des Deutschen Metallarbeiterverbandes Arbeitszeit bis zur Erreichung des allgemeinen AchtstundenAusnahm eine Entschließung an, in der eine Verkürzung der tages, eine Erweiterung des gefeßlichen Arbeiterschuhes und der Sozialgesetzgebung, ferner ein erweiterter Ausbau des Arbeitsrechtes und des Betriebsräfegeseges verlangt
Das bedeutet also: Deutschland steht bei der russischen Aus fuhr anzweiter Stelle, hinter England. Das bedeutet aber zugleich: Deutschland ist zwar bei der Einfuhr nach Rußland an erster Stelle geblieben, etwa ein Biertel der russischen Gesamteinfuhr sind deutsche Waren. Aber der Anteil Deutschlands it relativ, im Berhältnis zu den übrigen Staaten, gefallen, von 25,6 auf 25,2 Bros; er ist aber vor allem abfolut. um 15 Millionen Rubel, gefallen, während dagegen der Anteil rant reichs, Polens und vor allem der Bereinigten Staaten in dem gleichen Zeitraum( 1925/26 auf 1926/27) start, 3 um Teil sehr start stieg. Boher dieser Stillstand und Rückschritt?
Der Rüdgang Deutschlands auf dem russischen Markt"
ist Tatsache, nicht weil deutsche Waren wettbewerbsunfähig wären: es gibt ja teinen freien Markt in der Sowjetunion . Sondern er ist Tatsache, weil der politische Bille der Sowjetmachthaber es so gewollt hat Die Sowjetunion hat mit ihrem Außenhandelsmonopol die porläufige Hochst grenze der Kreditgewährung bei deutschen Firmen erreicht. Nun vergibt sie ihre Aufträge an andere Länder, um dort ebenfalls Waren auf Kredit zu erhalten. Es besteht freilich Meistbegünstigung für Deutschland ; aber der Berwaltungsapparat, der Sowjetunion wird so gehandhabt, daß offene Borstöße gegen die Berträge nicht vor
fommen.
Die fünftliche Drosselung deutscher Ausfuhr wird z. B. so vorgenommen: lange Wochen nach Ausführung eines Lieferungsauftrages erhält die deutsche Firma die Nachricht, daß die Lieferung
wurden.
Die Konferenz verurteilt die letzte Eisenpreis. erhöhung insbesondere angesichts der großen Produktionssteigerungen. Sie sprach den in Mitteldeutschland im Kampf flehenden Metallarbeitern ihre Sympathie aus.
Fünf Bergleute verunglückt.
Am Sonnabend wurden auf der Schachtanlage Victor III/ IV fünf Bergleute durch Zubruchgehen einer Strede verschüttet. Bier der Verschütteten wurden nach kurzer Zeit in schwerverlegtem zuftande gerettet. Der fünfte Berunglüdte fonnte bis heute abend nicht geborgen werden, so daß mit feinem Tode gerechnet
merden muß.
Wahlfrawalle in Argentinien . Obwohl die argentinischen Bräsidentschaftswahlen erst, in zwei Monaten erfolgen werden, ist es im Zusammenhang mit den Wahlen in den Provinzen Santa Fé und Cordoba zu Unruhen mit politischem Hintergrund gekommen, bei denen verschiedene Personen getötet und ver munbet wurden.