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Indiens Protest.

Zur Reise der Simon- Kommiffion.

Bon Franz Josef Furtwängler .

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Als vor sechzehn Monaten die aus Engländern und Deutschen bestehende Tertilarbeiter- Delegation im Morgen­strahl der orientalischen Sonne die indische Erde betrat, wur­den wir von den Bewohnern Bombays mit Blumen und Girlanden überhäuft, und dieser Willkommengruß, der in hundert Städten und Dörfern sich wiederholte, war so echt und innig, wie der Duft der Blumen, in deren Spende er seinen Ausdruck fand. Heute bereift das große und seltsame Land wiederum eine Europäer- Delegation. Sie ist als Simon Kommission" von der englischen Regierung mit dem Auftrage ernannt und entsendet worden, die Er­folge der im Jahre 1919 erlassenen und 1921 in Kraft ge­tretenen Verfassungsreformen zu prüfen die in ihrer Küm­merlichkeit mehr ein Bruch, als eine Einlösung der im Welt­friege gemachten Self- government" oder Eigenregierungs­zusagen darstellen. Die jetzt begonnene Prüfung der Re­ſultate" wurde vor zehn Jahren bei Einführung der Re­formen von der Regierung versprochen um, wie es hieß, auf Grund der Untersuchung weitere Reformen zu gewähren. Sollte die Arbeit der Kommission mehr sein, als eines der administrativen Verschleppungs- und Roßtäuscherkunststücke, mit denen das zur Selbstbestimmung strebende Indervolt seit Kriegsende von der Regierung hingehalten wird, so war es flar, daß in der Reformkommission auch In der selbst mitwirken mußten, die die Verhältnisse und die Politik des Landes kennen und im Zusammenwirken mit den Bertretern der britischen Regierung vielleicht ein Ergebnis hätten her­beiführen können. Diese Hinzuziehung indischer Vertreter wurde vom indischen Volte auch ausdrücklich gefordert. Trotzdem blieb es bei einer Inspektionsreise von Euro= päern und die Inder, die aus einer Folge von bitteren Er­fahrungen in jedem Einzelfalle genau unterscheiden gelernt haben, ob es sich bei den von der Regierung beliebten Kom­missionen um die Absicht zu nachfolgenden Maßnahmen oder um die bekannte ,, Geste zur Beruhigung der Deffentlichkeit" handelt, lehnten das ganze Unternehmen als zur zweiten Ka­tegorie gehörend ab, und ihr Nationalkongreß beschloß dessen Boykott. Dennoch erschien die Kommission im Lande, und ihr Vormundschaftscharakter mußte das wachsende Selbst bewußtsein des Indertums kränken. So allein erklärt es sich, daß die von der britischen Insel als Heilbringer Ent­fandten, von der Menge, und namentlich von der Jugend, mit Protestdemonstrationen an Stelle von Girlanden und mit Bananenschalen statt der landüblichen Blumensträuße empfangen wurden.

Die ganze Erbitterung Indiens über der Reform fomödie zweiten Aft ist jedoch nur verständlich, wenn man sich den vor mehr als einem Jahrzehnt abge­spielten ersten in die Erinnerung ruft.

revolution des europäischen Krieges brauchen wir hier nicht dozteren. Heute raffeln, meithin hörbar, die Sträflingsketten im Weltzuchthause des Imperialismus, und zu des Sozia listen prophetischen, Worten ist ihr Klirren und Aufruhr Bea gleitmusik und erfallende Tat.

mit den Schandfleck der Strafrechtspflege" zu beseitigen, I nischen Voraussetzungen diefes Kampfes durch die Belt der noch heute darin besteht, daß fein Engländer Indiens , wie schwer sein Verbrechen auch sein mag, fich von einem anderen Richter als seinem englischen Klubgenossen aburteilen zu laffen braucht, wodurch die schlimmsten Verbrechen am indischen Volke oft genug unbestraft bleiben. Die Herren faste aber, die ihre Willfür gefährdet sah, verschwor sich in Kallutta, die vizekönigliche Bache zu überrumpeln, Lord Ripon auf ein Schiff zu schleppen und gewaltsam nach Eng­land zurückzubringen. Und die Verschwörung brachte den einzigen indischen Vizekönig, von dem Gerechtes zu berichten ist, zu Fall.

Die englische Herrenschicht Indiens ist seit Ripons 3eit bie gleiche geblieben, und mürde auch ein eng lisches Ministerium, ob liberal, ob Labour, das nicht das ge­famte Engländervoll hinter sich hat, sondern von der Dul­dung durch die Opposition lebt und eine fundamentale Alende­rung in Indien zu beginnen wagte, unter Pferdeäpfeln be. graben.

In der New York Tribüne" vom Jahre 1853 ist eine Artikelferie über die Geschichte der ostindischen Handels­tompanie", mo es an einer Stelle heißt: Indien wird seine Freiheit nicht eher erlangen, als bis die englische Arbeiter schaft die jetzige herrschende Klasse Englands abgelöst hat oder aber das Volk der Inder selbst start genug ist, das englische Joch von sich zu werfen." Der Verfasser diefer Säge war Karl Marr. Und in den gleichen Auffägen zeigte er ausführlich und bildhaft, wie der indische Eisenbahnbau mannigfaltige Industrien nach sich zieht, die den Boden be­reiten für einen grandiosen sozialen und nationalen Frei­heitskampf. Ueber die Beschleunigung der geistigen und tech­

Einlenken der Regierung.

Aufnahme von Eingeborenen in den Verfaffungsausschuß.

London , 7. Februar.( Eigenbericht.)

Der Vorsitzende der englischen Verfassungskommission für Indien hat einen offenen Brief an den indi. fchen Vizekönig gerichtet, der einer Erfüllung der indischen Forderungen hinsichtlich der Kommission gleich tommt und geeignet sein dürfte, die Stellung der indischen Bevölkerung zu den Arbeiten der Kommission grundsäklich zu ändern. Sir John Simon regt an, sieben indische Mitglieder zu bestimmen, die mit gleichen Rechten und Pflichten zur Mitarbeit herangezogen werden sollen. Wahrscheinlich wird der für den 12. Februar einberufene Kongres aller indischen Parteien diesem Kompromis unter der Voraussetzung zustimmen, daß die sieben Mite glieder von der indischen Nationalversammlung gewählt werden.

Genosse Ramsay Macdonald hat inzwischen eine Botschaft an die Bevölkerung Indiens gerichtet, in der er die Hoffnung ausspricht, daß Indien jekt durch die Einladung von sieben Mitgliedern ermöglicht werde, an der Kommiſſion mitzuarbeiten.

Elend der Landproletarier.

Abrechnung mit der Landbunddemagogie.

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So wurde auf der Domäne Groß- Dowen im Kreise Olektow eine schwangere Freiarbeiterin von dem Oberinspektor Haaje bei einem Wortwechsel mit dem Pferde umgeritten, so daß sich diese Frau dreimal überschlug!

In der Dienstagsigung des Preußischen Landtags machte zu| diesen Bezirken die Landarbeiter in den Augen der Unternehmer Beginn und außerhalb der Tagesordnung Abg. Kasper( Komm.) wirklich nur Sklaven?! davon Mitteilung, daß auf der Festung Gollnom 15 politische Gefangene durch verdorbenes Essen an Vergiftungs­erscheinungen erfrantt sind. Dapon liegen sieben Gefangene, deren Zustand zum Teil sehr ernst ist, zu Bett. Die vom Anstalts­direktor und vom Anstaltsarzt getroffenen Maßnahmen seien un zureichend. Außerdem seien die Kranken von Beamten als Simu­Der kommunistische Antrag, eine Untersuchung einzuleiten und die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen, wird auf die Tagesordnung gefeßt und ohne Debatte an­genommen.

lanten bezeichnet worden.

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Das Haus überweist die Denkschrift der Staats regierung über die Vertretung Preußens im Berwaltungsrat der Reichsbahn ohne Debatte dem Hauptausschuß. Zur zweiten Lesung des Landwirtschaftsetats erhält zunächst das Wort Abg. Brandenburg( Soz):

Abwanderung von Landarbeitern, alfo Landflucht

Während des Krieges in Europa , an dem Indien sich mit einer Million Soldaten, riesigen Geldsummen und ge­waltigen Teilen seiner Lebensmittelernte zwangsweise be­teiligte, brachen allerorts im Lande Teuerungsframalle und politisch- revolutionäre Unruhen aus, die mit Blutbädern und Massenschlächtereien auf die Dauer nicht zu unterdrücken Im Laufe der Debatte haben die Herren von rechts sehr start waren. Wirksamer erwies sich Lloyd Georges Berdie Forderungen der Landbundorganisationen heißung, nach dem Weltkrieg, der gewiß der letzte sei, unterstrichen. Besondere Beachtung nerdient nach unferer Auffassung erhalte das indische Bolt unverzüglich seine Selbstregierung, der Bunft 4 des fog. Rotprogramms des Landburdes, der sozial denn diese den Bölkern jeder Zunge und Hautfarbe zu politische Forderungen aufstellt, die sich gegen die bringen, fet ja das hohe Ziel des gigantischen Kampfes. Bandarbeiterschaft richten. Man verlangt bort u. a. Ratios Im Jahre 1919 war das Wert der sogenannten Mon- nalisierung der Sozialversicherung und Abbau der Wohnungs zwangswirtschaft. Man verlangt eine weitere Berfchlechte tagu- Chelmsford Reformen beendet, das am 1. Januar 1921 rung der Rechtsverhältnisse der Landarbeiter, unter dem Namen ,, Government of India Act"( Gefeß über obwohl diefelben gegenüber den Industriearbeitern, vor allem auf die Regierung Indiens ) in Kraft trat. Seitdem hat Indiens dem Gebiet der Sozialpolitit, sehr start im Nachteil find. In bezug zentrales Barlament neben vierzig meist aus der englischen auf Arbeiterversicherungs, Unfallversicherungs- Gesez und in bezug Beamtenschaft ernannten Abgeordneten eine Mehrheit von auf das Krantenfaffenwejen befinden sich die Landarbeiter unter 104 gewählten Vertretern, die, bei der Art des gewährten Ausnahmerecht.( Sehr wahr! links.) Die Folge ist Wahlrechts, zwei Prozent der Oberschicht vertreten, während die 98 Prozent des Boltes von dem Reformwert" völlig unberührt blieben. Dürftiger noch als die Wählerbasis ift die Zuständigkeit der merkwürdigen Volfsvertretung. Ueber Einnahmen und Ausgaben des Staates hat sie weder Ent­scheidung noch Kontrolle, ja, die Gehälter der englischen Behältnissen, wie man sie in den angegebenen Brovinzen findet, weiter amten Indiens , die höchsten Beamtengehälter der Welt, dürfen im Parlament nicht einmal erwähnt werden, wie es überhaupt eine Reihe von Dingen gibt, deren Diskussion der Boltsvertretung nicht er­laubt ist. Machtmittel verschiedener Grade gestatten da­gegen dem Vizekönig, jedes Gesetz zu Fall zu bringen, das Dom Parlament beschlossen wurde, wie er umgekehrt alle Gesetze und Maßnahmen in Wirfung treten lassen kann, zu denen die Parlamentsmehrheit die Köpfe schüttelt. Die jüngste vizekönigliche Leistung dieser Art war die von den Protesten der gefeggebenden Versammlung" begleitete Entsendung indischer Truppen nach China . Zum Erlaß der blutigsten Berfolgungsgesetze gegen die Inder selbst holte er sich die Rotstandsvollmacht"( emergency power), die er aus London auf Grund seiner Situationsberichte unweigerlich erhält. Ein verkleinertes. Abbild dieser zentralen Ber­fassung" hat ferner das Reformwert jeder indischen Provinz beschert.

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Warum( so fragen mich heute Dugende deutsche Ar­beiter) setzt denn nun die indische Freiheitsbewegung nicht ebenso viel Vertrauen auf die englische Arbeiter partei und deren fraglos wiederkehrende Regierungs­gewalt, wie die englischen Arbeiter selbst? Hier muß, aus Wahrhaftigkeit wie aus Zweckmäßigkeit, vor haltlosen Hoff­nungen gewarnt werden. Macdonald, der 1912 ein gutes( und deshalb in Indien verbotenes) Buch über seine damalige Indienreise geschrieben hat, nannte den flettenhaft zusammenklebenden, überkonservativen, jedes andere Ele­ment fernhaltenden Engländerflüngel, der jenes Land regiert, eine Freimaurerloge", womit er die Abschließung und Heimlichkeit jener Kaste und ihrer Herrschaftsmethoden fenn­zeichnen wollte. Und welche Erfahrungen mußte er mit diefer Raste während seiner Minifterzeit machen! Denn da­mals( im Sommer 1924) wurde in Indien das Verfolgungs­gesetz gegen die bengalische Freiheitsbewegung eingeführt und in London mit Berichten über Räuber- und Mörder banden begründet, deren Richtigkeit nirgends in Europa geprüft werden konnte, da solche Informationen als unan greifbares Monopol aus der Loge" der indischen Verwal tungsaristokratie fommen.

Einmal, im Jahre 1884. erlebte es Indien , daß selbst ein Vizekönig, der damalige Lord Ripon, anders tat als die Loge" wollte. Dieser hochgesinnte Mann plante, die richterliche Disqualifikation der Inder abzuschaffen und da­

und der dadurch entstehende Arbeitermangel auf dem Lande. In den Jahren 1919 bis 1925 find aus Ostpreußen 155 000 Leute, aus Bommern 60 000 und aus Schlesien 70 000 abgewandert.( hört, hört! links.) Diese Leute haben es also abgelehnt, unter Ber­zuarbeiten.( Sehr richtig! links.) Es sind in erster Linie das Cohn­elend, die schlechte Behandlung, das Wohnungselend und die Recht­losigkeit, unter denen die Landarbeiterschaft leidet. Im Streife Rönigsberg( Dftpr.) bekommt ein verheirateter Landarbeiter einen tariflichen Gesamtstundenlohn von 33,99 Bf., in Bom mern 39,68 Pf., in Brandenburg 40 Pf., in Schlesien 36 Bf., in der Börde 40,79 Pf. Angesichts der heutigen Teuerung fönnen solche Löhne nicht mehr mit Recht als Löhne bezeichnet werden. Die weiblichen Freiarbeiter belommen im Kreise Königsberg ( Ostpr.) den riesigen Stundenlohn von 12,5 Pf., in Bommern 19,33 Pf., im Kreise Teltow 18 Pf., in Schlesien 21 Bf. Der Landbund hat in der letzten Zeit seine Tattif geändert, ja, Herr von Rohr hat sogar auf einer Landbundtagung davon gesprochen, der Landarbeiterschaft Bommerns drohe die Proletarisierung.

Ich möchte wissen, was es da noch zu proletarisieren gibt! für diese veränderte Tattif gibt es nur einen Grund: die Deutich nationalen, d. h. der Landbund, sehen mit Angst die bevorstehenden Bahlen und suchen die Landarbeiterschaft vor thren Karren zu spannen. Herr Milberg hat zwar erflärt, die Bandarbeiter follten fich für ihr Lohnelend da bebanten, wo man an diesem Lohnelend schuld sei. Das werden die Landarbeiter tun, und zwar fo, daß Ihnen( nach rechts) rot vor Augen wird.( Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.)

Die Not" der Großagrarier.

Die Herren von rechts reden unentmegt von einer Roilage der Landwirtschaft. Ich habe die notleidenden Gestalten bei den Land bundveranstaltungen der Grünen Woche in Berlin gesehen, auf die, etwas verändert, das Dichterwort zutrifft:

Und die breitgestirnten, glatten Scharen famen brüllend, Die gewohnten Ställe füllend! ( Unerhört! rechts.) Die Not diefer Herren bestand meistens in­temnot, hervorgerufen durch Berfettung oder ähnlichen Krankheiten.( Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Die Landarbeiterschaft tann aber auch deshalb nicht an die Notlage des Großgrundbesipes glauben, meil fie täglich fieht, daß ein aufwand getrieben wird, der zu ihrem Geschrei in denkbar schärfstem Widerspruch steht. Da sind um- und Neubauten der Herrschaftshäuser, mehrere Personenautos für einen Haushalt, Gesellschaftsabende und Hausmastenbälle, tagelange Jagd gesellschaften usw an der Tagesordnung.

Mißhandlungen an Landarbeitern.

Ein besonderer Grund für die Landflucht sind die leider immer wieder vorkommenden Mihhandlungen. Auch hier steht wieder Ostpreußen an erster Stelle. Es handelt sich um Bortomm­niffe, die so erbärmlich sind, daß man sich fragen muß: Sind in

Die Folgen für diese Frau brauche ich nicht im einzelnen anführen.. Der Verwalter Schneider auf der früheren Domäne Kollommen schreckt nicht einmal davor zurück, Frauen von 50 und mehr Jahren in der niederträchtigsten, gemeinsten Weise zu miß­handeln. Wie die Rundschau", ein deutschnationales Blatt, feſt­stellte, mußten auf dem Dominium Oberrosen in Schlesien die Land­arbeiter polizeilichen Schuß gegen die Mißhand­tungen des Inspettors beim Landrat erbitten. Ich fann nicht alles Material vorbringen, was idy zur Verfügung habe, aber ich sage: die Einstellung der Mißhandlungen auf dem feudalen Grundbesih würde der angeblich notleidenden Landwirtschaft feinen Pfennig fosten. Es handelt sich hier um Bübereien, die für das deutsche Bolf eine Kulturschande find.( Sehr wahr! bei den Soz.) Ganz besonders groß ist

das Wohnungselend der Landarbeiter.

Bon 4237 in Ditpreußen revidierten Wohnungen enthielten 141 nur einen Raum, 520 eine Shube und Küche, 2028 Stube und Kammer, 1264 eine Stube, Suche und Kammer, und nur 234, also der zwangzigfte Teil, mehr Räume als Stube, Rüche und Rammer. In vielen Wohnungen wohnen 10 bis 12 Berfonen, darunter 3 bis 5 Erwachsene. 5 Erwachsene. In schreiendem Gegenfas dazu stehen die pielfach Iugurios ausgestatteten herrschaftshäuser der Großgrundbefizer.

Wir

Dantenswerterweise hat das Ministerium den Bau von Land arbeitereigenheimen in ben legten Jahren tatkräftig gefördert. Wir bebauern nur, daß der Landwirtschaftsminister fich für eine Er höhung des Ausländerfontingents einsehen will. find der Meinung, daß in Deutschland genügend Arbeitskräfte für landwirtschaftliche Arbeiten vorhanden find. Es fei noch auf die Klagen vor Schlichtungsausschiffen, Schiedsgerichten usw. hin­gewiesen und auf die Behandlung der Betriebsräte und der Gewerk­fchaftsfunttionäre. So hat man auf dem Gute Ludwigsdorf im Kreife Dels, das dem früheren deutschen Kronprinzen gehört, den nach dem Betriebsrätegefeh gewählten Wahlvorffand am Tage vor der Wahl entlaffen, obwohl es sich um Leute handelte, die bis zu 24 Jahren auf dem Gute beschäftigt waren.( Bfuirufe und: Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Wir bitten den Minister, sich auch mit aller Kraft für die lmgestaltung der Landwirt. schaftskammern einzusehen, die heute reine Unternehmer­tammern find. Das Hofgängerunmesen fordert geradezu einen Ber­gleich mit dem Sklaventum des Altertums heraus.( Lebhafter Beifall bei den Soz.)

Abg. Gauger( Dnat.): Wenn die Landwirtschaft jetzt am Boden liegt, so find d eigroßen Lasten daran schuld, die man ihr auf­erlegt hat.

Abg. Hagemann( 3tr.): Die Unmettertatastrophen der lezten Jahre haben die Krise der Landwirtschats verschärft. Die Notlage der Landwirtschaft ist nur zu beheben, wenn ihr ausreichende Breise gesichert werden und die Spanne zwischen Erzeuger und Verbraucher herabgefeht wird.

Abg. Kaiser- Kurhessen( D. Bpt.): Die preußische Regierung hat bisher sehr wenig für die Landwirtschaft getan. Wir ersuchen die Regierung, von der Erhebung der Grundsteuer abzusehen, die un­tragbar ift.

Abg. Kellermann( Komm.) bezeichnet die Gegnerschaft der Rechts­parteien gegen die Handelsverträge als demagogische Heuche­lei und Wahlmache und bringt eine Reihe von Fällen zur Sprache, in denen Grundbefizer oder ihre Beamten Landarbeiter mißhandelt haben

Abg. Heesch( Dem.) führt die Not der Landwirtschaft wesentlich auf die großen Unwetterfchäden zurück. An der Demonstration des

Bandbundes in Schleswig haben Nationalsozialisten mit. bundes feien vielfach unmöglich durchzuführen.

Abg. Peters- Hochdonn( Soz.):

Zu den Demonstrationen des Landbundes, z. B. in Steffin, hat man vielfach die Arbeiter gepreßt. Die Landarbeiter sind ein­fach dazu fommandiert worden. Die Reben, die die Herren von rechts gehalten haben, beweisen, daß ihnen die Felle weg­geschwommen sind. In Schleswig- Holstein haben die Bölkischen bereits im Landbund das Heft in der Hand. Die Geifter, die die Deutschnationalen riefen, werden sie nun nicht wieder los.( Sehr wahr! b. d. Soz.) Herr v. Rohr hat im Landbund bereits die Wahl­parole für dieses Jahr ausgegeben: Errettung der Landwirtschaft durch Kampf gegen den Margismus! Die Landwirtschaft ist durchaus nicht der einzigste Stand, der in die allgemeine Not hineingezogen murde.

Um die Arbeiterschaft, um das Heer der Erwerbslofen und um die betrogenen Sparer hahen fich die Herren von rechts nicht bekümmert. Gegenüber diefen Ständen geht es der Landwirtschaft noch sehr gut, denn fein anderer Stand ist so berücksichtigt worden wie sie

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