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Morgenausgabe

Nr. 71 A 36

45. Jahrgang

Böchentlich fennig, monatlich 8. Reichsmart im soraus zahlbar. Unter Streifband im Sn und Aus. land 5.50 Reichsmart pre Monot

Der Borwärts mit bez tuftrier ten Sonntagsbeilage Boll und Beit ( owie den Beilagen Unterhaltung and Biffen Aus der Filmwelt, Stadtbeilage Frauenstimme De Rinderfreund Jugend- Bor wants Blid in die Bücherwelt" Rulturarbeit unb Technit erscheint wochentäglich zweimal, Sonntags und Montags einmal

Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Sonnabend 11. Februar 1928

Groß- Berlin 10 Pt. Auswärts 15 Pf.

Die einipattige Nonpareillezetts 80 fennig. Nettamezeile 5.- Reichs tart Kleine Anzeigen" bas fetge. brudte Bort 25 Biennia taulaifig ger fettgedruckte Borte), jedes pettere Bort 12 Bfennig Stellengefuche das erile Sort 15 fennig. tedes weitere Mort 10 Pfennig Borte über 15 Buchstaben sablen für zwei Borte Arbeitsmart Belle 60 Brennig Familianzeigen für bonnenten Belle 40 3fennig. Anzeigene annahme im Hauptgeschäft Linbens Braße 3. wochentägi con 8%, bis 17 1162

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW 68, Lindenstraße 3- Fernsprecher: Donbofi 292-297 Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat   Berlin

Borwärts- Verlag G. m. b. H.

Hindenburgs Brief.

Erst alles andere- dann die Schulfrage.

Der Brief, den der Reichspräsident v.   Hindenburg an den Reichskanzler Dr. Mary am 9. Februar gerichtet hat, hat folgenden Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Reichskanzler!

Die Nachrichten über tiefgehende Meinungsver­fchiedenheiten innerhalb der Regierungsparteien wegen des

Soulgeſehes, die zu einem Auseinanderbrechen der gegenwärtigen Reichsregierung führen können, geben mir ver­anlaffung, Sie, Here Reichskanzler, zu bitten, nichts unversucht zu laffen, um im gegenwärtigen Zeitpunkt eine Regierungskrisis und ihre politischen Folgen zu vermeiden. Der   Reichstag hat zurzeit bringende und bedeutsame Aufgaben zu lösen. Abgefehen von dem Haushaltsplan und dem Liquidationsschädengefeß find die für die Landwirtschaft lebenswichtigen Hilfsmaß nahmen zu beschließen, und es harrt auch die Strafrechtsform ihrer Berabschiedung

Es würde meiner Meinung nach eine schwere Schädigung

vaterländischer Intereffen und des ganzen   deutschen Volkes be­derten, wenn jeht wegen der Schulgefehfrage eine unlösbare Re­gizraugef iis und eine Auflösung des Reichstags not­wendig würde.

So begreiflich der Wunsch des   Reichspräsidenten ist, Wichtigstes und rasch zu Erledigendes noch vor der Krise erledigt zu sehen, so entschieden müßte gegen einen Ber­fuch protestiert werden, das Leben einer unfähigen Re­gierung fünstlich zu verlängern.

Bostichedkonto: Berfin 87 336. Banffonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten Wallstr. 65. Diskonto- Gesellschaft. Depofitentasse Lindenfir 3.

Ein neuer Reichswehrfilm.

Sat Minister Groener den Gämisch- Bericht gelesen? Bon Kurt   Heinig.

Geßler schied aus dem Reichswehrministerium, meil er in den Stürmen der jüngst vergangenen Jahre den Willen zum Ziel verloren hatte. Auf diesen grauen Hintergrund der minister, sein Brogramm zeichnen das war eine günstige Hoffnungslosigkeit konnte Groener, der neue Reichswehr­Pofition. So vermochte seine erste Rede vor dem Hauptaus­schuß des Reichstags eigentlich faum farblos auszufallen; sie wurde durch das, was er sofort danach zur Phoebus- Ange­zurüd- legenheit verlas, zu einer von ihm sicher nicht beabsichtigten Enthüllung seines Befens. In der Programmrede sprach Groeners Bollen, in der darauf folgenden Erklärung zum Phoebus- Standal zeigte sich seine erste Tat.

Ob das Zentrum vor dem Reichspräsidenten weichen kann, ohne sich von seinen Wählern unheilbar bloß­zustellen, das muß es mit sich selber ausmachen. Die Frage aber, ob ein arbeitsunfähiger Reichstag und eine arbeits­unfähige Regierung bis in den nächsten Herbst und den nächsten Winter hineingeschleppt werden sollen, die Frage, ob ein aus technischen und politischen Gründen zweck mäßiger Wahltermin versäumt werden soll, weil die Regierung und die Regierungsparteien Angst vor den Wahlen haben, diese Frage geht das ganze deutsche Bolt an.

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Mag der Etat noch erledigt werden, mag bis dahin ver sucht werden, das Liquidationsschädengesetz und die Hilfs maßnahmen für die Landwirtschaft unter Dach und Fach zu bringen aber länger als bis zum Frühjahr tann dem  deutschen Bolt nicht zugemutet werden, einen Zustand zu ertragen, der desto weniger mit dem Geifte der Verfaffung vereinbar ist, je länger er dauert.

Herr Groener entschuldigte den Kapitän Lohmann, er verlieh ihm durch seine Erklärung gewissermaßen einen Pour le   mérite mit Trauerrand. Er stellte den Bremer Kaufmannssohn als einen tragischen Helden vor, in dem die Idee" gewachsen sei ,,, an dem durch den Friedensvertrag nicht verbotenen Kampf der Weltanschauungen sowie der Gestal­tung der Vorstellungswelt innerhalb und außerhalb Deutsch­  lands ein Interesse zu nehmen". Diese dee", die aus den Fesseln des Vertrages von   Versailles ausreifte", fand immer nach Groener ihre Betätigung im Film.... oder eine unwahrheit! So ist es auch hier. Wenn Marinebehörden poetisch werden, ist es Unfinn

Hat Herr Groener nicht den Samisch- Be­richt geleien?

3 bitte Sie, tel den bevorstehenden Besprechungen mit den Beiß er nicht, daß es beim Phoebus- Kompler- wie Führen der Regierungspartelen diele meine Beforanis mitzuteilen, man heute üblicherweise sagt fich in Wirklichkeit um einen und appelliere an alle beteiligten Herren und Frattionen, dahin zu ganzen Ring Don Gründungen handelt, der mirten, dah eine arbeitsfähige Regierung erhalten Offiziös mird gemeldet; Der Interfraktionelle Ausschuß der Re politische Funktionen ausüben follte, die der Reichs­bleibt, die wichtigen parlamentarischen Aufgaben gelöst und etwaige unlösbare Dijferenten in der Schuffrage bis. nach Ergierumgsparteien des Reichstags tret Freitag nachmittag um 4 Uhr mehr nicht zustehen, die ihr neuer Minister in feiner pro­zu einer Sigung zusammen, die bis gegen 6 Uhr währte. An den grammatischen Antrittsrede überdies selbst aufs schärfste ledigung dieser Arbeiten vertagt werden.) Berhandlungen nahmen von feiten der Reichsregierung Bizetangler perurteilte? 7 dem Ausdrud meiner vorzüglichten Wertschätzung bin ich Hergt, Reichsinnenminister v. Reubelt und Staatssekretär Hat den Herrn Reichswehrminister bei der wohl aus 3hr sehr ergebener Bünder teil. Bon den Regierungsparteien waren erschienen die dem Marineamt stammenden, ihm in die Hand gedrückten gez. von Hindenburg" Abgeordneten Graf v. Westarp, Schulze Frankfurt, Trevi. Lohmann- Hymne nicht die feierliche Erklärung im Ohr ge ranus von den Deutschnationalen; v. Guérard, Rheinfan- flungen, die der Reichskanzler Dr. Marg am 20. Januar 1928 der und Dr. Schreiber vom Zentrum; Dr. Scholz und Dr. in feiner Anwesenheit im Plenum des Reichstags abge­Runtet von der   Deutschen Bolfspartei und Beicht und Frau geben hat? Lang   Brumann von der Bayerischen   Volkspartei. Bom Reichs­ministerium des Innern wurden in der Frage des Reichsschulgesetzes neue Borschläge zur Besprechung gestellt. Diese werden von den Parteien geprüft werden Die Verhandlungen des Ausschusses sollen dann am Montag fortgesetzt werden.

Der Interfraktionelle Ausschuß der Regierungsparteien, der gestern nachmittag bereits unter dem Eindruck des Hin­  denburg- Briefes verhandelte, ist zu feinem Resultat ge­kommen. Er hat seine Beratungen auf den Montag der nächsten Woche vertagt.

Die Partei, die durch den Brief des Reichspräsidenten unter schwerstem Drud gestellt wird, ist das Zentrum. Das Zentrum hat gedroht, Regierung und Reichstag in den nächsten Tagen auffliegen zu lassen, wenn feine ihm ge­eignet scheinende Lösung der Schulgesetzfrage erreicht würde. Die gestrige Sigung des interfrattionellen Ausschusses, in der Herrn v. Keudells neue Vermittlungsvorschläge zur Bes ratung standen, hat zu feinem Ergebnis geführt, und es ist nicht wahrscheinlich, daß es am Montag damit anders aus­sehen wird.

Der Reichspräsident selbst scheint mit einem Zustande tommen des Schulgesetzes gleichfalls nicht mehr zu rechnen, darum schlägt er vor, diese Frage zu vertagen und alles andere vorweg zu erledigen. Dazu zählt er zunächst die Er­ledigung des Haushaltplans, die bekanntlich auch von der Oppofition gewünscht wird, dann aber nicht nur das Liquidationsschädengesetz und die Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft, sondern auch die Strafrechtsreform. Damit ist ein Programm aufgestellt. dessen Erledigung den  Reichstag bis zu seinem natürlichen Ende im nächsten Herbst beschäftigen müßte, ohne daß die Erreichung des Zieles gewig wäre.

Das Liquidationsschädengesetz und die Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft könnten in fürzester Frist erledigt sein, wenn die Regierungsparteien einig wären. Wird eine Einigung in diesen Punkten erreicht, so foftet die parla­mentarische Erledigung nicht viel Beit. Andernfalls ist zu befürchten, daß nur die Lethargie dieser Regierung verlän­gert wird, ohne daß praktische Resultate erreicht werden.

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Der Triumph der Banken.

Rüdtritt der norwegischen Arbeiterregierung.  Oslo, 10. Februar. Die Regierung   Hornsrud hat ihr Rücktrittsgesuch eingereicht. Der Führer der Linken, Mowinkel, hat die Aufforderung des Königs zur Bildung der neuen Regierung angenommen. Die Er nennung der neuen Regierung wird für Dienstag erwartet. Heute beschloß die Arbeiterregierung, die Ernennung einer Kommission vorzuschlagen, die die Frage einer Abwicklung des Militär­wesens und der Errichtung einer nightmilitärischen Drdnungswehr untersuchen soll.

Hierzu wird uns aus   Oslo noch gemeldet: Der Führer des linten Flügels der Partei Mowinkels hat es bisher wegen der von Mowinkel geführten Aktion gegen die Arbeiterregierung abge= lehnt, sich an dem neuen Kabinett zu beteiligen.

Die Mitglieder der Arbeiterregierung werden in der fommenden Woche im Storthing über die Aktion der Banten und insbesondere über deren Bersuche, neue Staatssubventionen zu er­halten, nähere Mitteilungen machen. Erst als diese Versuche ge­scheitert waren, stürmten die Banten mit aller Kraft und allen Mitteln gegen die Arbeiterregierung an.

Liberaler Wahlfieg in England. Mandatverlust der Regierungspartei.  

London, 10. Februiar.( Eigenbericht.)

Anders steht es mit der Strafrechtsreform. Dieses sehr umfangreiche, mehr als vierhundert Baragraphen umfassende Wert stedt noch im Ausschuß und hat dann im Plenum zwei Lesungen zu passieren. Seine Erledigung ge­Die Nach wahl in an athire brachte einen Sieg der hört nicht zu den gesetzgeberischen Notstandsarbeiten. Was Liberalen, deren Kandidat Tomlinson mit großer Mehrheit ge­an Borarbeit geleistet ist, fann ohne Bindung der Bar: wählt wurde; den Kreis verlieren die Stonservativen. Dieser Sieg ohne Bindung der Barber Liberalen wird als persönlicher Sieg Lloyd Georges be teien durch ein Ueberleitungsgesetz für den nächsten trachtet, der am Borabend dem Wahlkreis einen zweiten Besuch  Reichstag gerettet werden. Es besteht also gar kein Grund, abstattete. Dem Kandidaten der Arbeiterpartet, Briefter Davies diese wichtige Fracht weiter einem lecken Regierungsschiff von der anglikanischen Hochfirche, gelang es unter den schwierigsten anzuvertrauen es sei denn, man wollte versuchen, das Umständen, die Zahl der für die Arbeiterpartei abgegebenen Led mit der Fracht zu stopfen. Dazu aber ist sie nicht da. Stimmen um 500 zu vermehren

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Der Reichskanzler Marg hat zugegeben ,, daß die bekannten Feststellungen der Presse von der Phoebus" bis zur Navis", von der ignofe" bis zur Trajag" und von der Dt wi" bis zum   Berliner Bant­Derein" zu einem erheblichen Teil zutreffend feien! Die Untersuchung aller dieser Dinge habe einen Tatbestand aufgehellt, der von der Reichsregierung auf das ernsteste mißbilligt wird!"

Herr Groener tut in seiner Erflärung so, als habe der Kapitän Lohmann nur einmal in die Bortokaffe des Reichs­marineamts gegriffen, um einen ,, bureaukratischen Umweg" zu vermeiden. Eigentlich sollte ein Reichswehrminister über­haupt nicht entschuldigen, wo mindestens zwölf Millionen Mart schon verpulvert und noch sechs bis acht Millionen Mark zuzuzahlen sind. Herr Groener hätte weiter, wenn er schon zu Filmspekulationen Stellung nimmt, sich vorher beim Reichswirtschaftsminister erfundigen sollen, er hätte dann er­fahren, daß die ganze Ufa- Sanierung nicht viel mehr ge­staltung der Borstellungswelt ein Intereffe zu nehmen". Es tostet hat als der kleine Lohmannsche Verfuch ,,, an der Ge­muß deswegen angenommen werden, daß die Nachtragsforde rung von mindestens sechs Millionen Mark zur Liquidation der Phoebus- Angelegenheit in Wirklichkeit noch andere bis­her unausgesprochene Funktionen auszuüben hat.

Der Reichskanzler Marr hat weiter erflärt, daß nicht mur das Phoebus- Engagement erledigt, fondern daß auch Lohmanns weitere Unternehmen abge widelt, abge toßen bezüglich liquidiert werden sollen. Zu diesen Unternehmungen gehört nach unserer Auffaffung aud) die. famose See transportabteilung. In der Erklärung des Herrn Reichswehrminifters sucht man vergeblich die Uebernahme der Pflichtaufgaben, deren raschefte Erledigung der Reichskanzler Marr dem   deutschen Volte zugesichert hat.

In aller Deutlichkeit muß deswegen schon heute gesagt werden, daß die Deffentlichkeit, die sich nach der finanzorga nisatorischen wie nach der bilanztechnischen Seite mit der Phoebus A.-G. ausreichend beschäftigt hat, heute kein Ver­waltungskommuniqué der schuldhaften Großaktionäre mehr benötigt, wenn es auch Herr Groener verlieft. Ebensomenig besteht das Bedürfnis, den Kapitän Lohmann im strahlen den Licht vaterländischer Tugenden gerührt zu betrachten. Das Reichswehrminifterium ist kein Lombardhaus, wo De fizite in Berdienste umgedichtet werden. Die Wehrmacht des Deutschen Reiches hat durch die Verfassung vor. gefchriebene Aufgaben. Hat fie ihren Aufgaben­freis überschritten, und das ist bei der öftlichen Konzernbildung von Wirtschafts" betrieben zweifelsfrei der Fall, und hat sie außerdem bas Etatsrecht ver legt, so ift es die bringende Pflicht der Berantwortlichen,