Unterhaltung unö �Vissen
Das Versprechen. Von Chr. Eogelstost. Ez war ganz still in der Stube. Der Postexpedient Feddsrsen lag im Sterben. Frau Grete schlich auf den Zehen tn der Stube umher. Sie wischte stch die Augen, besonders dos schielende. S« weint«. Wie grausam war sie oft gewesen und hatte Hans ausgescholten; noch keinen Monat war es her, da hatte sie ihm gerade ins Gesicht geschlagen, daß zwei Bordcrzähn« mit drausgingen. Und jetzt lag er im Sterben. „Grete!" rief er mit äußerster Anstrengung. Sie kniete neben dem Bette nieder. „Grete, versprich mir, wenn ich tot bm, baß du dir bann einen zweiten Mann suchst." „Nie!" antwortete sie bestimmt. „Um unserer Kinder willen." bat er:„unsere danischen Beamtemvitwen sind so schlecht versorgt." „ijans! Niel chan«!" „Bin ich so schlecht gewesen... gegen.. Er Sonnt« nicht mehr sprechen und sah sie nur bittend mit seinen starren Augen an. Er schlief ein. Sic drückte chm die Augen zu und schwor in ihrem Herzen, olles zu tun. was in ihrer Macht stand, um seineu Wunsch zu erfüllen. Aber leicht würde das nicht fem, jung war sie nicht, sanst war ii« nicht, sie schielte stark mit dem einen Aug«, und sie hatte zwei .Vnder. Der Expedient wurde begraben. Grete dachte daran, dos Aug« operieren zu lassen, entschloß sich ober dann, ein Pensionat zu er- richten; sie war wirtschofllich und kochte gut, und sie wußte, daß der Wsg zum Herzen des Mannes durch den Magen geht. Da» Pensionat kam eigentlich sofort in Blüte. Aber das ganz« erste Jahr hindurch kannte sie sich nicht entschließen, und die Herren Pensionär« toten auch keine einleitenden Schritte. Abends, wenn sie zu Bell gegangen war, lag sie oft mit ge- falletsn Händen da, und starrt« ins Dunkel und sagte laut:„Hans. ich habe nicht vergessen, was ich dir versprochen habe: ich will alles tun, was in meiner Macht steht." Der Prokurist Schröder zog im März ein. Es war ein kleiner, dicker, ältlicher, zierlicher Mau». Sie merkte sofort, daß ihm ihr Essen außerordentlich gut schmeckte, er aß zwei Portionen von jedem Gericht und sagt« in einem fort„ah" beim Essen. Er war Junggeselle und hatte dreihundert Kronen festos Gehalt nnmatllch, war vollkommen schuldenfrei und muckste nicht, wenn sie mit ihm zankte. Furchtbar häßlich und schauerlich langwellig war er freilich. Die Kinder, Kaspar und Aloilda, brauchten aber jetzt notwendig einen Vater. Sie sagte, als sie eines Abends mit gefalteten Händen im Bett log. energisch:.chans, jetzt halt« ich das Versprechen, das ich dir tief in meinem' Herzen gegeben habe."' V. Tis fing an. Christian zu dem Prokuristen zu lagen,'er lächelte dankbar. Sie fragte die Kinder, wie er ihnen gefiele. „Idiot," sagte Kaspar.—„Gr hat«We häßlich« weiß« Narbe ans der Nase" bemerkte �llollda. Beide aber waren darin eini� daß er die Gutmütigkeit selbst sei.»■ Frau Grete setzte sich, als die anderen Pensionäre das Wohn- gimmer verlassen hatten, mit ihrem Kaff sc zu Schräder auf das TöfB. .Morgen gibt es Erdbeeren, die ersten vom Jahr, Christian. Trotz den Kriegszeiten." Er schmatzt« ordentlich und lachte und sägte:„Sielen Dank, Grete," wurde aber ganz verlegen hinterher. weil sie ihn so ansah.„Entschuldigen Sie, Frau Fcddersen," fügte er hinzu. ,Lch hoffe, Sie haben reell« Absichten." Sie sah ihm, so put sie konnte, gerade in die Augen.„Natürlich," murmelte er. Sie ließ ihn nicht w«..Ähre finanziellen Dsrhältnissc sind sa leidlich Ich weiß Bescheid Ich finde wirklich Sie können es sich erlauben, zu heiraten. Dt« Kinder hängen sehr an Ihnen. Ich halte Sie für einen gebildeten, bescheidenen und ruhigen Mann. Ich will alle Bedenken beiseite setzen. Ich will Ihnen verraten, daß ich meinem M<mn aus seinem Sterbebett« versprochen habt, seinen Kindern einen Bater zu geben. Komm und küsse mich, Christian." Prokurist Schröder blieb stets und konsterniert sitzen. Sie nahm ihm die Kafseetass« aus der Hand. „Du bist gar zu bescheiden." sagte sie, faßte ihn um den Hals und küßt« ihn. Ihm wurde ganz schwindlig. .Letzt mußt du natürlich ausziehen, aus Schicklichleitsgründen. Das heißt, deine Mahlzeiten nimmst du hier«in. wie bisher. Am nächsten Tag mußte sie Rotwein zum besten geben und Madeira zu den Erdbeeren. „Hier sind die Ringe, die hast du natürlich vergessen, sie kosten vierzig Kronen," sagt« sie, und zeigte ihm die Rechnung. Er bezahlt«. Sie steckte ihm und sich die Ring« an dl« Finger. Dos Pensionat seierte die Bcrlobung. Dann wollte Schröder fortgehen und die Abendzeitungen lesen. „Undankbarer," sagt« sie. Jim meines seligen Mannes willen habe ich dich genommen. Alle deine schlechten Angewohicheiten muht du ablegen und zwar schleunigst. Heut« ist der Zwölfte. Am zwölften nächsten Monats ist unsere Hochzeit, daß du'« weißt. So, und jetzt habe ich richtig mein« Migräne bekommen und muß mein Pulver nehmen." Sie erhob sich und ging in das Schlafzimmer. Kaspar gmg zu Schröder hin und schlug ihm auf die Schulter. „Alter Harr, du mußt ein bißchen vorsichtiger mit Mutter sein, mit ihr ist nicht zu spaßen. Ich besinn« mich noch ganz genau daraus, wi« sie einmal Vater zwei Lorderzähne ausgestoßen Hot." Auf Schröders Kopf sträubten sich die Haare. Als er um 11 Uhr Gut« Nacht sagt«, sagte st« zu ihm:„Ich habe dir eigentlich nichts weiter vorzuwerfen: aber du mußt dich daran gewöhusn, etwas lebhafter zu sein, oder muß ich dich»st ein bißchen in Behandlung nehmen?" In dieser Nacht schlief der Prokurist nur schlecht. Er wurde zum Pastor geschickt, um da» Ausgebot zu bestellen. Sie wurden zum erstenmal und zum zweitenmal aufgeboten. „Was ist mit dir lo», Christians Du siehst so elend ausl Ist's was mit dem Magen? Der mutz in vrdimng sein zu unserer Hoch- zeit am Dienstag." In dieser Nachi schlief Christian Schröder überhaupt nicht, und -r lag da und wiederhohie sich m«insmfvrt: ,4)« bist«in Mano Christian. Ja. da» bist du. Chnstian" Er nahm all fem«, Mut zusammen und gtng ins Penfimwat fttnauf, bevor die Bant geöffnet wurde.
Grete machte ihm selber auf. „Frau Feddersen," sagte er. Mie nennst du mich, du Idiat?" Er steckte die Hände in die Taschen, ballte ste und fuhr fort: „Sie dürfen nicht böse werden, aber ich kann nicht, und ich mag nicht, und ich will nicht, ich bin Junggeselle, mtd ich bin glücklich. Es wird nichts aus der Hochzeit am Dienstag." „Was wivd nicht?" sagt« sie und faßte ihn am Krag«, und ohrfeigt« ihn und schlug ihm mitten ins Gesicht, daß ihm der Kopf brummt«. Mit einemmal riß die Krawatte, die nicht mehr neu war. entzwei. und Schröder kam los und schlüpfte aus der Tür, die Trepp« hinunter, weg. Er fühlte nach feinen Vorderzähnen: sie waren noch da.„Ich kann wirklich froh sein," sogt« er zu stch selber. Aber an diesem Tage war er so benommen, daß er aus de? Bank alle Zahlen falsch zusammenzählte. 2» dieser Nacht lag Grete mit gefalteten Händen da und weinte und weinte:.Lans ! Hans! Wie konntest du dies von mir verlangen?"
Man lernt nie ans l Nach dem Tode eines Menschen, also nachdem Herz und Lunge aufhören zu arbeiten, dauert die Darmtatigkeit noch stundenlang fort. e Der Ausdruck„Flitterwochen" stammt angeblich daher, daß früher die jungen Frauen nach ihrer Hochzeit mit Flittern gezierte Hauben trugen. Solche kunstvoll« Hauben sind heut« noch im Germanischen Museum zu Nürnberg zu sehen.
Der Tauben bäum . Im Jahre 1868 fand der franzosische Geist- liche Armand David in den Wäldern von West-Chria einen Baum mm merkwürdiger Schönheit. Man erkamrte ihn als einen Ange- hörigen der Familie der Coniveeoe, gab ihm nach seinem Entdecker den wissenschaftlichen Namen David in und vergaß ihn. Nach zwan- zig Iahren wurde er von einem irischen Arzt von neuem entdeckt. Diesmal fiel seine Schönheit dem Direktor des botanischen Garten» in Kew auf. Er schrieb«ine Abhoirdlung und schlug oor�di« Dovi- dia in der, nordamerikanischen Gärten einzuführen. Seine'An- regung fand aber zunächst wenig Beahtung. Erst nach acht Jahren erfuhr zufällig ein geschickter Görtenbauunternehmer davon und de- schloß sofort, den eigenartigen Baum mn jeden Preis zu gewinnen. Er gab einem jungen, mutigen Studenten den Austrog, noch China zu reisen, dort«ine kleine Expedition auszurüsten und die Däoidia zu suchen Es war ein Unternehmen abenteuerlichster Art. ein« wahre Iazd nach den, schönen Baum, die endlos« Strapaze» und Entbehrungen kostet«. Im Jahre 1ÜÖÖ wurde die David ia endlich nach Amerika gebracht, und heute gehört sie. besonder» in der Blüte. S>i den schönsten Baumen der dorfigen Gärten. Dabei sind ihre eigentlichen Blüten ganz unschembar, aber zwei groß«, lanbblatt- artige Deckblätter, die erst grün sind und mit der Entwicklung der Blüte schneeweiße Farbe annehmen, geben ihnen ein eigenartiges Auesehen. Dazu werden' sie von langen Stielen getrogen und sehen, vom Winde bewegt, wi« kleine, weiße Tauben aus, die unter dem grünen Laub hin uich heriflattern. T r'
Lm Förderkorb. Von Srnst«reucher. Ich wäre in«nent Elsenbergwerk einmal bemoh« verunglückt. Ich war damals Anschläger an einem Blindschocht. Eines Margen» war etwas weniger zu tun, ich hotte Wagen abzuschieben und mar gerade allein. Sie wissen, daß ein Blindschocht nicht zur Perionem beförderung dient. Der Förderkorb ist nicht gedeckt, er Hot mm Wogen zu befördern. Ich hatte einen leeren Wagen aus die nächste Sohle zu bringen. Do keiner oben mär. der ihn abzog, fuhr ich mit aus. Oben öffnete ich das Schochtgitter. rletterte heraus, schob den Wogen aufs Geleis«, ging zurück und gab Signal: Korb hangt! In dem gleichen Augenblick bemerkte ich. daß ich meine Lampe nicht hatte: obwohl hier Beleuchtung war, brauchte ich sie für dm« Stollen. Der Korb senkte sich bereits, ich konnte noch hineinipringen. Als ich drin stand, als es dunkel wurde, fiel mit etwa? ein. Ich war in den Korb gesprungen und hatte die Schochttür" nicht S«schlössen. Ich hatte gar keine Zeit mehr dazu. Aber tn dem ügenblick, da ich die Sohl« noch sah, hatte ich bemerkt, wie der Wagen zurückzurollen begann. sDa« Geleise senkt« sich ein menig dem Schacht zu.) Im ordetUlichen Verlauf hätte ich einen Sieii, unter die Wagenräder galegt und das Schachtgitter geschlossen. Run konnte der Wagen langsam zum Schacht rollen, kippen und dia Oessnung hinunter sausen. Der Förderkorb hatte kein Doch. Um Gottes willen! dachte ich und damit war alles gemeint. Daß ich verloren war, daß ich zermalmt würbe non dem herebstürzenben eisernen Wagen. Wie soll ich dieses Chaos von Gefühlen beschreiben? Ich weiß, daß ich mich in eine Ecke des Korbes drückte, ins Dunkel starrte, daß ich noch Ueberlegung hatte. Wenn ich die Sohle erreichte, bevor der Wagen oben hineinstürzt«, war ich gerettet.'Aber der Korb fuhr verdammt langsam, der Wagen oben rollte gewiß auch langsam, kam an die Schachtössnung, die Vorderräder fuhren in» Leere, der Wagen neigte sich, kippte.--- Da war die Decke der Sohle! Mit einem Sprung stürzte ich hinaus und hinab, fiel auf Hände und Knie, kroch noch ein Stück weg und blieb liegen. Jetzt mußte der Wagen kommen l Es vergingen fünf, zehn Minuten. Mein« Hände bluteten etwas, es war mir ein wenig schlecht.--- Der Wagen kam nicht. Noch einer halben Stunde mochte ich die Probe. Ich lieh den Korb leer auffahren, signalisierte langsame Fahrt. Diellei äfi halt« sich der Wagen oben festgeklemmt. Der Korb kam oben an und hielt. Dann ließ ich ihn wieder herunter kommen und fuhr setzt selbst mit auf. Als ich oben ankam, wo? da» Schachtgitter geschlossen. Der Wagen stand einig« Meter entfernt still aus dem Geleise. Ich stieg aus und traf einen Hauer, der die Strecke reparierte. Von ihm erfuhr ich e«. Er war aus dem seitlichen S! ollen heraus- gekommen in dem Augenblick, als der Wagen zum Schacht rollt«. Er war hinzugssprungen, hatte da« Gitter zuaeworsen, den Wogen zurückgeschoben und mn Preis untergelegt. Sü»urde. ich(Pfrtfjst.
Petersburg- Oie Meiamorpl T*t CdfcifHrtttr k«t„Irttil-Srthrng'. Dr. Otto Fried » laendrr, vrreffcntlilt.t ein Süiilein.�arnntcr. Eichel und Miitze" tTextil-Verlag G. tu. b. H., Verlini, das in vorbildlich abjet. tiver Weise Eindrücke von einer Eommerrcis« IKT? schildert. Eix tninedmen daraus diesen fesselnden Abschnitt. Wir gehen durch die Straßen: der breite Rewski-Prospekt. jetzt Prospekt des 2a. Ottober, ist erfüstt von flanierende» Menschen. Welcher Unterschied zu Moskau ! Nicht umsonst haben die Russen diese Stadt ihr„Fenster noch dem Westen" genannt, und nrehr als Zufall dürft« es seht, daß ste einen fremden deutschen Namen trug. der zu ihrem ganzen Charakter iveit besser paßt als die Russifizierung Petrogrgd oder Leningrad . Moskau ist weit«her ein.Leningrad ". 'eine Stadt, in der der Wille dieses Großen der russischen Revolution lebt, als St. Petersburg mit seinem fahlen Abglanz westlichen Lebens. Ein« Kleinigkeit sagt mehr als alles andere. In Moskau sind moderne Tänze verboten, in Leningrad wird auf dem Dachgarten des Hotels Europa nach Herzenslust getrottet und gesteppt. Die Menschen aus den Straßen sind mn einige Nuancen eleganter, sagen wir zugleich westlicher als in Moskau . Zwar herrscht auch hier bei den Männern die Mütze vor, aber statt des Kopftuches tragen die Frauen den modernen kleinen Hut. Gerade die größere Aehnlichkeit mit unserem Straßenbild läßt aber die Armut noch erschreckender und deprimierender als in Moskau zutage treten, zumal auch dem Lentngroder Straßenleben jene moralische Reinheit fehlt, die in Moskau immer wieder dem Fremden Achtung abnötigt. In Lenin - grad gibt es wieder Puder und Lippenstift, KasseeHäuser und zweideutig« Promenaden. Wie ist die breit« Prachtstraße des Newski doch durch schlechte Zeiten, Uelxrschwemmungen und den Mangel an Ausbesserung»- Mitteln heruntergekommen! Weite Sprünge tlasfen in den Fußsteigen: Einsenklingen des Pflasters, wie wir ste aus unseren Inslationisahren kennen, verunzieren den Fahrdamm. Trotzdem gibt es Baulichkeiten von monumentaler Pracht, di« auch heute geschont, ja gepflegt werden. Vi« strahlt der mächtige Bau der Admiralität mit seinen gewaltigen Straßenbogen. seiner breiten glatten Häuserfront in frischem gelben Glanz! Bald wird auch das massige Gebäude des Wtmerpalois wieder einen farbigen Aufputz erfahren, und dann wird wieder dem, der auf einem der kleinen Motorboot« die breite Newa durcheilt, da» Venedig des Nördens sein« chcvalereske Front präsentieren, liebenswürdig und heiter wie sin Bild von CanaUtto. Bon weiten Säulengängen umrahmt, liegt dagegen düster di« gewaltige Kasän-Kathedräle am Newski. Eindrucksvoller als st« und ebenso gewaltig beherrscht die Isaak-Kathedrale. «in schwer- blutiger renaissanceartiger Lau. von grandiosen GnmitsSntei gestützt, mit seiner Kuppel das Stadtbild. Nahe der Kathedrale ist das Peter« Denkmal. Zu ihm kontrastiert in schrofsstcr Welse das Denkmal Sllexandere lfl., geschaffen von den: Fürsten Trubetztoj. Welch ein UhUrjchied zwischen den beiden Kunstwerken! Da» ein« schwer und brutal: auf massigem Gaul sitzt plump und streng der Selbstherrscher. Am Zügel de« Nasses ahnt man«tue hart« Faust, und« ist. al» könnt« vom senseifigen Nfer die Schalt« d«r Prter.Pouls-Festung
-Leningrad. ose einer(Siadi. bis vor den Sockel fallen. Dagegen da, Peter- Denkmal: stigendfrtsch kühn und zukunftssroh bäumt sich das Roß des gebieterischen Reiter« auf einem stellen Abfcmg von Granit. Ist in dem anderen Bild« stumpfe, dumpfe, deängsfigende Ruhe, so ist hier alles aufgelöst in Leben und Bewegung, dabei liegt doch Sicherheit und Bändigung in allem feurigen DörwärtswolleN. Unter dem Standbild Aleranders vor dem Okiober-Bähnhaf stehen die Worte: Mein Sohn, mein Bater wurden hingerichtet, Ich erntete Verachtung nach dem Tod. Als Dogelfcheuche stehe ich hier aufgerichtet, Al» Schreckgespenst der überwundenen Not. Der vorletzte allrussische Selbstherrscher Alexander III. Mag sein, daß dos Denkmal selbst zu dieser Inschrift heraus- gefordert Hot. Unter die Peters-Statue hat man nichts dergleichen gefetzt. Oder war es vielleicht deswegen, weil es Persönlichkeiten gibt, deren Bedeutung selbst nach Jahrhunderten so unbestritten ist, daß vor ihnen selbst der Spott des Gegners verstummt. Petersburg trug nicht nur den Namen seines Gründers, es war in seltenem Maße sein Werk. Die breiten Straßen und die großen Verwaltungsgebäude in bestem Potsdamer Stil, vor allem auch die Keinen eleganten Palais der Höflinge und die künstlerische Gestallung der Newaufer lassen die Atmosphäre um den großen Stadtschöpfer allerorten fühlen. Für den, der stch einmal mit Liebe w die merk» würdige aufwühlende Dichtkunst eines Tolstoi oder eines Doflssewsti versenkt hat, ist so mancher Straßenname lebendig. Ihm ist der abendlich« Newski-Prospekt . die Fanwnka mit ihrer avertümlichesi Kettenbrücke vertraut, als wären sie liebe alte Kamcrgden aus feiner Kindheit. Am schönsten ist di« Stadt in den Frühsommerwochen der weißen Nächte. Ein silbriges ungewisses Zittern liegt tn de? Luft, kaum, daß eine schmal« Dunkelheit wie ein flüchtiger Schatten über tun, Himmel huscht, und schon hat wieder der neue Tag begonnen, den«ur «in» Ahnung der Nacht vom anderen Tag« trennt. Gerade dies« Ungewissen Stunden der Ahnung und des Dämmsrns sind van wunderlichem Reiz. Sie spielen wie die heurc bleue von Paris eine leichte, unsagbare Freude auf, als möchten sie für die endlosen Wwternächte des Nordens entschädigen. Die Menschen sind von einer ssllsamen Erregthett und Aujgeschlossenheit. Kennen Sie jene end» losen nächtlich«» Gespräche, die am frühen Morgen die Menschen aufreißen wie ein Röntgeillicht? Für diese Gespräche ist da» Lenin « grab der weißen Nächte wie geschaffen, und die berühmten Inseln mit ihren Bänken unter spät knospenden Birke» sind dafür der rechte Ort. Geschlossen sind die eleganten Lokale von einli Kleine rot» bewimpelte Segelboote liegen rings um den Jachtklub, und an di« Spitze der Jelagin-Infel schlagen langsam und eintönig die Wellen. Fort sind Glan » Tanz, Ossiziere. Kurtisanen und Musikanten. Eni- zauberte Welt, entzaubert wie die Versailler Gärte« nach Anna 178». Dr. Ott» KrieölSnder.