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Poincaré   in Straßburg  .

Brandrede gegen Autonomie.

Straßburg  , 13. Februar. Ministerpräsident Poincaré   hielt gestern mittag auf einem von den elfäffischen Bürgermeistern veranstalteten Bankett eine Rede, in der er auf die Autonomiſtenbewegung zu sprechen kam und erklärte, wenn bei der nächsten Schwurgerichtsperiode die traurigen Gesellen, die unter Anklage stehen, und von denen ein Teil so vorsichtig gewesen ist, über die Grenze zu gehen, sich verantworten müssen, werde das Elsaß   erstaunt fein über die Infamie, die in ihr enthüllt werden wird. Das Elsaß   werde dann nicht mehr zulassen, daß unter dem Vorwand, die weitest­gehende Freiheit zu fordern, verdächtige Agenten Zeitungen ver­breiten, die aus ausländischen Quellen gespeist wür den, und die mit ausländischen Organisationen Fühlung hätten und unter dem Deckmantel der Autonomie des Elsaß   eine neue Ampu­tation Frankreichs   vorbereiten. Das Elsaß   werde dann niht mehr dulden, daß eine Handvoll Individuen mit dem Janus topf die Freiheit und Tollheit befäßen, sogar Helfershelfer in der Bretagne  , in Flandern   und in Korfita zu suchen, als ob die durch die Jahrhunderte festgefügte Einheit Frankreichs   nicht gegen so absurde Versuche spräche und als ob die verschiede= nen unbehindert gebrauchten Sprachen in mehreren franzöfifchen, und zwar den patriotischsten Provinzen das Symptom für die Zerstückelung der nationalen Unverleßlichkeit wären. Boincaré( prah weiter von den Belgiern, Schweizern und Kana­diern, die bei ihrer französischen   Sprache doch Belgier, Schweize:

und Kanadier   blieben.

Das Elsaß   habe sich schon wiederholt über sein Shidsal aus

gesprochen. Das französische   Volt sei nach 1871, aus Furcht, den Frieden zu stören, ſtreng auf die geringsten feiner Handlungen, Gesten und Worte bedacht gewesen und habe, um einen Konflikt zu vermeiden, alles getan, was nur mit der Würde Frankreichs  vereinbar war. Der Redner bestritt, daß Frankreich   auch nur einen Revanchegedanten habe aufkommen lassen, und schob die Schuld für den Kriegsausbruch den Gegnern zu. Boincaré fuhr nat einem Hinweis auf seinen Einzug in Straß burg   mit Clémenceau   zusammen fort: Elsaß   und Lothringen   haben Männer gewählt, die in der Politik die verschiedenen Ansichten ver= treten können, die aber von der gleichen Liebe für Frankreich   be­seelt find. Ist das nicht ein fortgesettes Plebiszit?" Unter Hin weis auf die tommenden Wahlen, in denen die Wähler des Elsaß   wiederum ihren Willen fundgeben würden, sdyloß Sie Rede wie folgt: Bei der nächsten Wahl werden diejenigen, die eure Stimmen befämen, euch fragen: Seid ihr Franzosen, rückhaltslos Franzosen, bedingungs! os Franzosen, ohne Hinterhalt Franzosen  ?" Diejenigen, die nicht flar antworten werden, die den Mut haben sollten, sich hinter Wenn und Aber zu verschanzen, fie werben, davon bin ich überzeugt, vom Elsaß schroff abgelehnt

werden.

Kommunistisch- chauvinistische Prügelei.

Bei den Kundgebungen gegen Poincaré   wurden der Depu tierte ueber, der auf dem Bahnhofsplatz Nieder mit Poincaré  !" rief und seine Freunde, die Boincaré aus pfiffen, von der Menge mißhandelt und mußten von der Polizei bis zum Gewerkschaftshaus begleitet werden. Als eine Mufitabteilung vorbeizog, wurde sie von der Menge angehalten und gezwungen, die Marseillaise   und Ihr sollt Elsaß- Lothringen   nicht haben" zu ſpielen.

Der herrschaftliche Trokki.

Mostau, 13. Februar.( Sowjetagentur.)

In Frunse   an der Kirgisen- Steppe( vormals Bischpet) ist Troßti mit Familie im Sonderschlafwagen eingetroffen. Das Publifum hat über die große Menge Bepäd und den herr schaftlichen Komfort geftaunt, mit dem der aus Mostau verschickte Trogti reiste.

Eine Sträflingsrevue.

Zu den zwei Berliner   Bühnen, die sich in dieser Spielzeit mit dem gefeierten englischen Erzähler und Dramatiker John Gals worthy verspekuliert haben, ist am Sonnabend eine dritte ge= tommen. Das Theater in der Königgräger Straße" wird die häßliche Erfahrung machen, daß die Szenenfolge Flucht" ebensowenig die Schlagkraft der Gesellschaft" erreicht wie die Schau fpiele Sensation" und Justiz", die vor wenigen Monaten ganz oder halb durchgefallen find. Galsworthy   ist ein Menschenfreund. Er setzt sich für Entrechtete und andere Gequälte ein, die sich im Präzisionsmechanismus der Justiz verfangen oder sonstwie unter die Räder der hochgezüchteten Zivilisation tommen. Er plädiert mit warmem Herzen für ein bißchen menschliches Berstehen und wendet sich gegen die herzlose Korrektheit in der Anwendung der Gesetze. Das ist ein edles Bemühen und wieder sehr aktuell in diesen Tagen des Primanerprozesses, in dem ein zahlreiches Aufgebot sehr ge­bildeter Herren und Damen an der Aufklärung eines tragischen Bor­falles arbeitet mit dem Ergebnis, daß die seelischen Hintergründe verschwimmen und die Zusammenhänge abhanden kommen.

In der Flucht" ist ein ehrenwerter Hauptmann, Denant, ohne eigentliche Schuld in die Gerechtigkeitsmaschinerie geraten. Im Schuß des rühmlich bekannten englischen Rebels entflieht er dem Zuchthaus. Die Jago auf einen Menschen, den unstillbarer Freiheits­durft vorwärtstreibt, schildert Galsworthy   in acht Bildern. Da Denant ohne Mittel ist und die Sträflingstracht trägt, ist er auf die Großzügigkeit des Menschen angewiesen, die er auf seinem Leidens­wege trifft. Das meiste Verständnis für seine verzweifelte Lage bringen Frauen auf. Eine schenkt ihm Mantel und Hut, so daß er wenigstens die verräterische Kleidung verbecken fann, eine andere versieht ihn mit Weggehrung, eine dritte verbirgt ihn vor dem ver­folgenden Büttel. Hauptmann Denant erweist sich dabei stets als untadeliger Kavalier. In der Korrektheit seiner Gesinnung geht er fogar weiter, als zum Gelingen der Flucht dienlich wäre. Eine der Damen überläßt ihm Anglerwerkzeug. Auf feiner Station der ent­Jagungsreichen Flucht stiehlt er einen Anzug, noch trennt er sich von der Angelrute, ein Verhalten, das an Dummheit grenzt, da diese Angelrute ein Erkennungszeichen darstellt. Die Männer haben für den armen Gehegten im allgemeinen weniger menschliches Berstehen übrig. Ihr Pflichtbewußtsein führt sie in schlimme Gewissens­fonflitte. Ein Briefter lügt ihn aus einer heiflen Situation heraus. Mit einer solchen Schuld will ihn aber der Verfolgte nicht beladen wiffen. Er liefert sich felbst aus.

Man sieht, der hochedle Hauptmann Denant ist geradeswegs aus dem Papier eines Badfischbuches auf die Bretter gestiegen. Galsworthy   will, daß wir die Angst des gejagten menschlichen Wildes miterleben, indem er die Schilderung mit humoristischem Beiwert durchsetzt. Das ist das Schlimmste.

In der Inszenierung Bittor Barnowftys, der feine Schau

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Der Tod in der Grube.

Drei schwere Bergwerkskatastrophen- In England, Kanada   und Rußland  .

Grubenbrand in Kanada  .

39 Todesopfer!

London  , 13. Februar. Gases ausgesetzt werden. Bald mußte die Hoffnung, die In einer Grube bei Whithaven( Nordengland  ) 13 Menschen zu retten, aufgegeben werden. in der Grafschaft Cumberland sind durch eine Explosion 13 Mitglieder einer Sachverständigenkom mission unter. sonderbaren Umständen verschüttet wor den. In der fraglichen Grube hat sich vor zwei Mo naten eine Explosion ereignet, wodurch vier Ar­beiter getötet wurden. Die Grube war seither ge­schlossen. Die Sachverständigenkommission sollte nun eine Untersuchung anstellen und darüber entscheiden, ob die Grube wieder geöffnet werden soll. Als sie in die Grube hinabstieg, ereigneten sich aus unaufgeklärter Ursache vier aufeinanderfolgende Explo. fionen. Es war unmöglich, die Verschütteten zu retten. Sie gelten als verloren. Alle sind Familien­väter.

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Northbay( Ontario  ), 13. Februar. Ein schweres Unglück ereignet sich gestern in dem großen Goldbergwerk Hollinger, einem der größten der Welt. Es brach ein Grubenbrand aus, bei dem zehn Arbeiter ums Leben kamen.

Bis Mitternacht   waren aus dem von einem Brande heimgesuchten Stollen des Hollinger Bergwerks 30 Leichen geborgen worden. Die Zahl der Toten beträgt im ganzen 39.

Ueber das furchtbare Unglück werben noch folgende Einzelheiten Dynamitexplosion im Donez  - Gebiet.

befannt: Die vor wenigen Wochen außer Betrieb gesetzte Grube " Haig" sollte in den nächsten Tagen wieder befahren werden. Aus diesem Grunde ftieg eine staatliche Inspektionsfommission aus 8 Ingenieuren und 5 Obersteigern am Sonntag in die Grube hinab. Kaum war die erste Gruppe einige hundert Meter in den Haupt­stollen vorgedrungen, als eine Explosion mit ungeheurer Bucht er. folgte. Der Stollen wurde vollständig verschüttet. Alle Mitglieder der Inspektionskommission wurden getötet. Die Regierung hat nach diesem Vorfall die Grube Haig" endgültig geschlossen. Die Kommission war bei ihrem Besichtigungsrundgang in einen Schacht gekommen, der mit Gas angefüllt war, das sich ent­zündete und eine Explosion hervorrief. Die Mitglieder der Kom­mission wurden dadurch im Schacht eingeschlossen. Die sofort ein­geleiteten Rettungsarbeiten mußten später wegen des ausströmenden

Agrarpreise und Arbeiterintereffe. Die britische   Arbeiterpartei gegen verteuernden Zwischen

handel.

London  , 13. februar.

Auf einer arbeiterparteilichen Bezirksfonferenz in Gloucester  Auf einer arbeiterparteilichen Bezirkskonferenz in Gloucester  schaftspolitit der Partei ein. Die Arbeiterpartei sei bereit, mit den letzte sich Ran say Macdonald für den Ausbau der Landwirt­Landwirten für Stabilisierung ber Tarife zuſammen zu arbeiten. Aber die Landwirte müßten weit größeren Anteil an der Zusammenarbeit nehmen als bisher. Im anderen Falle würde jede Taschen der Mittels männer verschwinden. Die Preis frage von der Regierung ausgehende Hilfe für die Landwirtschaft in den sei von grundlegender Bedeutung. Wenn die Mittelsleute in der Lage seien, die Preise der landwirtschaftlichen Produkte in die Höhe zu treiben, dann sei es Pflicht der Arbeiterpartei und der Landwirte, diesen Dingen nachzugehen. Das Ziel müsse sein, für die Landwirt­schaft gesunde, aber stetige Breise zu schaffen, deren Schwankungen sich in ganz fleinem Rahmen hielten.

Auch ein Nationaldeutscher.

Der Deutschnationale, der die Reichsfarben nicht fennt. Halle a. d. S., 13. Februar.( Eigenbericht.) Nationale Gesinnung und politischer Taft sind bekanntlich aus schließliche Vorrechte der Herren von rechts; namentlich gegenüber dem Ausland spielen sich diese Herren als die einzig wahren Hüter der Würde des Deutschen Reiches auf. So auch der in Halle wohl

spieler nach berühmten Mustern verschiedene Rollen agieren läßt, wird auf die Herausarbeitung der komischen Stellen das Haupt­gewicht gelegt. Jedes der einzelnen Bilder erhält seinen Abschluß durch einen Fundspruch, der die Deffentlichkeit über den gegen wärtigen Stand der Sträflingsverfolgung unterrichtet. Dabei blamiert sich die Polizei, und das Publikum lacht. Ein billiges Mäßchen. Ernst Deutsch   gibt den fliehenden Sträfling als wundes Nerpenbündel und rührt damit einen Teil der Zuschauer. Julius Faltenstein, Kurt Bois   und Franz Herrmann Schaufuß sorgen für eine Erheiterung des Publikums ebenso wie Camilla Spira  . Margarete Schlegel   bleibt etwas farblos in der Dar stellung mitleidsvoller junger Mädchen. Die Dekorationen des Traugott Müller   verleugnen nie ihre Herkunft aus Bappe.

Steglitz  .

Ernst Degner.

Es ist ein Ort am Rande von Berlin  , Brimaner tragen weiß und rote Mügen, Die Jungfernschaft ist schwer darin zu schützen. Es gärt vor Sinnlichkeit und Nikotin.

Hier herrscht vor kurzem Zucht und deutsche Art, Der Droschtengaul will immer noch nicht welchen, Am Stammtisch weht das schwarzweißrote Zeichen, Und am Pennal regiert der Rauschebart. Hier herrscht noch Ordnung, Sitte, Disziplin, Das Hakenkreuz verziert die Toilette, Hier geht man mit dem Trauschein nur zu Bette Und denkt im schönsten Schlummer nur an ,, Ihn". Dann tam in jener Nacht die Polizei.

Ein freches Göhr hat jetzt die Stadt blamoren, Ganz schamlos flingt sie allen in den Ohren. Herr, mach uns frei!

Pieter Pott.

Paul Wegener   wurde an das Theater am Kurfürstendamm für die nächste Premiere Sonnenspektrum" und Tod und Teufel von Frant Wedekind verpflichtet. Regie: Karlheinz Martin  .

Fridtjof Nansen   spricht Mittwoch, 7, 1hr, in der Preußischen Akademie der Wissenschaften   über das Thema: Die ilostatischen Bewegungen der Erd­fruste und der Oberflächen der Kontinente". Eintrittstarten beim Björtner der Akademie( Unter den Linden   38).

In der Gesellschaft für Ostasiatische Kunst spricht am Dienstag, 8 Uhr, Brinz- Albrecht- Str. 7a, Hof, Generalfonful Schirmer( Tingtau). Thema: Auf den Spuren Marfo Polos zur Ursprungsstätte des Seladon- Porzellan."

Vorlesung. Am Dienstag um 1,8 Uhr lieit B. C. Tyndall vom Deutschen Boltstheater in Wien   sein Drama Julius Casar Banini" im großen Saal Am Friedrichshain   29.

Der Internationale Autoren- Kongres findet in der Zeit vom 15. bis 25. April 1928 in Berlin   in den Räumen des Herrenhauses statt.

12 Arbeiter tot.

Moskau  , 13. februar.

Auf einer der Gruben der Rutschenkowbergwerke in Stalino im Donezbeden, wo die deutsche Firma hyisen arbeitet, ereignete sich eine Explosion, als ein deutscher Steiger im Bureau trok der Warnungen feines Chefs eine Riste Dynamit mit Hilfe eines eisernen Hammers zu öffnen suchte. Zwölf Mann wurden getötet, darunter Chefingenieur Sievers, der Steiger, ein deutscher Arbeiter und neun russische   Arbeiter. Acht Arbeiter, darunter ein deutscher, wurden verlegt.

bekannte deutschnationale Stadtverordnete und Bankier Dr. Leh mann, der zugleich schwedischer Konsul ist. Am 80. Geburtstage Hindenburgs zeigte Dr. Lehmann zwei Flaggen, die schwedische Nationalflagge und die schwarzweißrote Fahne der ehe maligen deutschen   Monarchie. Diese politische Taftlosigkeit veran laßte den Regieruungspräsidenten in Merjebung, den Herrn Konsul auf sein der Verfassung widersprechendes Vera halten schriftlich aufmerksam zu machen. Der Schritt des Regie­rungspräsidenten verlief ergebnislos. Darauf wurde die Angelegen= daß die Schwedische Gesandtschaft in Berlin   dem Aus heit an die direkt zuständigen Stellen mit dem Erfolg weitergeleitet, faffungsmäßigen deutschen   Reichsfarben zu zeigen. wärtigen Amt mitgeteilt, hat, Dr. Lehmann sei angewiesen, in allen in Frage fommenden Fällen neben der schwedischen Flagge die vera finnung, muß also erst von dem Bertreter einer auswärtigen Der Konsul Dr. Lehmann, der Mann deutschnationaler Ges ma cht belehrt werden, wie er sich als deutscher   Staatsangehöriger zu benehmen hat. Das deutsche   Volf kann auf diese Art von konju­

larischer Tätigkeit eines Staatsbürgers stolz sein.

Dänisches Parteijubiläum.

Kopenhagen  , 13. Februar.( Eigenbericht.) Die dänische Sozialdemokratie feierte am Sonntag ihr 50jähriges Jubiläum. Sie fonnte an diesem Tage eine Gesamtmitgliedschaft von 150 000 feststellen, doppelt so viel als 1918. Bei der letzten Barla­mentswahl fonnte die dänische Sozialdemokratie 37 Prozent aller Stimmen auf fich vereinigen. Sie hofft, bei der nächsten Volks­abstimmung diesen Prozentsaz wesentlich zu erhöhen.

Der Corregidor."

Städtische Oper.

Schauplay: Gegend in Andalusien  . Beit: 1804- schreibt das Textbuch; eine Novelle des Alarcon liegt ihm, der Novelle liegt eine spanische Boltserzählung zugrunde. Die Obrigkeit wird verhöhnt, ihr unwürdigster Repräsentant, eben der Corregidor, ist Held eines höchst unrühmlichen Abenteuers: lächerlich als Ehemann, doppelt lächerlich als verhinderter Berführer, der troz Amismißbrauch und behördlicher Unterstüßung nicht ans heimlich außereheliche Ziel, aber in die peinlichste Lage fommt. Indes er bei der Müllerin Fras­quita fein Glück und viel Malheur hat, hat, in seinen Kleidern, feine Schlüffel in der Tasche, Frasquitas Mann, der Müellr Lukas, sich ins Haus des Corregidors, geradewegs in sein Bett geschlichen. Die Sache ist lustig, wenn auch ein bißchen dünn für vier Atte; und durch den Operntert, zu dem Rosa Mayreder   sie verarbeitet hat, scheint sie eher verdünnt als verdichtet. Bom aufrührerisch- fräftigen Ton der Volkserzählung ist nicht viel mehr zu spüren; aber eine Reihe charaktervoller, volkstümlich- amüsanter, theaterlebensfähiger Figuren sind für die Bühne gerettet. Und das Spanisch Volkstüm liche flingt start und naturhaft in dem Grundton der Musik wider, zu der Hugo Wolf   durch den Tert inspiriert worden ist. Das Spanische war von je seine Spezialität gewesen, von den Liedern, die in verschwenderischer Fülle in dieser Oper verstreut find, fennt man piele aus seinem Spanischen Liederbuch". Hugo Wolf  , der Liederkomponist, hat seinen musikgeschichtlichen Play: er hat das Reformwert Wagners die Einheit von Dichtung und Mufik als höchste Forderung im Bezirk des Liedes fortgefeßt und vollendet. Das also war ein Schritt vorwärts, über Wagner hinaus. In der Oper in dieser ersten und legten Oper, die wir von ihm haben blieb er im Wagnerischen befangen: im Meisterfingerstil, und ein wenig im Orchesterpathos der Nibelungen. Aber nichts wäre darum verkehrter, als diesen Corregidor" als Epigonenwert, als Neben­wert dés Lyrikers Wolf abtun zu wollen. In der musikalischen Ein­gebung ist er immer ein Eigener, und eine Szene in diefer Oper, der große Monolog des Lutas, das dramatische Hauptstüd, ist ein Stüd von unzweifelhaftester, großer Dramatif.. Und in der Art, wie das Lyrisch- Liebhafte sich dramatisch fortspinnt und auswirft, fündigt sich etwas wie ein neuer Stil der Inrischen Komödie an, die Hugo Wolf   uns, leider, schuldig bleiben mußte.

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Der Corregidor  " ist, als er neu war, vor einem Menschenalter ctwa, von vielen großen Opernbühnen gespielt worden, doch pon den meisten bald wieder verschwunden. Bir müffen der Städtischen Oper aufrichtig dankbar sein für diese Erneuerung die in der Tat, als dramaturgische Bearbeitung und bejutfame Uminftrumen­tierung, da wo es not tat, eine wahrhaft glückliche Erneuerung des Wertes geworden ist: dies in einer Aufführung, von der faum mehr zu sagen ist, als daß sie den Eindrud absoluter Vollkommenheit hinterläßt. Dant dem idealen Zusammenwirken Bruno Walters. des musikalischen, und Karl Heinz Martins, des szenischen Leiters, zu denen als Dritter der Schöpfer der wahrhaft schönen Bühnen­bilder kommt, der Maler Ernst Stern  . Und dank einer schlechthin idealen Belegung aller Rollen. Ein Opernabend, wie wir ihn langa nicht erlebt. Klaus Bringsheim